Zdzislaw Kaminski: Raumliche Simulation in der Diffusionsforschung 225
BERICHTE UND MITTEILUNGEN
RAUMLICHE SIMULATION IN DER DIFFUSIONSFORSCHUNG
Am Beispiel der Simulationsmodellierung der raumlichen Diffusion von Agrarinnovationen in der polnischen Landwirtschaft
Mit 4 Abbildungen (z. T. als Beilage V) und 4 Tabellen
Zdzislaw Kaminski
Summary: Spatial simulation in diffusion research. The example of simulation modelling of the spatial diffusion of
innovations in Polish agriculture
The study presented describes the result arrived at by the author in his research on the spatial diffusion of agricultural
innovations in Poland. The subject under examination is the diffusion of modern livestock buildings among peasant farmers in Southern Wielkopolska between 1967-1975.
The study aims at a reconstruction of this process and at an understanding of its mechanism in a spatio-temporal approach. This aim has been realized within the framework of the wave-model of innovation diffusion using the Monte Carlo simulation model. The article presents the successive
stages of simulation modelling, from the identification of spatial dependences of the observed diffusion process, through the formulation of the rules of a stochastic model and a simulation of the spatial patterns of diffusion for two model approaches, to the determination of the adequacy
and the evaluation of the simulation experiments carried out.
Vorbemerkungen
Das Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist der Ver
such, eine Klasse von Raum-Zeit-Modellen, die auf der Theorie der stochastischen Prozesse beruhen, auf
die Simulationsmodellierung der raumlichen Diffu
sion von Agrarinnovationen anzuwenden. Diese Modelle sind stochastische Monte-Carlo-Simula
tionen, die prognostische Funktionen erfullen und daher nicht nur fur die geographische Forschung,
sondern auch fur die raumliche Planung von Bedeu tung sind.
Die Entwicklungsphase der sog. ,,Quantitativen Geographie" der sechziger und siebziger Jahre ging
auf eine verstarkte Orientierung an den exakten
Wissenschaften und ihren Methoden zuriick. Dies hat eine Expansion statistischer Verfahren und mathematischer Modelle hervorgerufen, um sowohl die Struktur der untersuchten Wirklichkeit zu be
schreiben als auch bestimmte Phanomene und Pro zesse zu erklaren und zu prognostizieren. Dank der
Fortschritte in der elektronischen Datenverarbeitung ist auch die numerische Simulationsmodellierung zu nehmend popularer geworden. Sie findet vor allem Anwendung beim Experimentieren mit Erscheinun
gen und Prozessen, deren direkte Untersuchung zu teuer oder sogar undurchfiihrbar ware. Die Effektivi tat der numerischen Simulation erhoht sich, wenn die
zu analysierenden Prozesse einen diskreten, nicht linearen oder stochastischen Charakter tragen bzw.
wenn exakte Losungen dieser Prozesse nicht moglich
sind. Mit derartigen Phanomenen, die sich als Resul tat von sehr komplexen Systemen ergeben, haben es Geographen haufig zu tun.
In Polen befindet sich die Entwicklung der Simula tionsmodellierung raumlicher Prozesse noch in den Anfangen. Dennoch gibt es in der geographischen
Literatur eine Reihe von Arbeiten, die man als Bei spiele ihrer Anwendung auch fiir Bediirfnisse der
Raumplanung erwahnen kann. Das erste polnische
Simulationsmodell iiber das Wachstum von Stadten stammt von Zipser (1972) und baut auf dem sog.
intervening opportunities-Modell (Stouffer 1940) auf.
