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Ueber die yon der Farbenempfindliehkeit unabhgtng'ige Aenderung tier Weissempfindlichkeit. Nach Versuchen yon A. Br~ckner

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Academic year: 2022

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U e b e r d i e

y o n d e r F a r b e n e m p f i n d l i e h k e i t u n a b h g t n g ' i g e A e n d e r u n g t i e r W e i s s e m p f i n d l i c h k e i t .

Nach Versuchen yon A. B r ~ c k n e r und E. H e r i n g

mitgetheilt yon

] E w a l d ] t [ e r l n g ~ Professor in Leipzig.

(Mit 3 Textfiguren.)

I .

Ei,.'e systematisch durchgefahrte Analyse der Gesichtsempfindungen sowie insbesondere die Untersuchung jener Neben- und Nachwirkungen des Lichtes auf das Auge~ welche man als Erscheinungen des Simultan- und Successivcontrastes zu bezeichnen pflegt~ f(]hrte reich, wie ich seiner Zeit kurz dar~elegt habe 1), zu der Erkenntniss~ (lass Weiss nicht, wie es damals angenommen wurde, durch Additibn dreier Grundfarben bezw. dutch das Zusammenwirken dreier ver- schiedener~ dreien Grundfarben entsprechender Erregungen entsteht, sondern dass es eine selbst~ndige, yon den bunten Sehqualitaten unabh~ngig variable Sehqualitat ist, und dass daher die Weiss- empfindlichkeit sich unabh~ingig yon tier Farbenempfindlichkeit zu 5ndern vermag, was nach der Dreifarbentheorie nicht mSglich ist.

Obwohl ich eine Reihe von Thatsachen des Neben- und Nach- contrastes angefahrt hatte~ welche sich aus einer Dreifarbentheorie nicht nur nicht erkl~ren lassen, sondern derselben geradezu wider- sprechen, glaubten die Vertreter der verschiedenen Dreifarbentheorien doch an einer solchen festhalten zu massen. Erst als ich auf die yon der Helligkeitsvertheilung im gewShnlichen Spectrum auffallend abweichende Helligkeitsvertheilung in einem mit dunkeladaptirtem Auge farblos gesehenen Spectrum von sehr kleiner Intensitat hin- gewiesen und aberdies gezeigt hatte, dass ftir den total Farben- blinden auch das unter gewShnlichen Bedingungen gesehene Spectrum dieselbe abweichende Helligkeitsvertheilung zeigt, wurde yon den

1) Zur Lehre vom Lich~si~n, Sitz~ngsber. d. Wiener Akademie 1872--1874.

E. P f l f i g o r , Arohiv fflr Physiologie. Bd. 94. 36

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5 3 4 E w a l d H e r i n g :

Vertretern der Dreifarbentheorie das Zugesti~ndniss gemacht, dass es wenigstens far das dunkeladaptirte normale Auge, sowie far das total farbenblinde Auge iiberhaupt, ein Weiss oder eine farblose Helligkeit gebe, welche nicht aus dem Zusammentreffen dreier, den Grundfarben entsprechender Erregungen entsteht.

W. K rib n e hatte im Jahre 1S77 die grosse Lichtempfindlichkeit des dunkeladaptirten Auges aus der Anhiiufung des Sehpurpurs in den Stiibchen zu erkl~ren versueht, was in Einklang stand mit tier alten Erfahrung, d a s s wir in der Dammerung bezw. am Sternhimmel kleine, sehr schwach leuchtende Objecte zwar bei indirecter Betrachtung zu sehen vermSgen, nicht aber, wenn wir sie zu fixiren d. h. mit dem stabchenlosen und nach K rlh n e ' s Entdeckung purpur- freien Theil der Netzhaut zu betrachten versuchen. Er hatte ferner im Anschluss an die seiner Zeit viel besprochene Hypothese yon Max S c h u l t z e , nach welcher die Sti~bchen nur farblose, die Zapfen aber zugleich auch farbige Lichtempfindung vermitteln sollten, darauf hingewiesen, dass, wenn der Stitbchenpurpur tiberhaupt Lieht- empfindung vermittlel), dies nur farblose Lichtempfindung sein werde.

Eine weitere Stiitze far K i ~ h n e ' s Hypothese fand sich darin, dass die yon mir und }t i 1 d e b r a n d untersuehte Helligkeitsvertheilung des yore dunkeladaptirten Auge gesehenen Spectrums der yon K i] h n e gefnndenen Vertheilung der Absorptionswerthe im Spectrum des Sehpurpurs der FroschI)etzhaut auffallend i~hnelte, und dass nachher A. K (i n i g sogar eine vollsti~ndige Uebereinstimmung zwischen der Curve jener Helligkeitswerthe und der Absorptionscurve des menschlichen Sehpurpurs nachweisen zu kSnnen glaubte.

Dies alles ffihrte schliesslieh aueh Anhi~nger tier Dreifarbentheorie zur wenigstens theilweisen Anerkennung der yon mir schon vor der Entdeckung des Sehpurpurs dargelegten Thatsache, d a s s d i e A d a p t a t i o n d e s A u g e s f a r h e l l o d e r d u n k e l e i n V o r - g a n g i s t , w e l c h e r s i c h u n a b h f t n g i g y o n d e n d i e f a r b i g e n E m p f i n d u n g e n v e r m i t t e l n d e n P r o e e s s e n a b - s p i e l t . Abet dieses Zugesti~ndniss reiehte nur so weit, als in der Netzhaut tier Nachweis des Sehpurpurs reichte, und sollte keine

1) K f i h n e hatte n~mlich auch die Frage erwogen, ob der Sehpurpur nicht vielteicht nur eine transitorische Schutzvorrichtung f[ir das durch Dunkel- adaptation sehr empfindlich gewordene Auge sei.

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Ueber die Aenderung der Weissempfindlichkeit. 5 3 5

Anwendung finden auf die nach K a h n e ' s Angabe vSllig purpur- freien Zapfen und also auch nicht auf den nur Zapfen filhrenden centralen Theil der Netzhaut. Hier sollte nach wie vor das Weiss aus drei gleichzeitigen farbigen Erregungen entstehen, und hier sollte, beilaufig gesagt, auch keine Dunkeladaptation stattfinden.

Als Vertreter der Dreifarbentheorie im letzten Jahrzehnt sind, ft~r Deutschland wenigstens, insbesondere A. K S n i g und v. K r i e s anzufiihren. Nachdem der Erstere der Annahme einer, yon den farbig empfundenen Erregungen unabhangigen Helligkeitsempfindung zugestimmt hatte~), welche er, wie K i l h n e , durch den Stabchen- purpur vermittelt sein liess, welche jed0ch seiner Ansicht nach nicht eigentlich weiss, sondern grau sein sollte, trat auch v. K r i e s 2) ffir eine solche Entstehungsweise farbloser Helligkeitsempfindungen ein, nahm jedoch ebenfalls an, dass die Stabchen ganstigsten Falls ,~nur die Empfindung eines m~ssig hellen Grau zu liefern vermSgen".

Das eigenfliche Weiss sollte nach K S n i g ' s Meinung ,noch immer

im Sinne der u Theorie zu erklaren

sein", und auch v. K r i e s stellte einem ,monochromatischen Seh- apparat" der Sthbchen einen ,,trichromatisch functionirenden Apparat ~ der Zapfen gegenaber. Denn ,die Annahme einer peripheren drei- componentigen Gliederung schien ihm nach wie vor unerlasslich".

Kurzum, v. K r i e s schloss sich der yon K i l h n e in Hinblick auf den unterdess entdeckten Sehpurpur erweiterten Hypothese Max S c h u l t z e ' s an, bestand aber nachdracklich auf einer ,trichro- matischen" Entstehung der durch die Zapfen vermittelten Weiss- empfindung. Hiernach sollte man also streng unterscheiden zwischen einem ,monochromatisch" entstehenden St~bchengrau und einem

,trichromatisch" entstehenden Zapfengrau und Zapfenweiss.

Die yon M. S ch u l t z e auf vergleichend-histologischem Wege begriindete Annahme, dass die Stabchen nur farbloser Lichtempfindung dienen, steht an sich in gar keinem Zusammenhange mit der Annahme einer t r i c h r o m a t i s c h e n Entstehung solcher Empfindung mittelst der Zapfen. Sie ist wohl in vollem Einklange mit der Theorie der Gegenfarben, aber in Widerspruch zu dem Grundgedanken

1) Ueber den menschlichen Sehpurpur und seine Bedeutung fiir das Sehen.

