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Archiv "NAV-Virchow-Bund: Sympathien für die Kostenerstattung" (16.03.2001)

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er NAV-Virchow-Bund sieht An- zeichen für ein Umdenken in der Gesundheitspolitik. Die jüngsten Signale von Bundesgesundheitsministe- rin Ulla Schmidt (SPD) lassen den Ver- band der niedergelassenen Ärzte Deutschlands auf ein besseres Ge- sprächsklima bei der Vorbereitung einer grundlegenden Gesundheitsreform hof- fen. Bereits im November vergangenen Jahres hatte der NAV-Virchow-Bund ein GKV-Modell mit einer Unterscheidung in Kern- und Zusatzleistungen diskutiert.

Jetzt befasste sich eine außerordentliche Bundesversammlung in Köln erneut mit dem Thema. Der Ärzteverband will ver- schiedene Aktivitäten bündeln und bei der Weichenstellung für eine andere Ge- sundheitspolitik mitwirken.

Dabei kann das „Kieler Modell“ des Instituts für Gesundheits-System-For- schung von Prof. Dr. med. Fritz Beske nach Auffassung des Verbandes wesent- liche Impulse liefern. Beskes Konzept war erstmals im Deutschen Ärzteblatt, Heft 50 vom 15. Dezember 2000, publi- ziert worden und hat zwischenzeitlich große Resonanz gefunden. Beske erläu- terte den Delegierten Einzelheiten des

„Kieler Modells“, das der Gesetzlichen Krankenversicherung zu Einsparungen in Höhe von 18,7 Milliarden DM und zusätzlichen Einnahmen von 19 Milliar- den DM verhelfen könnte.

Der Kieler Systemforscher listet de- zidiert jene GKV-Leistungen auf, die nach seiner Ansicht entweder ausge- schlossen, gekürzt oder aber mit einer höheren Selbstbeteiligung der Versi- cherten versehen werden sollten. Fer- ner schlägt Beske eine drastische Er- höhung der Tabak- und Alkoholsteuern (um 70 Prozent) vor. Diese zusätzlichen Einnahmen sollen der GKV zur Verfü- gung gestellt werden. Im Hinblick auf

eine Neubestimmung des Leistungska- talogs schlägt das „Kieler Modell“ die Einführung von Regel-, Satzungs- und Wahlleistungen der Krankenkassen vor – eine Idee, die im NAV-Virchow-Bund einen überzeugten Befürworter findet.

Der Verband der niedergelassenen Ärzte unterstützt auch Beskes Forde- rung, die GKV von

Fremdleistungen zu befreien: „Die Subven- tionen für die Kran- kenversicherung der Rentner, der Arbeits- losen und der Invali- den, für Mutterschutz ganz generell, für die Pille für junge Mäd- chen und vieles mehr können den immer we- niger werdenden Bei- tragszahlern nicht län- ger abverlangt wer- den“, heißt es in einem Beschluss der Delegier- tenversammlung. Die Politik habe diese Lei- stungen gewollt und veranlasst, sie müsse sie deshalb auch über den Staatshaushalt aus dem Steueraufkom-

men bezahlen. Dies könne schrittweise über einen Zeitraum von zehn Jahren erfolgen, indem der Staat jährlich zehn Prozent dieser Leistungsausgaben über- nehme.

Eine durchgreifende Gesundheitsre- form muss nach Auffassung des NAV- Virchow-Bundes auch die Einführung der Kostenerstattung anstelle des bis- herigen Sachleistungssystems beinhal- ten. Der Verband glaubt, mit der Ko- stenerstattung der Entwicklung zu ei- ner „Mehrklassenmedizin“ vorbeugen

zu können. Die Kostenerstattung sei europakonform, bewirke mehr Trans- parenz bei den Abrechnungen und bie- te dem Arzt eine Grundlage, sein Ein- kommen besser kalkulieren zu können.

Überdies schaffe sie gute Voraussetzun- gen für die Qualitätssicherung der er- brachten Leistungen.

