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Archiv "Von Sinn und Unsinn des Datenschutzes" (18.11.1983)

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Arzt und Patient in der Leistungsgesellschaft DIE GLOSSE

Die Bedeutung der Geriatrie in der Gesellschaft

Die Motivierung zu Leistungen auf den unterschiedlichsten Feldern ist ein besonderes Anliegen der Geriatrie, und hier öffnet sich ein weites Feld für die Aktivitäten von uns Ärzten. Damit sind diese Akti- vitäten nicht erschöpft. Wie wir den Begriff der Rehabilitation heute nicht allein auf ärztliche Ak- tivitäten zurückführen, sondern auf eine Leistung der Gemeinde ansehen, muß auch die Betreuung alter Menschen von der gesamten Gemeinde in ihren verschiedenen aktiven Bereichen einbezogen werden. Schulen, Volkshochschu- len, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine, Bürgerinitiativen und so weiter haben hier ein weites Feld zu bestellen.

Es gilt, auch dem alten Menschen die weitere Teilnahme am Wohl- stand zu ermöglichen. Die alters- bedingten Einschränkungen, zum Beispiel der Mobilität und der Mo- tilität, die Isolation, die nicht sel- ten vorhandenen latenten Depres- sionen sind zu erkennen und ab- zubauen. Jedermann weiß, daß gerade die latenten oder auch ma- nifesten Depressionen den Lei- stungswillen ganz entschieden hemmen oder gar nehmen kön- nen. Dies gilt in besonderem Ma- ße für die älteren Menschen. Aber auch bei jüngeren und Menschen mittleren Alters können Hemm- schwellen entstehen, die der Lei- stungsmotivation hinderlich ent- gegenstehen.

Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß der alte Mensch weiter- hin zu Leistungen angehalten werden muß und daß erbrachte Leistungen für das Lebensgefühl von ganz entscheidender Bedeu- tung sein können. Fühlt ein Mensch sich abgeschoben oder

„kaltgestellt", so wird ihm die Freude am Dasein vergällt. Blaise Pascal hat dies treffend ausge- drückt: „Nichts ist dem Menschen unerträglicher als völlige Untätig- keit, also ohne Leidenschaften, ohne Geschäfte, ohne Zerstreu-

ung, ohne Aufgabe zu sein. Dann spürt er die Nichtigkeit, seine Ver- lassenheit, sein Ungenügen, seine Abhängigkeit, seine Ohnmacht, seine Lebensleere, also — gleich wird dem Grunde seiner Seele die Langeweile und die Finsternis und die Trauer, der Kummer, die Verzweiflung entsteigen."

Wir sollten uns das zu Herzen nehmen!

(Nach einem Referat beim Sport- ärztekongreß in St. Moritz am 5.

September 1983)

Literatur

Adam, K.: Leistungssport — Sinn und Unsinn.

Nymphenburger Verlagshandlung GmbH, München 1975

Christian, P.: Das allgemeine psychosomati- sche Syndrom (allgemeines psychovegetati- ves Syndrom) bei Arbeitnehmerinnen in ver- schiedenen Industriebetrieben. Nervenarzt 52, 321-325, 1981

Eick, J.: Als noch Milch und Honig flossen. Er- innerungen an die Marktwirtschaft. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, 1982

Beruf, Haushalt und Familie unter einem Hut.

Ergebnisse einer Allensbach-Studie. FAZ Nr.

156, 9. Juli 1983

Lehr, U.: Psychologie des Alterns. Quelle &

Meyer, Heidelberg 1972

Pross, H.: Wo bleiben die alten Menschen in der Leistungsgesellschaft? interdisziplinäre Diskussion in der Gerontologie. Bergedorfer Gesprächskreis zu Fragen der freien industri- ellen Gesellschaft. Protokoll Nr. 43, 1972 Rosenmayr, L.: Die Revision der These vom generellen Leistungsverfall im Alternsprozeß, in: Aktivitätsprobleme des Alternden. Hrsg.

von K. Fellinger, Wien. Editiones „Roche", Ba- sel 93-122, 1974

Schettler, G.: Der Mensch ist so jung wie seine Gefäße. Piper, München 1983

Schipperges, H.: Sozialgesetzgebung im Wan- del. DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80, Heft 23, 1983

Schipperges, H.: Anspruch durch „Leistung".

