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Lokale Agenda 21 und Ökologischer Stadtumbau

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Forschungsprofessur Umweltpolitik Prof. Dr. Udo Ernst Simonis

FS II 97-406

Lokale Agenda 21

und Ökologischer Stadtumbau Ein Europäisches Modellprojekt in Leipzig*

von

Ekhart Hahn und Michael LaFond

‘ Nachbetrachtungen zu einem WZB-Forschungsprojekt über Ökologischen Stadtumbau (1988-1991) anhand eines Beispiels und im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um die AGENDA 21

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH (WZB) Reichpietschufer 50, 10785 Berlin

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Zusammenfassung

Die AGENDA 21, Abschlußdokument der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro, betont in ihrem Kapitel 28 die Rolle der Kommunen, Städte und Gemeinden bei einer global "zukunftsfahigen Entwickung" (sustainable development). Eines der wichtigsten europäischen Modellprojekte zu diesem Thema wurde in den Jahren 1993 bis

1997 in Leipzig durchgefiihrt.

Zentrale Zielstellung des mit der bisher höchsten Fördersumme aus dem LIFE- Programm der Europäischen Kommission (4.3 Mio DM bei einem Projektvolumen von knapp 20 Mio DM) geforderten "Leipziger Ostraum-Projektes" ist die Anwendung und W eiter­

entwicklung des Erkenntnisstandes zum Thema des zukunftsfähigen Städtebaus in Kombination mit innovativen Strategien einer ökologischen Wirtschafts- und Beschäftigungs­

politik. Die traditionelle Stadtökologie wird erweitert durch die Einbeziehung der Umland­

gemeinden und die Revitalisierung regionaler Stoffkreisläufe. Inzwischen sind ergänzende Tochterprojekte mit Förderung aus dem THERMIE-Programm der Europäischen Kommission und dem EXWOST-Programm des Bundesbauministeriums eingeworben werden.

In dem Paper wird über die wichtigsten bisherigen Ergebnisse des Projektes berichtet.

Insbesondere wird gezeigt, daß die Konzepte des "Ökologischen Stadtumbaus" und der

"Lokalen Agenda 21" miteinander harmonieren und eine konsensstiftende Funktion in der zukünftigen Stadtentwicklung übernehmen können. Alle städtischen Akteure können "Winner"

in diesem Prozeß sein. Durch unredlichen Umgang des Projektträgers mit den Fördergeldem war das Leipziger Projekt in jüngster Zeit allerdings in Schwierigkeiten geraten.

Abstract

Agenda 21 as one o f the final resolutions o f the UN Conference on Environment and Development (UNCED) in June 1992 in Rio de Janeiro stresses in chapter 28 the im portant role o f cities, tow ns and communities in globally "sustainable development".

One o f the m ost im portant European model projects in this respect was carried out in Leipzig from 1993 to 1997. The "Leipzig Ostraum Project" was supported through the LIFE support program o f the European Union w ith the largest subsidy awarded till that time (4,3 mill. DM, with a total project budget o f about 20 mill. DM).

The central goal o f this project is the use, testing and further development o f present knowledge with regard to sustainable urban restructuring in combination with innovative strategies o f economic and employment policies. The scope o f traditional urban ecology is extended to comprise adjacent rural areas and to revitalize regional material flows. In the meantime, affiliated projects have won support by the THERMIE program o f the European Union and the EXWOST-program o f the German Federal Ministry o f Construction.

This paper reports on the most important results o f the Leipzig Project to date. In particular, the authors show that the concept o f "ecological urban restructuring" and the "Local Agenda 21"

are in harmony with one another and can play a decisive role in stimulating consensus on future urban development. All urban actors can be "winners" in this process. Difficulties arose, however, through dishonest use o f financial support by the project agency.

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Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung 3

2. Ökologischer Stadtumbau und Agenda 21 4

2.1 Ökologischer Stadtumbau 4

2.2 Lokale Agenda 21 6

2.3 Schwierigkeiten bei der Umsetzung 9

2.4 Verfahrensfragen und Fallstudie 12

3. Europäisches Modellprojekt Leipziger Ostraum 16

3.1 Ausgangssituation 1991/92 16

3.2 Projektidee und Konzept 18

3.3 Projektbereiche und Projektziele 19

3.4 Die stadtökologischen Kemprojekte 21

3.4.1 Grünradiale Eilenburger Bahnhof 24

3.4.2 Quartiersentwicklung Reudnitz/Anger 31

3.4.3 Ökostation/Grünwerkstatt 42

3.5 Mediations- und Verfahrensinstrumente 48

3.6 Zusammenfassung der Erfahrungen 52

4. Ausblick 55

Abbildungsverzeichnis Literaturverzeichnis Die Autoren

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57

57

(4)

1. Vorbemerkung

D ie A G E N D A 21 als A b sch lu ß d o k u m en t der U N -K onferenz ü b er U m w elt u n d E n t­

w ick lu n g (U N C E D ) im Juni 1992 in R io de Janeiro, b eto n t in ih rem K apitel 28 d ie b eso n d ere R o lle der K om m unen, Städte un d G em einden bei ein er g lo b al "nach h alti­

gen u n d zuk u n ftsb estän d ig en E ntw icklung". E ntsprechend v erp flich teten sich die 169 U n terzeich n erstaaten , daru n ter die B undesrepublik D eutschland, daß je d e K om m une bis zu m Jahre 1996 in einen K onsultationsprozeß m it allen G rup p ieru n g en ih rer B ü r­

g ersch aft ein treten soll, u m zu ein er K onsensfindung ü b e r w irk sam e A k tio n sp ro g ram ­ m e ein er nachhaltigen, zuk u n ftsb estän d ig en E ntw icklung zu gelangen. D am it steht ein T h em a m it n eu er A k tu alität a u f d er T agesordnung, zu d em am W ZB bereits in den Jah ren 1988/91 geforscht w o rd en ist: d er Ö kologische Stadtum bau.*

Im Jahre 1997, dem B ilanzjahr „R io + 5“, kom m en p rak tisch alle bish er vorliegen­

den U ntersuchungen zu dem Ergebnis, daß au f nationaler w ie internationaler E bene ein gravierendes U m setzungsdefizit bezüglich der in R io eingegangenen V erpflichtungen besteht, u n d daß die G efahren fü r die Z ukunft unserer natürlichen L ebensbedingungen u n v erm in d ert zunehm en. In D eu tsch lan d beispielsw eise h at bish er no ch keine K o m m u ­ ne eine abgestim m te L okale A g en d a 21 im Sinne der R io-V erpflichtung vorgelegt, un d es g ib t nu r w enige B eispiele dafür, daß überzeugende ressortübergreifende A ktionspro­

gram m e in G ang gebracht w orden sind. In dieser Situation sind v o r allem zw ei Fragen interessant:

1. S ind ressortübergreifende A ktionsprogram m e zu den Z ielen des Ö kologischen S tadtum baus bzw. der A G E N D A 21 a u f der lokalen E bene üb erh au p t m achbar un d w el­

che A n reize und P roblem lösungspotentiale bieten sie für die v erschiedenen A kteure?

2. W elche R ahm en b ed in g u n g en u n d V erfahrensinstrum ente sind fü r eine erfo lg v er­

sp rech en d e D urchführung d erartig er A ktionsprogram m e erforderlich?

B eide F rag en standen bereits im M ittelp u n k t der erw ähnten W Z B -F orschung. E s k an n n u n m eh r eine aktuelle F allstu d ie m it interessanten E rg eb n issen zu d iesen F rag en v o r­

g eleg t w erden.

* Ö kologischer Stadtum bau, G roßstädtische U m w eltproblem e u n d stadtteilbezogene U m w eltstrateg ien in un tersch ied lich en G esellschaftssystem en, eine internationale F o r­

schungskooperation, gefö rd ert durch die V olksw agenstiftung, Projektleitung: Dr.

E k h art H ahn.

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2. Ökologischer Stadtumbau und Agenda 21

2.1 Ökologischer Stadtumbau

(1) A m A nfang der 80er Jahre form ulierte E. H ahn die These, daß die heutige U m w eltkri­

se m aßgeblich m it der H erausbildung der industriegesellschaftlichen Stadtkultur, ihren spezifischen Technikkonzepten, Ver- und Entsorgungssystem en und Lebensstilen zusam ­ m enhängt. D em entsprechend w ürden die Städte eine Schlüsselrolle bei der ökologischen A npassung der Industriegesellschaft spielen m üssen. W ir stünden am B eginn eines um fassenden U m denkens im Städtebau. D er "Ö kologische Stadtum bau" sei eine der zen­

tralen H erausforderungen des 21. Jahrhunderts und des sich ankündigenden postindustri­

ellen Zeitalters (H ahn 1982,1984, 1986). D iese These w urden u.a. wie folgt begründet:

(2) D ie m oderne S tad tk u ltu r b ish erig er Prägung ist in ein en u n lö sb aren K onflikt m it b eg ren zten R essourcen u n d den ökologischen L eb en sg ru n d lag en geraten. Sie ist m it ein er h isto risch n ich t gek an n ten u n d ökologisch n ich t verk raftb aren Z u n ah m e an E n e r­

gie-, M aterial-, W asser-, B oden- und L andschaftsverbrauch verbunden. D ie Städte sind n u r m it ho h en M aterial- u n d E nergieim porten einerseits un d h o h en A bfall- un d S chadstoffexporten andererseits funktionsfähig. In ih n en h at sich die U m w andlung vo n w ertv o llen R ohstoffen in w ertlose A bfälle u n d gefäh rlich e S chadstoffe quasi v e r­

selbständigt. B eg leitet w u rd e dieser Prozeß von ein er ab nehm enden internen N u t­

zungseffizienz und ein er Z u n ah m e an unkontrollierten u n d u n k o n tro llierb aren R isiken, d ie teilw eise erst m it erh eb lich en zeitlichen V erzögerungen sichtbar w erden.