Auch bei der Umstellung von der Sachleistung auf die Kostenerstattung schlägt der NAV-Virchow-Bund ein mehrstufiges Verfahren vor. Zunächst sollte die Kostenerstattung bei den so genannten Wahlleistungen der Kran- kenkassen greifen, anschließend bei den Satzungsleistungen und schließlich auch bei den Regelleistungen. Dieses Verfahren hätte zudem den Vorteil, dass begleitende Umfragen und Unter- suchungen Aufschluss über die Ak- zeptanz und die Ausgabenentwick-

lung beim jeweiligen Teilschritt geben könnten.

Im Hinblick auf die Steuerung der Inanspruchnahme von Leistungen fa- vorisiert der Verband ein Anreizsystem für die Patienten. Die Selbstbeteiligung könne nach der finanziellen Leistungs- fähigkeit abgestuft werden. Daneben müsse es geschützte Bereiche geben – beispielsweise bei Suchterkrankungen.

Wie die niedergelassenen Ärzte zur Kostenerstattung stehen, will der NAV- Virchow-Bund über eine eigene Um- P O L I T I K

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A662 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 11½½16. März 2001

NAV-Virchow-Bund

Sympathien für die Kostenerstattung

Der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands plädiert für eine umfassende Gesundheitsreform.

Prof. Dr. med. Fritz Beske erläuterte das „Kieler Modell“ zur Neu- bestimmung und Finanzierung des GKV-Leistungskatalogs.

Foto: Johannes Aevermann

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ast 300 Projekte wurden einge- reicht, für 31 hat sich eine Jury im Auftrag der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen nun ent- schieden: Das Rennen um die zehn Mil- lionen DM Fördergelder für unabhän- gige Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung ist gelaufen. Sie werden verteilt auf Projekte aus dem Bereich der Ärzteschaft, der Verbrau- cherzentralen, von Selbsthilfegruppen, Universitäten und Sozialverbänden, unter anderem folgende:

❃ Die Deutsche Akademie für Kin- derheilkunde und Jugendmedizin e.V.

und ihre Beratungsstellen Dokumen- tations- und Informationsstelle für All- ergiefragen im Kindesalter (DISA) so- wie Dokumentations- und Informa- tionsstelle für Umweltfragen der Kin- derärzte (DISU) werden ihre Informa- tionssysteme ausbauen. Beide Einrich- tungen betreiben seit sechs Jahren einen interaktiven Online-Informationsver- bund für Fachleute. Nun sollen die In- formationen für Verbraucher aufberei- tet werden.

Info-Telefon für Krebskranke

❃ Das Deutsche Krebsforschungs- zentrum in Heidelberg will seinen tele- fonischen Informationsdienst für Tu- morschmerzpatienten ausbauen. Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass das Angebot nicht ausreicht. Da zudem das Internet immer häufiger Informations- quelle für Krebspatienten ist, soll das Online-Angebot ergänzend zum telefo- nischen Dienst erweitert werden.

❃ Das Institut für Klinische Pharma- kologie an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden betreibt seit einiger Zeit ein Arzneimittelberatungssystem für Patienten im Großraum Dresden.

Nun soll das Angebot so erweitert wer- den, dass es der gesamten sächsischen Bevölkerung zur Verfügung steht.

❃Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr.

med. Ingrid Mühlhauser von der Uni- versität Hamburg will im Rahmen ihres Projekts erreichen, dass Patienten/Ver- braucher Kriterienkataloge erarbeiten können, nach denen sie von medizini- schen Fachgesellschaften wissenschaft- liche Informationen zu bestimmten Krankheiten einholen, auswerten und verbreiten. Patienten hätten nämlich bisher keine Möglichkeit, das Nutzen- Risiko-Verhältnis von empfohlenen Behandlungen oder diagnostischen Maßnahmen abzuschätzen. In einem zweiten Teil sollen Kursprogramme entwickelt und erprobt werden, um Pa- tientenvertreter für die Teilnahme zum Beispiel an klinischen Forschungspro- jekten zu schulen.

