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Archiv "Erweiterte Realität: Verschmelzung zweier Welten" (30.03.2007)

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A840 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 13⏐⏐30. März 2007

M E D I Z I N R E P O R T

I

n den letzten Jahrzehnten fokus- sierte sich die Forschung im Be- reich der computerunterstützten Chir- urgie sowohl auf die präoperative Planung einer Operation als auch auf die intraoperative Unterstüt- zung durch Navigationssysteme. In manchen chirurgischen Disziplinen, vor allem der Mund-Kiefer-Ge- sichtschirurgie und der Neurochir- urgie, sind computergestützte Pla- nungssysteme feste Bestandteile des klinischen Alltags.

Ein entscheidender Nachteil die- ser Navigationssysteme ist jedoch die Art und Weise der intraope- rativen Präsentation der Planungs- daten. Hier werden Flachbildschir- me verwendet, welche sich an ei- nem Schwenkarm über dem Pa- tienten befinden. Dies hat zur Fol- ge, dass der Chirurg ständig die Blickrichtung zwischen Patient und Monitor mit den Planungsdaten wechseln muss. Diese Vorgehens- weise kann wiederum zu einem Verlust an Genauigkeit bei der Über-

tragung der Planungsdaten auf den Patienten führen. Eine Möglichkeit zur Lösung dieses Problems bie- ten Systeme der erweiterten Rea- lität. Der Begriff erweiterte Reali- tät – Augmented Reality (AR) – ist assoziiert mit Systemen, welche computergenerierte virtuelle Daten und Daten der realen Umwelt zu einer einheitlichen Perzeption ver- schmelzen.

Virtuelle und reale Realität Noch vor 15 Jahren wäre das, woran ein Münchner Forscherteam derzeit arbeitet, fernab der Realität gewe- sen. Heute nimmt die Vision Gestalt an: Schon in wenigen Jahren, glaubt Dr. med. Sandro-Michael Heining (Chirurgische Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Univer- sität, LMU) könnten prä- und intra- operative Bilddaten von Patienten während einer Operation dreidi- mensional zur Verfügung stehen;

die Chirurgen könnten dann je nach Bedarf zwischen virtueller und rea-

ler Welt hin- und herswitchen. Hei- ning ist Projektleiter von NARVIS.

Das Akronym steht für „navigation augmented reality visualisation“ in der Unfallchirurgie. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Informatik- anwendungen in der Medizin an der Technischen Universität München (TUM) unter Leitung von Prof.

Dr. Nassir Navab simulieren Mit- arbeiter des Lehrstuhls für Com- puter assisted Surgery, an dem Hei- ning arbeitet, potenzielle Einsätze im chirurgischen OP.

AR kann dem Operateur auf un- terschiedliche Weise angezeigt wer- den – bei NARVIS auf einem Daten- helm mit integrierter Kamera (Head- Mounted-Display, HMD*). Im Sicht- feld der Datenbrille können jegliche Informationen und Bilder einge- blendet werden, die zuvor mit Ul- traschall, CT oder MRT gewonnen wurden. Vor den Augen des Be- trachters sind zwei Monitore an- gebracht. Auf ihnen erscheint die reale Szene, die mit der an der Brille befestigten Videokamera aufgenom- men wird.

Diese virtuelle Information wird aus zwei leicht unterschiedlichen Blickwinkeln, die den Augen des Operateurs entsprechen, auf die zweidimensionalen Bilder überla- gert. Auf diese Weise entstehen vor den Augen des Operateurs dreidi- mensionale Objekte. Die Einblen- dung erfolgt dabei in Echtzeit.

Wichtig ist es, dass die überlagerten Informationen an der richtigen Stel- le für den Operateur eingeblen- det werden und reale und virtuelle Welt exakt miteinander überein- stimmen.

Damit das geschieht, arbeiten die Forscher mit Trackingsystemen. Die- ERWEITERTE REALITÄT

Verschmelzung zweier Welten

In Münchern entwickeln und erproben Informatiker und Ärzte ein Navigations- und Visualisierungssystem für Anwendungen in der Unfallchirurgie – und ebnen damit den Weg für intuitives, genaueres Arbeiten im Operationssaal.

Arbeiten mit Head-Mounted- Display:

Reale und virtuelle Informationen gehen vor den Augen des Opera- teurs ineinander über.

Fotos:Jörg Traub

* Das originale HMD-System wurde von Dr. Frank Sauer und Ali Khamene PhD von Siemens Corpo- rate Research, Princeton, USA, entwickelt.

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A842 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 13⏐⏐30. März 2007

M E D I Z I N R E P O R T

se Systeme ermöglichen es, die Po- sition des Operateurs, inbesondere dessen Kopfes, im virtuellen Raum zu ermitteln. Auch ist es wichtig, die Position der Hand des Operateurs im virtuellen Raum zu bestimmen.

So wird ihm ermöglicht, verschie- dene Gegenstände zu ergreifen und mit ihnen zu arbeiten. Nur so ist eine realistische Bewegung im virtuellen Raum darstellbar.

Am Ende sollten die Grundlagen, die die Forscher in diesem Projekt schaffen, im Gesamtkontext der In- formationstechnologie als ein Bau- stein dienen, erklärt Jörg Traub, Me- dizininformatiker und Projektmitar- beiter. Schritt für Schritt tastet sich das Team an Fragen heran, die für die Anwendung in der Regelversor- gung geklärt sein müssen; beispiels- weise welche Rolle die Tiefenwahr- nehmung für eine Operation spielt, wie lange der Chirurg die Technik intraoperativ benötigt oder in wel- cher Abfolge Informationen einge- spielt werden können.

