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Archiv "Das Porträt: Dr. med. Karl Addicks (FDP) - „Ich war der Hausarzt der Baustelle“" (29.04.2005)

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er Bundestagsabgeordnete Dr.med.

Karl Addicks (54) kocht gern:

„Rouladen, Lammkeule, Huhn à la Saddam Hussein, also mit so einer Fül- lung auf irakische Art. . .“ Wie bitte? Hat der Mann denn nicht die Nase voll von der irakischen Art? In diesem Land wur- de er schließlich 1990 drei Monate lang festgesetzt. Damals war die Lage im Land angespannt, der erste Golfkrieg stand kurz bevor. „Die Menschen im Irak sind ein angenehmes Völkchen“, sagt er ohne Groll. Dass Saddam Hussein da- mals Ausländer zu „Gästen“ erklärte, die das Land nicht verlassen durften, steht für Addicks auf einem anderen Blatt.

Ihm half seine Arbeit, die ihn ablenk- te. Damals betreute er in Basrah die Angestellten eines großen deutschen Bauunternehmens mitsamt ihren Fami- lien: „Ich war der Hausarzt der Baustel- le.“ In Basrah entstand ein internatio- naler Flughafen. Damals beschloss Ad- dicks: Wenn du hier wieder heraus- kommst, dann engagierst du dich in der Politik, damit das Leben in Freiheit in Deutschland erhalten bleibt.

Das hat er getan. Mitglied der FDP ist er schon seit Ende der 80er-Jahre. In den Positionen der Liberalen fand sich Addicks am ehesten wieder. Doch erst 2000 begann er, aktiv im Ortsverband St. Johann Nord und im Kreisvorstand Saarbrücken Stadt mitzuarbeiten. Bei der Bundestagswahl 2002 setzten ihn die Liberalen auf den dritten – und da- mit eigentlich aussichtslosen – Platz der Landesliste. Doch überraschend zogen mittlerweile beide Besserplatzierten in den saarländischen Landtag ein.

Addicks rückte dadurch im Herbst in

den Bundestag nach. „Ochsentour kann man das nicht nennen“, gibt er zu. Er legt aber Wert darauf, dass er sich in den letzten Jahren für die Partei engagiert hat, auch im Wahlkampf:

„Ich bin gern auf der Straße und spre- che mit den Leuten.“ Dass ihm das gut gelingt, davon ist er überzeugt. Er sei Arzt, da lerne man, sich schnell auf Menschen einzustellen.

Sein großer Traum war zunächst nicht die Medizin. Addicks studierte Biologie und Chemie. Doch was be- freundete Medizinstudenten berichte- ten, gefiel ihm besser als seine trocke- nen Fächer: „Ein Studium, an dessen Ende man mit Menschen zu tun hat, fand ich toll.“ Also wechselte er das Fach und dann den Studienort, ging von Saarbrücken nach Hamburg und wurde Allgemeinmediziner. Sein Arzt- bild hat der Hausarzt der Familie mit geprägt: „Den sehe ich noch an seinem

Schreibtisch sitzen mit seinem HNO- Spiegel.“ Zu ihm hatte offenbar die ganze Familie großes Vertrauen, denn der kleine Karl wurde schon mit sieben Jahren allein dorthin geschickt. Auf dem Schreibtisch des Doktors stapelten sich stets die Unterlagen. „Heute weiß ich, dass er das alles wahrscheinlich nicht ge- lesen hatte, aber es war eine tolle Atmo- sphäre“, erzählt Addicks und lacht.

Die Atmosphäre im heimischen Kle- ve fand er weniger toll.Als das bayerisch sprechende Kind im Alter von vier Jah- ren mit den Eltern von der Oberpfalz an den Niederrhein zog, fühlte es sich

„quasi in ein anderes Land verfrach- tet“, erinnert sich Addicks. Richtig hei- misch sei er dort nie geworden. Heute ist das Saarland sein Zuhause, zumin- dest, wenn er in Deutschland lebt.

Nach dem Abitur verließ er Kleve so- fort. Seine nächsten Etappen vermitteln den Eindruck, dass Addicks eher ein Einzelgänger ist und dazu jemand, der sich schnell entscheiden kann. Ein Aus- landsvertrag war binnen zwei Wochen unterschrieben. 1987 ging er als so ge- nannter Firmenarzt nach Nigeria, zwei Jahre später in den Irak, danach erneut nach Nigeria, dann nach China und schließlich nach Marokko.

