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Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 7, 16. Februar 1996 (1) leichzeitig mit den parla-
mentarischen Beratungen des Krankenhausneuord- nungsgesetzes 1997 (KHNG 1997) und zur Beitragssatzstabilisierung im Krankenhaussektor hat die Deutsche Krankenhausgesell- schaft e. V. ein Drei-Punkte-Kon- zept vorgeschlagen, das vor allem auf eine „Beherrschung des Men- genrisikos“ abzielt. Die Forderun- gen des Bundesverbandes der Krankenhäuser weichen zum Teil von bisherigen Positionen zur ak- tuellen Krankenhausreform-Dis- kussion ab, gehen zum Teil auf Seehofer zu. Nach den Forderun- gen der DKG soll die im Entwurf der Regierungskoalition vorge- schlagene, faktisch unbefristete Ausgabenbudgetierung durch eine
„intelligentere“, flexiblere Form ersetzt werden. Nach der von Bun-
desgesundheitsminister Horst See- hofer ausgegebenen Losung „Vor- fahrt für die Selbstverwaltung“ sol- len die Verantwortung der Selbst- verwaltung auf Landesebene für die Beitragssatzstabilität wesent- lich erweitert und die Ausgangsba- sis für das Budget leistungsbezo- gen ermittelt werden (entspre- chend § 28, Abs. 8 der neuen Bun- despflegesatzverordnung 1995).
Die zu vereinbarende Verän- derungsrate des Budgets wird als eine Orientierungsgröße für die örtlichen Budgetverhandlungen definiert. Die Vertragspartner auf Landesebene sollen eine „Hinwir- kungspflicht“ zur Einhaltung ha- ben – also kein striktes Durch- griffsrecht auf das einzelne Kran- kenhaus bei Überschreiten der Gesamtvergütung, wie es die Ko- alition beabsichtigt. Abweichende
Veränderungsraten können auch nach DKG-Lesart nur in einem en- gen, von der Selbstverwaltung festzulegenden Rahmen verein- bart werden. Die Bundesvorgabe soll als Bundesorientierungsgröße bleiben. Darüber hinaus sind de- gressive Abstaffelungen bei Über- schreiten der vereinbarten Men- gen von Fallpauschalen und Son- derentgelten vorgesehen, zugleich Anreize, um die prospektiv verein- barten Belegungstage möglichst zu unterschreiten. Die Landes-(Rah- men-)Planung soll in Verbindung mit individuellen Verträgen gemäß
§ 109 SGB V durch die Selbstver- waltung festgelegt werden. Die strukturellen Weichen sollen ebenfalls die Vertragsparteien stel- len, insbesondere für den Betten- abbau oder die „Umwidmung“ in
Pflegebetten. HC
Drei-Punkte-Konzept der Klinikträger
G
Reform der
Lohnfortzahlung
nfang Februar ist gegen den Widerstand der Sozi- aldemokraten in den Nie- derlanden von der „Eerste Ka- mer“ (Senat; vergleichbar dem deutschen Bundesrat) eine Neure- gelung des Lohnfortzahlungssy- stems bestätigt worden. Das Ge- setz, das am 1. März in Kraft treten soll, war bereits vom Abgeordne- tenhaus mit den Stimmen der sozi- alliberalen Parlamentsmehrheit angenommen worden.
Die Reform sieht eine Ab- schaffung der gesetzlich garantier- ten Lohnfortzahlung im Krank- heitsfall durch den Staat vor. Die Arbeitgeber sollen demnächst ihren kranken Beschäftigten ein Jahr lang 70 Prozent des Lohns auszahlen. Gegen Krankheitsfälle in der Belegschaft können sich nie- derländische Arbeitgeber dem-
nächst bei privaten Versicherungs- gesellschaften absichern. Nur in Ausnahmefällen soll das alte Ge- setz von 1993 gültig bleiben, wo- nach die Arbeitgeber je nach Mit- arbeiterzahl zwei bis sechs Wochen lang Krankengeld entrichten.
Ausgerechnet die Senatoren der größten Regierungspartei, die Sozialdemokraten, äußerten größ- te Bedenken. Sie befürchteten un- ter anderem eine zu starke gesund- heitliche Auswahl der Stellenbe- werber von ihren künftigen Ar- beitgebern. Schließlich trotzten sie dem Kabinett die Zusage ab, Un- ternehmen künftig zu „stimulie- ren“, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz von chronisch Kran- ken oder Behinderten einstellen beziehungsweise einen Teil ihrer Produktion an soziale Werkstätten vergeben. Wie diese Stimulanz im
einzelnen aussehen wird und ab wann sie gelten soll, blieb jedoch offen.
Die Regierung erwartet von der geplanten indirekten Privati- sierung des Gesundheitssystems Einsparungen in Höhe von 900 Millionen hfl (rund 800 Millionen DM). Außerdem soll der im inter- nationalen Vergleich relativ hohe Krankenstand in den Niederlan- den reduziert werden.
Zur Durchsetzung des Geset- zes drohte der sozialdemokrati- sche Premierminister Wim Kok in einer erregt geführten Debatte schließlich mit einer Regierungs- krise. Sein Widersacher, der sozial- demokratische Fraktionschef, Joop van den Berg, gab mit den Worten nach: „Der Senat kann keine Regierung bilden. Er sollte daher auch keine stürzen.“ Kli