Sitzungsber. der Berliner Akademie yore 21. Juni 1894 S. 591.

2) Ueber den Einfluss der Adaptation etc. Ber. d. naturf. Gesellseh. zu Freiburg Bd. 9 H. 2 (auch gesondert erschienen bei J. C. B. M o h r , Freiburg und Leipzig 1894).

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356 Ewald Hering:

der Theorie von Y o u n g - H e l m h o l t z , welche j e d e Weiss- empfindung auf trichromatischem Wege entstehen liess. Da aber trotzdem die genannten Anhiinger der Dreifarbentheorie fiir den mit Stiibchen ausgerasteten grSssten Theil der I~etzhaut eine yon den farbigen Erregungen unabh~ngig variable farblose Helligkeitsempfindung nunmehr gelten getassen haben, bleibt dieselbe nur noch far den centralen Theil des Sehfeldes bezw. far die Zapfen iiberhaupt str]ttig.

Im Folgenden sollen nun einige yon den vielen Thatsachen be- sprochen werden, welche auch far diesen Theil eine yon der Farben- empfindlichkeit unabh~ingige Ver~tnderlichkeit der Weissempfindlichkeit darthun.

Zum Zwecke bequemerer Ausdrucksweise will ich bier jene Form der Dreifarbentheorie voraussetzen, welche die drei Erregungsqualiti~ten an drei besondere Faserarten gebunden sein li~sst~ da sich das im Folgenden Gesagte leicht in die Sprache Derjenigen tibersetzen li~sst, welche beziiglich des materiellen Substrates der drei Grundfarben anderer Ausicht seiu sollten. An Stelle des Wortes E r m ~ d u n g ~ aus welcher man insbesondere die negativen ~achbilder zu erklaren pfiegt, habe ich seiner Zeit aus guten Griinden den viel umfassenderen Begriff der (Srtlichen oder allgemeinen, directen oder indirecten) U m s t i m m u n g gesetzt, und w e n n i c h h i e r w i e d e r e i n m a l von E r m i i d u n g im i;tblichen S i n n e s p r e c h e u n d r e i c h i i b e r h a u p t v i e l f a c h d e r in d e n L e h r b i i c h e r n u n d in d e n A b h a n d l u n g e n d e r A n h a n g e r d e r D r e i f a r b e n t h e o r i e g e b r ~ u c h l i c h e n T e r m i n o l o g i e b e d i e n e n w e r d e , dO g e s c h i e h t d i e s t h e i l s a u s R i ~ c k s i c h t a u f d e n mit m e i n e r A u f f a s s u n g u n d A u s d r u c k s w e i s e n i c h t v e r t r a u t e n L e s e r , t h e i l s d e s s h a l b , w e i l es s i c h h i e r n i c h t u m e i n e w e i t e r e B e g r i ~ n d u n g d e r T h e o r i e d e r G e g e n f a r b e n , s o n d e r n u m e i n e B e l e u c h t u n g d e r D r e i f a r b e n t h e o r i e h a n d e l n soll.

II.

Die Dreifarbentheorie nimmt an, dass weisses Licht alle drei Faserarten in gleichem Maasse, jedes farbige Licht dieselben in ungleichem Maasse erregt. Diese Theorie muss ferner annehmen, dabs eine gleichzeitige und gleich starke Erregung der drei Faser- arten die Erregbarkeit derselben in gleichem Maasse herabsetzt oder, anders gesagt, alle drei gleichzeitig ,,ermi~det". Denn wenn ihre

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Ueber die Aeuderung tier Weissempfindlichkeit. 537 Erregbarkeit w~hrend der ErmOdung durch weisses Licht ungleich w~rde, so kSnnte letzteres dabei nicht farblos bleiben, sondern m~lsste entsprechend der verschieden gewordenen Erregbarkeit und der daraus folgenden verschiedenen GrSsse der Erregung der drei Faserarten farbig werden. Dies ist zwar 6fter einigermaassen der Fall, weil das bis zur empfindlichen Netzhautschicbt gelangte ,,weisse" Licht tier eben gemachten Voraussetzung einer absoluten Farblosigkeit (d. h. im Sinne der Dreifarbentheorie einer ganz gleich starken Erregung der drei Faserarten) meist nicht entspricht, kommt aber filr das Folgende, wie wir sehen werden, nicht irgend wesent- lich in Betracht. Es wird sich dabei nicht um Verschiedenheiten des Farbentones~ sondern um solche der S~ttigung handeln.

Ebenso wie an einer nicht ermtideten Netzhautstelle mfissten also nach der Dreifarbentheorie auch an einer dureh weisses Licht ermfideten die Erregbarkeiten aller drei Faserarten wieder unter sich mindestens sehr angenahert gleich gross sein, und ein farbiges Licht masste einer so ermadeten Stelle zwar dunkler, im Uebrigen aber ebenso erscheinen wie einer unermildeten. Um nun das farbige Licht ffir die ermfidete Stelle auch wieder so hell erscheinen zu lassen, wie es die unermfidete sieht, ware nach der Theorie nur nSthig~ seine Starke so welt zu erhShen, dass durch diese Ver- starkung des Reizes die Verminderung der Erregbarkeit wieder aus- geglichen wird.

Um dies zu prfifen, werden wir also eine Iqetzhautstelle durch weisses Licht ermfiden, sodann auf die erm~dete und zugleich auf eine unmittelbar benachbarte nicht ermt~dete Stelle dasselbe farbige Licht einwirken lassen: auf der letzteren wird uns dann die Farbe heller erscheinen. Durch passende Verstarkung des die ermt~dete Stelle treffenden oder durch passende Abschwachung des die un- ermadete Ste]le treffenden Lichtes m~]sste es jetzt nach der Theorie m6glich sein, das farbige Licht mit beiden Stellen gleich zu sehen, also gleich hell, gleich ,,gesattigt" und wenigstens in angenahert dem- selben Farbentone.

Dies ist jedoch in Wirklichkeit keineswegs der Fall; vielmehr sieht die unermtidete Stelle unter den genannten u

das farbige Licht auffallend weisslicher und also weniger ,,gesattigt", mSge es ihr etwas heller oder etwas dunkler oder, wie hier an- genommen wurde, gleich hell erscheinen wie der ermfideten Stelle.

Der Unterschied in der Sch0nheit oder Sattigung tier Farbe ist unter passenden Umst~nden sogar ausserordentlich gross.

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538 Ewald Hering:

D i e s e T h a t s a c h e i s t n a c h d e r D r e i f a r b e n t h e o r i e n i c h t n u r u n v e r s t h n d l i c h , s o n d e r n m i t d e r s e l b e n , w i e w i r s o g l e i c h s e h e n w e r d e n , t i b e r h a u p t u n v e r t r a g l i c h .

Es kOnnte Jemand daran denken, unser Ergebniss in i~hnlicher Weise mit der Dreifarbentheorie in Einklang zu bringen, wie man dies beziiglich der negativen Nachbilder des giinzlich verdunkelten Auges versucht hat. Auch diese Nachbilder vermag die Dreifarben- theorie an sich nicht zu erklaren. Nimmt man aber die Annahme eines stetig auf das Auge wirkenden ,inneren" Reizes zu Ht~lfe, welcher dasselbe ebenso zu erregen vermag wie Bin weisses Licht yon entsprechender Starke, so wird das Erscheinen yon negativen Nachbi]dern bei ganzlich verdunkeltem Auge wenigstens denkbar.

Die wirklich zur Beobachtung kommenden negativen Nachbilder zeigen freilich ein Verhalten, welches sich auch dureh einen solchen

,,inneren Reiz" nicht entfernt erklaren liisst.

Nehmen wir aber einmal einen solchen stetig wirkenden, einem schwachen weissen Lichte yon bestimmter Starke gleichwerthigen inneren Reiz als wirklich vorhanden an, so folgt, dass eine Ermiidung far weisses Licht sich auch gegenilber diesem inneren Reize geltend machen mi~sste, und dass derselbe an der ermtideten Stelle ein ,schwiicheres" Weiss hervorrufen wiirde als an der unermiideten.