Vortrag im Süddeutschen Rundfunk in der Reihe „Im Zeichen der Bescheidenheit" 1983 Stolleis, M.: Verwöhnt, umhegt, aber unabhän- gig. Rückblick auf ein Jahrhundert gesetzliche Krankenversicherung. FAZ Nr. 156, 9. Juli 1983

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. h. c. mult.

Gotthard Schettler

Direktor der Medizinischen Klinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Bergheimer Straße 58 6900 Heidelberg 1

Von Sinn und Unsinn des Datenschutzes

Da hat doch das Innenministerium Baden-Württemberg in diesem Jahr eine neue Meldeverordnung erlassen. Sie regelt u. a. die Datenübermittlung an die Ge- sundheitsämter zum Zwecke des Katastrophenschutzes.

Nach dieser Verordnung dürfen dem Gesundheitsamt eine ganze Menge Daten von Angehörigen der Heil- und Heilhilfsberufe über- mittelt werden, so Familienname und Vorname, sogar der Rufname, ferner akademische Grade, wobei selbst Ordensnamen und Künst- lernamen nicht fehlen. Es folgt der Tag der Geburt, das Ge- schlecht, der Umstand, ob der Ge- meldete erwerbstätig oder nicht erwerbstätig ist, die Staatsange- hörigkeit, dann natürlich die An- schrift einschließlich aller Haupt- und Nebenwohnungen, der Fami- lienstand, die Zahl der minderjäh- rigen Kinder, ferner Übermitt- lungssperren aus dem Melderegi- ster, aber — nicht der Beruf.

Der Leser dieser Verordnung reibt sich zunächst verwundert die Au- gen:

Die Meldung von Personen, die ei- nem Heil- und Heilhilfsberuf ange- hören, zum Zwecke des Katastro- phenschutzes hät ihren guten Sinn. Das Gesundheitsamt soll in der Lage sein, Personen zu be- nennen, die bei einer Katastrophe als Heil- und Heilhilfspersonen sachkundig helfen können, wobei wohl in erster Linie an die Ärzte gedacht ist. Dabei scheint es ei- gentlich weniger wichtig, den zufälligen Ordensnamen oder Künstlernamen eines Angehöri- gen eines Heil- oder Heilhilfsberu- fes zu kennen, denn ob der hel- fende Arzt so ganz nebenbei noch Pater ist oder vielleicht nebenbe- ruflich ein bekannter Pianist, dürf- te für den Einsatz im Katastro- phenschutz wenig entscheidend sein. Wichtig ist der Beruf. Der darf aber nicht gemeldet werden.>

80. Jahrgang Heft 46 vom 18. November 1983 83 Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Datenschutz

Auf diesen Mangel hingewiesen, teilt das Sozialministerium u. a.

mit: „Die Auslegung des § 5 MVO ist korrekt. Die Einbeziehung der Angabe über die Art der Ausbil- dung in das Verfahren der regel- mäßigen Datenübermittlung an die Gesundheitsämter scheidet aus. Die Gesundheitsämter müs- sen die genannten Personen an- schreiben und auf freiwilliger Ba- sis weitere Daten erfragen ... "

Nun wissen wir es also. Künftig werden die Gesundheitsämter ei- nen Brief etwa folgenden Inhalts versenden:

„Sehr geehrte Frau Müller, von der Meldebehörde wurde uns mitgeteilt, daß Sie einem Heil- und Heilhilfsberuf angehören. Sie sind weiblichen Geschlechts und am 1. April 1950 geboren, sind Deutsche, erwerbstätig, geschie- den und haben zwei minderjähri- ge Kinder. Eine Übermittlungs- sperre besteht nicht. Wir kennen Ihre Anschrift, wir wissen, daß Sie eine Nebenwohnung in Oberst- dorf haben, und wir wissen auch, daß Sie den Künstlernamen „Don- na Isabella" führen. Für einen möglichen Einsatz im Katastro- phenschutz wüßten wir nun aber gerne, ob Sie vielleicht Ärztin sind, medizinisch-technische As- sistentin, Krankenschwester, Mas- seurin, oder welchen sonstigen Heil- oder Heilhilfsberuf Sie ha- ben. Hätten Sie die Freundlich- keit, uns dies in Bälde mitzutei- len?

