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Archiv "Martin-Gropius-Bau: Avantgarden in Mitteleuropa" (17.01.2003)

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A138 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 317. Januar 2003

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s entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die vielfältige Kulturland- schaft Europas – nämlich Mit- teleuropa – am Beginn des 20.

Jahrhunderts heute weitge- hend unbekannt ist“, sagte Ti- mothy O. Benson, Hauptkura- tor am Rifkind Center for Ger- man Expressionist Studies in Los Angeles.

Benson spricht von jener Kulturlandschaft, die sich ohne feste Grenzen entlang von Do- nau und Oder, vom Balkan bis zum Baltikum, erstreckte. Er bezieht sich auf die verschie- denen avantgardistischen Strö- mungen gleich gesinnter Künst- ler und Literaten der Avant- garde in den vierzehn Städten:

Prag und Budapest, in Wien und Berlin, in Weimar und Dessau, in Bukarest und Za- greb, in Belgrad und Ljubljana und Posen, in Krakau, War- schau und Lodz – zwischen 1910 und 1930. Diese Kunst- entwicklung wurde durch die Nazis, den Zweiten Weltkrieg und den Stalinismus abrupt un- terbrochen. Nach 1945, in der Zeit des Kalten Krieges, konn- ten die vielfältigen künstleri- schen Beziehungen weder an- gemessen erforscht noch aus- gestellt werden. Benson erin- nerte bei der Eröff- nung und Pressekonfe- renz der Ausstellung

„!Avantgarden! – Kunst in Mitteleuropa 1910 bis 1930“ im Berliner Martin-Gropius-Bau an jene Landschaft und jenen Kulturaustausch.

Im Martin-Gropius- Bau werden bis zum 9. Februar etwa 220 Ob- jekte – Gemälde, Skulp- turen und Grafiken so- wie Kunsthandwerk, Möbel und Keramik aus jener Zeitepoche gezeigt. „Die Expositi- on will mit Werken der

wichtigsten dort wirkenden Künstler ein Bild jener blü- henden Kultur umreißen und ihren nicht unerheblichen Teil an der Entwicklung der eu- ropäischen Moderne doku- mentieren“, sagte Benson. Wo war der geographische Mittel- punkt solchen kulturellen Aus- tauschs? Wo ist das Zentrum der Avantgarde? „Nur hier – irgendwo in der Nähe“, ant- wortet Benson. Nach seiner Ansicht gab es zwischen 1910 bis 1930 nicht nur einen Höhe- punkt. Es existierten in den Jahren von 1910 bis 1930 viele Avantgarden. Überall in den vierzehn Städten Mitteleuro- pas trafen sich Künstler, Schriftsteller, Sammler, Kriti- ker, Galeristen und andere In- tellektuelle in Ateliers und Cafés, organisierten Ausstel- lungen mit eigenen Werken und denen der anderen. Die Künstler veröffentlichten Zeit- schriften, bildeten Künstler- vereinigungen, tauschten ihre künstlerischen und politischen Auffassungen aus und bildeten ein weit verzweigtes Netzwerk der Avantgarden.

„In einer Ausstellung über die Zentren der ostmitteleu- ropäischen Avantgarde darf auch Berlin mit seinen kosmo-

politischen Cafés, Galerien und Ateliers nicht fehlen“, be- schrieb Benson das Berlin der 20er-Jahre. Auch Prag war lan- ge Zeit Sammelbecken kultu- reller Strömungen. Um 1910 gab es in der Stadt blühende tschechische, deutsche und jü- dische Gemeinden, die in einer friedlichen Koexistenz lebten.

Einige Prager Künstler, Desi- gner und Architekten hatten in Wien oder Paris studiert. 1911 wurde die Skupina (Gruppe bildender Künstler) in Prag ge- gründet. Ihre Mitglieder waren mit dem französischen Kubis- mus bereits vertraut. 1912 or- ganisierte die Skupina Ausstel- lungen. Die tschechische, von Skupina vertretene Variante des Kubismus war stark ge- prägt vom böhmischen Ba- rockstil, der sich in den Fas- saden vieler Prager Häuser erhalten hatte. Die

Skupina-Aus- stellungen prä- sentierten Mö- bel von Josef Gocár, Gemäl- de unter ande- ren von Vin- cenc Benés so- wie Skulpturen von Otto Gut- freund und Pa- blo Picasso.

Benson ver- weist auch auf diese Skulp-

tur aus Bronze, die Gutfreund 1911 schuf. Für Benson ist der tschechische Kubismus sei- nem Wesen nach vielleicht enger verwandt mit den Wer- ken Ernst Ludwig Kirchners, Karl Schmidt-Rottluffs und anderer deutscher Expressio- nisten. Umgekehrt war das deutsche Interesse an tsche- chischer Kunst gleicher- maßen stark.

Beim Betrachten der Ob- jekte wird einem bewusst, mit welcher Selbstverständlichkeit sich damals Künstler und Kunst austauschten. Der damalige Traum von der Rolle der Kunst in einem sich näher rückenden Europa wird heute, bei der an- stehenden EU-Erweiterung, wieder aktuell. Die Exposition schafft es, diesen kulturellen Austausch, diese kulturelle Landkarte wieder erahnen zu lassen. Susanne Lenze

Die Ausstellung ist im Mar- tin-Gropius-Bau, Nieder- kirchner Straße 7, Berlin, noch bis zum 9. Februar, täglich außer dienstags, von 10 bis 20 Uhr, zu sehen.

Die amerikanische Ausga- be des Kataloges kostet 78 Euro. In deutscher Sprache gibt es nur einen Auszug des Gesamtkataloges für 14,90 Euro.

Sándor Bortnyik, 1893–1976, Der neue Adam, 1924, Öl auf Leinwand, 48 x 38 cm, Budapest, Ungarische Nationalgalerie

Joseph Cocár, 1880–1945 Schreibtisch aus Dr. Deyls

Wartezimmer, 1915 poliertes Eschenholz, Leder

110 x 138 x 80 cm Prag, Museum of Decorative Arts

Martin-Gropius-Bau

Avantgarden in Mitteleuropa

220 Gemälde, Skulpturen, Möbel und Grafiken

Feuilleton

Fotos:Martin-Gropius-Bau

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