Wenn wir jetzt auf beide Stellen gleicbzeitig dasselbe farbige Licht wirken lassen, so wird an der ermiideten und desshalb minder erregbaren Stelle die Erregung dutch das farbig wirkende iiussere Licht in demselben Verhi~ltniss herabgesetzt sein wie die gleichzeitige Erregung durch den inneren, an sich weiss wirkenden und die S~ittigung tier Farbe mindernden Reiz. KOnnten wir jetzt nicht nur das farbige iiussere Licht, sondern auch zugleich den inneren weiss wirkenden Reiz, und zwar beide in demselben Verhiiltniss, so welt verstiirken, bis die ermtidete Stelle wieder so hell sieht wie die unermiidete, so wtirde nach der Theorie jetzt beiden Stellen das farbige Licht auch in gleicher Siittigung erscheinen milssen. Wir vermSgen aber fQr die ermtidete Stelle nur das farbige ~tussere Licht, nicht aber auch den inneren Reiz zu verstiirken, daher die Sattigung der gesehenen Farbe hier allerdings weniger durch den inneren weiss wirkenden Reiz beeintrachtigt werden mtisste als far die un- ermiidete Stelle.

Diese Erkliirung kiinnte jedoch nur Demjenigen annehmbar er- scheinen, der unberticksichtigt lasst, dass der hypothetische innere

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Ueber die &enderung der Weissempfindlichkeit. 539 Reiz als beilaufig constant anzusehen ware, w~hrend doch die In- tensitht der Beleuchtungen, bei welchen man die beschriebenen Ver- suche mit Erfolg anstellen kann, e~ne ausserordentlich verschiedene ist. Die Beleuchtungsintensit~ten, bei welcher wir die Versuche mit entsprechender Adaptation des Auges an farbigen Papieren mit stets schlagendem Erfolge ausgefahrt haben, schwankten f a r d i e b~etz- h a u t , wenn ich die schwachste zum Lesen noch ganz brauchbare Beleuchtung als Einheit setze, mindestens zwischen 1 und 250 ~).

Wenn wir nun die Lichtstarke der farbigen Flache ~- 1 nehmen, und der weiss wirkende innere Reiz warde jetzt hinreichen, die er- w~hnte Shttigungsdifferenz vollst~ndig zu erklaren, so ware dies nicht entfernt mehr m6glich, wenn jene Lichtstarke hundert Mal, ge- schweige denn, wenn sic noch grSsser w~re. Denn wenn sich 'im ersten Falle der Werth des inneren Reizes zum Reizwerthe f des farbigen Lichtes wie 1 : f verhielte, warde er sich im zweiten Falle wie ~/~oo:f bezw. wie

~/~5o:f

verhalten. Es ist daher sofort er- sichtlich, dass sich mit der Annahme eines stetigen inneren, yon der jeweiligen Belichtung der Netzhaut in seinem Werthe ganz oder nahezu unabhangigen Reizes die beobachtete Sattigungsdifferenz auch nicht entfernt erklaren lasst.

Vielmehr lehren unsere u dass der Factor, welcher die auffallende Weisslichkeit der yon der unermt~deten Stelle gesehenen Farbe bestimmt, mit wachsender Lichtst~rke der Beleuehtung und also auch des benutzten farbigen Pigmentlichtes ebenfalls wachsen muss und also nicht in einem von der Starke des ~usseren Lichtes unabh~ngigen inneren Reize gesucht werden daft.

Mit der Theorie der Gegenfarben stehen unsere Versuchs-

l) Wegen der grossen Adaptationsf~ihigkeit des Auges unterseh~itzt man meist das Ausmaass der Intensit~,ts~inderung, welche die Belichtung z. B. unseres Schreibtisches in1 Laufe eines Tage erfahren kann, ohne dass wir uns durch zu schwache oder zu starke Beleuehtung gestSrt ffihlen. Uater Anderen habe ich die Liehtintensit~t der zmn Versuche benutzten farbigen Fl~[che erstens am fr~ihen Morgen~ als die Beleuchtung" zu ~elungenen Versuehen bereits zureichte~ und zweitens am Mittag desselben, fast wolkenlosen Wintertages gemessen. Ich land die Lichtst~irke am Mittag 700 Mal grSsser als am Morgen und, als die durch einen Dunstschleier etwas verhfillte Sonne die Fl~che direct beschien, fiber 4000 Mal grSsser. A b e r selbst bei dieser maximalen Beleuchtung gelangen die Ver- suche noch vortrefflich. Auch wenn man die wegen der Verengerun~ me[net nicht sehr variabten Pupille nothwendige Correctur noch so hoch annimmt, blMbt doch Mn gewMtiger Spielraum der Lichtintensit~iteil [ibrlg, bei welchen die Ver- sache mit dem beschricbenca Erfolge angestellt werden konnten.

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540 Ewald Hering:

ergebnisse durchaus in Einklang. Dieselbe nimmt an~ dass eine Sehfeldstelle, an welcher wir unter der Einwirkung ~usseren Lichtes Weiss sehen, dabei zwar far weisses Lieht sowie far die weiss wirkende Componente des Reizwerthes farbiger Lichter ermildet, nicht abet zugleich auch far die farbig wirkende Componente jenes Reizwerthes; uud dass eine Stelle, an welcher wir farbloses Schwarz sehen, dabei zwar fiir weisses Licht sowie far die weisse Componente des Reizwerthes farbiger Lichter empfindlicher wird, nicht aber noth- wendig auch far die farbige Componente. Kurzum, die ,,Weiss- ermadung" involvirt nach dieser Theorie nicht zugleich eine ent- sprechende ,,Farbenermt~dung", wie dies die Dreifarbentheorie an- nimmt. Hiernach versteht sich sofort, warum unter den erw~tbnten Be~lingungen die unermildete Stelle das farbige Licht weisslicher sieht als die daneben befindliche durch weisses Licht ermtidete Stelle.

Aber auch mit einer in der eingangs erw~hnten Weise ein- geschrankten Dreifarbentheorie wt~rden sich, so k6nnte man meinen, unsere Versuchsergebnisse vereinbaren lassen, wenn man n~tmlich mit M. S c h u 1 t z e annimmt, dass die Stabchen nur farblose Licht- empfindungen, die Zapfen aber ilberdies die farbigen Empfindungen vermitteln, und dass, wie ausdracklich hinzugefilgt werden mi~sste, die Stabchen schneller ermtiden als die Zapfen. Bei jeder Reizung mit farbigem Lichte wird sich dann zu der mittelst der Zapfen ge- sehenen Farbe noch dasjenige Weiss gesellen, welches an derselben Stelle mittelst der Stabchen gesehen wird, und je weniger erregbar die letzteren im Vergleich mit den Zapfen sind, desto weniger weisslich wird die Farbe erscheinen. Wenn nun durch weisses Licht die St/~bchen schneller ermtldet werden als die Zapfen, so wird eine durch weisses Licht ermiidete Stelle ein farbiges Licht gesattigter (minder weisslich) sehen als eine unermildete. Bei passender Ver- st~rkung des auf die ermi~dete Stelle wirkenden farbigen Lichtes wird dann diese Stelle das farbige Licht zwar gleich hell sehen k6nnen wie die unermt~dete, aber, wegen der relativ starkeren Er- mildung der Sthbchen, nach wie vor minder weisslich. So warden sich, wie es scheint, unsere Versuchsergebnisse mit der abgeanderten Dreifarbentheorie vereinbaren lassen 1).

1) Eine solche, wie wir sogleich sehen werden, nicht zureichende Erkl/trung wfirde ~zoraussetzen, class die St~bchen nicht als blosser ,Dunkelapparat" fung'iren, wie dies v. K r i e s will, sondern dass sie auch bei maximaler l=J[elladaptation tier Weissempfindung dienen; denn auch ffir alas beliebig helladaptirte Auge gelten die obea beschriebenen Thatsachea.