Von Anfang an wollte er eine medizi- nische Ausbildung absolvieren, „die so breit gefächert ist, dass ich einen Laden allein schmeißen kann“. Allein klar- kommen, mit Händen, Hirn und allen Sinnen arbeiten, ohne High Tech – das war für ihn in all den Jahren von großem Reiz. „Auf Baustellen ist man als Mediziner gefordert, denn man muss alles können“, betont Addicks. Dass sein Können trotz breiter Ausbildung Grenzen hatte, stellte der Allgemein- mediziner allerdings gleich beim ersten Auslandseinsatz fest. Ein Arbeiter ver- unglückte schwer, ein Bein musste am- P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1729. April 2005 AA1181

P orträt das

Ausbildung in Deutschland, Berufserfahrung im Ausland – und nun ein Sitz im Bundestag

Dr. med. Karl Addicks (FDP)

„Ich war der Hausarzt der Baustelle“

Quereinsteiger aus dem Saarland im Bundestag

Fotos:Georg Lopata

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putiert werden. Das traute sich Addicks nicht zu; ein nigerianischer Kollege übernahm.Addicks zog die Konsequen- zen: Zurück in Deutschland, bildete er sich in Chirurgie fort, später in Innerer Medizin, Gynäkologie/Geburtshilfe,An- ästhesie und Rettungsmedizin.

Hilfreich waren im Ausland seine Sprachkenntnisse. „Englisch, Franzö- sisch, Spanisch könnte ich jetzt mit Ihnen sprechen“, sagt er. Früher verständigte er sich zudem bei Bedarf noch auf Portugie- sisch, Niederländisch, Italienisch, Neu- griechisch; zudem kann er ein wenig Ara- bisch.Wo lernt ein Medizinstudent derart viele Sprachen? Oder hatte der gut ausse- hende, charmante Dr. Addicks vielleicht reichlich fremdsprachige Freundinnen?

Der Liberale guckt ein wenig überrascht und weicht elegant aus. Es sei ihm leicht gefallen, sich in einem Urlaubsland in die Sprache einzufinden: „Ich habe da offen- bar Talent.“ Portugiesisch habe er in Vor- bereitung auf eine Famulatur gelernt.

Ob er auch Talent für die Gesund- heitspolitik hat, will er als Nächstes er- gründen. Eigentlich wollte er die Finger von diesem Thema lassen. „In dieses Gestrüpp möchte ich mich ungern hin- einbegeben“, hatte er noch im Novem- ber betont, vielleicht auch aus Rück- sichtnahme auf gestandene liberale Ge- sundheitspolitiker. Doch nun hat er ei- nen Stellvertreterposten im Gesund- heitsausschuss des Bundestags über- nommen. „Wenn ich etwas bewirken will, brauche ich ein Fachthema“, be- gründet er seinen Sinneswandel.

Wenn man länger mit ihm spricht, merkt man, wie viel Verständnis er noch immer für Ärztinnen und Ärzte in Pra- xen und Kliniken hat. Er selbst hat es nur kurz mit einer Niederlassung versucht:

„zu viel Bürokatie“.Auch eine beratende Tätigkeit in einem Call-Center war nicht Addicks Sache. Solche Fehlentscheidun- gen ärgern ihn offenbar nicht: „Mit Reue zurückzublicken ist nicht meine Sache.“

In Berlin arbeitet er gern. Dass der Gar- ten zu Hause wohl verwildern wird, nimmt er hin. Den Kontakt zum Saarland will er aber schon deshalb nicht verlieren, weil sein fünfjähriger Sohn dort lebt. Als Vater scheint er ebenfalls liberal zu sein.

