Anger/Crottendorfer Bahnschneise
Stadtteilpark/ Ökostation Urbaner Pol
• Erhaltung von Gleiskörper und Fernwärmetrasse als künstlerisch gestaltete Natur- Artefakte
• enge Verknüpfung mit den benachbarten Quartieren
• Hinterhofsituationen mit Atelier- und
Handwerksnutzung
• Tor zur Stadt
• mittig Grünradiale
• nördlich und südlich Neubau bis 50.000 m2 BGF
• gemischte Nutzung Wohnen, Gewerbe, Kultur
• Ökostation als Grünwerkstatt und Umweltstation mit Steuerungs- und Schlüsselfunktion für den Eilenburger Bahnhof
• vielfältige Grün- und Freizeitnutzung
• Vernetzung mit benachbarten Quartieren
• Rad- und Fußwegquerungen
• Umwelt- und Lerngärten
Tor zum Umland Ausland eingeladen wurden und teilweise mehr als 80 Personen teilnahmen. Es wur
den Entwicklungsalternativen geprüft und unter Berücksichtigung der unterschied
lichen Interessen an einer konsensfähigen Gesamtkonzeption gearbeitet.
(4) Die Ergebnisse der Werkstatt wurden im Rathaus und in der inzwischen Vor-Ort ein
gerichteten Ökostation in Form einer Aus
stellung der Öffentlichkeit vorgestellt und auf diversen Hearings mit den verschiedenen Beteiligten diskutiert. Kritik und Anregungen wurden aufgegriffen und der Rahmenplan auf diese Weise schrittweise und öffentlich weiterentwickelt. Im Februar 1996 konnte den zuständigen Fachausschüssen des Stadt
rates ein von allen Beteiligten getragenes Gesamtkonzept zur Umgestaltung des ehe
maligen Bahnhofsgebietes in eine Stadt und Umland verbindende Grünradiale vorgelegt werden. Es fand schließlich die Zustimmung aller Ausschüsse und wurde im Januar 1997 vom Stadtrat mit großer Mehrheit zur Reali
sierung beschlossen.
(5) Die geplante Grünradiale wird in eine sequenzartige Folge von vier Nutzungs- und Erlebniszonen gegliedert, die in deutlichem Bezug zur Geschichte und dem “genius loci“
stehen:
U rb an er Pol
Dieses ca. 4.2 Hektar große Teilgebiet des ehemaligen Bahnhofs befindet sich nur wenige hundert Meter vom historischen Stadtzentrum entfernt. Wichtigste Merkmale sind die noch vorhandenen Reste der ehema
ligen Empfangshalle und der Güterspedition sowie eine kleine Wohnsiedlung für Eisen
bahnangestellte mit reizvoll gestalteten
Abb. 6: Urbaner Pol - Empfangsgebäude Eilen und dann eine Anbindung an die historische Innenstadt erhalten.
Machbarkeit und städtebauliche Erwägun
gen sehen nördlich und südlich eine maßvol
le, mit dem Gesamtkonzept verträgliche Bebauung von bis zu 50.000 Bruttoge
schoßfläche vor. Entstehen soll eine modell
hafte Mischung von Wohnen, Gewerbe und Kultur. Ausgerichtet ist das Konzept auf ökologisch ausgerichtete Gewerbeeinrich
tungen und kommunikative Wohnformen für Alleinerziehende in Gemeinschaft mit älte
ren Menschen. Erste Gestaltungsüberlegun
gen wurden auf dem internationalen Pla
nungsseminar erarbeitet, ein stadtökologisch ca. 85 m das zweite charakteristische Teilge
biet der geplanten Grünradiale. Lage und Ausdehnung dieses ca. 5,6 ha großen Teilare
als prädestinieren es für die Einrichtung
eines zusammenhängenden Stadtteilparks. Menschen, Tiere und Pflanzen; Wegeverbin
dungen und Ruhezonen für Fußgänger und Radfahrer; Spielplätze, halbwilde Zustände für Kinder und Jugendliche; Zonen zur Schu
lung der sinnlichen Erfahrungsfähigkeit (Kükelhaus) sowie ökologische Erfahrungs
und Lemgärten. Die angrenzenden Straßen werden teilweise zurückgebaut, so daß eine gestalterische und funktionelle Beziehung zwischen dem entstehenden Stadtteilpark und den benachbarten Quartieren hergestellt werden kann. Für die derzeit auf den Flächen ansässigen Gewerbebetriebe werden Aus
weichstandorte in unmittelbarer Umgebung bzw. auf neuen Gewerbestandorten am
„Urbanen Pol“ oder „Tor zum Umland“
bereitgestellt. (Die Ökostation als wichtigstes Funktionselement dieses Teilgebietes wird später ausführlich erläutert).
