E
r war ein liebenswerter Sonderling mit einem lan- gen eisgrauen Bart, und wäre der Posten des Petrus im Himmel nicht schon vergeben gewesen, Wulf Dieter hätte diese Rolle durchaus über- nehmen können. So aber wachte er über sein eigenes kleines irdisches Reich, führte ein abgeschiedenes Leben, fühlte sich der Natur mehr als den Menschen verbunden – ursprünglich war er ja auch Förster gewesen – und, er hör- te schlecht. Dagegen half of- fenbar auch der kleine golde- ne Ring im Ohr nicht viel.Ab und zu wurde aber auch dieser Mann von einem Zipperlein geplagt, gegen das kein Kraut seines Gar- tens gewachsen war. Dann schwang er sich auf sein Fahrrad, eines mit Hilfsmo- tor, die berühmte Klammer rechts und links im Hosen- bein, die Lederkappe auf den
Kopf gestülpt – ein Helm wä- re ein Stilbruch gewesen –, und ab ging’s zum Doktor.
Ungern zwar, aber das Kreuz plagte halt gar fürchterlich!
Der Arzt versprach Rat und Hilfe und verordnete Salbe und Zäpfchen.
Wie gesagt, Wulf Dieter war ein Naturbursch, hatte
im Allgemeinen mit der
„künstlichen“ Medizin nicht viel im Sinn. Und, er hörte schlecht, trotz Ring.
Vielleicht hat aber auch der Doktor nicht genügend laut gesprochen. Jedenfalls, nach zwei Tagen erschien ein aufgebrachter Wulf Die- ter in der Praxis, beklagte
sich lautstark – dabei sind Schwerhörige im Normal- fall schon laut – über die schlechte Medizin: drei Zäpfchen hätte er schon ge- nommen, eine Besserung sei nicht eingetreten, im Gegen- teil, außer Rücken- hätte er jetzt auch noch Magen- schmerzen, die „Dinger“
lägen schwer im Magen, und schmecken würden sie auch nicht. Karin Pollmer
B
löde Börsenzeiten haben wir.Einfach in einen Markt reingehen und Geld ver- dienen geht nicht mehr, auf ei- ne Branche wie Automobilak- tien oder Chemiewerte zu set- zen ist auch eher unvorteilhaft, Banktitel dürften die nächsten Monate ebenfalls nicht gerade zu den Top-Favoriten zählen.Die nächsten paar Monate wird es vermutlich keinen kla- ren Trend geben, es könnte auch mal rückwärts gehen.
In Phasen der Unsicherheit greift der verwirrte Anleger gerne auf altbekannte Aktien – etwa Heidelberger Druck, Schering, Altana, Linde – zurück, mit denen er in der Ver- gangenheit immer gut Geld verdient hat. Das ist zwar eine verständliche Reaktion, kann aber ziemlich ins Auge gehen.
Es ist zwar in Ordnung, die Strategie des „Stock Picking“
anzuwenden, aber es ist gerade bei dieser Vorgehensweise
nichts schlimmer, als auf alte Erfahrungsmuster zu setzen.
Ein effizientes Stock Picking setzt immer voraus, dass der Entscheidungsprozess nicht von veralteten Fakten domi- niert wird. Im Grunde trivial, dennoch wird auf diese alten Schemata immer wieder zurückgegriffen, und der Rein- fall ist dann stets derselbe.
Heidelberger Druck ist so ein klassischer Fall. Gehörte der Wert früher in jedes De- pot, kann er heute diesen An- spruch bei weitem nicht mehr erfüllen. Die Aktie des Druck- maschinenherstellers kennt seit Monaten nur eine Rich- tung auf den Kurszetteln, die nach unten. Mit 22 Euro liegt die Notiz auf einem ziemlich schlechten Niveau, und es sieht
nicht danach aus, als würde sich eine nachhaltige Besse- rung einstellen.
Die verschärfte Konkurrenz und gedrückte Margen halten das Unternehmen weiter unter Druck, Indiz dafür sind die um fünf Prozent niedrigeren Auf- tragseingänge des ersten Quar- tals. Selbst eine konjunkturelle Erholung dürfte nicht allzu viel bringen, denn die beiden Großaktionäre Allianz und Commerzbank würden jede Kurserholung nutzen, um sich aus dieser Industriebeteiligung zu verabschieden.
Interessant scheint mir da- gegen die Aktie von Schaltbau zu sein. Das Münchener Un- ternehmen fertigt unter ande- rem Türsysteme für Hochge- schwindigkeitszüge. An der
Börse wurde anscheinend noch nicht richtig realisiert, dass es dem Unternehmen, welches durchaus harte Zeiten durchmachen musste, wieder besser geht – deutlich sogar.
Der Schaltbau-Boss ist zuver- sichtlich, dass in diesem Jahr fünf Millionen Euro verdient werden. Träfe diese Prognose zu, wäre die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 5 extrem preiswert.
Ebenso spannend finde ich die Genesung von Triplan, einem Ingenieurdienstleister.
Die Gesellschaft aus Bad So- den führt an der Börse ein Mauerblümchendasein und hat darüber hinaus auch noch ein schlechtes Image. Völlig zu Unrecht, finde ich, denn Triplan legte soeben eine aus- gewogene Bilanz vor, und das bei voller Kapazitätsauslastung.
Wer mutig ist, kann mit Schalt- bau und Triplan eine prima Zusatzrendite einheimsen. ) S C H L U S S P U N K T
[60] Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005
Die richtige Medizin am falschen Ort
zu Aktien
Rendite für Mutige
Börsebius
Post Scriptum