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Geometrische Beschreibung der Porenmorpho- logie

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Academic year: 2022

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Porenstruktur und Schallabsorption offenzelliger Mineralschäume

Roman Wack, Waldemar Maysenhölder

Fraunhofer-Institut für Bauphysik, 70569 Stuttgart, akustik@ibp.fraunhofer.de

Einleitung

In einem Vorhaben zum Upcycling feinkörniger Bau- und Abbruchabfälle sollen Mineralschäume mit hohem Ge- brauchswert, bekannter Gefahrstoff-Belastung und ausgegli- chener Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus entstehen.

Über die Rezeptur und die Parameter des rein mechanischen Schäumungsprozesses können Porengrößen, der Grad der Of- fenzelligkeit und die Größe der Zellverbindungen eingestellt werden. Diese Steuerungsmöglichkeiten sollen für eine ge- zielte Optimierung der schallabsorbierenden Eigenschaften ausgenutzt werden.

Im Vergleich zu gebräuchlichen Kunststoffschäumen ist die Porenmorphologie dieser Mineralschäume jedoch deutlich unregelmäßiger (Abbildung 1).

Abbildung 1: Tomografierter Ausschnitt eines untersuchten Mineralschaums.

Zur Charakterisierung der Strukturen werden daher integral- geometrische Größen verwendet. Erste Zusammenhänge zwi- schen dieser geometrischen Beschreibung und den relevanten Parametern der Schallausbreitung werden am Beispiel des längenbezogenen Strömungswiderstands gezeigt.

Bestimmung der Eingangsgrößen für ein Ab- sorbermodell

Zur Beschreibung der Schallausbreitung im Material wurde das Johnson-Champoux-Allard-Modell gewählt. Dieses Mo- dell für poröse Medien mit starrem Skelett hat fünf Ein- gangsparameter:

ߪ: längenbezogener Strömungswiderstand

߶: offene Volumenporosität ߙ: Tortuosität

Ȧ: charakteristische viskose Länge ȦԢ: charakteristische thermische Länge

Die effektive Dichte wird nach [1] beschrieben durch ߙ ൌ ߙቆͳ െ ఎ௝థ

ఘఈටͳ ൅ସ௞௝ఠఘ

ିଵ

. (1)

Darin sind ߱ die Kreisfrequenz, ߩ die Dichte der Luft und ੓ die Schallgeschwindigkeit in Luft. Mit der dynamischen Vis- kosität der Luft ߟ ergibt sich die viskose Permeabilität zu

݇ൌ ߟ ߪΤ . Die effektive Kompressibilität ist nach [2] gege- ben durch

ߚ ൌ ߢ െ ሺߢ െ ͳሻ ቆͳ െ ఎ௝థ

ఘ௞”ఠටͳ ൅ସ௞ᇲమఘ௝ఠ”

ᇲమ

ିଵ

ǡ (2) mit der thermischen Permeabilität ݇ ൌ ߶ ȦᇱଶΤͺ, dem Adia- batenexponenten ߢ und der Prandtl-Zahl ”.

Die direkte Messung der Eingangsparameter ist zum Teil schwierig. Daher wurden zwei alternative Methoden zur Be- stimmung gewählt, die am Beispiel der Schaumvariante in Abbildung 1 dargestellt werden. Bei der ersten wurde nur der längenbezogene Strömungswiderstand gemessen, die restli- chen vier Eingangsparameter indirekt bestimmt. Hierzu wurde die Wellenzahl ݇ und die charakteristische Impedanz ܼ

݇ ൌ

ඥߙߚ ܼ ൌఘ௖

(3) mit den Verfahren nach [3] im Impedanzrohr gemessen, wo- raus eine Rückrechnung der Eingangsparameter erfolgen kann. Abbildung 2 vergleicht gemessene und berechnete Spektren der Wellenzahl im Material, Abbildung 3 die cha- rakteristische Impedanz normiert auf die Kennimpedanz der Luft. Die Übereinstimmung zwischen Messung und Berech- nung ist für Entwicklungszwecke ausreichend.

Die zweite Bestimmung nutzt frequenzunabhängige Simula- tionsrechnungen mit dem Programm GeoDict [4]. Dabei lie- fert die Vermessung des Geometriemodells die Porosität und die charakteristische thermische Länge. Aus einem Gleich- strömungsfeld wird der Strömungswiderstand und aus einem Potentialfeld die Tortuosität und charakteristische viskose Länge gewonnen.

Die Geometrie wird als Voxelmodell an GeoDict übergeben.