❃ Dr. med. Martin Grunwald von der Universität Leipzig hat 1998 zusam- men mit Kollegen einen Internet-Bera- tungs- und Informationsdienst zum The- ma Essstörungen gegründet. Im Rah- men des Modellprojekts soll erforscht werden, wie gut die medizinisch-klini- schen Versorgungsstrukturen für diese Patienten und ihre Angehörigen sind.

Darüber hinaus sollen ein Online-Bera- tungsnetzwerk und ein Verteilungsnetz- werk für Akutpatienten entstehen.

❃ Seit 1996 gibt es den Verein „Pa- tienten-Ombudsmann/-frau Schleswig- Holstein“. Zudem hat die dortige Ärztekammer ein Informationsangebot im Internet aufgebaut: „ArztFindex“.

Nun will der Verein den Internet- dienst „MedFindex“ gründen, der in- teressierte Anbieter der Region zu einem Gesundheits-Informationsdienst vereint.

❃ Ein „Netzwerk Patientenberatung NRW“ soll in Nordrhein-Westfalen ent- stehen. Ziel ist es, qualifizierte Bera- tungsangebote weiter- und neu zu ent- wickeln. Beteiligt sind die Ärzte- und Apothekerkammern, die Kassenärztli- chen Vereinigungen und weitere Orga- nisationen. Sabine Rieser P O L I T I K

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A664 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 11½½16. März 2001

frage ermitteln. Der Vorstand will die Brendan-Schmittmann-Stiftung mit ei- ner Erhebung beauftragen, die die Ak- zeptanz für den angestrebten System- wechsel ermitteln soll.

Kostenerstattung und Selbstbeteili- gung sind in der Schweiz wesentliche Be- standteile des Versicherungssystems.

Hanspeter Kuhn, stellvertretender Ge- neralsekretär der schweizerschen Ärzte- organisation FMH, berichtete bei der Bundesversammlung über die Erfahrun- gen der Schweizer Ärzte mit der Kosten- erstattung. Was den direkten Vergleich allerdings erschwert: Es gibt große kan- tonale Unterschiede in der Höhe der Selbstbeteiligung, und ein eindeutig de- finierter Leistungskatalog der Kranken- versicherung ist in der Schweiz nicht vor- handen. Kuhn: „Wir haben eine willkür- liche Sammlung einmal vor Gericht er- strittener Fälle. Der Rest ist Schweigen beziehungsweise ein Vakuum.“

Weil wenig definiert ist, haben die Schweizer Ärzte zwar ein hohes Maß an Autonomie bei der Behandlung ihrer Patienten. Zugleich werde aber auf die- se Weise die Rationierungsfrage „ele- gant umschifft“, meinte Kuhn.

Patienten zahlen Arztrechnung

Üblicherweise geht in der Schweiz die Rechnung über die erbrachten ärztli- chen Leistungen direkt an den Patien- ten. Der Patient zahlt und erhält eine Erstattung von der Krankenkasse. Bei der Behandlung durch niedergelassene Ärzte ist dies tatsächlich noch die Re- gel. Die Behandlungskosten in den Krankenhäusern werden hingegen überwiegend direkt den Krankenkas- sen in Rechnung gestellt.

Etwa ein Prozent der Arztrechnun- gen wird nicht beglichen. Das ist das direkte Risiko, das die Ärzte mit der Kostenerstattung eingehen. Doch es gibt auch indirekte Risiken: In der Schweiz gilt eine Selbstbeteiligung der Versicherten von mindestens 230 Fran- ken pro Jahr. Auch höhere Selbstbehal- te sind wählbar – bis zu 1600 Franken.

Da die Versicherten bis zur Höhe ihres Selbstbehalts ohne Erstattung durch die Krankenkassen zahlen müssen, be- steht eine gewisse Hemmschwelle vor dem Arztbesuch. Josef Maus

Modellprojekte zur Patientenberatung

Die Ärzte sind mit dabei

Die gesetzlichen Krankenkassen fördern 31 Einrichtungen.

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