A2718 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 40⏐⏐5. Oktober 2007
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Rezept ein. Da aber ist das „aut idem“ angekreuzte Präparat nicht vorrätig. Der Patient kommt ent- nervt wieder und möchte sein altes Präparat aufs Rezept. „Weisse Be- scheid?“ Wer jetzt Erklärungen ab- liefert? Es soll Patienten geben, die mehr als drei Präparate brauchen.
Das ergibt ungeheure Möglichkeiten der Kombination von nicht erfüllba- ren Präparatwünschen des Hausarz- tes (inzwischen sind mehr als 100 Kassen mit 12 000 Präparaten ver- treten). Betäubungsmittelrezepte mit zwei Durchschlägen könnten die neuen Renner beim Papierverbrauch werden. Allerdings ist Vorsicht ge- boten: Verordnungen von Fentanyl- pflaster beispielsweise könnten ab Stärke 75 ym/h aufgrund der Höchst- verordnungsmenge von mehr als 17 mg/Pflaster sogar strafrechtlich relevant werden. Sollte ich da nicht besser gleich jedes Mal in der Apo- theke nachfragen, welches Präparat abgabefähig ist, bevor ich mir ir- gendeine Arbeit mache? Vereinfa- chen könnten wir Niedergelassene den Vorgang auch, indem wir uns in den Apothekencomputer einloggen, um uns nach deren Warenbestand zu richten. „Weisse Bescheid?“ . . . So kann der Doktor im Dunklen rum- stochern, denn ob Preis rauf oder runter, mal mehr Rezepte für ein Präparat gedruckt oder noch mehr Telekommunikation mit der Apothe- ke – Geld spielt ja nur insofern eine Rolle, als dass der Doktor fürs Budget haftet . . .
Dr. med. Andreas Krueger,Gartenstraße 2, 25379 Herzhorn
Judasgeld
Mittlerweile geht die Gängelei bei uns Ärzten ja in eine weitere Runde, und wir bekommen täglich neue Listen über Pharmafirmen, die mit der ein oder anderen Krankenkasse einen neuen Rabattvertrag geschlos-
sen haben. Diese Listen sind zu be- rücksichtigen, da sonst erhebliche Regresse drohen werden. Die Spitze ist jedoch anscheinend immer noch nicht erreicht, mit geradezu perfiden Methoden die Ärzteschaft in Reih und Glied zu zwingen. Kürzlich be- kam ich von einer Krankenkasse ei- ne Patientenliste und Vorschläge für die Umsetzung der Beratungsoffen- sive, gekoppelt mit einer finanziellen Vergütung von zehn Euro für das Gespräch und zehn Euro nach Um- setzung des Medikaments auf das von der Krankenkasse gewünschte Präparat. Natürlich muss diese Liste, die mit der Bankverbindung des Arztes zu versehen ist und an die Kassenärztliche Vereinigung zu schicken ist, nicht unbedingt dort eingereicht werden. Aber, liebe Kol- leginnen und Kollegen, wenn wir das als extrabudgetäre Honorierung unserer Leistungen verstehen – arme Ärzte. Natürlich brennt es auch dem Unterzeichner unter den Nägeln, was das Kassenarzthonorar angeht, aber eine solche geradezu fiese Lö- sung bringt uns Ärzte doch im Ge- spräch mit den Patienten in ein sehr zwielichtiges Bild . . . Wenn wir- kungsidentische Medikamente auf dem Markt sind mit günstigerem Preis für die Krankenkassen, dann sollten selbstverständlich diese Me- dikamente verordnet werden, aber doch bestimmt nicht durch Honorie- rung durch die Kassenärztliche Ver- einigung. Hier bereichern wir uns an Geldern der Versicherten und nen- nen dies auch noch Honorar. Diese Gelder sind den Versicherten zur Verfügung zu stellen, und sei es nur dafür, für zwei Quartale die zehn Euro Praxisgebühr nicht aus eigener Tasche zahlen zu müssen. Ich forde- re die niedergelassenen Ärzte dazu auf, diesen Etikettenschwindel nicht mitzumachen!
Dr. med. Peter C. Rainer,Heinrichstraße 13, 36037 Fulda
DATENBANK
Die Behandlung von Dialysepatienten soll künftig mit der Da- tenbank AENEAS do- kumentiert und wis- senschaftlich unter- sucht werden (DÄ 24/2007: „AENEAS für die Nephrologie“).