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Ueber die Aenderusg der Weissempfindlichkeit. 541 Es ist aber nicht nOthig~ die hnnahme einer solchen doppelten, theils einfarbigen, theils dreifarbigen Herkunft des Weiss hier weiter in Betracht zu ziehen, weil auch dieser Versuch~ die besch~'iebene Thatsache mit einer Dreifarbentheorie in Einklang zu bringen, sich yon v~)rnherein als unzureichend erweist. Denn es wird dabei voraus- gesetzt, dass die Netzhautstellen, mit we]chert man experimentirt, neben den Zapfen auch Stiibchen enthalten. D i e b e s c h r i e b e n e n V e r s u c h e l a s s e n s i c h a b e r a u c h m i t s c h l a g e n d e m E r - f o l g e an dem c e n t r a l e n B e z i r k e tier l ~ e t z h a u t a n s t e l l e n , w e l c h e r k e i n e S t ~ b c h e n e n t h / ~ l t . Man braucht n u r d e n z u m Versuche benutzten Netzhautbezirk so klein zu nehmen, dass er kleiner ist als der sti~bchenfreie Theil der I~etzhaut und z. B. nur einen Durchmesser yon ~/a mm hat. Dann kann man sich iiber- zeugen, dass die Versuche durchg/tngig und unverkennbar in dem- selben Sinne ausfallen wie bei Beuutzung grSsserer Felder; nur das Ausmaass des S/ittigungsunterschiedes kann ein anderes sein.

Es bleibt zur Erkl~trung dieser Thatsache nichts fibrig, als auch f a r d e n s t / ~ b c h e n l o s e n T h e i l des s o m a t i s c h e n S e h f e l d e s e i n e y o n d e r F a r b e n e m p f i n d l i c h k e i t u n a b h i ~ n g i g e A e n d e r u n g d e r W e i s s e m p f i n d l i c h k e i t z u z u g e b e n und damit die Unzul~tnglichkeit der Dreifarbentheorie auch ffir diesen Theil des Sehfeldes anzuerkennen.

I[I.

V e r s u c h e m i t f a r b i g e n P a p i e r e n . Man nehme zwei rechtwinklige Bl~ttter (z. B. 15 X 30 cm) eines weissen, steifen Karten- papieres und versehe je einen Rand jedes Blattes mit einem etwa 2 mm breiten schwarzen Saume. Diese beiden Blatter, die D e c k - b l o t t e r , lege man auf eine ebene~ ganz gleichartige und nicht glanzende farbige Fl/tche so, dass die beiden schwarzen Saume sich dicht bertihren und zusammen einen 4 mm breiten schwarzen Streifen auf der jetzt weissen Fl~tche bilden. An der Mitte der Grenzlinie jedes schwarzen Saumes hat man zuvor eine winzige weisse Marke derart gemacht, dass diese beiden Marken sich jetzt ebenfalls be- riihren und zu einer einfachen Marke zusammenfiiessen, welche als Fixirpunkt dient. Genau unter dieser weissen Marke befindet sich auf der farbigen Flache eine schwarze Marke. Fasst man mit jeder Hand eines der beiden Deckbli~tt(~r und zieht dieselben symmetrisch aus einander, so finden die Augen an Stelle der zuvor fixirten weissen

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542 Ewaid gering:

Marke jetzt die schwarze und verharren daher in unveri~nderter Stellung, was far exacte Nachbildversuche erforderlich ist.

Der erste Versueh besteht nun darin, dass man die beiden Deck- blatter dicht zusammensehiebt, die weisse Marke auf dem schwarzen Streifen einige Zeit lest fixirt und sodann die Deekliitter mit mi~ssiger Geschwindigkeit wieder nach rechts und links zur Seite sehiebt. Da- bei wird also die farbige Fliiche sichtbar, und man sieht an derselben Stelle, wo zuvor der sehwarze Streifen ersehien, einen gleich breiten hellen Streifen, dessen Farbe sich durch auffallende Weisslichkeit yon der Farbe des Grundes unterscheidet. Je li~nger man fixirt hat, desto weisslicher erseheint dieser Streifen, und naeh sehr langer Fixirung der Marke (eine Minute und mehr), und wenn die Farbe des Grundes schon an sich eine wenig gesi~ttigte ist, kann es dahin kommen, dass der helle Streifen geradezu weiss erseheint.

Dieser hellere weissliche Streifen ist also das negative Nachbild des schwarzen Streifens auf dem farbigen Grunde.

Eine im Hinblick auf alas Folgende zweckm~tssige Abanderung dieses Vorversuches besteht darin, dass man am Rande der weissen Deckblatter statt der schwarzen Si~ume je eine HNfte einer kleinen mattsehwarzen Scheibe so anbringt, dass dieselben, wenn man die Deckbli~tter wieder mit diesen Ri~ndern an einander legt, zusammen eine schwarze Vollseheibe bilden. Man erhNt dann auf dem farbigen Grunde ein kreisf0rmiges Nachbild. Diesen Versuch wiederholt man mit immer kleineren schwarzen Scheiben und wird ihn, und zwar auch unocular, nach einiger Uebung selbst dann noch erfolgreich an- zustellen verm0gen, wenn die Scheibe so klein ist, dass der Durch- messer ihres Netzhautbildes nur noeh 1/4 mm betr~gt. Da es bier nur auf die GrSsse des Netzhautbildes ankommt, so kann man die erheblicheren Verkleinerungen des letztern zweckmi~ssiger als durch Verkleinerung der Scheibe durch VergrOsserung des Augenabstandes yon der Versuehsfl~che herbeif~hren.

Diese Versuche lehren bereits, dass eine unermt~dete Netzhaut- stelle die Farbe viel weisslicher sieht als ihre far Weiss ermtidete Umgebung, und wet eine Reihe solcher Versuehe angestellt hat, wird kaum noeh erwarten, dass durch blosse Intensiti~tssteigerung des auf die ermiideten Netzhautstellen fallenden farbigen Liehtes dieselbe Weisslichkeit der Farbe erzielt werden kOnne, wie sie die Farbe der Naehbildstelle zeigt.

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Ueber die Aenderung der Weissempfindlichkeit. 543 Die farbige Fl~che soll, wie gesagt, bei diesem und den iblgenden Ver- suehen g~z eben m~d gleicb~rt~g, sowic ohne jede Spur yon Glanz seln. Man spanut zu diesem Zwecke ein geeignetes farbiges Papier auf eine Glasplatte, in- dem man es etwas grSsser schnelde~ als le~ztere~ ~uf der Rfickseite anfeuctltet, seine gummirten R~inder umsehlSg~ und am Glase befestigt. Aus schwarzem Wollpapier stellt man die schwarzen Streifen und Scheiben her~ letztere mittelst passender Locheisen.

Nacb diesen Vorversuchen geht man zum H a u p t v e r s u c h ilber, bei dem es gilt, die Lichtst~rke eines dem weisslichen Nachbilde unmittelbar benachbarten Theiles der farbigen Fl~che so zu erhShen, dass derseIbe gleich hell erscheint wie das Nachbild. Dies erreicht man mit Halle eines Spiegelglases obne Belag in fo]gender Weise.

Auf einem am Fenster stehenden Tische wird mittelst einer mechanischen Hand die mSglichst dtlnne farblose Spiegelglasplatte (z. B. 20 X 40 cm) lothrecht so gehalten, dass ihre Ebene mit der des Fensters einen recbten Winkel bildet und eine ihrer kurzen Seiten unten liegt. Der untere Rand des Glases darf nicht auf der Tischflache aufruhen, sondern muss wenige Millimeter tiber ihr schweben, damit die mit farbigem bezw. schwarzem Papier iiber- zogenen Glasplatten darunter Platz finden und sich noch tiberdies die Deckbl~ttter bequem auf den Platten verschieben lassen. Der Beobachter steht nicht gegentiber dem Fenster, sondern seitwi~rts am Tische und schtitzt sein nach der Fensterseite liegendes Auge vor dem Einfall yon seitlichem Licht. Eine mit farbigem und eine mit schwarzem Papier iiberzogene Platte (15 X 20 cm) werden so auf den Tisch gelegt, dass sie entlang dem unteren Rande des Spiegeiglases zusammenstossen und die schwarze auf der Seite des Beobachters liegt.