Des weiteren ist die Arbeit von Mazurkiewicz (1977)
zu nennen, in der das Lowry-Typ-Modell (Lowry
1965) als Grundlage der Simulation der raum
funktionalen Strukturveranderungen einer Stadt ver
wendet wurde. Ein neuer Vorschlag im Bereich der Simulationsmodellierung des landlichen Siedlungs
systems geht auf Domanski und Wierzbicki (1981) zuriick. Die einzigen polnischen Beispiele der An wendung stochastischer Simulationsmodelle in der Diffusionsforschung bilden die Arbeiten von Dramo wigz (1975) und Kaminski (1982). Die von Dramo wicz erarbeiteten Modelle dienen zur Abbildung der Urbanisierungsprozesse im landlichen Raum. Die Untersuchungen von Kaminski werden im folgenden Teil des Aufsatzes ausfiihrlich dargestellt.
Beobachtung des Diffusionsprozesses
Forschungsgegenstand ist der Prozefi der raum lichen Ausbreitung von Agrarinnovationen. Im fol
genden Beispiel handelt es sich um moderne Wirt schaftsgebaude und Stalle, die in den Jahren 1967-1975 im siidlichen Gebiet von Wielkopolska (Grofipolen) im privaten Sektor der Landwirtschaft neu errichtet oder modernisiert worden sind. Mit der Untersuchung wird angestrebt, den beobachteten Diffusionsprozefi zu rekonstruieren und seinen
raum-zeitlichen Ablauf zu erkennen.
Die Kartenserie in Abb. 1 (Beilage V) stellt die
raumliche Diffusion der erwahnten Agrarinnovatio
nen im untersuchten Gebiet (rund 6000 km2) dar.
Der Ausbreitungsprozefi setzt im Jahre 1967 im west lichen und siidlichen Gebiet von Grofipolen ein. Die Lokalisation der ersten Adoptoren, d. h. der 23
Bauern, die die Innovation zuerst angenommen
haben, bestimmt den Beginn der Diffusion zum Zeit punkt to und bildet die Ausgangssituation fiir die weitere Entwicklung dieses Prozesses. Schon im Jahre 1968 (ti) hat sich die kumulative Zahl von Adoptoren auf 80 Personen erhoht und sich bis 1969 nochmals verdoppelt. Kennzeichnend fiir diese Phase des Ausbreitungsprozesses ist die Haufung der
neuen Adoptoren um die ersten Neuerer herum. Im
Jahr 1975 (ts) betragt die kumulative Zahl von Adop
toren 1681 Personen, und fast das ganze Gebiet von
Grofipolen ist von diesem Diffusionsprozefi erfafit.
Lediglich im nordlichen Teil des Untersuchungs
raumes hat sich ein kleines Gebiet gebildet, in dem sich die Diffusion nicht ausbreiten konnte.
Raumliche Abhangigkeiten des Diffusionsprozesses In der Simulationsmodellierung raumlicher Diffu sionsprozesse spielt die Weitergabe von Informatio nen eine sehr wichtige Rolle. Mit anderen Worten, man fragt danach, wie sich die Ausbreitung von
Informationen innerhalb der Bevolkerung eines Ge bietes raum-zeitlich vollzieht. Zu diesem Zweck geht
man von der Annahme aus, dafi die gesamte Kom munikation innerhalb der Bevolkerung auf person
lichen Kontakten beruht. Diese vereinfachende An
nahme findet unmittelbare Anwendung bei der Bearbeitung des sog. Mittleren Informationsfeldes (Mean Information Field - MIF), das die Wahrscheinlichkeit der nachbarschaftlichen Kontakte bei der Informa
tionsweitergabe ausdnickt, die aufgrund der empi risch-bestimmten Distanzabnahmefunktionen (distance decay function) formuliert werden kann (Hagerstrand
1967).