(3) K lim a- un d ( ^ - P r o b l e m a t i k , zunehm ende W asser-, B o d en - u nd A bfallproblem e sind ebenso in direk tem Z usam m en h an g m it d er E n tw ick lu n g in d u strieg esellsch aftli­

ch er S tad ttech n ik u nd S tad tk u ltu r zu sehen w ie die V erarm ung d er sinnlichen W ahr­

nehm ungsw elt, die ansteigende A rbeitslosigkeit und d er V erlust an M ö g lich k eiten zu r Iden titätsb ild u n g u nd S elbstentfaltung d er M enschen. A u ch die w eitere V erarm ung in den arm en u nd ärm sten L än d ern d er E rde steht in d iesem K ontext. In so fern kön n en die Städte als zentraler V erursachungsm echanism us d er zu nehm enden lokalen, n a tio ­ nalen u n d globalen U m w eltp ro b lem e angesehen w erden.

(4) Die Städte und industriegesellschaftlichen Ballungsagglomerationen sind aber auch die Orte, in denen die ökologische Krise gelöst werden muß. Sie sind die zentralen Lebens-, Produktions­

und Innovationsorte der Industriekultur. Sie stellen in besonderer Weise die materialisierte Form der Mensch-Umwelt-Beziehungen dar. Die Städte sind gebautes Denken und städtischer Lebens-

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Stil ist gelebtes Bewußtsein und Verhalten gegenüber Mensch und Natur in ihrer jeweils brisante­

sten Form. In den Städten verschärfen sich die Widersprüche ökologisch-sozialer und technologi­

scher Entwicklungen, es werden zugleich neue Lösungen gefunden. Von den Städten hat die indu­

striegesellschaftliche Umweltkrise ihren Ausgang genommen, in ihnen und m it ihrer Innovations­

kraft muß sie auch überwunden werden.

(5) A u sg eh en d v on diesen G rundüberlegungen w u rd e v on 1983 bis 1989 in B erlin eine "Pilot- un d A n sch u b p h ase Ö kologischer Stadtum bau" durchgeführt. M it U n te r­

stützung des B erlin er Senats un d der Internationalen B auausstellung (IB A ) sow ie F ö r­

d erm itteln des B u ndesbaum inisterium s (P rogram m des "E xperim entellen W ohnungs­

u n d S tädtebaus") w u rd en erste richtungsw eisende Pilotprojekte durch g efü h rt u n d theo retisch e G ru n d lag en zu r K onzeption des Ö kologischen Stadtum baus erarbeitet.

Von 1988-1991 w u rd e sodann am W issenschaftszentrum B erlin (W Z B ) im R ah m en ein er in tern atio n alen Forschungskooperation die T h eo rie un d H and lu n g sk o n zep tio n zum Ö k o lo g isch en S tad tu m b au ausgearbeitet u n d w eiter fu n d iert (H ahn 1991). Z e n ­ trale E rk en n tn isse aus d iesen A rbeiten sind u.a.:

1. Ö k o lo g isch er Stadtum bau k an n m it der b ish erig en sektoralen U m w eltp o litik nich t in G ang kom m en. G efo rd ert sind stattdessen integrierte, ressort- un d fach g eb ietsü b er­

g reifen d e Strategien. E rst in der V ernetzung u n d g eg en seitig en E rgänzung vo n M aß ­ n ah m en aus den v ersch ied en sten B ereichen en tsteh en ökonom ische Effizienz, ö k o lo ­ gische E ffek tiv ität u n d soziale A kzeptanz. E rst die V ernetzung erm ö g lich t d en q u alita­

tiv en Sprung zu n eu er Stadt-Q ualität, die auch A nreiz ist zum W andel vo n in d iv id u el­

lem V erhalten u n d L ebensstilen.

2. D er Ö kologische Stadtum bau bietet vielfältige M öglichkeiten für innovative und um w eltentlastende W irtschaftsaktivitäten, die Schaffung neuer A rbeitsplätze und A k ti­

onsfelder individueller u n d kollektiver Selbstverw irklichung. E r kann in K ooperation aller relevanten lokalen A kteure und Interessengruppierungen gelingen. In neuen F o r­

m en der Z usam m enarbeit, der K ooperation w ie d er K oproduktion zw ischen den v er­

schiedenen A kteuren gilt es, verküm m erte und brachliegende Selbsthilfepotentiale zu aktivieren un d lähm ende K onsum - und V erw altungsstrukturen zu überw inden.

3. W ichtigste A k teu re des ökologischen U m baus d er Städte w erd en die B ürger, N ich treg ieru n g so rg an isatio n en (N R O 's) un d inno v ativ e W irtschaftsakteure sein. Sie w aren b ish er die T riebkräfte der Ö kologiebew egung u n d w erden es auch im Prozeß des ö kologischen Stadtum baus sein. Politiker, S tadtverw altungen un d trad itio n elle

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T räger ö ffen tlich er B elange sind trotz en g ag ierter E inzelakteure eh er als R ep räsen tan ­ ten d er ü b erk o m m en en V erw altungs- u n d H an d lu n g sstru k tu ren anzusehen. D ieser A kteurs situ atio n g ilt es bei den Projekten un d In itiativ en des Ö k o lo g isch en S tad tu m ­ baus du rch in n o v ativ e O rganisationskonzepte R echnung zu tragen.

4. W ichtigste H andlungsebenen des Ö kologischen Stadtum baus sind die städtischen N achbarschaften un d Q uartiere, in denen das tägliche Leben d er M enschen in seinen vielfältigen sozialen, ökonom ischen und ökologischen V ernetzungen stattfindet. H ier w erden L ebensstile geprägt und die M ensch-U m w elt-B eziehungen im K onsum -, Inve- stitions-, Verkehrs- un d Freizeitverhalten realisiert. A u f dieser Ebene m uß d er Ö kologi­

sche Stadtum bau durch einen anderen U m gang m it Energie, W asser, A bfall, Verkehr, G ebäuden u n d F reiräum en erfolgen, hier m üssen die bestehenden Infrastrukturen, Tech­

nik- u nd B ildungssystem e den veränderten A nforderungen angepaßt un d der B ew eis einer dam it verbundenen neuen Stadtqualität eingelöst werden.

5. G roße B edeutung kom m t auch neuen F orm en internationaler Z usam m enarbeit un d der gegenseitigen U nterstützung der lokalen Initiativen un d Projekte zu. D er Ö kologi­

sche Stadtum bau charakterisiert den B eginn eines globalen "Experim entier- un d L em - zeitalters", das m aßgeblich au f der lokalen Ebene stattfinden w ird, aber durch die In ten ­ sivierung internationalen Erfahrungsaustauschs geprägt sein wird. Es geh t u m neue F o r­

m en direkten W issens- un d Erfahrungstranfers un d auch gegenseitige U nterstützung bei der U m setzung vo n technischen, sozialen u nd strukturellen Innovationen. M it dieser internationalen V ernetzung des lokalen H andelns w ird die globale V erantw ortung den lokalen A kteuren zugleich direkt erfahrbar.

2.2 Lokale Agenda 21

(1) D ie zen trale B ed eu tu n g der lokalen E bene b ei der L ösung globaler U m w eltp ro b le­

m e w u rd e in den 80er u n d beginnenden 90er Jah ren zunehm end erkannt, fü h rte in d er natio n alen u n d intern atio n alen D iskussion ab er dennoch ein Schattendasein. D as änderte sich erst m it der U N -K onferenz ü b e r U m w elt und E ntw icklung, dem sog.

"E rdgipfel" in R io d e Janairo im Jahre 1992.