Auf der farbigen Flache befindet sich 30 mm hinter der Vorder- fl-~che des Glases eine schwarze Marke (m Fig. 1 und 2) und auf tier schwarzen Fliiche eine kleine Halbscheibe s yon z. B. 20 tnm Durchmesser aus demselben farbigen Papier; welches die farbige Flache bildet; das Centrum der Halbscheibe liegt 30 mm v o r der Vorderfli~che des Glases und kann ebenfalls markirt sein. Blickt tier Beobachter so, wie es Fig. 2 ~ersinnlieht, durch das Spiegelglas auf die Marke m, so muss sich mit derselben das Spiegelbild des markirten Mittelpunktes ~ der Halbscheibe decken und der grad- linige Rand der letzteren rechtwinklig zur Ebene des Spiegelglases liegen. Das Spiegelbild der Halbscbeibe ist in Fig. 1 durch einen punktirten Umriss angedeutet,

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544 E w a l d H e r i n g :

Der Beobachter sieht also ~uf der farbigen Flache ein halbkreis- f0rmiges Feld, welches denselben Farbenton, aber grSssere Helligkeit hat als die t~brige farbige Flache, well sich an der beztiglichen Stelle das gespiegelte Licht der farbigen Halbscheibe mit dem yon der farbigen Flache kommenden summirt. Je kleiner der Winkel ist, welchen die Gesichtslinie des die Marke fixirenden Beobachters mit der Ebene des Spiegelglases bildet, desto heller sieht er im Ver- gleich mit seiner Umgebung das halbkreisfSrmige Feld.

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q

Fig. 1. Fig'. 2. Fig'. 3.

Zwei schwarze Halbscheiben yon demselben Durchmesser (20 ram) wie die farbige Halbscheibe sind so an den medianen Rand des einen weissen Deckblattes, (D 1, Fig. 3) geklebt~ dass das Centrum einer jeden 30 mm yon der Mitte jenes Randes abliegt. Dieses Deckblatt wird so auf den halb schwarzen, halb farbigen Grund gelegt, dass die beiden Halbscheiben symmetrisch zur Vorderfli~che des Spiegel- glases liegen (siehe Fig. 3) und das Spiegelbild der vorderen mit der hinteren, direct gesehenen Halbscheibe zusammenf~llt 1), und dass tiberdies der medi~ne Rand der hinteren Halbscheibe dem medianen Rande des Spiegelbildes der farbigen Halbscheibe sehr nahe liegt, ohne jedoch dieselbe zu berfihren. Sodann wird das zweite weisse Deckblatt D~ mit seinem medianen Rande dicht an den Rand des ersten herangeschoben. Der in steiler Richtung durch die Glasplatte blickende Beobachter sieht jetzt hinter derselben eine schwarze Halb- scheibe auf weissem Grunde und fixirt das Centrum derselben oder

1) Die durch die Dicke der Glasplatte bedingte Scheinverschiebung habe ich hier vernachl~ssigt.

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Ueber die Aenderung der Weissempfindlichkeit. 545 einen dicht daneben am Rande des anderen Deckblattes angebrachten schwarzen Punkt, z. B. 30" lang, worauf die beiden Deckblittter mit mi[ssiger Geschwindigkeit nach rechts und links zur Seite gezogeu werden. Die Gesichtslinien der unverrtickt weiter fixirenden Augen treffen jetzt auf die Marke m des farbigen Grundes, auf welchem ganz nahe neben dem Spiegelbilde der farbigen Halbscheibe das ebenfalls halbkreisfiirmige Nachbild der schwarzen Halbscheibe erscheint, so dass sich jetzt beide bezt~glich der Si~ttigung und Helligkeit ihrer Farbe leicht vergleichen lassen. Erscheint die Nachbildstelle heller als die Spiegelbildstelle, so muss man beim ni~chsten Versuche in noch steilerer Richtung dutch die Glasplatte blickeu bezw. die Fixirungsdauer abkt~rzen. Durch einiges Ausprobiren findet man diejenige Neigung der Blickebene zum Glase und diejenige Fixirungsdauer (20, 30, 40" und mehr), bei welchen v o n d e r nicht ermiideten Netzhautstelle das hTachbild voriibergehend ebenso hell gesehen wird wie yon der ermtideten die Stelle des Spiegelbildes.

Da die Si~ttigungsverschiedenheit beider auch dann ganz deutlich ist, wenn die eine Stelle etwas heller oder dunkler erscheiut als die andere, so erhi~lt man sehr leicht zwingende Versuchsergebnisse.

Danu kann man kleinere Halbscheiben zum Versuche benutzen bezw. den Augenabstaud vergrSssern~ wie dies bei den Vorversuchen (S. 542) beschrieben wurde, und sich so t~berzeugen, dass die Ver- suche auch dann mit schlagendem Erfolge gelingen, wenn die Netz- hautbilder der beiden halbkreisfi)rmigen Stellen zusammen viel kleiuer sind als der sti~bchenfreie Theil tier Netzhaut.

Da der Ermiidung einer Netzhautstelle eine rasche Erholung folgt, so sind zwar nicht die ersten Augenblicke, wohl aber die ersten Sekunden nach beeudigter Ermiildung far die Vergleichung der beiden Felder die maassgebenden. Ist man durch irgendeineu Nebenumstand in der Vergleichung der beiden Farben wi~hreud der ersteu Secunden gesti}rt worden und zu keinem sicheren Ergebniss gekommen, so ist es viel richtiger, den Versuch nach entsprechender Zwischenpause zu wiederholen, statt die Vergleichung li~nger fortzusetzen. Far den Geiabten gentigen zur Beurtheilung des S~ttigungsverhi~ltnisses einige Secunden vollauf. D a s s o e b e n G e s a g t e g i l t a u c h y o n a l l e n im F o l g e n d e n b e s p r o c h e n e n V e r s u c h e n .

Von besonderer Wichtigkeit ist bei diesem Versuche~ dass das Spiegelbild der farbig'en H~lbscheibe genau in die E b e n e der farbigeu FlS.che zu liegen kommt, daher auch die ttalbscheibe ganz eben und horizontal sein muss. Zur

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546 E w a l d H e r i n g :

Herstellung der schw~rzen Fl~che benutzt man schwarzes Wol]papier oder noeh besser schwarzen SammeL damit man das von dieser F15ehe gespie~elte, ger~ng-- ffigige Lieht vernaehl~ssigen kann. Ausser der vorderen gibt auch die bintere Fl~iehe des Spiegelglases ein bekanntllch viel sehw~cheres Spiegelbild der farbigen Halbscheibe, welches jedoeh den Versueh meist gar nicht stSrt. Ganz besonders ist darauf zu achten, dass die mediane Grenze des Naehbildes die mediane des Spiegelbildes hSchstens nahezu ber~ihrt und nieht in das letztere selbst zu liegen kommt, sonst sieht man zwischen dem ~Tachbilde und dem Spiegelbilde einen helleren Streifen, welcher ihre Verg'leichung sehr stSrt. Maeht man elnen ganz analogen u start mit farbigem Grunde und farbiger Halbscbeibe, mlt weissem Grunde und weisser Halbsche]be~ so finder man melstens, d~.ss das negative Naeh- bild der schwarzen Halbseheibe sich durch e~ne sehwache~ mehr oder weniger deutliche F~rbung yon dem dann meist auch nicht ganz farblosen Spiegelbilde unterscheidet.

Diese schwachen F~rbungen sind ein Zeiehen daffir, dass das Auge nicht genau chromatiseh neutral gestimmt ist, was dann bei Benutzung gewlsser Versuchs- farben ebenfalls zu Verschiedenheiten des Tones der beiden Halbkreisfelder ffihrt und auch einigermaassen die S~ttlgungsverschiedenheit derselben zu beeinfiussen vermag. Gegenfiber den grossen zur Beobachtung kommenden S~ittigungs- verschiedenheiten ist dies ganz unwesentlieh.

Man kann den Versuch auch so ab~ndern, dass man sieh auf die Selte des farbigen Grundes stellt und also dureh die Giasplatte hindureh nicht das Spiegel- bild der farbigen Halbscheibe, sondern alas des farblgen Grundes sieht. Doch ist dies nieht zu empfehlen.

Da selbst s c h w a r z e r S u m m e r noch m e r k l i c h e s L i c h t aussendet, so h a b e n w i r , um ganz reinliche Versuche zu e r h a l t e n , s t a t t des S a m m e t s auch einen fast a b s o l u t ]ichtlosen G r u n d b e n u t z t Der Versuehstisch h a t Bin k r e i s r u n d e s L o c h , welches in Bin w e i t e s , bis auf den Boden reichendes und m i t s c h w a r z e m S a m m e t a u s g e k l e i d e t e s R o h r fahrt. U e b e r diese Oeffrmng sind zwei schwarze Coconfaden g e s p a n n t , welche die zu s p i e g e l n d e farbige H a l b s c h e i b e tragen. So k a n n also d e r N a e h b i l d s t e l l e g a r kein L i c h t m e h r z u g e s p i e g e l t werden, welches die S a t t i g u n g d e r F a r b e desselben zu beeinflussen verm0chte.