„Zu viel verbieten bringt nichts“, findet er. Deshalb durfte der Sohn auch schon mal Bierschaum kosten. So wie der Papa früher in Bayern. Sabine Rieser

P O L I T I K

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A1182 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1729. April 2005

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ie Bundesregierung hält die recht- lichen und finanziellen Rahmen- bedingungen des diagnosebasier- ten Fallpauschalensystems nach. Aktu- eller Schritt: Mit dem vom Bundesmini- sterium für Gesundheit und Soziale Si- cherung vorgelegten Entwurf einer Fall- pauschalenverordnung für besondere Einrichtungen sollen bestimmte teure Leistungsbereiche zunächst noch aus der Fallpauschalenvergütung (DRGs) herausgenommen werden. Begründet wird die Verordnung damit, dass be- stimmte Leistungsbereiche im Kran- kenhaus noch unzureichend abgebildet und die Kosten noch unzureichend er- fasst sind. Dies gilt insbesondere für die Fachabteilungen für Palliativmedizin, Kinder- und Jugend-Rheumatologie und für Abteilungen für die Behand- lung von Tropenerkrankungen.

Unverminderte Kontroversen

Wie bei den meisten Initiativen im Zu- sammenhang mit der Krankenhausfi- nanzierung werden die Gesetzesinitiati- ven kontrovers beurteilt, je nach Interes- senstandpunkt. Während die Bundes- ärztekammer, die Deutsche Kranken- hausgesellschaft e.V. und die Arbeitsge- meinschaft der Wissenschaftlichen Medi- zinischen Fachgesellschaften e.V. die Ausnahmeregelungen als einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnet haben, haben die Krankenkassenspitzenverbän- de jedwede Ausnahmeregelungen und zeitliche Verzögerungen der vollen Ko- stenwirksamkeit der diagnosebezogenen Fallpauschalen als kostentreibend und politisch kontraindiziert abgelehnt. Oh- nedies habe das 2. Fallpauschalenände- rungsgesetz mit Ausnahmetatbeständen

„Schutzzäune“ für hochpreisige Kran- kenhäuser errichtet und die Konvergenz- phase um zwei Jahre verlängert, sodass der Routinebetrieb und volle Kosten- wirksamkeit des Fallpauschalensystems erst ab 2010 erreicht werden. Statt alle Krankenhäuser bei bestimmten Diagno- sen und Diagnosegruppen gleich zu be- handeln, würden erneut Möglichkeiten eröffnet, um möglichst volle Selbstko- stendeckung über Pauschalpreise zu er- zielen. Krankenhäuser, die ihre Kosten- strukturen und internen Steuerungsme- chanismen nicht rechtzeitig auf die neue Finanzierungssituation angepasst haben, könnten erneut dem Kostendruck aus- weichen.

Nachweis erbringen

Dagegen hat die Krankenhausgesell- schaft den Krankenkassen vorgehalten, dass das Fallpauschalensystem durch Ausnahmeregelungen nicht ausgehöhlt werde. Krankenhäuser, die ausgenom- men würden, müssten den Nachweis er- bringen, dass eine sachgerechte Vergü- tung zurzeit nicht erfolgt. Darüber hin- aus gelte eine Ausnahme nur zeitlich begrenzt für das Jahr 2005. Zudem wür- de nicht jedes Kinderkrankenhaus per se von der Fallpauschalenabrechnung ausgenommen werden, sondern nur sol- che, deren Preise oberhalb des landes- einheitlichen Preises liegen.

Die Bundesärztekammer befürwor- tet die befristete Herausnahme von je- nen Krankenhäusern, die sich auf die Behandlung von Patienten mit multipler Sklerose und Morbus Parkinson spezia- lisiert haben. Auch selbstständige Kin- derkrankenhäuser, deren Kosten nicht adäquat in Preisen erfasst werden, müssten zeitlich begrenzt vom Fallpau- schalen-Preissystem ausgenommen wer- den, so der Vorsitzende der Kranken- hausgremien der Bundesärztekammer, Rudolf Henke, Internist aus Aachen.

Weil die Krankenhäuser ihre Rech- nungen auf der Basis des hausindivi- duellen Bassisfallwertes 2004 abrech- nen, entstehen in vielen Fällen Liqui- ditätsengpässe. Besonders davon be- troffen sind solche Krankenhäuser, die ohnedies schon einen relativ nied- rigen Basisfallwert aus dem Jahr 2004 abrechnen. Dr. rer. pol. Harald Clade

Krankenhäuser

Schonfrist für besondere

Einrichtungen

Novelle zum Fallpauschalensystem

geplant

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