(2) In den D iskussionsforen un d A rbeitsgruppen d ieser K onferenz setzte sich die Ü b er­

zeugung durch, daß die nationalen V erpflichtungen nur durch aktive M itw irkung d er

(8)

K o m m u n en un d der individuellen A kteure a u f der lokalen Ebene realisiert w erden k ö n ­ nen. E ine gegenseitige U nterstützung vo n nationalen un d lokalen A ktivitäten sei u n v er­

zichtbar. E ntsp rech en d einigten sich die U nterzeichnerstaaten in der A G E N D A 21 d ar­

auf, k o m p lem en tär zu den nationalen A genden und m it gleichem G ew icht L o k ale A g en d en einzuführen. In dem von 169 Staaten unterzeichneten Schlußdokum ent d er R io-K onferenz heiß t es dazu im K apitel 28:

„D a viele d e r in d e r A G E N D A 21 angesprochenen P roblem e un d L ö su n g en a u f A k tiv itä te n a u f d e r örtlichen E bene zurückzuführen sind, ist die B eteilig u n g un d M it­

w irku n g d e r K o m m u n en ein entscheidender F a k to r bei d e r Verw irklichung d e r in d e r A g e n d a enth a lten en Ziele. K om m unen errichten, verw alten un d unterhalten die w irt­

schaftliche, so zia le u n d ökologische Infrastruktur, überw achen den P lanungsablauf, en tsch eid en ü b er d ie kom m unale U m w eltpolitik u nd kom m unalen U m w eltvorschriften u n d w irken a u ß erd em an d er U m setzung d e r nationalen u n d regionalen U m w eltpolitik mit. A ls P o litik- u n d Verwaltungsebene, d ie den Bürgern am nächsten ist, spielen sie eine en tsch eid en d e R olle bei d e r In fo rm ieru n g un d M o b ilisieru n g d e r Ö ffen tlich keit u n d ih rer S en sib ilisieru n g f ü r eine n a ch h a ltig e um w eltverträgliche E n tw icklu n g .“

(A G E N D A 21, K ap. 28.1)

A n anderer Stelle heißt es: ,D u rch K onsultation und H erstellung eines K onsenses w er­

den die K om m unen von ihren Bürgern und von örtlichen Organisationen, von Bürger-, Wirtschafts- und G ewerbeorganisationen lernen und f ü r die Form ulierung d er am besten geeigneten Strategien die erforderlichen Inform ationen erlangen. D urch den K onsulta­

tionsprozeß sind das Bewußtsein d er einzelnen H aushalte f ü r die Fragen d e r nachhalti­

gen E ntw icklung geschärft. Außerdem sind kom m unalpolitische Programme, Leitlinien, G esetze und sonstige Vorschriften zu r Verwirklichung d er Ziele d er A gen d a 21 a u f d er G rundlage d er verabschiedeten kom m unalen Program m e zu bewerten und zu m odifizie­

ren. Strategien können auch dazu herangezogen werden, Vorschläge f ü r die Finanzierung a u f lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene zu begründen.“ (Kap. 28.3).

U n d schließlich: „B is 1996 so ll sich d ie M eh rh eit d er K o m m unalverw altungen d e r ein zeln en L ä n d e r gem einsam m it ihren B ürgern einem K o nsultationsprozeß u n terzo ­ g en h a ben u n d einen K onsens hin sich tlich e in er „K om m unalen A g e n d a 2 1 “ f ü r d ie G em ein sch a ft erzielt h a b en .“ (K ap. 28.2).

(3) E n tsp rech en d d iesen V ereinbarungen setzten noch 1992 vielfältige lokale A k tiv itä­

ten ein. N ach aktuellen A ngaben des "International C ouncil fo r L ocal E nvironm ent"

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(IC L E I) in Toronto w urden bis zum M ärz 1997 w eltw eit in m eh r als 1.800 Städten u n d G em ein d en aus 64 L än d ern Planungs- un d K o nsultationsprozesse zu L o k alen A g en d en 21 b eg o n n en u nd erste Z w ischenergebnisse vorgelegt. In 44 w eiteren L ä n ­ dern w u rd en entsprechende M aß n ah m en eingeleitet. E ine V orreiterrolle nehm en, dabei, so d er B erich t vo n IC LE I, b ish er Industrieländer w ie K anada, A ustralien, U SA , Jap an u n d die E uropäischen L än d er m it etw a 90% der reg istrierten A g en d a-A k tiv itä­

ten ein. In d er G ruppe der E n tw ick lu n g slän d er gab es bis A nfang 1997 dag eg en erst in 15 K o m m u n en registrierte M aß n ah m en zu r L okalen A g en d a 21 (IC L E I, 1997).

(4) In E u ro p a beg an n en erste E in zelak tiv itäten zu r L okalen A g en d a 21 u n m ittelb ar nach d er R io-K onferenz. Sie k o n n ten in einzelnen K om m unen a u f bereits v o rh an d e­

n en V orarbeiten aufbauen. D ie A u sb reitu n g zu ein er E uropäischen K am p ag n e setzte im Jah re 1994 m it der D urch fü h ru n g d er ersten „E uropäischen K onferenz ü b er zu k u n ftsb estän d ig e Städte u nd G em ein d en “ in A alborg, D än em ark ein. A n dieser vo n d er E u ro p äisch en K om m ission, IC L E I-E u ro p a un d d er S tad t A alborg v eran stalteten K o n feren z n ah m en m ehr als 600 V ertreter von K om m unen, in tern atio n alen O rg an isa­

tionen, R egierungen, Verbänden, u n d sonstigen Institutionen aus 30 L än d ern E uropas teil. A ls K onferenzergebnis w urde die „C harta von A alb o rg “ (C harta d er E u ro p äisch en S täd te u n d G em einden au f dem W eg zu r Z ukunftsbeständigkeit), v erab sch ied et un d no ch w äh ren d d er K onferenz von m e h r als 80 K om m unen unterzeichnet. B is zu m F rü h jah r 1997 h at sich die A nzahl d er U nterzeichnerstädte a u f üb er 300 erhöht, d.h.

fast v ervierfacht. E s haben diverse nationale un d internationale F o lg ek o n feren zen stattg efu n d en u n d es w urden v ielfältig e Initiativen a u f lo k aler E bene angeschoben.

D ie Z u sam m en arb eit in E uropa ist inzw isch en in sechs internationale S täd ten etzw erk e gegliedert, die in m ehreren L ändern durch zusätzliche nationale N etzw erk e ergänzt w erden. E in e erste gesam teuropäische B ilanzkonferenz w urde im Jah re 1996, also zw ei Jah re n ach A alborg und v ier Jahre nach R io, in L issabon veranstaltet. *

* S eco n d E u ro p ean C onference on Sustainable C ities and Towns, L isboa, 6 . - 8 . O cto b er 1996

(10)

2.3 Schwierigeiten bei der Umsetzung

(1) D ie E rg eb n isse d er K o n feren z vo n L issab o n w ie diverse A n aly sen zum b ish erig en A g en d a 2 1 -P rozeß m ach en deutlich, daß die D urch fü h ru n g vo n K o n feren zen , d er B eitritt zu S täd ten etzw erk en o d er d ie U nterzeich n u n g vo n S elb stv erp flich tu n g en zu r C O 2 -R ed u zieru n g und an d erer R io-V ereinbarungen die eine S eite ist. D ie E in leitu n g k o n k re te r M aßnahm en, u m diese Z iele auch zu erreichen, ist die andere. H äu fig h a b en b e id e Seiten nich t viel m itein an d er zu tun od er stehen sogar in ein em g ra v ie ­ re n d e n M iß v erh ältn is zueinander. So k o n n te eine E rfo lg sb ilan z au f d er H a n d lu n g se ­ b e n e in L issab o n n u r von w en ig en K om m unen v o rg eleg t w erden. In d er R eg el w ar es b ei u n v erb in d lich en A b sich tserk läru n g en geblieben, den en k o n k rete Taten k au m g e fo lg t sind.

(2) In D eu tsch lan d k o m m t das „F orum U m w elt & E ntw icklung", als Z u sam m en sch lu ß d eu tsch er N ichtregierungsorganisationen (N R O ) zu r B egleitung des R io -F o lg ep ro zes- ses in sein er B ilanzschrift "F ü n f Jahre nach Rio" u.a. zu folgendem E rgebnis: „K ein In d u strielan d h at bisher eine glaubw ürdige V orreiterrolle ein g en o m m en un d ern sth aft d am it begonnen, den resso u rcen fressen d en und u m w eltbelastenden P roduktions- und L eb en sstil zu ändern.“ Z u r Situation in d er B un d esrep u b lik D eu tsch lan d w erd en in ein zeln en sektoralen B ereich en durchaus positive A nsätze verm erkt, in sg esam t w ird ab er festgestellt: "... d er G ru n d g ed an k e des K apitels 8 d er A G E N D A 21, U m w elt- un d E n tw ick lu n g sziele zu integrieren, w urde in der B un d esrep u b lik n ich t realisiert.

U m w elt un d E ntw icklung w erd en nach w ie vor als R essort- un d n ich t als Q u er­

sch n ittsau fg ab e b etrach tet.“ ..