Dies t h e i l e ieh zur B e r u h i g u n g D e r j e n i g e n mit, welche m e i n e n sollten, dass das ~usserst geringe g e s p i e g e l t e L i c h t d e r Sammetfl~tche auf das Versuchsergebniss einen wesentlichen Einfluss h a b e n kSnnte.

V e r s u c h e m i t S p e c t r a l f a r b e n . Auch b i e r lassen sich V o r Y e r s u c h e nach A r t d e r oben (S. 542) b e s c h r i e b e n e n anstellen.

Das Gesichtsfeld eines k l e i n e n F e r n r o h r e s wird zun~chst m i t weissem Lieht e f l e u c h t e t ; sein s c h e i n b a r e r D u r c h m e s s e r b e t r a g t bei einem s c h e i n b a r e n A b s t a n d yon 30 cm yore Auge 6 cm. I n d e r Mitte dieses weissen F e l d e s befindet sich ein kleines, kreisfSrmiges schwarzes F e l d und in d e r Mitte des l e t z t e r e n ein ~anz k l e i n e r h e l l e r P u n k t , w e l c h e r als F i x i r p u n k t dient. N a c h d e m d e r s e l b e 20 bis 30" oder lhnger fixirt w o r d e n i s t , wird u n t e r gleichzeitiger B e s e i t i g u n g des

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Ueber die Aenderung tier Weissempfindlichkeit. 547 schwarzen Mittelfeldes plStzlich die weisse Beleuchtung des Gesichts- feldes mit einer alas g a n z e Gesichtsfeld erfiillenden farbigen ver- tauscht, wobei das Auge unbewegt stehen bleiben soll, was dem Un- geiibten durch einen kleinen, in der Mitre des Gesichtsfeldes er- scheinenden schwarzen Punkt erleichtert werden kann. Hierbei erscheint nun an Stelle des verschwundenen schwarzen Mittetfeldes ein ungesiittigtes farbig-helles Feld auf dunklerem~ gesi~ttigter farbigem Grunde, und zwar ist bei gentigender Fixirungsdauer und passend gew~ihltem Intensiti~tsverhaltniss des ermildenden weissen und des nachfolgenden farbigen Lichtes das helle Mittelfeld so viel un- geslittigter oder weisslicher als das iibrige Farbenfeld, dass selbst ein auf diesem Gebiete wenig Erfahrener sofort erkennt, wie es sich hier auch nicht entfernt urn einen blossen Helligkeitsunterschied zwischen dem Nachbilde und seiner Umgebung handeln kann. Dies gilt auch dann, wenn das Nachbild auf tier Netzhaut nur einen Durchmesser yon ~/8 mm hat.

Da die verschiedenen homogenen Lichter desselben Spectrums eine sehr verschiedene ttelligkeit zeigen, so muss durch Verengerung oder Erweiterung des Collimatorspaltes eine far den Versuch bequeme Helligkeit der eben benutzten Farbe bergestellt und iiberdies die Intensiti~t des zur Ermiidung benutzten weissen Lichtes der Hellig- keit des gewahlten farbigen Lichtes angepasst werden. Um blaues und violettes Licht yon einer bei diesen Versuchen wtinschenswerthen Intensiti~t zu erhalten~ wurden die Versuche an sonnenhellen Tagen wiederholt und das Licht einer in der Nahe der Sonne befindlichen Himmelsstelle in den Collimatorspalt gespiegelt.

D e r S i ~ t t i g u n g s u n t e r s c h i e d z w i s c h e n d e r m i t e r m i i d e t e r u n d d e r m i t n i c h t - e r m i l d e t e r F o v e a g e s e h e n e n F a r b e i s t b e i d e n k u r z w e l l i g e n F a r b e n n o c h v i e l a u f f a l l e n d e r a l s b e i d e n l a n g w e l l i g e n .

Das schwarze Mittelfeld wird bei diesen Versuchen durch einen kleinen schwarzea Fleck auf eiaer Glasplatte hergestellt~ welche an passender Stelle so in alas Ocular des Fernrohres einffeschoben ist, dass tier durchsichtig gelassene Mittelpunkt des Fleckes in die Fernrohrachse zu liegen kommt. Ein leichter Stoss an die aus dem Rohr hervorrageade Glasplatte genfigt, den schwarzen Fleck so schnell aus dem Gesichtsfelde zu entfernen, class alas Aug'e gar nicht verffihrt wird, ihm zu folgen. Ffir Diejenigen, die es nSthig haben sollten, kSnnte auf tier Glasplatte in passcndem Abstande yon dem schwarzem Fleck ein fciner schwarzer Punkt gemacht werden, welcher in die Mitte des Gesichtsfeldes tritt, sobald die schnell verschobene Glasplatte an eine zu diesem Zweckc angebrachte Hemmung stiisst.

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548 Ew~ld tiering:

Zm" weissen Beleuehtung des Gesichtsfeldes dient entweder der Himme~

oder ein mit weissem Barytpapier fiberspannter Sehirm. Das Licht desselben tritt durch einen regulirbaren Spelt in den Apparat und wird dureh eine an passender Stelle in den Lauf der farbigen Strahlen eingestellte planparallele Glas ~ platte in des Fernrohr gespiegelt.

Bei dem H a u p t v e r s u c h e gilt es n u n , nach erfolgter E r - m ~ d u n g des zuvor schwarze Mittelfeld mit dem bezilglichen spec- tralen Lichte schw~cher zu beleuchten als das iibrige Gesichtsfeld, um die gleiche scheinbare Helligkeit beider zu ermhglichen. Dies wurde m i t Hiilfe einer Einrichtung erzielt, bei welcher das Mittelfeld sein farbiges Licht aus einem anderen S p e c t r a l a p p a r a t erhielt als das iibrige Gesichtsfeld, so dass sich durch Verengerung bezw. Er- weiterung eines Collimatorspaltes das IntensitatsverhMtniss der b e i d e n gleichfarbigen Lichter regeln liess.

Bei j e d e m Versuche werden zuerst beide Collimatorspalte ver- deckt und des Gesichtsfeld, mit Ausnahme des dunkel bleibenden kleinen Mittelfeldes, durch Himmelslicht erleuchtet, welches an der Vorderflache des einen Dispersionsprismas in passender Richtung gespiegelt wird. Nachdem dann der Mittelpunkt des schwarzen Mittelfeldes gent~gend lange fixirt worden ist, werden die Collimator- spalte freigegeben und gleichzeitig der sehr weite Spelt verdeckt, durch welchen des Himmelslicht in den Apparat trat. Dutch Aus- probiren findet m a n das BreitenverhMtniss der beiden Collimatorspalten bezw. die Fixirungsdauer, bei denen jetzt des nach wie vor central zu fixirende Mittelfeld und seine U m g e b u n g gleich hell erscheinen.

Die S~ttigungsverschiedenheit derselben ist dabei, besonders bei B e n u t z u n g der kurzwelligen Spectralfarben, eine sehr bedeutende.

Bei m e h r e r e n Versuchsreihen wurde des aus sogleich zu erw~hnendem G r u n d e elliptische Mittelfeld so klein genolnmen, dass der grhsste D u r c h m e s s e r seines Netzhautbildes nur 1/2 m m , der kleinste l h m m betrug.

Des elliptische Mittelfeld wurde nach einer yon mir bereits besehriebenen 1) Methode mit Hfilfe zweier, in diesem Falle gleiehseitiger Prismen hergestellt.

Dieselben wurden mit je einer Seitenfl~che an einander gelegt~ nachdem auf die Mitte tier einen Flfiche ein winziges Trhpfchen yon Canadabalsam gebraeht worden war, welches sich beim Aneinanderpressen der beiden Fl~chen zu einem sehr klelnen kreisfhrmigen Felde gestttltete. So fungirt dann alas Doppelprisma wie ein L u m m e r ' s c h e s Doppelprisma. Man hat es auf diese Weise in der Hand, des ffir des Licht durchg~ngige ]?eld g'rhsser oder kleiner herzustellem Da die Ebene dleses Feldes unter 30 ~ zur Fernrohraehse geneigt war~ so ersehien sein horizontaler Durchmesser perspectivisch verkfirzt und also des Feld elliptiseh.

