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Archiv "CDU-Kongress „Der faire Sozialstaat“: Mehr Geld für die Zukunft" (30.06.2000)

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aum ein Problem bewegt die Menschen so sehr wie die Zukunft ihrer sozialen Si- cherheit.“ So stand es in der Einla- dung der CDU an ihre Mitglieder zum Kongress „Der faire Sozial- staat“ am vergangenen Wochenende in Berlin. Mit dieser Veranstaltung hat die CDU eine interne Debatte eröffnet, die im Herbst 2001 auf ei- nem Parteitag zu neuen sozialpoliti- schen Thesen führen soll. Grundlage sind Überlegungen einer Kommissi- on, die Christian Wulff, stellvertre- tender Vorsitzender der CDU, lei- tet. Im Kern geht es darum, die fi- nanzielle Eigenvorsorge der Bürger in allen Sozialversicherungszweigen zu erhöhen.

Problembewusstsein der Bürger ist zu gering

Wie jede ordentliche Kommis- sion hat auch diese die Arbeit aufge- teilt. Für den Komplex Gesundheits- wesen ist die Arbeitsgruppe (AG)

„Humane Dienste“ zuständig, die der Bundestagsabgeordnete Ulf Fink leitet. Er war in den 80er-Jah- ren Senator für Gesundheit und So- ziales des Landes Berlin. Für ihn trifft deshalb sicher nicht zu, was er am Wochenende im Anschluss an seine Vorredner feststellte, die sich mit dem Thema Rente befasst hat- ten: „Das Problembewusstsein bei der Altersvorsorge ist derzeit höher zu veranschlagen als beim Gesund- heitswesen.“

Fink sagte, selbst wenn man es schaffte, alle Rationalisierungsre-

serven zu heben, ließen sich mit be- grenzten Mitteln keine unbegrenz- ten Leistungen finanzieren. Dies sei der Bevölkerung aber nicht klar.

Aufgabe der Politik sei es, zu einer Meinungsänderung beizutragen und zu sagen, dass in Zukunft nicht alles von der Gesetzlichen Krankenver- sicherung (GKV) zu bezahlen sei.

Zwar will auch die sich erneu- ernde CDU, was alle wollen: Die In- anspruchnahme medizinisch not- wendigerLeistungen soll keine Fra- ge des Geldbeutels sein. Der medizi- nische Fortschritt soll allen Bürgern zugänglich bleiben. Einen Ausgleich im GKV-System zwischen Alt und Jung, Gesunden und Kranken soll es weiter geben. Gleichwohl setzt sich die konservative Partei für den Splitt in Kern- und Wahlleistungen ein.

Letztere würden ausschließlich aus den Beiträgen der Versicherten fi- nanziert. Ob sie nur von den gesetz- lichen Krankenkassen, nur von pri- vaten Versicherungsunternehmen oder von beiden angeboten werden sollten, lässt die CDU noch offen.

Auch was in den Katalog der Kernleistungen genau hineingehört, sagt man noch nicht deutlich. Diese Definition sei die eigentliche große Aufgabe im Gesundheitswesen, meinte Fink. Er schlug vor, bis auf wenige Ausnahmen die Fahrtkosten aus dem Katalog der Kernleistungen herauszunehmen und den Zahner- satz für Jüngere.

Ein schon oft unterbreiteter Vorschlag findet sich ebenfalls in den Überlegungen der Arbeits- gruppe „Humane Dienste“: so ge- nannte versicherungsfremde Lei-

stungen insbesondere im Zusam- menhang mit Schwangerschaft, Mutterschaft und Erziehungsurlaub müssten aus Steuermitteln und nicht aus den Einnahmen der GKV be- zahlt werden. Dieser Ansatz hat vie- le Befürworter. Nur hat es noch kei- ne Regierung geschafft, ihn zu reali- sieren – übrigens auch die CDU in 16 Regierungsjahren nicht. Sie hat trotzdem optimistisch ausgerechnet, dass sich durch die Herausnahme versicherungsfremder Leistungen und die beschriebene Reduktion von Kernleistungen das Volumen der GKV um bis zu zehn Prozent verringern ließe.