(3) Z u m Prozeß der Lokalen A genda 21 kom m t das Forum E ntw icklung & U m w elt zu folgendem Ergebnis: In der B undesrepublik w ird der Prozeß hauptsächlich von "...loka­

len B ü rgerinitiativen, U m w elt-, K irchen- und D ritte-W elt-O rganisationen sow ie erg än ­ zen d en E inzelpersonen initiiert. ... Im Vergleich zu den N iederlanden, D än em ark un d G ro ß b ritan n ien h at h ier der P ro zeß n u r schleppend begonnen, und - vo n ein ig en w e n i­

gen p o p u lären B eispielen ab g eseh en - zunächst n u r w enig U n terstü tzu n g v o n k o m m u ­ n a ler o d er gar B undesebene e rh a lten ."( Forum E ntw icklung und U m w elt: F ü n f Jahre n ach d em E rdgipfel. Eine B ilanz, B onn 1997)

(4) A ls w ichtige G ründe fü r diese D efizite w erden finanz- un d strukturpolitische Infle­

x ib ilität genannt. D azu h eiß t es u.a.: "Die w irtschaftliche Sanierung ih rer defizitären H au sh alte bestim m t w eitgehend das politische H andeln der K om m unen., U m w eltm aß ­

(11)

nahm en und soziale Program m e w erden in erster L inie als belastende K ostenfaktoren gesehen. D aher verw undert nicht, daß in den w enigsten K om m unen G eld fü r den Pro­

zeß ein er L okalen A g en d a 21 zu r V erfügung gestellt w ird." O hne die finanzielle und po litisch e U nterstützung d er K om m unen haben die zahlreichen angestoßenen Initiati­

ven fü r eine L okale A g en d a allerdings keine Ü berlebenschance. Strukturelle H em m nis­

se w erd en w ie folgt charakterisiert: "...dort, w o L okale A genden in itiiert w erden, w ei­

sen sie in der R egel ih ren Schw erpunkt im U m w eltschutz aus. H ier spiegelt sich w ie­

der, w as auch national u n d international nicht gelingt: die V erschränkung von ökonom i­

schen, sozialen, ökologischen un d geschlechtsspezifischen A ufgaben... ."

(5) K ritisiert w ird w eiterhin, d aß auch vo n Seiten der B u n d esreg ieru n g d er Prozeß d er L o k alen A g enda 21 a u f d er E ntscheidungs- un d H andlungsebene b ish er w enig ernst g en o m m en w erde u n d eh er k ontraproduktive Z eichen g esetzt w ürden: " D ie K o m m u ­ n en ... brau ch en p o litisch e u n d w irtschaftliche R ahm enbedingungen, d ie dezentrales zu k u n ftsfäh ig es H an d eln ü b erh au p t erst m öglich m achen. H ier h a t die B u n d esreg ie­

ru n g b ish er je d o c h d ram atisch gegenläufige Signale g esetzt (siehe N o v ellieru n g des E nergiew irtschaftsgesetzes, D isk u ssio n u m G ew erbesteuer, falsch e P reissignale für B en zin - un d E n erg iep reise).“

(6) Verunsicherung u n d Skepsis gegenüber dem teilw eise m it großen E ngagem ent begonnenen Lokalen A genda-Prozeß kam en in D eutschland au f der ersten nationalen

"Tagung fü r Städte und G em einden zur Im plem entation der Lokalen A genda" im O kto­

b er 1995 in B erlin-K öpenick zum A usdruck. In einer von IC L E I und dem B ezirk K öpe­

n ick veröffentlichten D okum entation w erden u.a. folgende Schlußfolgerungen gezogen*:

• O b die gefaßten p o litisch en B eschlüsse auch tatsächlich zu r U m steu eru n g der K o m ­ m u n alp o litik b en u tzt w erd en o der in den A blagen verschw inden, k an n erst die Z u k u n ft zeigen.

• Is t es schon n ich t leich t, ein en M eh rh eitsb esch lu ß zu fassen , so sch ein t die S itu a ti­

o n d erjenigen, die in d er lo k alen V erw altung fü r d ie U m setzu n g d er L o k alen A g en ­ d a 21 zustän d ig sind, n o ch seh r viel schw ieriger. A u f ih n en lasten n ich t n u r u n g e ­ h eu ere E rw artu n g en v o n in n en u n d außen, viel au freib en d er ist d ie T atsache, daß an g esich ts k n ap p er P erso n alk ap azitäten neue A u fg ab en a u f d em S ch reib tisch d er o h n eh in Ü b erlasteten liegen.

* v erg l. ICLEI Informationspaket zu r lokalen A genda 21, E rste LA 21 - T agung fü r K o m ­ m u n en in B erlin-K öpenick, 11. - 12. O ktober 1995

(12)

• D ie A u fstellu n g ein er L o k alen A g enda 21 erfo rd ert in beso n d erem M aße ein äm terübergreifendes un d die Ö ffentlichkeit einbeziehendes Vorgehen.

• N ich t leich t ist es, den U m fang des ganzen V orhabens zu konzipieren: W ie k an n m an einerseits dem großen Z iel der nachhaltigen, zuk u n ftsb estän d ig en E ntw icklung un ter E in b ezieh u n g v o n ökologischen, sozialen und ö k o n o m isch en E rfordernissen gerech t w erden, oh n e andererseits die E rfolgslatte zu hoch zu hän g en ? W ie k an n m an sicherstellen, daß d er Prozeß nich t so lan g d au em d u n d aufreibend w ird, daß die anfangs m o tiv ierten P artn er abbröckeln?

• E s ist d er A nfang, d er v ielen schw erfällt. Was sollen die ersten Schritte sein? W ie k ö n n en Z iele u n d M aß n ah m en so definiert w erden, daß sie in ein er v o rh erseh b aren Z eit realisierb ar sind? W elche Interessen gilt es einzubeziehen?

• In ein er P hase d er v ielen F ragezeichen b ek o m m t ein E rfahrungsaustausch ü b e r G em ein d eg ren zen hin au s besonderen Stellenw ert. D ies zeig en n ich t zu letzt die z ah l­

reich en A nfragen, d ie sow ohl die als aktiv b ek an n ten Städte erh alten als auch alle anderen en g ag ierten Institutionen.

• R ec h t sch n ell w ird deu tlich , daß ein e rn stg em e in te r A g en d a 2 1 -P ro zeß a u f d er- k o m m u n alen E b e n e n ic h t zu m N u llta rif erh ältlich ist. E s sin d n ic h t n u r die P e rso ­ n a lstu n d en , d ie n ic h t u n te rsch ä tz t w erd en dürfen, au ch S ach au sg ab en sind zu d ecken, w ie R e ise k o ste n zum E rfah ru n g sau stau sch , R au m m ieten fü r B ü rg e rv e r­

sam m lu n g en , D ru c k v o n P u b lik atio n en , U n terstü tzu n g d u rch ex tern en S a c h v er­

stand, etw a fü r n o tw e n d ig e M o d eratio n en .

(7) D iese S ituationsberichte vo n A kteuren a u f d er lok alen H andlungsebene w erd en b estätig t durch en tsp rech en d e B ilanzen au f der M akroebene. So stellte U .E. Sim onis vo m W issenschaftszentrum B erlin un d langjähriges M itg lied des W issenschaftlichen B eirates G lobale U m w eltv erän d eru n g en (W B G U ) E nde 1996 zum b ish erig en V erlauf des R io-P rozesses fest: "Fast alle ökologisch relev an ten glo b alen Trends, vom E n e r­

g ieverbrauch ü b er R o h sto ff- un d W asserverbrauch, T reibhausgasem issionen, R ü ck ­ gan g d er A rten v ielfalt bis h in zum B evölkerungsW achstum w eisen w eiterhin in die falsch e R ichtung ..."(S im o n is,1996). B estätigt w ird diese Feststellung durch aktuelle V eröffentlichungen d er E uropäischen U m w eltagentur in K o p en h ag en zur ö k o lo g i­

schen Situation in E u ro p a (E uropean E nvironm ent A gency, 1996) sow ie den aktuellen R ep o rt des W orldw atch-Instituts "Zur L age d er W elt 1997".

(13)

2.4 Verfahrensfragen und Fallstudie

(1) Insgesam t läßt sich zum bisherigen Prozeß der Lokalen A genda 21 folgendes feststellen:

1. M it d er R io -K o n feren z 1992, der V erabschiedung der A G E N D A 21, d er A alborg- C harta, d em K lim ab ü n d n is E uropäischer Städte u n d anderen S elbstv erp flich tu n g en h at es ein en D u rch b ru ch in d er lokalen un d in tern atio n alen D iskussion u m lo k ale U m w eltp o litik gegeben. D as bedeutet vielfältige neue C h an cen fü r lokale U m w eltak ti­

vitäten.

2. B ish er ist es aber n u r in seltenen Fällen gelungen, die neu en C hancen au ch zu nu tzen u nd u n v erb in d lich e S elbstverpflichtungen in ko n k rete M aß n ah m en u n d H a n d ­ lu n g sstrateg ien um zusetzen. D er S taat tut sich ausg esp ro ch en schw er, die dafü r erfo r­

derlich en u n d in R io zugesagten R ah m enbedingungen zu schaffen; die K o m m u n en w ied eru m lassen k au m B ereitschaft erkennen, zusätzliche p erso n elle u nd fin an zielle M ittel bereitzu stellen . So b leib t es in d er R eg el b ei M inim alm aßnahm en, m it den en w eder die R io -Z iele erreicht, noch eine "W ende" im S tädtebau un d in d er lo k alen U m w eltp o litik erreich t w erden können.