Es ist klar, dafi ein solches Mittleres Informations feld den konkreten lokalen Bedingungen eines sozio okonomischen Systems, in dem der Diffusionsprozefi stattfindet, entsprechen sollte. Das hier vorgestelite Verfahren beruht darauf, dafi die Bestimmung des MIF aufgrund der Beteiligung an den landwirtschaft
lichen Markten und damit iiber ein sog. Beteiligungs feld erfolgt. Jedes ?Beteiligungsfeld" hat seine be
Tabelle 1: Reale Verteilung und theoretische Verteilungen der Beteiligungsdichte an den Markten Actual distribution and theoretical distributions of journey to market densities
Distanzabnahmefunktionen
Entfernung Empirische -
gegeniiber Beteiligungs- Pareto Exponential- Pareto
Ringmitte dichte Funktion Exponential
(in km) (Personen/km2) Funktion
4,1400 1 10,2415 2,3445 4,1675
1,8842 3 1,7050 1,6449 1,8083
5 1,1942 0,7408 1,1540 1,0710
0,4663 7 0,4278 0,8096 0,6956
0,5484 9 0,2838 0,5680 0,4725
0,5138 11 0,2046 0,3985 0,3297
0,1408 13 0,1557 0,2796 0,2342
0,1539 15 0,1233 0,1961 0,1684
0,1498 17 0,1005 0,1376 0,1223
0,1425 19 0,0838 0,0965 0,0894
0,0645 21 0,0712 0,0677 0,0658
0,0243 23 0,0613 0,0475 0,0487
0,0319 25 0,0535 0,0333 0,0361
0,0620 27 0,0472 0,0233 0,0268
0,0138 29 0,0420 0,0164 0,0200
1-2 =
0,89 r2 = 0,91 r2 = 0,99
Zdzisidw Kaminski: Raumliche Simulation in der Diffusionsforschung 227
i
O Mfirkte ?- Beteiligungen an den Markten Woiewodschaftsgrenze
Abb. 2: Raumliche Ausbreitung der Beteiligungen an den Markten im sudlichen Gebiet von Wielkopolska (Grofipolen) im Jahre 1976
Spatial distribution of journeys to markets in southern Wielkopolska, 1976
stimmte raumliche Struktur, und die Intensitat der personlichen Kontakte verringert sich mit wachsen der Entfernung zum Zentrum des jeweiligen Feldes
(vgl. Abb. 2 und Tab. 1). Es erweist sich, dafi zwi schen den beiden Variablen, d.h. der Teilnahme der Bauern an den Markten und der Entfernung zu den Markten, ein recht enger negativer Zusammenhang
besteht (Korrelationskoeffizient r = -0,720). Die empirische Verteilung der Beteiligungsdichte in Ab hangigkeit von der Entfernung ist in Tab. 1 darge stellt. Zur mathematischen Beschreibung dieses be
obachteten Zusammenhanges werden drei Distanz abnahmefunktionen verwendet, und zwar die Pareto-, die Exponential- und die Pareto-Exponential-Funk
tion, deren Parameter mit Hilfe der ? Methode der kleinsten Quadrate" geschatzt worden sind. Die Be
stimmung der Anpassungsgiite der verwendeten Funktionen an die empirische Verteilung wird mit Hilfe des Bestimmtheitsmafies (r2) durchgefuhrt.
Aus dem Vergleich der einzelnen Bestimmtheits mafie (vgl. Tab. 1) geht hervor, dafi die Pareto Exponential-Funktion die beste Anpassung zeigt.
Diese Funktion verbindet zufalliges mit zweckmafii gem Verhalten der Menschen im geographischen Raum (vgl. Morrill u. Pitts 1967).
Aufbau des Mittleren Inforrnationsfeldes
Abb. 3 zeigt das Verfahren beim Aufbau des Mitt leren Inforrnationsfeldes (vgl. Morrill u. Pitts 1967 sowie Gould 1969). Den Anfang bildet das sog. Netz von erwarteten Kontakten (Expected Floating Grid -
EFG)}
das aus 19 hexagonalen Raumeinheiten (cells) be steht. Die Flache einer Zeile betragt 25 km2, die Ge samtflache des EFG ist 475 km2. Als Radius des EFG werden ca. 11 km angenommen, weil anschliefiend
die Beteiligung an den Markten stark abnimmt (vgl.
