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Archiv "Keine schlechte Medizin" (16.04.2004)

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P O L I T I K

A

A1060 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1616. April 2004

lität betrifft und was Registrierung be- trifft. Es ist für mich sehr schwer zu er- tragen, dass wir kein bundesweites, ein- heitliches Krebsregister haben. Die Pa- tienten wollen das auch. Ich weiß, dass es unter Datenschutzgesichtspunkten schwierig ist, aber hier muss man einen Weg finden, dass wir einerseits Patien- ten in ihrer Identität schützen, aber an- dererseits auch Daten veröffentlichen.

DÄ:Mit der Änderung des § 295 SGB V gibt es eine wesentliche Neuerung: Die Krankenkassen erhalten künftig auch versichertenbezogene Daten aus dem ambulanten Sektor, bisher nur aus dem Krankenhausbereich. Einige Ärztever- bände haben daran deutliche Kritik geübt. Auch die KBV befürchtet den

„gläsernen Patienten“ oder eine Risiko- selektion der Kassen. Wie bewerten Sie diese Bedenken?

Kühn-Mengel:Der Schutz von Patien- ten ist immer hoch anzusetzen – da bin ich auf der Seite der Datenschützer.Auf der anderen Seite brauchen wir auch solche Daten, um endlich Behandlungs- verläufe in den Griff zu bekommen.

Das ist ein schwieriger Punkt, und trotz- dem ist das der richtige Schritt.

DÄ:Wenn die Gesundheitsreform un- ter Dach und Fach ist, die Patienten keine Fragen mehr dazu haben – wird Ihre Ar- beit trotzdem weiter notwendig sein?

Kühn-Mengel:Ich merke schon in den letzten Wochen, dass sich die Briefe und Anrufe verändert haben. Es kommen jetzt mehr und mehr Schilderungen von Einzelfällen. Die Tatsache, dass so viele Menschen mich anschreiben, zeigt, dass so eine Stelle gebraucht wird. Die Patien- ten wollen schildern, welche Erfahrun- gen sie gemacht haben in der Hoffnung, dass sie als Partner ernst genommen wer- den. Sie fühlen sich häufig als Bittsteller im System. Ich spreche nicht nur von Ärzten, wo sich naturgemäß eine Hierar- chie ausdrückt. Auch von den Kranken- kassen fühlen sie sich häufig nicht ernst genommen, obwohl sie ja diejenigen sind, die durch ihren Beitrag das Gesund- heitssystem finanzieren. Wir müssen zu einer Arbeit auf Augenhöhe kommen.

Insofern bin ich sicher, dass ich noch eine ganze Weile gebraucht werde.

DÄ-Fragen: Petra Bühring, Heike E. Krüger-Brand

D

ie Anamnese war so eindeutig, dass ich kein EKG brauchte: Herr Müller beschrieb eine typische Crescendo-Angina, auch angesichts seiner Risiko- faktoren schlug ich ihm vor, sich zügig beim Kardiologen vorzustellen, der ambulante Herzkatheter und Interventionen durchführt. Völlig begeistert stimmte er zu, denn Herr Müller ist selbstständig und kann es sich gar nicht lei- sten, auch nur wenige Tage im Krankenhaus zu verbringen. Drei Tage später sitzt er wieder vor mir, seine proximale filiforme RIVA-Stenose wurde mit ei- nem 3,5er-Stent versorgt. Herr Müller ist außerordentlich zufrieden, beein- druckt von der raschen Lösung seines Problems. „Ihr Ärzte werdet immer so madig gemacht“, meint er, „im Rundfunk, Presse und Fernsehen hacken sie ständig auf euch herum. Es sollte mal solch eine Behandlung veröffentlicht wer- den, damit klar wird, wie effektiv und zügig ihr tatsächlich arbeitet! Sie könnten das doch in einem Ihrer Fachblätter veröffentlichen.“ Ich halte dies allerdings für keine gute Idee, man würde mir prompt die fehlende Differenzialdiagnose um die Ohren hauen. Hatte ich doch einen spastischen Ösophagus, eine Pleuri- tis sicca oder einen Morbus Mondor erst gar nicht in Betracht gezogen. Nein, so meine ich, auf diese Prügel könne ich verzichten. Erstaunt ruft Herr Müller:

„Ich hatte doch Beschwerden, und die Arterie war fast ganz dicht, der Kardio- loge hat sie umgehend geweitet und mit einem Stent geschient! Alles ambulant und ohne Umwege, ohne Zeitverlust, das ist doch eine Meldung wert!“ Das würde zwar stimmen, er würde den freundlichen Kardiologen trotzdem in tiefe

Bedrängnis bringen:Wo war der zweifelsfreie Ischämienachweis? Wie hoch war der Agatston-Score? Wo das Cardio-NMR? Warum wurde nicht die Plaque- struktur im 16-Zeilen-CT analysiert? Entrüstet würde man ihm vorwerfen, dass er die hämodynamische Relevanz der Stenose nicht sauber, umfassend und mit Einsatz sämtlicher heute zur Verfügung stehender Mittel dokumentiert hätte.

„Na gut“, meint Herr Müller, „dann schreiben Sie das den Krankenkassen- fürsten, damit die nicht behaupten, die Niedergelassenen würden nur rumsitzen und Banknoten schreddern!“ Auch das, so fürchte ich, gerät zum Eigentor. Die Betriebswirtschaftler der Krankenkasse würden über diese Kasuistik herfallen und anhand äußerst komplizierter, für normale Menschen nicht nachvollzieh- barer mathematischer Formeln und Statistiken nachweisen, dass künftig für Herzkatheteruntersuchungen kein einziger Euro mehr bezahlt werden kann.

Schließlich gäbe es irgendwo in der fernen Mongolei eine mit deutschen Koro- narkranken vergleichbare Population, die sich einen gebrauchten Ballon pro Million Einwohner teilen würde. Tiefe Desillusion zeichnet sich in Herrn Mül- lers Gesicht ab. „Dann schreiben Sie, dass alles in zwei Tagen passiert ist, bei monatelanger Wartezeit hätte ich einen Herzinfarkt bekommen können!“ Un- ter Zusicherung strikter Geheimhaltung erkläre ich ihm, dass sein Vorzugster- min nur aufgrund meiner freundschaftlich-kollegialen Zusammenarbeit mit dem Kardiologen zustande gekommen ist. Wenn das herauskäme, würden all die anderen, die Monate auf einen fachärztlichen Termin warten, mich und den Kardiologen mit Klagen überziehen. „Ihr sollt doch in Netzwerken zusammen- arbeiten“, meint Herr Müller dazu, „das liest man immer wieder. Deswegen kann eure Zusammenarbeit nichts Anstößiges sein.“ Nein, so muss ich ihn wie- der korrigieren, aus der Sicht der Wartenden ist dieser Vorzugstermin übelste Vetternwirtschaft. Ich schlage ihm daher vor, dass er den Kardiologen lieber in Ruhe arbei- ten lassen soll. Schließlich habe der genug Probleme da- mit, dass ihm trotz überquellendem Wartezimmer ständig mit Existenzvernichtung gedroht wird. „Also, Doktor, ich verstehe das alles nicht. Es kann doch nicht sein, dass ihr ordentliche Medizin macht und es verheimlichen müsst.

Das kann man ja nur als Satire veröffentlichen!“

Keine schlechte Idee. Dr. med. Thomas Böhmeke

Keine schlechte Medizin

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