3. Es besteh t daher ein großer B ed arf an Projekten un d Lem beispielen, in denen die M achbarkeit eines neuen integrierten u nd zukunftsfähigen Städtebaus unter diesen schw ierigen R ahm enbedingungen praxisnah erkennbar w ird, an denen sich V isionen entw ickeln können, die A nregungen und A nstöße geben au f die Fragen, die die derzeiti­

ge H ilflosigkeit un d R esignation vieler lokaler A kteure und G ruppen ausm achen:

• W ie b eg in n en ? W er kan n den A nstoß geben?

• W orauf ist zu achten?

• W elche R o lle k o m m t der K om m unalverw altung zu?

• W ie k an n die L o k ale A genda 21 m eh r als n u r ein neues U m w eltp ro g ram m sein?

(2) W as d ie R o lle d er K o m m u n alv erw altu n g angeht, g ib t es d e u tlic h e U n te rsch ie d e z w isch en d en R io -E m p fe h lu n g en zu r D u rch fü h ru n g d er L o k alen A g e n d en 21 u n d u n seren E rk e n n tn isse n d er W Z B -F o rsch u n g bzw. d e n e m p irisc h en E rfa h ru n g en z u m Ö k o lo g isch e n S tad tu m b au .

E s ist zu n äch st d a ra u f hinzuw eisen, daß w eitgehende E in ig k eit darüber besteht, d aß nur integriertes, ressortübergreifendes D en k en un d H an d eln b ei d er R ealisierung d er Z iele ein er zuk u n ftsb estän d ig en E ntw icklung a u f d er lo k alen E b en e erfolgreich sein kann. E in ig k eit b e ste h t generell auch darin, daß die K o m m unalverw altung eine z en tra­

(14)

le R o lle in d iesem Prozeß spielen m uß, da sie ü ber w ich tig e personelle, o rg an isato ri­

sche u n d m aterielle R essourcen v erfü g t un d die verfaß te B ürgerschaft repräsentiert.

U n tersch ied lich e A uffassungen gibt es allerdings darüber, w ie effektive V erfahren zu den äm terü b erg reifen d en u n d die Ö ffentlichkeit einb ezieh en d en A k tio n sp ro g arm m e zu g estalten sind.

(3) In d er A G E N D A 21 w ird ausdrücklich die K om m unal Verwaltung als V erfahrens­

fü h rerin v o n A k tio n sp ro g ram m en zu r L ok alen A g enda 21 genannt:

"Jede K om m u n a lverw a ltu n g soll in einen D ia lo g m it ihren Bürgern, örtlich en O rga­

n isa tio n en u n d d e r P riva tw irtsch a ft eintreten u n d eine "kom m unale A g e n d a "

b e sc h lie ß e n ." (K ap .28.3.)

D ie A u ffassu n g v on der führenden R olle d er K om m unalverw altung w ird in den vo n d er IC L E I-E u ro p azen trale zur L okalen A g enda 21 herau sg eg eb en en In fo rm atio n sm a­

terialen e h er noch verstärkt. In den dortigen H an d lungsem pfehlungen h eiß t es u.a. im K ap itel "V erfahren":

„D ie In itia tive so ll von K o m m u n a lp o litik u n d K om m unalverw altung ausgehen. D e r in K a p itel 2 8 d e r A G E N D A 21 fo rm u lie rte A u ftra g w en d et sich an die G e m e in d e , d.h.

an d ie verfa ß te B ü rg ersch a ft m it ihren p o litisch en un d adm inistrativen O rganen. D a s bedeutet, d a ß zu m in d est dort, w o n ich t bereits Im p u lse von den örtlichen G ruppen ausgehen, d ie In itia tive f ü r die A u fstellu n g ein er L o ka len A g en d a 21 von d e r K o m m u ­ n a lverw a ltu n g aus gehen soll. “ ... „Von d ieser soll d e r P rozeß w eiter o rg a n isiert u n d ko o rd in iert werden, ohne da ß sie da b ei eigenen Interessen Vorzug gibt, o d e r In h a lte un d Verfahren unveränderlich vorgibt. D ies verla n g t von den beteiligten A kteu ren ein n eu es Verständnis zw isch en Bürgern u n d Verwaltung. “ ( IC L E I, 1996)

(4) In d e r k o m m u n a lp o litisc h en P rax is fü h ren so lch e E m p feh lu n g en aus u n se re r E rfa h ru n g z u m e ist dazu, daß ein ein zeln es R esso rt m it d er V e rfa h ren sk o o rd in atio n b e a u ftra g t w ird . U n te r d iesen B ed in g u n g en k a n n es ab er n ic h t zu e in er effe k tiv e n Z u sa m m e n a rb e it m it d en an d eren R esso rts u n d d en an d eren städ tisch en A k te u re n k o m m en . D ies b e d e u te t im w esen tlich en d ie F o rtfü h ru n g d er b ish erig en "U m w eltp o ­ litik ", m it d e r n u r w en ig b e w irk t w erd en kann.

A u ch ist das in K apitel 28.3 der A G E N D A 21 an gesprochene "K o n su ltatio n sp rin ­ zip" fü r d ie B eteilig u n g der anderen städtischen A k teu re als nich t au sreich en d e in zu ­ schätzen. D ie E rfah ru n g en zeigen näm lich, daß b ish er B ürgerinitiativen, N ic h tre g ie ­ ru n g so rg an isatio n en un d E inzelpersönlichkeiten die eigentlichen T riebkräfte ö k o lo g i­

(15)

sch er V eränderung w aren; hinzu k o m m en vereinzelt ö k ologisch-orientierte W irt- sch aftsu n tem eh m en .

(5) N a c h d e n E rk en n tn issen u n d e m p irisc h en E rfa h ru n g en des Ö k o lo g isc h e n S ta d t­

u m b a u s ist d ie K o m m u n a lv e rw altu n g tro tz ih re r z en trale n S tellu n g im G e sa m tp ro ­ zeß als V erfah ren sfü h rerin eh er n ic h t g eeig n et. D ieses n ic h t etw a w e g e n m a n g e ln ­ d e r K o m p e te n z o d e r fe h le n d en g u ten W illen s bei den V eran tw o rtlich en o d e r d en M ita rb e ite rn d er V erw altung. Im G eg en teil, g erad e d o rt g ib t es en g ag ie rte F a c h le u ­ te, w e rtv o lle s W issen u n d e ffek tiv e A rb e itsstru k tu re n , d ie fü r d ie R e a lisie ru n g d e r L o k a le n A g en d a u n v e rz ic h tb a r sind. E s sind v ie lm e h r stru k tu relle G rü n d e, d ie res- so rtü b e rg re ife n d e s D en k en u n d H an d eln g e ra d e in d er V erw altung b e so n d e rs sc h w e r m ach en . Z u n e n n en sind in sb eso n d ere: lin e a re A u fg ab en - u n d V eran tw o r­

tu n g sv e rte ilu n g , re sso rtb e z o g e n e B u d g etieru n g u n d E rfo lg sb ila n zie ru n g ,, stru k tu ­ re lle r "Z w an g ", re sso rtb ez o g en e M ach t- u n d E in flu ß sp h äre n ab zu sich ern . In Z e ite n k n a p p e r K a ssen w irk en d iese F a k to re n eh er no ch v erstärk t. D esh alb w u rd e n v e r­

sch ie d e n e v e rfa h re n sm ä ß ig e E m p feh lu n g en fü r die H an d lu n g sstra te g ien des Ö k o lo ­ g is c h e n S tad tu m b au s en tw ick elt:

1. In teg rierte stadtökologische K onzepte erfo rd ern eine u nabhängige P ro jek to rg an i­

sa tio n . N u r so k an n eine effektive Z u sam m en arb eit m it den v ersch ied en en V erw al­

tu n g sresso rts und den anderen relev an ten A kteuren gelingen.

2. E s sind V erfahrens- und M ediationsinstrum ente zu entw ickeln, die geeignete R ah m en b ed in g en fü r gleichberechtigte F o rm en der K ooperation und K o p ro d u k tio n zw isch en d en relev an ten A kteuren schaffen.

3. U n te r d em B eg riff „Ö kostation“ w ird die Schaffung eines neuen Typs städtischer In frastru k tu r fü r erforderlich gehalten, d er a u f Inform ations-, K om m unikations- und S elb sth ilfep ro zesse au f d er lokalen Ebene ausgerichtet i s t .

Z u r F allstudie:

(6) A u fg ab e des nachfolgend besch rieb en en M odellprojekts w ar die In itiieru n g eines lan g fristig angelegten A ktionsprogram m s zum Ö kologischen S tadtum bau m it in h a ltli­

ch en Z ielsetzu n g en , die m it den en der A G E N D A 21 und der A alborg-C harta ganz o der w eitg eh en d identisch sind. Z u r D urchführung des Projekts hatte die E u ro p äisch e K o m m issio n aus dem F ö rd erin stru m en t L IF E die höch ste bis dahin v erg eb en e F ö rd er­

sum m e (2.155 M illionen E C U ) bew illigt. V erfahrensm äßig w ar fü r das P ro jek t eine resso rtu n ab h än g ig e Projektorganisation entw ickelt, b ean trag t und vo n d er E u ro p äi­

schen K o m m issio n bew illig t w orden.