„Tabufrei“ soll die CDU in den nächsten Monaten diskutieren, ob die Lohnanbindung der GKV- Beiträge durch die Einbeziehung anderer Einkünfte ergänzt werden soll. Die Arbeitsgruppe schlägt zu- dem vor, den privaten Krankenver- sicherern das Recht einzuräumen, künftig mit Ärzten eigene Verträge abzuschließen. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen Verträge mit unwirtschaftlichen Krankenhäusern kündigen dürfen. Weiterhin wird an- geregt, über eine Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversiche- rung nachzudenken.

Die Politik beklagt, was sie verursacht

Einen Vorgeschmack auf mögli- che Einwände, die die Partei erwar- ten, bot auf der Veranstaltung eine Expertenrunde. Dr. med. Eckhard Weisner, Stellvertretender Vorsit- A-1791

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 26, 30. Juni 2000

CDU-Kongress „Der faire Sozialstaat“

Mehr Geld für die Zukunft

Die CDU hat die interne Debatte über eine neue Sozialpolitik eröffnet.

Sie umfasst auch das Gesundheitswesen. Hier sind viele Vorschläge noch etwas vage, doch eines steht fest: Auf Dauer sollen die Bürger mehr selbst bezahlen.

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zender der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung, sagte, er stimme vielen Vorschlägen zu. Dennoch hätte er sich die Thesen gern etwas konkreter gewünscht. Ihn störe es auch, dass über Wettbewerb und Risiko nicht ehrlich gesprochen werde, und zwar insofern, als das Gesundheitswesen für einen Wettbewerb wie in anderen Bereichen der Wirtschaft nur be- grenzt geeignet sei. Beispielsweise sei schon das „Produkt“ am Anfang nur bedingt bekannt. Schließlich sei ein „Konsumverzicht“ bei Krankheit nicht denkbar.

Ablehnend äußerte sich Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Angestelltenkranken- kassen. Er bezweifelte, dass die priva- te Wirtschaft sozialpolitische Proble- me lösen könne, die man im Sozial- versicherungssystem bislang nicht be- wältigt hat. Rebscher kritisierte, dass in dem Entwurf der CDU kein Wort zur Kapazitätssteuerung und zu Über- kapazitäten im Gesundheitswesen stehe: „Das ist aber das Problem.“ Er sagte weiter, die Politik beklage oft die Einnahmesituation der GKV. Sie selbst habe ihr aber allein von 1992 bis 1997 zusätzliche Lasten in Höhe von fast 40 Milliarden DM aufgebürdet, in dem sie ihr Finanzkraft entzogen oder Leistungsausweitungen zugemutet habe. „Sie klatschen jetzt, aber Sie ha- ben es 16 Jahre auch gemacht“, rief er in den Saal.

Horst Seehofer ist nicht mit von der Partie

Was aus den Vorgaben von Fink wird, ist offen. Zu den Sachverständi- gen seiner AG zählen Dr. med. Ulrich Oesingmann, früherer KBV-Vorsit- zender, Dr. Eckhart Fiedler, Vor- standsvorsitzender der Barmer Er- satzkasse, und der Vorsitzende des Bundesausschusses Ärzte und Kran- kenkassen, Karl Jung. Eingebunden ist von den gesundheitspolitischen Experten der Unionsfraktion Wolf- gang Lohmann. Der Name Horst See- hofer fehlt, selbst auf der Liste der ständigen Gäste. Und dass, obwohl der stellvertretende Fraktionsvorsit- zende auf seinem alten Arbeitsgebiet wieder medienwirksam in seinem Ele-

ment ist. Sabine Rieser

A-1792

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 26, 30. Juni 2000

ür viele Gesundheitsorganisa- tionen ist es ein harter Schlag:

