A K T U E L L
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A1976 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3025. Juli 2003
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as Aus für die wohnortna- he fachärztliche Versor- gung befürchtet Prof. Dr. med.Fritz Beske, Leiter des Insti- tuts für Gesundheits-System- Forschung in Kiel, wenn der Entwurf des Gesundheitssy- stemmodernisierungsgesetzes (GMG) umgesetzt wird. Da- nach sollen neue Fachärzte nur noch mit Einzelverträgen der Krankenkassen in der am- bulanten Versorgung tätig werden können. Die Verträge werden ausgeschrieben und für fünf Jahre abgeschlossen.
Dies führt Beske zufolge zu Planungsunsicherheiten bei den Fachärzten. Problema-
tisch sei künftig auch der Ver- kauf einer Facharztpraxis, der für viele Ärzte Teil ihrer Al- terssicherung ist.
Vor gravierenden Folgen für die Fachärzte in den neu-
en Bundesländern warnte Dr.
med. Manfred Richter-Reich- helm, Vorsitzender der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung. Das GMG führe zu „ei- ner kalten Enteignung der Praxen“. Der Einigungsver- trag habe den Ärzten eine Zukunft in der ambulanten Versorgung zugesichert, für die die Kollegen zwei Milliar- den Euro investiert hätten.
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ie Honorare der niederge- lassenen Psychotherapeu- ten in Berlin müssen sich an dem Ertragsniveau der dorti- gen Allgemeinmediziner ori- entieren. Mit dieser Begrün- dung hob die 71. Kammer des Sozialgerichts Berlin mehrere Honorarbescheide der Kassen- ärztlichen Vereinigung (KV) Berlin aus den Jahren 1995 und 1996 auf, und verpflichte- te die KV, die Honorare neu zu berechnen. In vier Verfah- ren (Az.: S 71 KA 446/00, S 71 KA 412/00, S 71 KA 413/00 und S 71 KA 351/ 01) hatten Berliner Psychotherapeuten gegen Honorarbescheide aus den Jahren 1995 und 1996 geklagt. Sie argumentierten, dass ihre psychotherapeuti- schen Leistungen im Ver- gleich zu sonstigen ärztlichenHonoraren zu niedrig vergü- tet worden waren. Gestützt auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, sind die Sozialrichter dieser Argu- mentation gefolgt (siehe hierzu DÄ, Heft 26/2002
„Nachvergütung in Milli- onenhöhe“). Auf welchen Punktwert die KV Berlin nachvergüten muss, ist noch zu errechnen. Kai Garbers, der die KV Berlin vor Ge- richt vertreten hat, rechnet mit einer Nachvergütung auf drei bis 9,5 Cent. Die KV ha- be für den Fall Rückstellun- gen gebildet. Ob auch die Psychotherapeuten, die kei- nen Widerspruch gegen ihre Honorarbescheide eingelegt haben, eine Nachzahlung er- halten, müsse der Vorstand entscheiden.
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ie Kassenärztliche Bun- desvereinigung (KBV) entwickelt gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereini- gungen ein Qualitätsmanage- ment-(QM-)Verfahren für die vertragsärztliche und -psycho- therapeutische Versorgung.Bestandteile des QM-Sy- stems sind eine modular auf-
gebaute Bewertungssystema- tik, ein Muster-Handbuch und das Konzept für ein Zer- tifizierungsverfahren mit Cur- riculum für die Visitoren- Schulung.
Folgende Güteanforderun- gen werden an das QM-Sy- stem gestellt: Es ist modular aufgebaut, leicht handhabbar
und verständlich. Es ist praxis- bezogen und berücksichtigt Schnittstellen zu bestehenden Qualitätssicherungs-Richtlini- en, zur Qualitätszirkelarbeit, zu evidenzbasierten Leitlinien oder zum Themenbereich
„Gesundheitsförderung/Prä- vention“. Das Verfahren bie- tet eine Zertifizierungsoption.
Die Teilnahme ist freiwillig und kostengünstig.
Mit der Vorlage einer er- sten Version des QM-Systems sowie des Muster-Handbu- ches rechnet die KBV im Winter 2003.
Freie Berufe
„Ideologischer Feldzug“
Bundesverband: Politik unterminiert die Positi- on der Freiberufler.
Der Bundesverband der Freien Be- rufe (BFB) schließt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht aus, sollten die Pläne der Bun- desregierung zur Einbeziehung der Freien Berufe in die Gewerbesteuer umgesetzt werden. BFB-Präsident Dr. med. Ulrich Oesingmann ver- wies darauf, dass es nicht nur zum Selbstverständnis der Freiberufler gehöre, keine Gewerbetreibenden zu sein, sondern dass es auch höchstrichterliche Entscheidungen gebe, die ihren Ausschluss von der Gewerbesteuer begründen.
Oesingmann zufolge erwartet die Bundesregierung von der Auswei- tung der Gewerbesteuerpflicht Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 1,3 Milliarden Euro. Viele Freibe- rufler könnten diese zusätzliche Be- lastung nicht tragen. Folge werde aber auch sein, dass man alle lega- len Möglichkeiten der Steuervermei- dung ausschöpfe. Der BFB-Präsident warf der Regierung einen ideolo- gisch motivierten Feldzug gegen die Freien Berufe vor. Man könne nicht auf der einen Seite Existenzgrün- dung und Arbeitsverhältnisse einfor- dern und auf der anderen Seite die Position der Freiberufler in der Ge- sellschaft unterminieren.
Foto:phalanx
Die Honorare der Psycho- therapeuten müssen sich an denen der Allgemein- ärzte orientie- ren.
Skeptisch: Fritz Beske
Psychotherapie
Nachvergütung auch in Berlin
Sozialgericht gab Psychotherapeuten Recht.
Foto:Peter Wirtz