1) Untersuchung eines total Farbenblinden. Dieses Arch. Bd. 49 S. 599. 1891.

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Ueber die Aenderung der Weissempfindlichkeit. 5 4 9

Da das zur weissen Beleuehtung des Gesiehtsfeldes benutzte Himmelslicht bei seiner Spiegelung an der Vorderfl~ehe des einen Dispersionsprismas vie l an Intensit~it verlor~ so musste es yon einer der Sonne benaehbarten Himmelsstelle dann genommen werden, wenn mit den helleren Spectralfarben gearbeitet wurde. Um den dunkleren Speetralfarben grSssere Helligkeit zu geben, wurde ebenfalls solches tIimmelslleht in den Collimator gespiegelt. Es ist bei dieser Methode unvermeid- lich, dass auch bei ganz gleicher Beleuehtung des Mitte]feldes und seil~er Um- gebung" das erstere slch yon der letzteren (lurch einen feinen Saum abweichender Helligkeit abgrenzt. Dies ~ndert jedoch nichts an den beschriebenen Versuchs- ergebnissen.

Ich habe hhnliche Versuche wie die hier beschriebenen noch nach mehreren anderen Methoden angestellt und hier nur diejenigen beschrieben, deren Ergebnisse besonders handgreiflich sind. Da es bei denselben sehr wesentlich mit auf die sogen. Wechselwirkung der Sehfeldstellen ankommt, welche allerdings yon Vertretern der glteren Theorie und insbesondere auch yon v. K ri e s angezweifelt wird, so wurden hier solche Versuchsmethoden ausgewahlt, bei denen jene Wechselwirkung sich besonders stark geltend machen kann.

Der Einfluss der Adaptation der Fovea auf die hier besprochene Erscheinung ist bei anderer Gelegenheit zu erSrtern. Hier sollte nur das Hauptphanomen in seiner Beziehung zur Dreifarbentheorie besprochen werden.

Die beschriebenen Versuche zeigen, d as s b ez a g l i c h d er U n a b h ~ n g i g k e i t d e r , , W e i s s e r m a d u n g " yon der ,,Farben- e r m t i d u n g " d e r s t ~ b c h e n f r e i e n S e h f e l d m i t t e e i n e p r i n c i p i e l l e S o n d e r s t e l l u n g n i c h t z u k o m m t , d a s s v i e l - m e h r a u c h an d i e s e r S t e l l e d i e W e i s s e m p f i n d u n g u n - a b h a n g i g y o n d e r F a r b e n e m p f i n d u n g zu v a r i i r e n v e r - mag.

V e r s u c h e am F a r b e n k r e i s e l . Im Jahre 18942 ) hat v. K r i e s folgenden Versuch beschrieben:

, A n dem mit einer klelneren und einer grSsseren Seheibe ausgerfisteten Farben- kreisel fixirte ich durch 60 Secunden einen Punkt an der Grenze der inneren Scheibe und des yon der ~tusseren sichtbaren Ringes, und zwar bei nieht rotirenden Scheiben an einer Stelle, wo sich aussen Weiss, innen Schwarz befand. Die Wahl der gusseren Sectoren gestattet dann, das reagirende Licht, die Wahl der inneren Sectoren, das Vergleichslicht nach Wunsch herzustellen. Enthielt nun das reagirende Licht z. B. 1800 Blau und 180 ~ Weiss, so konnte dem Vergleichs- lieht zun~iehst 180 o B lau gegeben werden und versueht, mit Hfilfe passender

1) Ueber den Einfluss der Adaptation auf Licht- und Farbenempfindung.

Bericht d. naturforsch. Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. 9 Heft 2.

E. P f l i i g e r , Archly ftlr Physiologie. Bd. 9~. 37

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550 Ewald g e r i n g :

Abstttfhng eines weissen und schwarzen Sectors die gewiinschte Gleiehheit her- zuste]len. Dies gelang aber niemals. Moehte dis innere Scheibe dem Rings a~

ttelligkeit glelch, mochte sie heller oder dunkler gemacht werden: sie erschien stets viel zu blau.

Eine Gleichheit wurde erhalten~ wenn man im Vergleichslichte nicht nut die ,Weissvalenz ~, sondern auch die farbige verminderte. Und zwar musste, um Glelchheit zu erzielen, der farbige Sector etwa auf den dritten Theil reducirt werden~ ungefiihr ehenso stark wie der Antheil an farblosem Licht. Das Gleiche zeigte sich auch hei den anderen Parben. Um also auf tier weissermfideten trod auf der benachbarten Stelle eine an Helligkeit and S~ittigung gleiche farbige Em- pfindung zu erzeugen, muss auf der ersteren die farblge Valenz ann~ihernd in demselben Verhgltniss wle die weisse g'esteigert sein."

Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass v. K r i e s den Versuch mit ausserst ungesattigten Farben angestellt hat. Wenn man auf dem Kreisel 180 o Weiss mit 180 o Blau mischt, so erhalt man auch bei Benutzung eines mSglichst ges~ttigten blaufarbigen Papieres eine Mischfarbe, welche sich viel besser als ein ins RSthlich-Blaue spielendes Weiss denn als ein Blau bezeichnen lgsst. Es ist mir ganz ver- standlich, dass v. K r i e s mit einem solchen nur schwachfarbigen Gemisch als dem ,,reagirenden" zu einer anderen Auffassung kommen konnte.

Indem ich mir vorbehalte, auf die Herstellung der yon v. K r i e s angestrebten seheinbaren Gleichung am Schlusse zurackzukommen, will ich zuerst hervorheben, dass man bei Benutzung sattfarbiger Papiere zu ganz analogen Ergebnissen kommt wie bei den fraher beschriebenen Yersuchen. Es gilt dies nicht nur yon Blau, sondern aueh yon allen anderen ges~ttigten Farben. Es gent~gt die Beschreibung eines Versucbes.

Wir benutzten z. B. einen Kreiselapparat, an welehem zwei Scheiben dicht neben einander rotiren. Die eine Scheibe zeigt einen peripheren weissen Ring yon 4 em radialer Breite aus mattem Barytpapier, welcher eine schwarze Kreistl~che yon 5 cm Radius umschliesst. Auf der anderen Scheibe besteht der entsprechend breite Ring ]ediglich aus sattem Blau, die yon ihm umschlossene Flhche aus 120 0 Blau und 240 0 Wollschwarz. Da ]etztere 240 0 Schwarz gleichwerthig sind mit 4 o Weiss, so wurde im Interesse grSsserer Genauigkeit der Ring aus 356 o Blau und 4 o Weiss gebildet;

doch spielt dies keine wesentliche Rolle.

Der Kopf des Beobachters befand sich in symmetrischer Lage zu den beiden Scheiben. Behufs der Ermtidung durch Weiss wurde der oberste Punkt der Grenzlinie zwischen dem Schwarz und Weiss

(19)

Ueber die Aenderung der Weissempfindlichkeit. 551 tier erstgenannten Scheibe fixirt und nach erfolgter Ermtidung der Blick schnell auf den entsprechenden Punkt der anderen Sch(~ibe gerichtet. Je nach (let Dauer der Ermiidung erschien nun Ituf letzterer das Blau der Innenscheibe dunkler oder bereits ebenso hell oder noch heller als das Blau des Ringes, und zwar in jedem Falle viel weniger gesattigt, d. h. auffallend graulich oder weisslich.

Das Ergebniss war stets so schlagend, dass die Vermuthung yon u K r i e s , es lasse sich durch blosse Intensit~itsminderung des den unermildeten Netzhauttheil treffenden Licbtes ein angeni~hert gleicher Eindruck erzielen wie durch das mit der ganzen rntensit~t auf den ermiideten Theil fallende Licht, auch auf diese Weise mit Sicherheit als nicht zutreffend dargethan werden kann.

Der beschriebene Versuch ist insofern unvollkommen, als er nach Schluss der Ermtidungszeit eine Aenderung der Blicklage nSthig macht. Es liesse sich auch bier eine Einrichtung treffen, bei welcher die Augenstellung unverandert beibehalten werden kSnnte, doch erschien uns dies im Hinblick auf die frilher erSrterten und auf die sogleich zu besprechenden Versuche nicht nothwendig.

