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Archiv "Soziale Marktwirtschaft: Mehr Wettbewerb, weniger Umverteilung" (01.12.2000)

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uf das angekündigte Streitge- spräch zwischen Dr. rer. nat. An- gela Merkel und Hans-Olaf Hen- kel warteten die mehr als 400 Gäste im Kölner Gürzenich vergebens. Zu nah beieinander lagen die Standpunkte der CDU-Vorsitzenden und des Vorsitzen- den des Bundesverbandes der Deut- schen Industrie e.V. (BDI) zum Thema

„Globalisierung – Bedrohung oder Chance für die Soziale Marktwirt- schaft“, als dass sich ein offener Schlag- abtausch hätte entwickeln können.

„Mehr Marktpolitik und weniger Sozi- alpolitik“ oder „mehr Wettbewerb und weniger Umverteilung“ forderten die beiden Diskutanten und wollen so die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhöhen. Vor Mitgliedern der Mittelstands- und Wirtschaftsverei- nigung der CDU/CSU und des BDI plä- dierten Merkel und Henkel für einen Rückzug des Staates in vielen gesell- schaftlichen Bereichen; sie sprachen sich auch für weniger staatliche Regulie- rung in der Gesundheitspolitik aus.

„Wir müssen uns von allem planwirt- schaftlichen Denken verabschieden, da- mit sich der Wettbewerb wieder frei ent- falten kann“, sagte Angela Merkel. „Zu sozial ist unsozial“, ergänzte Henkel.

Lob für den „späten“ Seehofer

Die von Ludwig Erhard und Alfred Müller-Armack in dem von ihnen ent- wickelten Konzept der „Sozialen Marktwirtschaft“ angestrebte Balance zwischen Marktwirtschaft und sozialer Absicherung ist nach Angela Merkels Meinung in Deutschland nicht mehr in- takt. „Deutschland lebt bereits seit En- de der Siebzigerjahre nur noch von sei- ner Substanz“, sagte die CDU-Vorsit- zende. Es gebe derzeit einfach „ver- dammt wenig Umverteilungsmasse“.

Um wieder an die internationale Spitze zu gelangen, müsse der Wettbewerb und mit ihm die Eigenverantwortung der Bürger gefördert werden. „Hier ein bisschen verteilen und dort ein bisschen verteilen – das funktioniert nicht mehr“, sagte Merkel. „Nur wenn ich ein wenig Dampf bekomme, bewege ich mich auch.“

Die CDU-Chefin betonte, dass sie die gesundheitspolitischen Reformen,

die der ehemalige Bundesgesundheits- minister Horst Seehofer (CSU) zum Ende seiner Amtszeit (1997/98) auf den Weg bringen wollte, für einen Schritt in die richtige Richtung gehalten hätte.

Zur Erinnerung: Der „späte“ Seehofer hatte offenbar erkannt, dass Budgets im Gesundheitswesen nicht zum Erfolg führen können. Zudem sprach sich See- hofer kurz vor seiner Abwahl für Grund- und Wahlleistungen in der Ge- setzlichen Krankenversicherung (GKV) aus und wollte die Selbstbeteiligung der GKV-Versicherten erhöhen. Merkel bezeichnete es als Fehler der Union, dass sie es vor der letzten Bundestags- wahl versäumt habe, den Bürgern ihre langfristigen gesundheitspolitischen Absichten zu erläutern: „Die Leute hat- ten den Eindruck, in den Keller zu ge- hen, ohne zu wissen, wie sie dort wieder rauskommen.“ Dies sei ein entschei- dender Grund für die Wahlniederlage ihrer Partei gewesen.

Angela Merkel forderte eine „neue“

Soziale Marktwirtschaft. „Mit dem Übergang von der Industrie- zur Infor- mations- und Wissensgesellschaft findet der Wettbewerb auf internationaler Ebene statt“, sagte Merkel. Nationale Regelungen, die die Kosten der Produk- te, besonders den Faktor Arbeit, beein- flussen, müssten deshalb im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit über- prüft werden. Weil die sozialen Siche- rungssysteme in Deutschland nahezu ausschließlich an die Lohnbasis gekop- pelt seien, ergebe sich die Notwendig- keit, sowohl innovativer und produkti- ver als andere Länder zu sein und auch die Systeme der sozialen Sicherung auf eine breitere Grundlage zu stellen. Mer- kel forderte deutlich höhere Investitio-

nen in das Bildungssystem. Zudem müs- se ein Wettbewerb zwischen den Uni- versitäten geschaffen werden.

Auch Hans-Olaf Henkel, der am 1. Januar 2001 von Michael Rogowski an der Spitze des BDI abgelöst wird,

weil er nach der Satzung nicht mehr wiedergewählt werden kann, plädierte für mehr Wettbewerb an Schulen und Hochschulen. Das Problem der Politi- ker mit der Bildungspolitik sei, dass sich der politische Erfolg einer guten Bil- dungspolitik erst sehr langfristig ein- stelle. Sein Vorschlag: Eltern sollten für jedes ihrer Kinder eine Wahlstimme er- halten. „Dann wird es Politikrezepte geben, die auch auf die zukünftigen Wähler zugeschnitten sind.“ Jens Flintrop P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 48½½½½1. Dezember 2000 AA3225

Soziale Marktwirtschaft

Mehr Wettbewerb, weniger Umverteilung

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel will den staatlichen Einfluss – auch auf das Gesundheitswesen – reduzieren, um marktwirtschaftlichen Kräften mehr Freiraum zu geben.

Angela Merkel: „Eine Gesellschaft, die von Ängstlichen regiert wird, kann nicht erfolgreich

sein.“ Foto: ddp

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