(16)

(7) E in w ich tig er B estandteil des P rojektantrages w ar d er E insatz u n d d ie E rp ro b u n g v o n speziell fü r eine effektive Z u sam m en arb eit m it den versch ied en en en Ä m tern d er K om m u n alv erw altu n g u nd anderen städtischen A kteuren k o n zip ierten V erfahrensin­

strum enten. (siehe hierzu K apitel 3.5). E in w eiteres verfahrensm äßiges Z iel w ar die R ealisieru n g ein er "Ö kostation" als u nterstützende Infrastruktur fü r die m ittel- u nd lan g fristig e K oordinierung ö kologischer U m b au p ro zesse au f d er lo k alen E bene (siehe h ierzu K ap.3.4.3)

(8) E in P ro b lem entstand dadurch, daß die in P rojektantrag und B ew illig u n g sb esch eid vorg eg eb en e unab h än g ig e P rojektorganisation nich t zustande kam . Stattdessen b estim m te die Stadt L eipzig das fü r B eschäftigungsfragen zuständige V erw altungsres­

sort (A B M Stützpunkt, B etrieb fü r B eschäftigungsförderung, E ig en b etrieb d er Stadt L eip zig ) zu m P ro jek tträg er un d stattete es m it w eitgehenden V ollm achten aus. D ie E u ro p äisch e K om m ission als F ö rd erg eb er akzeptierte diese E n tsch eid u n g im V ertrau­

en darauf, daß die S tadt L eipzig gute G ründe fü r diese E ntscheidung h ab e u n d d er re s ­ sortübergreifende Projektansatz un d die im B ew illigungsbescheid festg eleg ten P ro ­ je k tz ie le dad u rch nich t gefäh rd et seien. D ies bew ahrheitete sich je d o c h nicht. N ach g u t d er H älfte d er bew illigten F ö rd erzeit sah sich die E u ro p äisch e K om m ission g ezw ungen, infolge des beg rü n d eten V erdachts a u f Ä nderung vo n Z ielen, Förderm itte- lein satzt un d V erfahrensinstrum enten zugunsten von E igeninteressen des b eau ftrag ten R esso rts doe F örderung einzustellen un d eine E valuation durchzuführen. D iese E v a ­ lu atio n h at die V orw ürfe in zw isch en bestätigt. Eine E ntscheidung , ob bzw. w ie das P ro jek t w eiterg efü h rt w erden soll, ist im A u g u st 1997, nach in zw isch en m e h r als ein ­ jä h rig e r U nterbrechung, noch nich t gefallen.

(9) U n g each tet dieses Standes der D inge lo h n t es ü b er das P ro jek t zu berichten, da bereits m it d en bisherigen E rgebnissen vielfältige inhaltliche u n d m eth o d isch e A n re ­ g u n g en fü r den Prozess der L o k alen A g en d a 21 sow ie zu r W eiterentw icklung des K o n zep ts Ö kologischer Stadtum bau vorgelegt w erden können.

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3. Europäisches Modellprojekt Leipziger Ostraum

Abb. 1: Luftbild Leipziger Ostraum

3.1 Ausgangssituation 1991/92

(1) In d er S tadt L eipzig w ar A nfang d er 90er Jahre eine fü r o std eu tsch en Städte w e it­

g eh en d ty pische Situation gegeben. R u n d 80% d er L eipziger A ltb au su b stan z u nd 60%

des g esam ten W ohnungsbestandes befan d en sich in ein em d en k b ar schlechten Z ustand. Sie w aren seit dem K rieg n u r notdürftig instandgehalten w orden. Typisch w aren m aro d e D ächer, abgeblätterte Fassaden, durchfeuchtete A u ß en w än d e u n d abge­

fallen e B aikone. E tw a 60% d er W ohnungen in L eipzig h atten k ein e o der nich t m eh r b en u tzb are Bäder. D ie H au stech n ik (W asser, A bw asser, Strom ) u n d d ie H eizu n g san la­

g en w aren technisch v eraltet u n d zum eist in einem desolaten Z ustand. D ie zentralen Ver- un d E ntsorgungssystem e, die Straßen u n d öffentlichen V erkehrsm ittel, aber auch d ie öffen tlich en G rünanlagen m u ß ten ern eu ert w erden.

(2) D ie A rb eitslo sig k eit lag im Jahre 1993 real bei üb er 30 %. E in e V ielzahl d er zu D D R -Z eiten ansässigen U n tern eh m en hatte den erforderlichen ProduktivitätsSprung n ic h t gesch afft u n d k o nnte ih n n ich t schaffen, um sich in d er neu en M ark tw irtsch aft b e h au p ten zu können.

(3) D ie bis zur "W ende" besonders starke E m issionsbelastung L eip zig s(in sb eso n d ere v o n S chw efeldioxid) durch die ansässige Industrie h atte sich zw ar a u f G rund der S chließ u n g ein er V ielzahl vo n B etrieb en erheblich reduziert, lag aber im m er no ch w eit

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ü b er d em D u rch sch n itt v ergleichbarer Städte in den alten B undesländern, (vgl.

U m w eltb u n d esam t 1992/93)

(4) D ie lokale V erw altung L eipzigs w ar durch eine V ielzahl akuter Problem e ü b e rla ­ stet. S täd teb au lich e R ahm enpläne und B auleitplanungen, die fü r eine sinnvolle S teu e­

ru n g d er In v estitio n stätig k eit unv erzich tb ar sind, fehlten fast völlig. H inzu kam en in v ielen F ällen U n k larh eiten ü b er E igentum sverhältnisse b ei G rundstücken und G eb äu ­ den, die sich ebenfalls ersch w eren d au f die Stadtplanung aus w irkten.

(5) U m g ek eh rt standen diesen D efiziten aber auch gew isse P o ten tiale gegen-über, d ie fü r ein en zu k u n ftsfäh ig en Stadtum bau un d die E inleitung eines L o k alen -A g en d a P ro ­ zesses v ielfältig e C h an cen darstellten. B esonders zu erw äh n en ist der noch gut erh alte­

ne, histo risch gew achsene Stadtgrundriß und ein im G egensatz zu den w estdeutschen Städten k au m zersiedeltes U m land. Flußauen, ausgedehnte landw irtschaftlich genutzte Flächen, w ertvolle alte D o rfk ern e un d gew achsenen K u ltu rlan d sch aften reich ten bis an die G renze d er v erd ich teten un d gem ischt genutzten S tad tg eb iete L eipzigs heran, w aren entw icklungsm äßig aber w eitgehend au f dem S tad iu m d er Z eit vor dem Z w e i­

ten W eltkrieg stehengeblieben.

(6) D urch die beso n d eren V erhältnisse d er „W endezeit“ h atte sich eine konstruktive Z u sam m en arb eit zw isch en B ürgervereinen und S tadtverw altung herausgebildet. Sie w ar a u f beiden Seiten durch das B ew u ß tsein geprägt, daß m an v iele P roblem e n u r gem ein sam lö sen k ö nne un d daher auch neue W ege d er Z u sam m en arb eit fin d en m ü s­

se. Es gab ausgeprägte K onsultationsprozesse, und es w u rd en gem einsam Sem inare m it fü h ren d en lo k alen u n d externen E xperten veranstaltet, in den en an ausgew ählten S tad tsitu atio n en u nd P ro jek ten konkrete A ntw orten zu r F rag e eines zukunftsfähigen öko lo g isch en S tädtebaus gesu ch t w urden.

(7) Es zeichnete sich allerdings schnell ab, daß trotz d er B esch lü sse d er R io-K onfe- ren z diese k reativ e Ü bergangszeit befristet sein un d sich stattd essen eine städtische V erw altungsbürokratie nach d em V orbild d er Städte in den A ltb u n d eslän d em etab lie­

ren w ürde. Eine erfo lg reich e F ortführung der beg o n n en en P rojekte erforderte d ah er die Schaffung neuer, dieser S ituation angepaßter R ahm enbedingungen.

(19)

3.2 Projektidee und Konzept

(1) D ie Idee des 1991/1992 von dem Stadtökologen Dr. E khart H ahn gem einsam m it dem Leipziger A rzt und B ürgerrechtler Dr. Christoph R ichter konzipierten Leipziger O straum - Projekts bestand im w esentlichen darin, eine R eihe in der W endezeit gem einsam von B ü r­

gerinitiativen und anderen A kteuren initiierter, nun aber in ihrer Fortführung gefährdeter stadtökologischer Projekte zu einem übergeordneten „M odellprojekt einer ökologisch-ori- entierten Stadt-U m land-Entw icklung“ zusam m enzufassen und m it U nterstützung durch externe Förderm ittel w eiterzuführen.