Dadurch sind auch bei meso-heterogenen Porenmorphologien repräsentative Elementvolumen berechenbar. Von bereits her- gestellten Schäumen können tomografische Aufnahmen ver- wendet werden. Abbildung 4 zeigt entsprechende Aufnah- men, die mit einem globalen Schwellenwert (Otzu) binarisiert wurden.

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Abbildung 2: Realteil (ȆȆ) und Imaginärteil (ȆȆ) der Wellen- zahl in einem Mineralschaum (Messung durchgezogenen, Berechnung gestrichelt).

Abbildung 3: Realteil (ȆȆ) und Imaginärteil (ȆȆ) der auf die Kennimpedanz der Luft normierten charakteristischen Impe- danz eines Mineralschaums (Messung durchgezogenen, Be- rechnung gestrichelt).

Aus der Tomografie ist nicht zweifelsfrei ersichtlich, welche Anteile der feinen Poren in den Wandungen offenzellig ver- bunden sind. Daher wurden Varianten mit und ohne Steg- poren untersucht.

Abbildung 4: Binarisierte mikro-tomografische Aufnahmen eines Mineralschaums mit (links) und ohne Poren (rechts) in den Wänden (Materialphase weiß, Porenvolumen schwarz;

Kantenlänge der Ausschnitte 7,1 mm).

Der Vergleich der Ergebnisse aus beiden Verfahren zeigt teil- weise gute Übereinstimmung. Größere Abweichungen erga- ben sich bei den Größen aus der Diffusfeld-Simulation, insbesondere der charakteristischen viskosen Länge. Die Si- mulation des Strömungswiderstands wird bei ausreichender Auflösung des Geometriemodells als verlässlich angesehen.

Die Bestimmung über Simulationsrechnungen hat Vorteile:

Einerseits ist eine Identifikation der bedeutsamen Porenstruk- turen möglich, wie die Varianten mit und ohne Stegporen zei- gen. Hier sind die Stegporen für den Strömungswiderstand nicht relevant. Andererseits ergibt sich die Möglichkeit, syn- thetisierte Porengeometrien – beispielsweise in Form Boole- scher Modelle [5] – auszuwerten.

Geometrische Beschreibung der Porenmorpho- logie

Zur Beschreibung der zweiphasigen Strukturen wie in Abbil- dung 4 werden integralgeometrische Größen verwendet. Da- bei wird die Punktmenge ܭ einer Phase durch Minkowski- Funktionale ܹሺܭሻ charakterisiert. Im Dreidimensionalen er- geben sich vier skalare Maße [6]:

ܹሺܭሻ ൌ ܸ ܹሺܭሻ ൌ

׬ †ܣడ௄

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ܹሺܭሻ ൌ

׬ ሺ݇డ௄ ൅ ݇ሻ†ܣ ܹሺܭሻ ൌ

׬ ݇డ௄ ݇†ܣ Dabei ist ܹሺܭሻ das Volumen von ܭ, ܹሺܭሻ entspricht 1/3 der Oberfläche, ܹሺܭሻ 1/3 der integrierten mittleren Krüm- mung und ܹሺܭሻ 1/3 der integrierten Gaußschen Krümmung dieser Oberfläche. Über die Euler-Poincaré-Charakteristik

߯ሺܭሻ sind Integralgeometrie und Topologie verknüpft:

ܹሺܭሻ ൌସగ

߯ሺܭሻ (5)

Diese Euler-Zahl ist ein Maß für die Konnektivität, hier also für die Verbundenheit der Poren. Die Minkowski-Funktionale können aus tomografierten Geometriemodellen bestimmt werden [7].

Zusammenhänge zwischen Geometrie und Ein- gangsgrößen

Grundsätzlich ist klar, dass die Beschreibung der Geometrie mit den skalaren Minkowski-Funktionalen nicht ausreicht, um die – möglicherweise richtungsabhängige – Schallaus- breitung allein aus der Porenmorphologie vorherzusagen.

Dazu müsste die Beschreibung um mindestens die Min- kowski-Tensoren zweiter Stufe erweitert werden. Im Hinblick auf die Steuerungsmöglichkeiten bei der Herstellung und da- mit auf die akustische Optimierung konnten trotzdem erste Zusammenhänge abgeleitet werden, indem die Geometriemo- delle in Abbildung 4 variiert und die resultierenden Ein- gangsparameter des Absorbermodells berechnet wurden.

Zunächst wurde die Geometrie und damit die mittlere Poren- größe linear skaliert, indem lediglich die Voxelkantenlänge variiert wurde. Die Auswirkungen auf den Strömungswider- stand können Abbildung 5 entnommen werden. Zum Ver- gleich sind dort die Dichten der Minkowski-Funktionale der Materialphase eingetragen.