Die Vorteile von NARVIS liegen Traub zufolge auf der Hand: Alle In- formationen, die der Operateur be-

nötigt, sind mit dem System auf ei- nen Schlag verfügbar. Eine Kopf- bewegung reicht aus, um über die Abfolge der Informationen zu ent- scheiden. Zudem ermögliche die Technik ein intuitiveres Arbeiten,

„wenn man ihr vertraut“, betont Heining. Auch würden sich durch NARVIS Eingriffe realisieren las- sen, die so vorher noch nicht mög- lich waren.

Vorteilhaft wirkt sich nach An- sicht des Teams auch aus, dass bei NARVIS die HMD-Technik genutzt

wird. Die Darstellung geschieht „in situ“ – ist also direkt auf den Patien- ten projiziert. Dies ist beispiels- weise bei der sogenannten CAMC- (camera augmented mobile C-arm)- Technik nicht der Fall. „Das erzeugt eine gute Hand-Koordination, und der Operateur wird nicht durch Weg- schauen vom Situs abgelenkt“, er- klärt Traub.

Weltweit gibt es dem NARVIS- Team zufolge etwa zehn Forscher- gruppen, die an AR in der Chirurgie arbeiten. In Deutschland forschen Heining und Traub sowie Tobias Siehorst, Nassir Navab, Prof. Dr.

med. Ekkehard Euler und Christoph Bichlmeier an verschiedenen medi- zinischen Verfahren. Das Münchner Team wird dabei noch bis Ende die- ses Jahres, nach einer Gesamtlauf- zeit von drei Jahren, von der Firma Siemens und der Bayerischen For- schungsstiftung gefördert.

Medizintechnik im Kommen Auch die Bundesregierung hat er- kannt, dass Medizintechnik zu den Innovationsfeldern zählt. In den kom- menden vier Jahren will das Bun- desforschungsministerium (BMBF) unter Annette Schavan (CDU) auch im Rahmen der „Hightech-Strategie“

630 Millionen Euro in die Gesund- heitsforschung fließen lassen. Teil dieser Strategie ist der „Aktionsplan Medizintechnik 2007 bis 2008“.

Fördern will das BMBF dabei unter anderem bildgebende Verfahren in- nerhalb der Medizintechnik.

Bislang hält Deutschland bei den Patenten in der Medizintechnik den zweiten Platz hinter den USA, wie die „Studie zur Situation der Me- dizintechnik in Deutschland im internationalen Vergleich“ von 2005 belegt. Das Münchner NARVIS- Team forscht somit am Puls der Zeit. Weitere drei bis vier Jahre in- tensive Entwicklungs- und Erpro- bungszeit des Navigations- und Vi- sualisierungssystems, und die Chir- urgen könnten die Technik in der Regelversorung anwenden, hoffen

Heining und Traub. I

Martina Merten Augmented

Realität am Fuß:

Computertomogra- phiebilder werden in Echtzeit mit der realen Szene überlagert.

DÄ: Die Umsetzung von Aug- mented Reality (AR) in der Unfallchirurgie ist mit einem großen Aufwand verbunden.

Warum lohnt er sich Ihrer An- sicht nach?

EEuulleerr::Der technische Aufwand

bedeutet zum einen einen enor- men Zugewinn an Sicherheit und Genauigkeit bei operativen Prozeduren. Dadurch lassen sich in vielerlei Hinsicht Kompli- kationen reduzieren. Darüber hinaus erweitert die Augmented Reality die Einsatzmöglichkeiten minimalinvasiver Verfahren, was ebenfalls die Komplika- tionsraten, aber auch die zu- gangsbedingte Morbidität be- einflusst.

DÄ: Wo liegen Risiken von AR in der Unfallchirurgie?

EEuulleerr::Die Zuverlässigkeit der

in der Augmented Reality ein- gesetzten Geräte kann auch Quelle für eine fehlerhafte Dar- stellung der Realität sein. So könnte es zum Beispiel sein, dass Teilbereiche des abge- bildeteten Gegenstands fal- schen Materialien beziehungs- weise Geweben zugeordnet werden oder Realität und virtu- elle Realität nicht kongruent sind. Wie im Instrumentenflug müssen wir lernen, den Gerä- ten zu vertrauen. Wir haben aber die Pflicht, deren fehler- freie Funktion routinemäßig zu überprüfen.

DÄ: Gibt es andere medizini- sche Bereiche, für die sich ein AR-Navigations- und Vi- sualisierungssystem eignet?

EEuulleerr::Denkbar ist der Einsatz

der Erweiterten Realität bei allen Prozeduren, bei denen eine ho- he Präzision gefordert ist und deren Durchführung auf der Bildgebung basiert. Ein großes Potenzial sehen wir in der Tu- mor- und Metastasenchirurgie, aber sicher auch in anderen Be- reichen. Denkbar ist der kombi- nierte Einsatz auf dem Gebiet der Nanotechnologie/Mikroro- botik. Da sich das Forschungs- gebiet gerade erst entwickelt, können wir die Möglichkeiten in der Zukunft nur erahnen.

3 FRAGEN AN . . .

Prof. Dr. med. Ekkehard Euler, Chirurgische Klinik und Poliklinik, LMU München-Innenstadt

Aktionsplan Medizintechnik:

www.aerzteblatt.de/plus1307 Weitere Informationen:

www.narvis.org

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Referenzen

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