(2) H ierzu w urden zw ö lf E inzelprojekte ausgew ählt, die in einem inhaltlichen und räu m ­ lichen Z usam m enhang m iteinander standen und sich fü r die A nw endung w ie die in h alt­

liche und m ethodische W eiterentw icklung der K onzeption des Ö kologischen Sadtum - baus besonders geeignet w aren.

(3) D a die A kzeptanz fü r derartige Projekte trotz d er R io-B eschlüsse bei der Verw altung un d den politischen E ntscheidungsträgem der Stadt infolge knapper Kassen, extrem er A rbeitsüberlastung un d zunehm ender O rientierung an traditionellen w estdeutschen Ver- w altungsvorbildem n u r noch gering w ar bzw. abnahm , m ußte dies bei der Projektkon­

zeption berücksichtigt w erden. W ichtige Punkte w aren hierbei die folgenden:

• D ie b etro ffen en Ä m ter w ü rd en nur dann ih re Z u stim m u n g zu dem P ro jek t geben, w en n sie du rch die P ro jek tk o n zep tio n überzeugt w erd en konnten, daß für sie k eine zusätzliche A rbeitsbelastung, oder aber, w enn dies doch d er Fall war, Prestige - u nd M ach tg ew in n b ed eu ten w ürde.

• D as P rojekt hätte dann keine C hance gehabt, w enn es m it zusätzlichen H aushaltsbe­

lastungen verbunden gew esen wäre. Esw ar also so zu konzipieren, daß bei Förderanträ­

gen einzustellende E igenm ittel der Stadt Leipzig m öglichst aus bereits budgetierten H aushaltsm itteln bestehen konnten. Im Klartext: städtische Standardaufgaben w aren im R ahm en des Förderprojekts m odellhaft im Sinne der Projektziele zu qualifizieren.

• U m die a u f ressortübergreifende Interdisziplinarität angew iesenen P ro jek tziele erreich en zu können, m u ß te eine A nbindung des P ro jek tes an ein traditionelles E in ­ zelresso rt d er L eip zig er S tadtverw altung m ög lich st verm ied en w erden. Stattdessen w aren die finanziellen, in h altlich en u n d förd errech tlich en V oraussetzungen fü r eine eigenständige P ro jek tg esellsch aft zu schaffen, die d an n v o n ein er resso rtü b erg reifen ­

(20)

den L en k u n g sg ru p p e zu kontrollieren war.

• D ie langfristig angelegten Projektziele erforderten eine K onzeption, bei der die E rst­

förderung gezielt g enutzt w erden konnte, um schrittw eise eine längerfristige P rojektabsi­

cherung zu gew ährleisten.

(4) Im Som m er 1992 gelang es, das A ufbauw erk Sachsen für die Finanzierung einer Vorstudie zu dieser Projektidee zu gew innen. N ach deren Vorlage übernahm das A u f­

bauw erk ebenfalls die K osten für ergänzende R echerchen und Vorarbeiten eines F ö rd er­

antrages bei der E uropäischen K om m ission. Im F rühjahr 1993 konnte die Stadt L eip ­ zig, ohne daß fü r sie K osten entstanden w aren, einen entsprechenden A ntrag b eim F ö r­

derinstrum ent L IFE d er Europäischen K om m ission einreichen und erhielt im N ovem ber 1993 die B ew illigung für das M odellprojekt L eipziger O straum m it der höchsten bis dahin vo n L IF E vergebenen Fördersum m e (4.3 M io D M Fördersum m e bei einem G esam tum fang des Projekts von rund 18 M io. DM ).

(5) B ereits in den ersten beiden Jahren nach der L IFE -B ew illigung gelang es den Projekt initiatoren, zw ei w eitere Förderprojekte m it einer zusätzlichen Fördersum m e von 1.2 M io D M einzuw erben un d dam it erste Schritte zur längerfristigen A bsicherung der P ro ­ jektkonzeption sow ie fü r die Realisierung der vorgeschlagenen M aßnahm en einzuleiten.

D am it w ar in Leipzig ein G rundstock für eine „Europäische W erkstatt“ zu einem ökolo­

gischen Städtebau im Sinne der Lokalen A genda 21 gelegt.

3.3 Projektbereiche und Projektziele

(1) M it dem L eip zig er O straum -P rojekt w urden v o r allem v ier Z iele verfolgt:

1. D ie m odellhafte und um setzungsorientierte Q ualifizierung der zw ö lf zum Schluß ausgew ählten Einzelprojekte. H ierbei sollten insbesondere die potentiellen Synergie­

effekte, die sich aus der Vernetzung von E inzelprojekten und ihrer O rientierung au f eine ökologisch-orientierte Stadt-U m land-Entw icklung ergeben, nutzbar gem acht w erden.

2. D ie E rp ro b u n g n eu er W ege der Ö ffentlichkeitsarbeit und der K o o p eratio n un d K o p ro d u k tio n zw ischen verschiedenen B eteilig ten zur K o m p etenzsteigerung d er b eteilig ten A k teu re u nd A ktivierung brach lieg en d er Selbsthilfepotentiale. H ierfü r so ll­

te eine m o d ellh afte R ealisierung des K onzepts sog. »Ö kostationen« als u n terstü tzen ­ de In frastru k tu rein rich tu n g fü r derartige Prozesse erfolgen.

(21)

3. D ie E ntw icklung des Projekts als ökologisch-orientierter W irtschaftsprozeß, in enger Z usam m enarbeit m it den lokalen W irtschaftsakteuren, der Vereinigung ökologischer W irtschaftsunternehm en in D eutschland (B.A .U .M .) und anderen Erfahrungsträgem . D abei W eiterentw icklung von geeigneten K ooperationsform en zw ischen erstem und zw eitem A rbeitsm arkt. (Integration ökologisch-orientierter B eschäftigungsförderung.

4. D ie R ealisieru n g des internationalen W erkstattgedankens, d.h. d er D u rch fü h ru n g des P ro jek ts im Sinne einer W erkstatt zu ein em neu en zu kunftsfähigen S tädtebau.

B eteilig u n g v on R ep räsen tan ten anderer rich tu n g sw eisen d er M od ellp ro jek te in E u ro p a u n d fü h ren d er Id een träg er an den lokalen P roblem lösungen in m eh rtäg ig en Sem inaren u n d W erkstätten. Förderung des E rfahrungsaustausches un d g em ein sam e A rb eit an n eu en zu k u n ftsw eisen d en Lösungen.

(2) D ie z w ö lf T eilprojekte w urden en tsp rech en d ih ren inhaltlichen S ch w erp u n k ten in drei P ro jek tb ereich en zusam m engefaßt:

Projektbereich I: Stadtökologie

Z u d iesem P ro jek tb ereich gehören die T eilprojekte 1 bis 5: S anierungsgebiet N eu städ ­ ter M arkt, Q uartiersentw icklung R eudnitz/A nger, E ilenburger B ahnhof, Ö k o lo g isch e M o d ellsied lu n g O berdorfstraße, Ö kostation/G rünw erkstatt. In diesen T eilprojekten ging es v o r allem u m eine system atische A nw en d u n g des aktuellen W issensstandes zum ö k o lo g isch en Stadtum bau und d essen W eiterentw icklung.

Projektbereich II: Umlandentwicklung

D ieser P ro jek tb ereich um faß t die E rarbeitung u n d Förderung k o n zep tio n eller un d m o d ellh after B eiträge zu ein er öko lo g isch en W iederbelebung d er S tad t-U m lan d -E n t- w icklung. Z u ih m g eh ö ren die Teilprojekte 6 bis 9: L in k e-H o f B aalsdorf, Ö k o lo g isch e S tad tg ü ter M ölkau, Probstheida/Ö stliche R ietzschke, B iotopverbund/G rün w eg Vernet­

zung.

Projektbereich III: Wirtschaft und Beschäftigung

D ie T eilprojekte dieses P rojektbereichs zielen a u f eine sy stem atischeF örderung in n o ­ v ativ er W irtschaftsprozesse. Z u g eo rd n et sind d iesem P rojektbereich die T eilprojekte 10 bis 12: Ö ko-soziales D ienstleistungs- u n d G ew erbezentrum , Ö k o -so zialer B au trä­

ger, R eg io n ale W irtschafts- und B eschäftigungsförderung.

In h altlich e K urzb esch reib u n g en und lokale Z uo rd n u n g en der T eilprojekte sind in A b b ild u n g 3 a u f den Seiten 22/23 dargestellt.

(22)

Abb.: 2

Leipziger Ostraum - Projekt: Projektbereiche - Einzelprojekte

Sanierungsgebiet 10. Öko-soziales Dienstleistungs­ 6. Linke-Hof Baalsdorf

Neustädter Markt und Gewerbezentrum 7. Ökologisches Stadtgut

Quartiersentwicklung 11. Öko-sozialer Bauträger Mölkau

R eudnitz/Anger Eilenburger Bahnhof Ökologische Modellsiedlung Oberdorfstraße

Ökostation/G rü nwerkstatt

12. Regionale Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung

8. Probstheida / Östliche Rietzschke

9. Biotopverbund/ Grün­

wegvernetzung

3.4 Die stadtökologischen Kernprojekte

Einen besonderen Schwerpunkt der Projektarbeit bildeten die drei im Zentrum des Projektge­

bietes gelegenen sog. stadtökologischen Kemprojekte: Grünradiale Eilenburger Bahnhof, Quartiersentwicklung Reudnitz/Anger und Ökostation. Die erarbeiteten Konzepte und bishe­

rigen Ergebnisse zu diesen Kernprojekten nach etwa der Hälfte der vorgesehenen dreijährigen Förderzeit sollen im folgenden vorgestellt werden.