Netz von erwart*ten Kontakten MHtl^ree lnf^ Kumufatives Informationsfetd
(EF6> mm (AtFJ
/r?/Z^ >^/^ --^g^^
.':iV 'J-N^i^ Entfernun^wietz
^4??. 5: Konstruktion des Mittleren Informationsfeldes (MIF) und des Kumulativen Informationsfeldes (AIF) Construction of the mean information field (MIF) and the cumulative information field (AIF)
Abb. 3). Die Berechnung der Werte fiir jede Zeile des EFG wird in Anlehnung an die oben abgeschatzte
Pareto-Exponential-Funktion durchgefuhrt. In der
Zentralzelle steht die Zahl von Personen, die in den jeweiligen Marktorten wohnen (im Beispiel 388). Das MIF enthalt eine zu EFG analoge Aussage, jetzt
jedoch ausgedriickt als Wahrscheinlichkeit von Kon takten (Summe aller Zeilen = 1,0). Abb. 3 stellt die Etappen beim Aufbau des MIF und des sog. Accumu lated Information Field (AIF) dar. Dieses kumulative Informationsfeld ist eine Matrix, die Intervalle von Zufallszahlen enthalt. Diese Zufallszahlenintervalle
entstehen durch Kumulation der Zufallszahlen aus dem MIF im Uhrzeigersinn.
Da das oben dargestellte Verfahren bei der Kon struktion des MIF vollstandig isotrop ist, d. h. keine Richtungsunterschiede zulafk, und damit zu wenig realistisch ist, sollte man die Abschatzung der Wahr scheinlichkeitswerte besser aufgrund der Zahlen potentieller Adoptoren durchfuhren. Dabei geht man
von der Annahme aus, dafi die potentiellen Adoptoren
der untersuchten Agrarinnovationen solche Bauern
sind, die eine Feldflache von iiber 10 ha besitzen. In jede Zeile des Simulationsnetzes, das 281 hexagonale Raumeinheiten umfafit, wird die Zahl solcher poten
tieller Innovationsubernehmer eingetragen.
Aus dem Obigen geht hervor, dafi sich die Wahr scheinlichkeit Pi*, dafi ein Adoptor (teller), der die zentrale Zeile von MIF bewohnt, und ein potentieller Innovationsubernehmer (receiver), der eine andere Zeile i von MIF bewohnt, zur Zeit t zusammen
treffen, wie folgt abschatzen lafit:
Yi * Li(ti)
^ (fl- i. J E ^ Li(tj)
wobei Yi = Wahrscheinlichkeit der personlichen
Kontakte entsprechend dem Isotropen
modell des MIF,
Zdzidaw Kaminski: Raumliche Simulation in der Diffusionsforschung 229
Li = Zahl von potentiellen Innovationsiiber nehmern in der i-ten Zeile,
tj = Annahmezeit von Innovationen (tG =
1967 (G0), ti = 1968 (Gj), t2 = 1969 (G2), . . . t8 = 1975 (G8)),
i = Zeile.
Das bedeutet, dafi jede neue Verteilung der Wahr scheinlichkeitswerte sowohl von der Entfernung vom Diffusionszentrum als auch von der Zahl der poten
tiellen Innovationsubernehmer in jeder Zeile des
Simulationsnetzes und in jeder Generation des Simu
lationsmodells (Gi, G2, G3, . . ., G8) abhangig ist.
Prinzipien des Simulationsmodells
Die Simulation des untersuchten Diffusionspro zesses stiitzt sich auf folgende Prinzipien (siehe Kaminski 1982):
1. Das Gebiet, in dem der beobachtete Ausbrei tungsprozefi der Agrarinnovation stattfindet, ist
in hexagonale Raumeinheiten, sog. Zeilen, mit
gleichgrofien Flachen (25 km2) unterteilt.
