er Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) will in Zukunft nach- drücklich dafür eintreten, daß sich mehr Frauen in der ärztlichen Be- rufspolitik engagieren. Die Präsiden- tin des DÄB, Dr. med. Astrid Bühren, wies darauf hin, daß Ärztinnen an den Gremien der ärztlichen Selbstver- waltung immer noch nicht ausrei- chend beteiligt seien. Der Anteil der Ärztinnen an der gesamten berufstäti- gen Ärzteschaft liegt mittlerweile bei rund 40 Prozent. In den Ärztekam- merversammlungen sind die Ärztin- nen im Durchschnitt jedoch nur mit etwa 18 Prozent vertreten. Innerhalb der kassenärztlichen Selbstverwal- tung sieht es mit der Beteiligung von Ärztinnen nicht besser aus.
Quotenregelung in Schleswig-Holstein
Besondere Beachtung verdiene nach Ansicht von Bühren Schleswig- Holstein, wo der Anteil der weibli- chen Delegierten nach der Kammer- wahl 1997 auf 32,9 Prozent gestiegen sei. Dies müsse als unmittelbare Folge des 1996 geänderten Heilberufsgeset- zes interpretiert werden. Es schreibt vor, daß auf allen Wahllisten minde- stens so viele Kandidatinnen aufge- stellt werden, wie es der Geschlech- terrelation innerhalb der Ärzteschaft entspricht. Ohne rigide Quotenrege- lung, die von der überwiegenden Mehrheit der männlichen Kollegen abgelehnt werde, habe man hier eine Beteiligung von Ärztinnen erreicht, die fast ebenso hoch liegt wie der An- teil der Ärztinnen an den Mitgliedern der Kammer. Bei der zur Zeit in der Diskussion stehenden Neuregelung
des Heilberufsgesetzes in Hessen hofft Bühren auf eine entsprechende Regelung. Der Ärztinnenbund setzt sich für eine stärkere berufspolitische Beteiligung der Ärztinnen auch in der Weise ein, daß er in Seminaren die Grundlagen der Gremienarbeit ver- mittelt.
Bühren eröffnete in Gießen den 26. Wissenschaftlichen Kongreß des Deutschen Ärztinnenbundes. Dieser befaßte sich vom 17. bis 19. Septem- ber unter dem Titel „Schlagen Frau- enherzen anders?“ mit geschlechts- spezifischen Aspekten von Herz- Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen.
Kritisch äußerte sich der Ärztin- nenbund zur geplanten Gesundheits- reform 2000. Der Verband war vor al- lem der Frage nachgegangen, mit wel- chen frauenspezifischen Auswirkun- gen im Gesundheitswesen bei Inkraft- treten des Gesetzes zu rechnen sei.
Der Ärztinnenbund befürchtet, daß der zu erwartende Stellenabbau im Krankenhaus in erster Linie Ärztin- nen treffen werde. Die ab 2003 vorge- sehene restriktive Bedarfszulassung in der ambulanten Versorgung er- schwere gerade Ärztinnen die Nieder- lassung als Kassenärztin; denn ein ent- scheidendes Auswahlkriterium sei die Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Wenn die zumeist von der Frau übernomme- ne Familienarbeit nicht anerkannt werde, bedeute dies eine Benachteili- gung gegenüber den männlichen Be- werbern um einen Praxissitz. Positiv beurteilt der Ärztinnenbund die vor- gesehene Einführung der Verhältnis- wahl in der kassenärztlichen Selbst- verwaltung. Vorstellbar sei, daß künf- tig ärztinnenspezifische Belange in den KV-Gremien besser vertreten
werden können. TG
vorgesehen – künftig zur Prüfung von Untersuchungs- und Behandlungsme- thoden im Krankenhaus eingeschaltet werden soll.
Die Überprüfung der medizini- schen Versorgung im stationären Bereich ist allerdings nur ein Teil dessen, was dem MDK an Kompe- tenzen zugewiesen wird. Grundsätz- lich soll mit der Gesundheitsreform der MDK ermächtigt werden, inner- halb der Gesetzlichen Krankenver- sicherung die Notwendigkeit, Wirt- schaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie die Qualität der Leistungen zu beurteilen. Auf der Grundlage dieser Globalzuweisung erscheint es müßig, neben der medizinischen Versorgung im Krankenhaus noch weitere Betä- tigungsfelder für den MDK hervor- zuheben. Hier sind kaum noch Gren- zen gesetzt.
Zentrales Steuerungs- instrument
Deutlich zum Ausdruck kommt die Überzeugung der für den Gesetz- entwurf Verantwortlichen, daß das komplexe Gesundheitssystem steuer- bar ist, sofern nur die ausreichende Datentransparenz geschaffen wird.
Ein aufgerüsteter Medizinischer Dienst soll mit dem Gesetz in die La- ge versetzt werden, die zur Steuerung des Leistungsgeschehens und dessen Finanzierung notwendigen Entschei- dungsgrundlagen zu liefern. Zweifel sind angebracht, ob dies eine realisti- sche Perspektive ist. Der MDK wird sicherlich die eine oder andere Ratio- nalisierungsreserve in der Kranken- versicherung aufspüren, doch besteht kaum Hoffnung, im Rahmen des Glo- balbudgets die Strukturen der medi- zinischen Versorgung in allen Berei- chen so umzuformen, daß die drohen- de Rationierung medizinischer Lei- stungen vermieden werden kann.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1999; 96: A-2422–2428 [Heft 39]
Anschrift des Verfassers Dr. Thomas Gerst Ottostraße 12 50859 Köln
A-2428 (40) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 39, 1. Oktober 1999
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