(23)

Abb.: 3

PROJEKTBEREICH I

Die Teilprojekte, Lage im Stadtgebiet

1. Sanierungsgebiet Neustädter Markt

Besonders problembelastetes Innenstadtgebiet (83% Bau­

zustandsstufe 4, Leerstand 48%, ca.40% Arbeitslosigkeit), seit Ende 1991 förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet.

Projektziele:

• modellhafte Bewohnerselbsthilfe bei Gebäudesanierung und Wohnumfeldgestaltung

• Verkehrsberuhigung und Straßenraum gestaltung mit B ew ohnerbeteiligung

• Beschäftigungsförderung

2. Quartiersentwicklung Reudnitz/Anger

Gründerzeitquartier im Zentrum des Projektgebietes. Ein großer Teil des Gebietes ist seit Ende 1994 förmlich festge­

legtes Sanierungsgebiet. Schlechter Zustand der Gebäude, emeuerungsbedürftige Infrastrukturen, Defizit an Grün- und Freiflächen.

Projektziele:

• integrierte ökologische Quartiersentwicklung (Gebäude­

sanierung, Verkehr, Energie, Wasser, Freiräume, Wohn- und Lebensqualität)

• modellhafte Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit

• Vorranggebiet für ökologische W irtschaftsinitiativen (siehe Teilprojekte 10-12)

3. Eilenburger Bahnhof

Ehem aliges Bahnhofsgebiet, das von der Stadtgrenze bis dicht an das Zentrum der Stadt heranführt. Es handelt sich um die wichtigste städtebauliche Reservefläche des L eipziger O straum s mit kontroversen Nutzungsinteressen (Bebauung, Bau einer neuen Hauptverkehrsstraße, G rün­

fläche).

Projektziele:

♦ Schaffung einer Stadt und Umland verbindenden Grün­

radiale (Fahrrad-und Fußwegverbindungen, Biotopverbund)

• Entwicklung eines kostengünstigen und bürgerbezogenen Realisierungs-, Nutzungs- und Bewirtschaftungskonzepts

4. Ökologische Modellsiedlung Oberdorfstraße

Vom „Verein für ökologisches Bauen“ initiiertes Projekt zur Realisierung einer innerstädtischen ökologischen Neu­

bausiedlung für ca. 30 Wohneinheiten in der alten Orts­

lage Stötteritz.

Projektziele:

• kostengünstiges ökologisches Bauen mit baulicher Selbst­

hilfe im Eigenheimbau

• Erprobung dafür geeigneter Baumethoden (Brettstapel­

bauweise von Prof. Natterer)

• m odellhafte M aßnahm en zum städtischen N aturschutz

PROJEKTBEREICH H 6. Linke-Hof Baalsdorf

Seit 1990 biologisch-dynamisch bewirtschafteter landwirt­

schaftlicher Betrieb; Modellprojckt für angewandte Emährungsö- kologie und privatwirtschaftlich betriebenen stadtnahen ökologi­

schen Landbau.

Projektziele:

• Anbau, Verarbeitung und Vermarktung qualitativ hochwertiger Lebensmittel mit integrierter Landschaftspflege, Natur- und Res­

sourcenschutz

• Schaffung von Arbeitsplätzen in Verbindung mit sozial­

therapeutischen und sozialpädagogischen Aufgaben

5. Ökostation/Grünwerkstatt

Eine Schlüsselrolle im Gesamtprojekt kommt der Realisie­

rung der Ökostation zu. Als idealer Standort eignet sich der ehemalige Lokschuppen des Eilenburger Bahnhofs an zen­

traler Stelle von Projektgebiet und geplanter Grünradiale.

Projektziele:

• Öffentlichkeitsarbeit, Information und Begegnung

• Einrichtung zur Unterstützung von Selbsthilfe und neuen Kooperations- und Koproduktionsformen von Bürger, Stadtverwaltung, lokaler W irtschaft, Schulen, etc.

7. Ökologisches Stadtgut Mölkau

Ehemaliges Rittergut mit umfangreichen Bauten und 150 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, 6 km Entfernung vom Stadtzentrum im Wirtschaftsverbund mit zwei weiteren zum ABM-Stützpunkt Stadt Leipzig gehörenden Stadtgütem.

Projektziele:

• Aufbau eines regionalen N ahrungsm ittelm arktes für Pro­

dukte des ökologischen Landbaus

• Schaffung von A rbeits- und Ausbildungsplätzen und Wohnraum für Langzeitarbeitslose, Behinderte, Sucht­

abhängige

• ländliche Kulturraum pflege m it Bildungsaufgaben für Stadtbewohner, Schulen etc.

(24)

und im Umland

PROJEKTBEREICH IH G *

8. Probstheida / Östliche Rietzschke

Stark verschm utzter und teilweise verdohlter Bachlauf, der das gesam te Projektgebiet in seinen ländlichen wie städtischen Teilen meandrierend durchfließt.

Projektziele:

• Renaturierung des Bachlaufes mit natum aher Ufer- und U ferrandgestaltung, kom biniert mit begleitenden Rad- und Fußw egen

• schrittweise Realisierung eines Landschaftsparks „Öst­

liche R ietzschke“ für stadtnahe Erholung, Landschafts­

und Naturraum pflege

10. Öko-soziales Dienstleistungs- und Gewerbezentrum Die Realisierung der zuvor beschriebenen Teilprojekte und der dadurch angestoßene Stadtum bau erfordern viel­

fältige ökologische D ienstleistungen und andere gew erbli­

che Leistungen, für die günstige Startbedingungen ge­

schaffen werden sollen.

Projektziele:

• Umwandlung von zwei brachliegenden G ew erbestand­

orten in jew eils m ietgünstige, genossenschaftlich organi­

sierte Ö ko-soziale D ienstleistungs- und Gewerbezentren

• Zentrum 1: Ö kologischer B auhof m it Beratungsstelle für bauliche Selbsthilfe, D ienstleistungen für integriertes R es­

sourcenmanagem ent

• Zentrum 2: Zentrum für N aturm edizin, Vollwertrestau­

rant mit Lehrküche und cm ährungsökologischer B era­

tungsstelle, Freizeit- und Aktivitätenbörse U m land und ökologischer Landbau

11. Öko-sozialer Bauträger

Gründung eines gem einnützigen Trägers zur Förderung von ökologisch-orientierten G enossenschafts- und Selbst­

bauprojekten in der Altbausanierung und im W ohnungs­

neubau.

Projektziele:

• K ostensenkung im Bauwesen durch Erprobung neuer K ooperationsformen von G ewerblicher W irtschaft, B e­

schäftigungsmaßnahm en und baulicher Selbsthilfe

• die späteren N utzer sollen in die Planung und Erstellung der Bauten und A nlagen einbezogen werden

• Zielgruppen sind: M ieterinitiativen, Selbstbaugenossen­

schaften, Hausgem einschaften und sozialbenachteiligte Gruppen (Langzeitarbeitslose, arbeitslose Jugendliche, Wohnungslose)

12. Regionale Wirtschafts- und Beschäftigungsforderung Analyse von W irtschafts- und Beschäftigungspotentialen, kurz-, mittel- und langfristig mit der Realisierung der ver­

schiedenen Teilprojekte und w eiteren M aßnahm en des Ökologischen Stadtumbaus aktiviert werden können.

Projektziele:

• Untersuchung und erste M aßnahm en sollen gem einsam mit B.A.U.M. und Leipziger W irtschaftsinstitutionen durchgeführt werden

• als Sofortmaßnahm e sollen branchenbezogene Q ualifi­

zierungsstrategien im Zusam m enhang m it der R ealisie­

rung der Teilprojekte initiiert werden

• Einführung von Ö koaudits und ökologischen U ntem eh- mensumsteilungen, Ö kobilanzen für Produkte, Betriebe und öffentliche Einrichtungen im Projektgebiet

9. Biotopverbund / Grünwegvernetzung

W egen einseitiger A usrichtung auf das Verkehrsmittel Auto wurden Fuß- und Fahnadverbindungen zwischen Stadt und Land sowie zur Erschließung des östlichen Umlandes insgesam t völlig vernachlässigt.

Projektziele:

• Schaffung eines attraktiven Rad- und Fußw egnetzes, das die städtischen Quartiere m it dem Kultur- und Land­

schaftsraum des östlichen Umlandes verbindet

• Intensivierung des Biotopverbundes in Verbindung mit M aßnahm en zum städtischen N aturschutz

• kostengünstige Realisierungskonzepte

(Die Teilgebiete 9, 11 und 12 sind standortübergreifend)

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