2. Die Zeitabfolge des Diffusionsprozesses wird in
einzelne Zeitspannen, die sog. Generationen des
Simulationsmodells, gegliedert. Bekannt ist also die Zeit tG = 1967 (G0), die iiber den Anfang des
beobachteten Prozesses entscheidet.
3. Die Kommunikation innerhalb der Bevolkerung beruht auf personlichen Kontakten, wobei man in
diesem Bereich zwei alternative Prozeduren unterscheidet:
a) die Prozedur von Hagerstrand, in der man
davon ausgeht, dafi sich jeder Adoptor in einer
Generation nur mit einem Nicht-Adoptor tref
fen kann und
b) die Prozedur, in der in jeder Generation des Modells eine Angleichung der Zahlen von
simulierten und realen Adoptoren erfolgt.
4. Bekannt ist die Lokalisation der ersten Innova
tionsadoptoren zur Zeit tG (GQ) und die Zahl
potentieller Innovationsubernehmer innerhalb
jeder Zeile des Simulationsnetzes fiir jede Gene
ration des Simulationsmodells.
5. Bekannt ist weiterhin das sog. Mean Information
Field, das von der Distanzabnahmefunktion und
von der Zahl der potentiellen Innovationsuber nehmer abhangig ist.
6. Die Ubernahme der Neuerung durch einen Nicht Adoptor ist von bestimmten Kategorien der
psychischen Hemmung (psychological resistance) gegenuber der Innovation abhangig. Um dem Rechnung zu tragen, wird angenommen, dafi die psychische Hemmung gegen die Innovation
normal verteilt ist.
Nicht beriicksichtigt werden physische Barrieren, weil es in dem untersuchten Gebiet keine solchen
Effekte gibt. Desweiteren wird unterstellt, dafi aufier
halb der untersuchten Region keine Moglichkeiten
zur Ubernahme der Innovation bestehen, also
Pi*(t) = 0 fur i aufierhalb der Untersuchungsregion gilt.
Die Simulation des Diffusionsprozesses geht
auf Monte-Carlo-Operationen zuriick, mit denen Pseudozufallszahlen erzeugt werden. Auf diese Weise bestimmt man
- die Lokalisation der Zeile, in der ein neuer Inno
vationsubernehmer wohnt,
- eine konkrete Person, die die Innovation an nehmen konnte,
- die Kategorien der psychischen Hemmung.
Simulationsprozeduren
Die iiberwiegende Mehrheit von Forschern, die sich mit der Problematik der raumlichen Diffusion beschaftigen, lehnt sich dabei an das Modell von Hagerstrand (1967) an, bei dem davon ausgegan
gen wird, dafi die Ubernahme der Neuerung direkt nach Erhalt der Information erfolgt. Es kann jedoch nicht genug darauf hingewiesen werden, dafi dieser Mechanismus wenig realistisch ist. Diese Schwierig
keiten kann man iiberwinden, indem man die er
wahnte hagerstrand-Prozedur modifiziert. Diese
Modifizierung beruht darauf, fiir jede Generation die Zahl der simulierten neuen Adoptoren der Zahl der
realen neuen Adoptoren anzugleichen. Die Zweck
mafiigkeit dieser Auffassung haben schon friiher unter anderem Yapa (1976), Bivand (1978) und Kaminski (1982) betont.
Man nimmt dabei folgendes an:
1. T bezeichnet die Zahl von Zeitspannen, Genera tionen,
2. xx[t], t =
1, 2, . . ., T bezeichnet die realen Sum men von Adoptoren,
3. yy[t] bezeichnet die Zahl von Adoptoren im Simu lationsmodell und
4. y[i], i = 1, 2, . . ., N bezeichnet das Register von
Adoptoren.
In der klassischen hagerstrand-Prozedur wer
den m < xx[t] potentielle Innovationsubernehmer zu Adoptoren, weil nur xx[t] Informationen iibermittelt
werden. Ein Teil davon kann das Untersuchungs
gebiet verlassen oder infolge der Wirkung der psychi schen Hemmung nicht zum Tragen kommen. Die
Modifizierung der hagerstrand-Prozedur beruht
auf der Notwendigkeit der Erzeugung von m = xx[t + l]-xx[t] neuen Adoptoren in der Generation t.