Anger-Crottendorfer Bahnschneise
In östlicher Richtung schließt sich in einer Länge von knapp 800 m und einer Breite zwischen 36 und 65 m das Teilgebiet mit
Abb. 8: Anger-Crottendorfer Bahnschneise Blick von der Martinsbrücke
den ehemaligen Zubringergleisen zwischen Umland und Bahnhofsflächen an. Es handelt sich um derzeit ungenutztes Brachland im Eigentum der Deutschen Bahn AG. Die besondere Attraktivität und Erlebnisqualität dieses Teilgebietes liegt in der Abfolge pitto
resker Hinterhofsituationen, den angrenzen
den Remisen, Gälten und halbverfallenen Fabriken. Das Planungskonzept sieht den Erhalt und die thematische Fortschreibung der vorhandenen Qualitäten vor. Hinterhöfe und Werkstattgebäude sowie vorhandene Baulücken bieten interessante Möglichkei
ten der Vernetzung von Wohnen, Gewerbe und gewerblich betriebenen Freizeitangebo
ten. Gefördert werden sollen neue Hand
werks- und Dienstleistungsbetriebe, die im Zusammenhang mit den Aufgaben des öko
logischen Stadtumbaus entstehen werden.
Von besonderer Bedeutung ist, daß die Grünradiale in diesem Bereich kurzfristig und mit sparsamstem Mitteleinsatz realisiert und öffentlicher Nutzung zugänglich gemacht werden kann, (wie Anlage einfa
cher Wege, Schutz der vorhandenen Ru- deralbiotope, Abenteuerspielplätze, Ein
richtung von Schul- und Bewohnerpaten
schaften für Teilflächen). M it der Durch
führung erster Maßnahmen wurde inzwi
schen in Abstimmung mit der Deutschen
Ein ca. 9 ha großes städtebaulich ungeordne
tes und bisher wenig beachtetes Gebiet mar
kiert das Ende der Grünradialen und die Übergangssituation ins östliche Umland.
Hier öffnet sich die Stadt in einen attraktiven Siedlungs-, Erholungs- und Kulturraum unmittelbar vor den Toren der Stadt. Alte Ortslagen, reizvolle Auenlandschaften, Waldgebiete und Badeseen, auch nichtmoto
risiert gut erreichbar, charakterisieren dieses Gebiet. Im Rahmen des Modellprojekts kommt daher gerade diesem Teilgebiet eine besondere Bedeutung zu. Es ist städtebau
lich unter dem Leitthema „Tor zum Umland“ neu zu ordnen. Hier müssen die weiterführenden Fahrrad- und Grünwegan
bindungen zu den Ziel- und Quellpunkten des Umlandes funktionell gelöst, städtebau
lich definiert, gestalterisch erfahrbar reali
siert werden. Im Zusammenhang mit der Anbindung an die vorhandene S-Bahn Stati
on und die Endhaltestellen von Straßenbahn und Buslinien sind „Park and Ride“ und
„Bike and Ride“ modellhaft zu entwickeln.
Weiterhin bietet sich die Besonderheit dieses
Teilgebietes im Rahmen seiner städtebauli
chen Neuordnung für vielfältige neue Nut
zungen und private Investitionstätigkeit an, wie z.B.: Sport, Freizeit, Gesundheit, neue Dienstleistungen und ökologisches Gewer
be, Wohnen am Stadtrand. Inzwischen wur
den vorbereitende Untersuchungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme unter diesen Zielsetzungen eingeleitet.
(6) Zur Umsetzung: Von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz des Grünradia- Quartiers, die Bürgervereine und Bürger, sowie die Leipziger Hoch- und Fachhoch Gewerbebetriebe des Gebietes haben ihr Sponsering und ihre Mitwirkung angekün
digt. Eine wichtige Rolle bei der Realisie
rung wird die noch zu erläuternde „Ökostati
on“ bei der Realisierung spielen.
Die Parkgestaltung soll weitgehend mit kostengünstig oder sogar kostenlos verfüg
baren Recyclingmaterialien wie Bauschutt und Abbruchmaterialien erfolgen. Le Roy hat in Holland gezeigt, welche hohe Gestal
tungsqualität und ökologische Wertigkeit bei Geländemodellierungen, Wegebau mit diesen Materialen erreicht werden kann.
Unter seiner Mitwirkung sollten die Reali
sierungskonzepte in der nächsten Projekt
phase weiter konkretisiert und erste modell
hafte Maßnahmen durchgeführt werden.
Um die hohen Kosten für eine unterirdische Verlegung der in ganzer Länge das Gebiet durchziehenden Femwärmetrasse einzuspa
ren, wird dieses aus der DDR-Zeit stammen
de Strukturelement oberirdisch erhalten, weiterhin betrieblich genutzt und als
“Kunstobjekt” in die Grün- und Freiflä
chenplanung integriert. Auch hieran werden Künstler, Studenten, Schüler, Bürger und ABM-Kräfte mitwirken.