Erhebungen nicht erst seit 2006
Der angesprochene Artikel sugge- riert, dass in Deutschland als beson- dere Innovation erstmals seit 2006 Therapieverläufe über die Behand- lungen mit Verfahren der chroni- schen Nierenersatztherapie (Dialy- se, Nachsorge nach Nierentrans- plantation) erhoben wurden. Dies mit dem Ziel, mehr als 5 000 Pati- enten einschließlich produktspezifi- scher Fragen zu beobachten. Er- möglicht werde dies mithilfe ei- nes Industriesponsorings („unre- stricted grant“). Allgemein bekannt ist, dass bereits seit 1995 die QuaSi- Niere gGmbH jährlich Behand- lungsinformationen und epidemio- logische Kennziffern über die Ver- sorgung mit chronischer Nierener- satztherapie veröffentlicht. Die Ge- sellschafter der QuaSi-Niere gGmbH (www.quasi-niere.de) stel- len mit der paritätischen und ge- meinsamen Finanzierung zwischen Leistungserbringern und Kostenträ- gern ausdrücklich die Unabhängig- keit der Geschäftsstelle von speziel- len Interessen sicher. Es wird in dem Artikel nicht erwähnt, dass be- reits seit 1995 vom deutschlandwei- ten Register der QuaSi-Niere gGmbH Ergebnisse aus der Beob- achtung klinischer Behandlungsver- läufe (longitudinale Daten)
(www.quasi-niere.de) veröffentlicht werden. Ebenso unerwähnt blieb, dass von QuaSi-Niere gGmbH außerdem individuelle Auswertun- gen zur Struktur-, Prozess- und Er- gebnisqualität für jede der mehr als 1 200 Behandlungseinrichtungen flächendeckend für Deutschland re- gelmäßig individuell erstellt und versandt werden. Andere Register, die zum medizinischen Controlling der Dialyseversorgung von den Leistungserbringern errichtet wurden, Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehenden Zuschriften, auch keine Briefe
mit fingierten Adressen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publi- ziert werden – aber nur dann, wenn der Redaktion bekannt ist, wer geschrieben hat. DÄ
ANONYM
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beobachten die Versorgung eben- so . . .
Prof. Dr. Ulrich Frei,
Leiter der Expertengruppe/Beirat der QuaSi-Niere gGmbH,
Hans-Jürgen Schober-Halstenberg, Arzt, Geschäftsführer der QuaSi-Niere gGmbH, Joachimstaler Straße 15, 10719 Berlin
BORNAVIRUS
Bornaviren als Aus- löser von neuropsy- chiatrischen Störun- gen? (DÄ 20/2007:
„Kontroverse um Humanpathogenität“
von Katrin Breiten- born).
Langjähriger Experte
Es ist außerordentlich begrüßens- wert, dass das DÄ die Ärzteschaft auf die aktuelle Kontroverse um Bor- naviren und deren Humanpathoge-
nität in einem ausführlichen Artikel aufmerksam gemacht hat . . . Als langjähriger virologischer Experte für Bornavirus und Kooperations- partner der RKI-Arbeitsgruppe halte ich allerdings Korrekturen sowie Er- gänzungen für folgende Kernpunkte für unabdingbar:
Durchseuchung und Gesundheits- risiko: Nach unserer Datenlage trifft für Bornaviren ein für viele Erreger bekanntes Szenario zu: Je höher die Durchseuchung, desto relativ geringer die Morbiditätsrisiken und Erkran- kungsraten. Jeder Dritte ist mit dem Bornavirus infiziert (Humandaten bisher aus Deutschland und Australi- en), aber nur jeder 20. hat erhöhte Gesundheitsrisiken für rekurrierende mentale Störungen.
Pathogenesemodell: Unsere Da- tenlage geht konform mit einem mul- tifaktoriellen Pathogenesekonzept, wonach Stress, Immunsuppression, genetische Prädisposition u. a. bei ei-
ner Minderheit der Infizierten häufi- ge Virusaktivierungen begünstigen (> 80 Prozent antigenassoziierte Marker im Blut von Akutpatienten mit Affektstörung). Dies gilt für Hu- man- und Tierinfektionen gleicher- maßen. Bei Pferden fanden wir in Deutschland mehr als jedes zweite Tier infiziert, aber nur jedes zehnte mit Krankheitsepisoden (gestörtes Verhalten u. a.). Die im Artikel er- wähnte 90-prozentige Letalität beruht auf alten Post-mortem-Daten, die unzulässigerweise die Durchseuchung gesunder Tiere unberücksichtigt las- sen und damit zu falschen Schluss- folgerungen kommen.
Kontroverse um Testspezifität un- seres ELISA: Die schlüssige Einord- nung von Bornavirus als moderat pa- thogenes Agens in Analogie zu ande- ren persistenten Viren mit relativ ho- her Durchseuchung (z. B. CMV) wurde durch die Identifizierung von zirkulierenden Immunkomplexen