Dies bedeutet, dafi eine Verlangerung der Simulation notwendig wird, bis yy[t] =
xx[t + 1] gilt. Damit die Wahrscheinlichkeit der Informationsiibermittlung
im weiteren Verlauf gleich bleibt, mufi man solange Personen aus dem Register der aktiven Adoptoren
auslosen und sie als neue Adoptoren registrieren, bis
yy = xx[t + 1] ist.
Angenommen, dafi die Eingangsdaten des Simula tionsmodells bekannt sind, d. h. die Zahl von poten
tiellen Innovationsubernehmernz[i], i = 1,2, . . ., N,
die Zahl der aktiven Adoptoren x[i], i=l,2, ...,N,
xx[t], t = 1, 2, . . ., T, sowie die Wahrscheinlichkeits
werte des MIF, dann kann man die oben besprochene modifizierte Prozedur der Informationsubermittlung wahrend des raumlichen Diffusionsprozesses in fol
genden Schritten darstellen:
1. Zum Ausgangszeitpunkt t = 1 stimmt die Zahl der Adoptoren mit der im Register iiberein (yy[l]: =
xx[l]).
2. Man lost den Informationsiibermittler aus dem Register von aktiven Adoptoren und legt die Zeile
k, zu welcher der Ubermittler gehort, fest.
3. Durch das abzuschatzende Informationsfeld iiber k wird die Zeile des ausgewahlten potentiellen
Ubernehmers bestimmt.
4. Falls eine auf diese Weise ausgewahlte Person ein Adoptor, aber kein Ubermittler ist oder fiir sie eine psychische Hemmung zutrifft oder die Zeile aufierhalb des Untersuchungsgebietes liegt, dann mufi man zu Punkt 2, falls aber diese Person ein Ubermittler ist, zu Punkt 3 zunickgehen. Anson
sten kann man das Verfahren fort setzen.
5. Die Zahl der Adoptoren im Simulationsmodell ist um 1 zu erhohen, und wenn sie kleiner als die reale
Summe von Adoptoren ist, dann mufi man zu
Punkt 2 zuriickspringen.
6. Die Zahl der aktiven Adoptoren entspricht jetzt den Adoptoren im Register.
7. Man erhoht t um 1 und beginnt wieder bei Punkt 1. Falls t + 1 = T ist, endet die Prozedur.
Simulation des raumlichen Ablaufs des Diffusionsprozesses Im untersuchten Beispiel wird sowohl die bekannte Prozedur von Hagerstrand (Version 1 des Modells) als auch die oben dargestellte modifizierte Prozedur
(Version 2) angewandt. Jedes Verfahren beruht auf der Erzeugung von 99 Serien der Simulation, wobei jede Serie 8 Generationen des Simulationsmodells umfafit (Gj = 1968, . . ., G8 = 1975). Insgesamt wer den 198 Simulationsserien des Diffusionsprozesses
erarbeitet.
Die Monte-Carlo-Simulation des Diffusionspro zesses besteht in der Erzeugung der Pseudo-Zufalls zahlen, die aus dem sog. multiplikativen Generator von Zufallszahlen nach folgender Formel erfolgt:
Xj +1 = frac (n Xi)
Die Simulation der effektiven Informationsan weisung (Innovationsiibernahme) ist eine zweistufige
Prozedur. Die erste Zufallszahl bestimmt die Lokali
sation einer Zeile, die ein Informationsadressat be
wohnt, die zweite identifiziert die konkrete Person aus den potentiellen Adoptoren. Der Effekt der psychischen Hemmung wird fur jeden potentiellen Annehmer noch vor der Durchfuhrung des Simula
tionsmodells bestimmt. Diese Vorgehensweise ist Ausdruck des stochastischen Wesens des raumlichen
Diffusionsprozesses.