Ihr Gesundheitsamt"

So macht man das, denn Daten- schutz muß sein. Ob aber eine

Antwort kommt? Eg

DR. FLEISS' BLÜTENLESE —

Abwechslung

Böse behaupten, daß die Frommen des Paradieses ih- re Ferien in der Hölle ver- bringen.

Obwohl in den Evangelien von Je- sus auch einige Naturwunder be- richtet werden (Brotvermehrung, Verwandlung von Wasser in Wein, Stillung des Seesturms, Wandeln auf dem Wasser), sieht die evange- lische Überlieferung doch in sei- nen Heilungswundern die ent- scheidende Beglaubigung seiner Rede. „Jesus zog durch alle Städ- te und Dörfer, lehrte in ihren Syn- agogen, verkündete das Evange- lium vom Reich und heilte alle Krankheiten und jedes Gebre- chen": so faßt Mattäus (9,35) die auf die Bergpredigt folgende Pha- se des Wirkens Jesu zusammen.

Die Evangelien erzählen mehr als zwanzig Einzelheilungen Jesu;

hinzu kommen drei Totenerwek-

kungen sowie rund ein Dutzend globaler Erwähnungen von Hei- lungen vieler, wie die vorhin zitier- te. Die medizinische Beurteilung dieser Berichte ist nicht Sache des Theologen. Ihm kommt es nur zu, von der Bibelkritik her Verständ- nishilfen anzubieten.

Auch dem Nichttheologen ist be- kannt, daß die Evangelien in ei- nem beträchtlichen Abstand von den berichteten Ereignissen ge- schrieben wurden. Wird das älte- ste Evangelium, das des Markus, gegen das Jahr 70 n. Chr. datiert, so dürften das Mattäus- und das Lukasevangelium erst um das Jahr 80 vorgelegen haben, und das vierte Evangelium wurde sogar THEMEN DER ZEIT

Wunderheilungen Jesu

im Licht moderner Bibelkritik

Herbert Haag

Der Theologe fragt sich, was ein Mediziner sich wohl denke, wenn er die Berichte über Wunderheilungen Jesu, wie sie uns in den Evangelien zahlreich überliefert sind, hört oder liest. Als ich kürz- lich anläßlich einer Tagung diese Frage einem Ärzteehepaar stellte, antwortete die katholische Frau etwas nervös: „Medizi- nisch gesehen ist das natürlich unmöglich, aber – ach, ich weiß auch nicht, fragen Sie doch lieber meinen Mann." Der evangeli- sche Mann, der, dienstlich noch festgehalten, eine Stunde später zum Gespräch erschien, erklärte auf die gleiche Frage ganz ruhig:

„Ich habe da keine Schwierigkeiten. Wir erleben es nicht selten, daß eine starke Emotion den Tod bewirkt. Warum soll die Emotion einer Begegnung mit Jesus nicht auch eine Heilung bewirkt haben können?"

Uns soll diese Frage hier nicht weiter beschäftigen. Der Zugang zu den neutestamentlichen Berichten über die Wunderheilungen Jesu wird uns jedoch erleichtert, wenn wir sehen, daß schon die frühchristlichen Glaubensverkündiger mit diesen Überlieferungen ihre Mühe hatten, daß sie sie großzügig weiterspannen und in den Dienst einer ganz bestimmten Verkündigungsabsicht stellten, so daß es im nachhinein in den meisten Fällen nicht möglich ist, über den genauen Hergang etwas Sicheres zu sagen. Dies zu zeigen ist der Sinn der folgenden kurzen Überlegungen.

84 Heft 46 vom 18. November 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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