Das beabsichtigte Verbot der Tabakwerbung in Europa wird voraus- sichtlich nicht in Kraft treten. Nach Ansicht des Generalanwalts Nial Fen- nelly, Gutachter beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), ist das Verbot nicht rechtmäßig, da die Europäische Union nicht für die Gesundheitspoli- tik zuständig sei. Er schlägt daher dem Gericht vor, die vor zwei Jahren in Brüssel von Rat und Parlament verab- schiedete Richtlinie für nichtig zu er- klären. Die einzige Auswirkung der Richtlinie sei es, Werbe-Dienstleistun- gen und den Handel mit den dazu- gehörigen Produkten zu verbieten.

Man könne somit nicht annehmen, dass das Werbeverbot dem Ziel des Binnenmarktes förderlich sei.

Die Richtlinie hatte vorgesehen,

„jede Form der Werbung und des Sponsorings in der Gemeinschaft zu verbieten“, um die Bedingungen für die Tabakindustrie zu vereinheitli- chen. In Finnland, Schweden, Belgi- en, Frankreich, Italien und Portugal besteht bereits ein fast vollständiges Werbeverbot. Die Bundesregierung und die Tabakindustrie hatten in der Richtlinie einen nicht gerechtfertig- ten Eingriff in die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten gesehen und Klage eingereicht.

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, kritisierte das Verhalten der Bundesregierung als verantwortungs- los. Die Regierung verkenne die tat- sächlichen Gefahren der Tabakwer- bung, vor allem für Kinder und Ju- gendliche. Derzeit sieht es so aus, als habe die Klage der Bundesregierung Erfolg gehabt. Die Würfel sind zwar

noch nicht gefallen, denn der EuGH ist in seiner Entscheidung nicht an das Gutachten gebunden, folgt aber meist den Vorschlägen der Generalanwälte.

Das abschließende Urteil wird im Herbst erwartet.

Neue Richtlinie geplant

Enttäuscht über das Gutachten ist die „Koalition gegen das Rauchen“, ein Aktionsbündnis von mehr als 80 deutschen Organisationen des Ge- sundheitswesens. Schon seit Jahren kämpft sie für das Tabakwerbeverbot.

Derzeit setzt sie sich für eine euro- paweite Richtlinie über verschärfte Schadstoffgrenzwerte in Zigaretten und Warnhinweise auf Tabakproduk- ten ein. Das Europaparlament billigte schließlich mit großer Mehrheit die Vorschläge für die entsprechende Richtlinie. Deren Ziel ist es, die zulässi- gen Höchstwerte für Teer und Nikotin zu verringern, die Bezeichnungen

„leicht/ultraleicht/mild“ zu verbieten, die zusätzlichen Inhaltsstoffe von Ziga- retten zu veröffenlichen sowie größere und in der Aussage deutlichere Warn- hinweise über die Gesundheitsgefah- ren des Rauchens anzubringen (zum Beispiel „Rauchen ist tödlich“).

Der CDU-Abgeordnete Werner Langen forderte nun die Europäische Kommission auf, die neue Richtlinie gleich zurückzuziehen. Sie sei wie das Tabakwerbeverbot nicht rechtmäßig.

Dafür sieht die Kommission jedoch keinen Grund: Bei dem neuen Ent- wurf handele es sich lediglich um eine Verstärkung von drei bereits beste- henden Richtlinien für die Herstellung und den Verkauf von Tabakproduk- ten. Dr. med. Eva A. Richter

Tabakwerbung

Verbot unrechtmäßig

Das Ende des Dauerstreits zwischen Europäischer

Kommission, Bundesregierung und Zigarettenindustrie wegen des geplanten Tabakwerbeverbots ist in Sicht. Dafür

scheint eine neue Klage gegen verschärfte „Richtlinien zur Regulierung von Tabakwaren“ ins Haus zu stehen.

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