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Abbildung 5: Dichten der Minkowski-Funktionale und län- genbezogener Strömungswiderstand über dem Skalierungs- faktor der Ursprungsgeometrie.

Die Dichten ergeben sich aus der Normierung auf das Voxel- volumen. Alle Größen sind auf die tomografierte Ursprungs- variante (Skalierungsfaktor 1) bezogen. Wie erwartet verhält sich der längenbezogene Strömungswiderstand umgekehrt proportional zum Quadrat der Porengröße und damit propor- tional zur Dichte des Integrals der mittleren Krümmung.

Eine zweite Variante belässt die Porengrößenverteilung im Ursprungszustand. Hier werden die Flächen der Porenverbin- dungen zunehmend „eingeschnürt“. Dazu wurden mittels Bildverarbeitung Zellgrenzen rekonstruiert [8] und die Poren- öffnungen durch sukzessives umlaufendes Anlagern von Ma- terial auf diesen Zellgrenzen verringert. In Abbildung 6 sind die simulierten Strömungsgeschwindigkeiten in den Poren ge- zeigt. Dabei hält die Berechnung die anliegende äußere Druckdifferenz konstant.

Abbildung 6: Betrag der Strömungsgeschwindigkeit bei konstanter äußerer Druckdifferenz in der ursprünglichen Po- rengeometrie (links) und bei verkleinerten Porenverbindun- gen (rechts).

Der längenbezogene Strömungswiderstand wächst auch hier erwartungsgemäß mit der Verringerung der Querschnittsflä- che der Porenverbindungen. Auch in diesem Fall bleibt die Massivität bzw. Porosität praktisch konstant, wie Abbil- dung 7 zeigt. Darüber hinaus wird die trennende Oberfläche kaum verändert. Auffällig ist die gegenläufige Entwicklung der mittleren Krümmung im Vergleich zur skalierten Vari- ante. Die Veränderung der Euler-Zahl ergibt sich auch aus der zunehmenden vollständigen Schließung der Porenverbindun- gen.

Abbildung 7: Dichten der Minkowski-Funktionale und län- genbezogener Strömungswiderstand bei sukzessiver Verrin- gerung der Porenverbindungen. Ein angelagerter Voxel entspricht einer umlaufenden Querschnittsverkleinerung um 6,8 μm.

Zusammenfassung

Die Mineralschäume weisen inzwischen durchaus konkur- renzfähige Absorptionsspektren auf. In Abbildung 8 sind mit dem Johnson-Champoux-Allard-Modell berechnete Spektren bei jeweils 50 mm Schichtdicke eingetragen. Verglichen wird mit einem Polyesterfaser-Vlies (11,4 kPa s/m²) und dem ge- sinterten Glasschaum Reapor®.

Entscheidend ist, dass die offenzellige Porosität der Mineral- schäume bereits ausreichend hoch ist und eine Optimierung über die Porenform erfolgen kann. Das vornehmliche Ziel ist dabei, das Absorptionsmaximum bei gleichbleibender Schichtdicke weiter zu tieferen Frequenzen zu verschieben.

Abbildung 8: Absorptionsgrade bei senkrechtem Schallein- fall von 50 mm dicken porösen Absorbermaterialien vor schallhartem Abschluss: Mineralschaum (ȆȆ), Polyesterfa- ser-Vlies (Ȇ) und gesinterter Glasschaum (Ȇ).

Literatur

[1] Johnson, D. L.; Koplik, J.; Dashen, R.: Theory of dy- namic permeability and tortuosity in fluid-saturated po- rous media. J. Fluid Mechanics 176 (1987) 379-402

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[2] Champoux, Y.; Allard, J. F.: Dynamic tortuosity and bulk modulus in air-saturated porous media. Journal of Applied Physics 70 (1991) 1975-1979

[3] Utsuno, H.; Tanaka, T.; Fujikawa, T.; Seybert, A. F.:

Transfer function method for measuring characteristic impedance and propagation constant of porous materi- als. J. Acoust. Soc. Am. 86 (1989) 637-643

[4] GeoDict Homepage,

URL: http://www.geodict.com

[5] Scholz, C. et al.: Direct relation between morphology and transport in Boolean models. Physical Review E92 (2015) 043023

[6] Chiu, S. N.; Stoyan, D.; Kendall, W. S.; Mecke, J.: Sto- chastic geometry and its applications. Third edition, Wiley, 2013

[7] Arns, C. H. et al.: Euler-Poincaré characteristics of clas- ses of disordered media. Physical Review E63 (2001) 031112

[8] Lautensack, C.; Sych, T.: 3D image analysis of open foams using random tesselations. Image Anal. Stereol.

25 (2006) 87-93 DAGA 2017 Kiel

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Referenzen

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