Um ni~mlich an einer beliebig kleinen Farbenfli~che experimentiren zu kOnnen, verfuhren wir in folgender Weise: Vor der mit den farbigen Sectoren versehenen Scheibe wurde eine horizontale ROhre yon beispielsweise 25 mm Durchmesser und 36 cm Lange so auf- gestellt, dass sie auf den durch die R0hre sichtbaren Theil der Scheibe keinen Schatten warf. Die Achse der Ri~hre traf in ihrer Verlangerung auf einen Punkt der Grenzlinie zwischen dem ausseren Ringe und dem Innentheil der Scheibe. Man sah dann das kleine kreisfOrmige Gesichtsfeld zur einen Halfte in der Farbe des Ringes, zur anderen in der Farbe der Mittelscheibe.

Aus der schwarz-weissen~ zur Ermtidung dienenden Scheibe, denke man sich jetzt einen Sector von solcher GrSsse ausgeschnitten, dass derselbe, dicht vor der Farbenscheibe und mit derselben concentrisch mittelst eines leicht verschiebbaren Triggers aufgestellt, dem dutch die ROhre blickenden Auge den vorher sichtb~r gewesenen Theil der Farbenscheibe ganz verdeckt. An Stelle der zuvor gesehenen Farbe der Innenscheibe sieht man jetzt das Schwarz, an Stelle der Farbe des Ringes das Weiss des vorgeschobenen Sectors. Wiihrend nun die Farbenscheibe bereits rotirt, fixirt man behufs der Ermiidung den Mittelpunkt der Grenzlinie zwischen Schwarz und Weiss und li~sst sodann den schwarz-weissen Sector schnell zur Seite schieben.

37 *

(20)

552 Ewald Hering:

Der Blick fallt nun ohne Weiteres auf die Mitte der Grenzlinie zwischen tier Aussenfarbe und der Innenfarbe der Farbenscheibe, und beide lassen sich sofort auf Helligkeit und Si~ttigung vergleichen.

Das der Farbenscheibe zugekehrte Ende der Riihre ist mit einer Irisblende versehen, so dass das Farbenfeld beliebig klein gemacht werden kann.

Obwohl bei dieser Versuchsweise die Bedingungen ffir die yon mir so genannte Weissinduction ungfinstiger sind, kann man sich doch ilberzeugen, dass der Si~ttigungsunterschied der beiden Farben bei gleicher Helligkeit derselben auch dann Bin auffallender ist, wenn man die Oeffnung der Irisblende so klein macht, dass ihr Netz- hautbild nur einen Durchmesser yon 0,2 mm hat.

Wenn das Tageslicht nur m~ssig hell und also die centrale I~etzhaut nicht zu sehr helladaptirt oder mi~ssig dunkeladaptirt ist, erscheint der Si~ttigungsunterschied der beiden Blau auffallender als bei starkem Tugeslicht. Wie die nicht richtige Ansicbt entstehea konnte, dass der stabchenfreie Netzhauttheil gar kein Adaptations- vermSgen besitze, wird an anderer Stelle zu eri~rtern s e i n . -

Die Ueberlegung, dutch welche v. K r i e s zu seinem oben be- schriebenem Versuche veranlasst wurde, grandete sich auf eine Voraussetzung, welche allerdings einem Vertreter der alten Er- mfidungstheorie durchaus zuli~ssig erscheinen musste, welche sich aber als unzuliissig erweist, sobald man die Gesetze der sogenannten Wechselwirkung der iNetzhautstellen erwagt. Es warde zu welt ftdlren, wollte ich dies hier eingehend eriirtern. Ich begnt'~ge reich deshalb mit einigen kurzen Hinweisen.

Auf die Zustandsi~nderung, welche ein Element des somatischen Sehfeldes unter der Einwirkung eines z. B. blauen Lichtes erfahrL und an welche sich die blaue Empfindung knilpft, antwortet das ganze somatische Sehfeld mit einer gegensinnigen Aenderung, welche der gegenfarbigen~ also gelben Empfindung entspricht, und jedes andere jetzt die Netzhaut treffende Licht wirkt in Folge dieser chro- matischen Umstimlnung des somatischen Sehfeldes so, als batte es einen positiven Zuwuchs an gelber Valenz bezw. einen negativen Zu- wuchs an blauer Valenz erfahren. Diese Umstimmung ist am gr(issten in unmittelbarer Nahe des yon dem blauen Lichte alterirten Sehfeld- elementes und nimmt ab mit der Entfernung yon demselben. Sie hat ausserhalb des Bezirks der vom blauen Lichte direct alterirten Sehfeldelemente die als Simultancontrast bekannten Erscheinungen

(21)

Ueber die Aenderung der Weissempfindlichkeit. 553 zur Folge, innerhalb jenes Bezirks aber eine, ilberdies mit der Dauer tier Einwirkung des blauen Lichtes schnell wachsende, Schwiichung seiner Blauwirkung.

Ein weisses Licht, welches auf die Umgebung der blau erregten Stelle wirkt, erscheint also mehr oder weniger gelblich, ein weisses Licht aber, welches zugleich mit dem blauen auf die blau erregte Stelle selbst fi~llt, neutralisirt, weil es hier wie ein mehr oder weniger gelbvalentes Licht wirkt, die blaue Valenz des blauen Lichtes um so mehr, je reichlicher es demselben beigemischt wird. Es be- ruht hierauf u. A. die auffallende Thatsache, dass die Farbig- keit eines sattfarbigen Lichtes dutch wachsende Zumischung yon weissem Lichte so ~usserordentlich schnell vernichtet wird. In meinen Mittheilungen ,,zur Lehre vom Lichtsinne ~' (w 32) habe ich diese Art der Wechselwirkung benachbarter, yon demselben Lichte getroffener Stellen kurz er0rtert.

Wenn also v. K r i e s meinte, es miisse sich nach der Theorie tier Gegenfarben far die ermi~dete und die unermi~dete Stelle ein angenahert gleicher Eindruck ergeben, wenn man auf beide Stellen gleich viel blaues Licht, auf die ermiidete abet noch iiberdies eine passend gewi~hlte Menge weissen Lichtes wirken lasse, so war dies nicht zutreffend. An der unermadeten Stelle bleibt solchenfalls die blaue Valenz des blauen Lichtes ungei~ndert, well ihm kein anderes Licht zugemischt wird; an der ermiideten Stelle wird die blaue Valenz des blauen Lichtes durch das zugemischte Weiss theilweise neutralisirt. Folglich muss jetzt an letzterer Stelle das Blau minder gesattigt erscheinen als an der ersteren. In tier That li~sst sich far beide Stellen nur dann eine vortibergehende Gleichheit der Helligkeit und Si~ttigung erzielen, wenn man dem Blau far die er- madete Stelle zwar Weiss zusetzt, andererseits aber das blaue Licht fiir die nicht ermadete Stelle in passendem Maasse herabmindert.

Eine Gleichheit des Farben t o n e s lasst sich gerade far Blau aus dem friiher erw~thnten Grunde nur ausnahmsweise herstellen, falls die Beschaffenheit des Tageslichtes besonders gt~nstig und tier Ton d e s B l a u d e r eben passende ist. Aueh ist es nicht zweckmassig, eine ganze Minute fang zu ermi~den; vielmehr genagen viel kiirzere Er- miidungszeiten. Ermadet man zu lange, so wird der mit dem er- mQdeten Netzhauttheile gesehene blaue Ring so dunkel, dass man seinen weissen Sector sehr vergr0ssern muss, wodurch wieder seine Farbe so ungesi~ttigt wird, dass die Vergleichung der Siittigung beider

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554 Ewald Hering: Ueber die kenderung der Weissempfindlichkeit.

Farben immer unsicherer wird. Dem yon tier unermadeten bTetzhaut- stelle gesehenen Blau aber braucht man nie Weiss zuzusetzen~ um sicher zum Ziele zu gelangen. Dies gilt um so mehr~ je weniger alas Auge helladaptirt ist.

Auch die Kreiselversuche fi~hren also zu Ergebnissen, we]che wohl mit der Theorie der Gegenfarben, keineswegs abet nfit tier Dreifarbentheorie im Einklang sind.

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