MEDIZIN
Infektion kann durch diese Mittel nicht beeinflußt werden (9, 10, 11).
Klinische Studien zeigten jedoch, daß in vivo die Behandlungserfolge auch der lytischen Infektion beim Men- schen enttäuschend sind.
In der Regel nimmt die infektiöse Mononukleose einen selbstlimitie- renden Verlauf und bedarf nicht der virustatischen Behandlung. Man be- schränkt sich im akuten Stadium auf Bettruhe und empfiehlt bei Spleno- megalie körperliche Schonung, um ei- ner Milzruptur vorzubeugen. Eine an- tibiotische Behandlung ist lediglich im Falle einer superinfizierten Tonsil- litis in Erwägung zu ziehen, wobei Ampicillin und Amoxycillin kontrain- diziert sind, da hierdurch regelmäßig ein Exanthem („Rush") induziert wird.
Die Anwendung von Steroiden ist kritisch zu betrachten. Durch de- ren zytotoxische Wirkung auf T-Lym- phozyten, die einen die Infektion kontrollierenden Einfluß haben, kann der Verlauf verschlechtert werden.
Allerdings wird beobachtet, daß ent- zündliche Komplikationen der infek-
DIE ÜBERSICHT / FÜR SIE REFERIERT
tiösen Mononukleose unter Steroid- anwendung günstig zu beeinflussen sind. Empfohlen wird im Falle einer komplizierten Mononukleose größte Zurückhaltung bezüglich einer Stero- idtherapie. In diesem Fall kann die Kombination mit Virostatika in Er- wägung gezogen werden. Der Erfolg dieses kombinierten Behandlungsre- gimes ist allerdings noch nicht in klini- schen Studien bewiesen worden. Der fulminante Verlauf der infektiösen Mononukleose bei der X-chromoso- mal proliferativen Verlaufsform läßt sich zur Zeit noch nicht medika- mentös aufhalten. Es wird berichtet, daß die Haarzell-Leukoplakie, eine EBV induzierte, benigne epitheliale Proliferation der Mundschleimhaut, die häufig bei erwachsenen AIDS-Pa- tienten diagnostiziert wird, durch Aciclovir positiv zu beeinflussen ist.
Die Rezidivrate ist allerdings hoch.
Hoffnungen zur Prophylaxe EBV-in- duzierter Tumoren liegen in der Ent- wicklung eines Impfstoffes, wobei im Tierversuch bereits durch das EBV- Strukturprotein gp350 neutralisieren- de Antikörper induziert werden
konnten (9). Eine EBV-Impfung wäre allerdings auf Risikogruppen wie Pa- tienten mit Immundefizienzen oder Transplantatempfänger zu begren- zen. Zur Prävention der Infektion sind die allgemeinen Hygienerichtli- nien ausreichend. Direkter Speichel- kontakt sollte vermieden werden. Ei- ne Isolierung der Patienten ist in der Regel nicht erforderlich.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1995; 92: A-436-441 [Heft 7]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Erik Harms Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde
Albert-Schweitzer-Straße 33 48129 Münster
Organerhaltende Behandlung beim lokal fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom
Die radikale Zystektomie gilt als Standardtherapie des fortgeschritte- nen Blasenkarzinoms. Seit einigen Jahren gibt es mehrere Pilotstudien, in denen man durch Kombination von Radiotherapie und Chemotherapie einen Organerhalt anstrebt und die Zystektomie erst bei Versagen dieser konservativen Therapie einsetzt. Die Autoren berichten über die Ergebnis- se eines prospektiven, seit 1982 an der Universität Erlangen durchgeführten Protokolls.
Von 1982 bis 1991 wurden 245 Pa- tienten, die aufgrund ihres Tumorsta- diums Kandidaten für eine Zystekto- mie gewesen wären (T2 bis 4 oder T1 G3), behandelt. Das mittlere Alter betrug 66 Jahre. Die Therapie bestand aus einer möglichst kompletten trans- urethralen Resektion (TUR) mit anschließender Radiotherapie (50 Gy in 28 Fraktionen in sechs Wochen)
oder Radiochemotherapie mit Cispla- tin (n = 79) oder Carboplatin (n = 60).
Sechs bis acht Wochen nach Radio- therapie überprüfte man den Behand- lungserfolg durch Kontroll-TUR. Ei- ne radikale Zystektomie erfolgte nur bei Tumorpersistenz oder bei invasi- ven Rezidiven.
Die 5-Jahres-Überlebensrate im Gesamtkollektiv betrug 47 Prozent.
Bei muskelinvasiven Tumoren er- reichte man 5-Jahres-Überlebensra- ten von 64 Prozent bei T2 (n = 47), 43 Prozent bei T3 (n = 127) und 16 Pro- zent bei T4 (n = 23).
Der wichtigste prognostische Faktor war eine komplette TUR vor Radiotherapie.
53 Patienten wurden im weiteren Verlauf zystektomiert, die übrigen 79 Prozent behielten eine normal funk- tionierende Blase. Die Rate der Bla- senerhaltung bei den nach fünf Jahren
noch lebenden Patienten betrug 83 Prozent.
Die Autoren folgern, daß mit TUR und Radiochemotherapie Über- lebensraten ähnlich wie bei radikaler Zystektomie erreicht werden können.
Der Vorteil des Verfahrens ist der Er- halt einer funktionierenden Blase bei dem überwiegenden Teil der Patien- ten. Analog zu anderen Malignomen (Mammakarzinom, Weichteilsarko- me der Extremitäten) erscheint ein primär organerhaltendes Therapie- konzept auch bei Blasenkarzinomen sinnvoll. Ptr
Dunst J et al.: Organ-sparing treatment of advanced bladder cancer: A 10-year experience. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1994; 30: 261-266
Prof. Dr. Jürgen Dunst, Strahlenthera- peutische Klinik, Martin-Luther-Univer- sität, Halle-Wittenberg, Dryanderstraße 4-7,06097 Halle
Prof. Dr. Rolf Sauer, Prof. Dr. Karl M.
Schrott, Universität Erlangen, Univer- sitätsstraße 27,91054 Erlangen
Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 7, 17. Februar 1995 (55) A-441