(7) Prozeßcharakter und Bürgerbeteiligung:
Die Grünradiale soll nicht, wie sonst üblich als Parkanlage von beauftragten Firmen her
gestellt werden, sondern als Ergebnis der Arbeit vieler Menschen in Zusammenarbeit mit der Natur. Wichtig ist der Prozeßcharak
ter, bei dem nach einer Initialphase die wei
tere Entwicklung einem steten Wandel aus
gesetzt sein wird. Ziel ist die zunehmende Diversität des einmal angelegten Systems.
Die Initialphase umfaßt Maßnahmen wie:
Beseitigung von Altlasten, Wegebau, Anla
gen von Wiesen und Gehölzflächen. Sie kann in Zusammenarbeit mit Bürgern, Schu
len und Umweltorganisationen sowie ABM- Maßnahmen erfolgen. Auch die weiteren Schritte wie die künstlerische Gestaltung der Femwärmetrasse, die Anlage von Frei- und Sportflächen und die Realisierung eines Wasserkonzepts sollen auf diese Weise erfolgen. Einzelne Interessengruppen kön
nen sich das Gelände durch Patenschaften
“erschließen”. Schulen können gärtnern, Sprayer können sprayen, Mountainbiker ihre eigene Strecke bauen, etc.
(8) Im Frühjahr 1996 wurden auf Veranlas
sung des Projektträgers alle Arbeiten zur weiteren Realisierung der Grünradialen auf Seiten des Ostraum-Projektes eingestellt (siehe hierzu S. 15 u. 54)
3.4.2 Quartiersentwicklung Reudnitz/Anger
(1) Überschaubare Stadtquartiere sind die wichtigste Handlungsebene des Ökologi
schen Stadtumbaus (Hahn, 1991). Hier leben die mit konkreten Umweltproblemen konfrontierten Menschen. Hier ist die Betroffenheit am größten und hier müssen die Ziele der AGENDA 21 und der daraus abgeleiteten Lokalen Agenda 21 in einer Vielfalt von kleinteiligen Maßnahmen und durch Verhaltensänderungen der Menschen realisiert werden. Die Aufgabe des Staates, der Kommunen und der unterstützenden internationalen Institutionen ist es, dafür geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.
In den Quartieren müssen sich die ver
schiedenen Akteure zu neuen Formen der Kooperation und Koproduktion zusammen
finden. Beim Abfall geht es beispielsweise um die Herausbildung aufeinander abge
stimmter Maßnahmen zur Abfallvermei
dung, zur getrennten Sammlung von Wert- stoffen, organischen Abfällen und deren Kompostierung, von Problemstoffen und sogenannten Reststoffen. Erfahrungen mit städtischen Recyclinghöfen und Abfall
agenturen zeigen, daß diese um so effekti
ver arbeiten, je mehr sie auf die spezifi
schen Gegebenheiten des jeweiligen Quar
tiers ausgerichtet sind.
Ähnlich ist das bei Maßnahmen zur Ver
besserung des Wohnumfeldes und des Mikroklimas. Hier geht es um die Einrich
tung von Mietergärten, Nachbarschaftsparks und Quartiersgärtnereien, um Entsiegelung, Dach- und Fassadenbegrünung. Die Ein
richtung dezentraler Wasserkreisläufe unter Einbeziehung von Regen-, Grau- und Grundwasser erfordert die Nachbarschaft als Planungsebene ebenso wie umweltentla
stende Energie- und Wärmeversorgungssy
steme in Form von Blockheizkraftwerken, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärme-Rückge
winnung, regenerierbare Energiequellen, insbesondere Solarenergie. Beim Verkehr sind auf Quartiersebene in Abstimmung mit den Bewohnern »Tempo 30« und andere Verkehrsberuhigungskonzepte zu entwic
keln; dazu gehören der Straßenrückbau und die Entsiegelung und Umnutzung eines Teils der Straßenflächen zugunsten der Fußgän
ger, des Fahrradverkehrs und einer klima
wirksamen Begrünung.
(2) In Verbindung mit der ökologischen Quartiersentwicklung sind geeignete Kom
munikationsstrategien zu entwickeln. Die Erfahrung zeigt, daß technische Vorkehrun
gen nur beschränkt wirkungsvoll sind, wenn die Bewohner nicht in die Planung und Rea
lisierung einbezogen werden. Dazu gehören geeignete Beteiligungskonzepte, Umweltin
formation und Umweltbildung. Neben der eigenverantwortlichen Mitgestaltung des Alltags im Quartier geht es dabei auch dar
um, durch die notwendigen ökologischen Umbaumaßnahmen neue Qualifizierungs
und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Bewohner zu schaffen. Eine echte Chance hat eine solche Umbauvision allerdings erst dann, wenn es gelingt, einen dynamischen, sozial und ökologisch orientierten W irt
schaftsprozeß in Gang zu setzen. Die Vor
aussetzungen hierfür sind gerade auf der Quartiersebene im Grunde günstig, weil in Form von ständigen Investitionen für Neu
bau-, Umbau- oder Modemisierungsmaß- nahmen ohnehin viel privates und öffentli
ches Kapital bewegt wird.
Abb.: 10