Testen der Simulationsmodelle
Das Testen der Simulationsmodelle gehort bis
heute zu den noch wenig angewandten Verfahren
innerhalb der geographischen Simulationsforschung.
Im vorliegenden Fall basiert das Testen des Simula tionsmodells auf der HoPE-Typ-Prozedur (Hope 1968). Diese Prozedur wurde zum ersten Mal zur
Uberpriifung des hagerstrand-Modells von Cliff
und Ord (1973) verwendet. Sie besteht aus folgenden Schritten:
1. Man erzeugt m unabhangige Realisationen des
Simulationsmodells x[i,k], i=l, N, k = l,
...,m.
2. Dann berechnet man eine mittlere Karte S[i] aus
den m Realisationen und aus der Karte des beob
achteten Prozesses y[i]
S[i] = [|x[i,k] + y[i]]/(m+ 1), i- 1, 2, .. ., N.
3. Man ermittelt fiir jede Karte ein Anpassungsmafi.
4. Man ordnet die (m + l)Ergebnisse nach der Grofie der Standardnormalabweichungen und lehnt die Nullhypothese ab, falls keine signifikan ten Unterschiede zwischen einer mittleren Karte
und der Karte des beobachteten Prozesses be stehen.
Im 3. Schritt der HoPE-Typ-Prozedur ist eine
Version des I-Autokorrelationstestes von Moran
(vgl. Cliff u. Ord 1973) fiir die Unterschiede zwi
schen den Karten verwendet worden, d.h. zwischen
der mittleren Karte (2. Schritt) und den Simulations karten (m Realisationen) als auch der Karte des beob achteten Prozesses y [i]. In dieser Version des I-Testes nimmt man an, dafi die Unterschiede zwischen den Karten nicht gleich Null sind, dafi also
t n{ * 0 gilt.
i- 1Die angewandte Variante des I-Testes von Moran ist wie folgt definiert:
ii n
n Z Z Wy zik zjk
Ik= n ,
w I zik2
Zdzistaw Kaminski: Raumliche Simulation in der Diffusionsforschung 231
n wobei Wy = wy / E w^ mit
* _ f 1 wenn i ein Nachbar von j ist
lJ ~
I 0 in ubrigen Fallen und w = I Wjj , i.j J
Zik = xik-Xi, Xi =- I xik, k =
1, 2, . . ., m, m k-i
wobei xj ein Wert der Zeile i der mittleren Karte und m die Zahl der Karten zum Vergleich mit der
mittleren Karte ist.
Die Standardnormalabweichung der oben bespro
chenen I-Statistik ist SND(I) = [I-ER(I)][VarR(I)]-1/2.
Im 4. Schritt der HoPE-Typ-Prozedur ordnet man
die Standardnormalabweichungen vom kleinsten (Rang 1) bis zum grofiten Wert (Rang m + 1). Die am besten angepafite Karte ist diejenige, fiir die die Standardnormalabweichung SND(I) dem Wert Null moglichst nahe kommt. Unter Beachtung der Posi
tion der Karte des beobachteten Prozesses in der ge
ordneten Reihe der SND(I) kann man die Anpas sungsstufe des Modells bestimmen. In diesem Fall testet man die Hypothese HQ, ob die Unterschiede
zwischen der mittleren Karte und der Karte des be obachteten Prozesses, bei einem angenommenen Sig
nifikanzniveau (a = 0,05), nicht signifikant sind.
Im Fall der Verwendung der Hagerstrand Prozedur werden sechs von acht Modell generationen
getestet (Gi, G2, G4, G6, G7, Gs). Dabei wird ange
nommen, dafi das Testen einer Generation in dem
Moment beginnt, in dem die Globalzahl der simulier ten Adoptoren yy[t + 1 ] grofier oder gleich der Zahl realer Adoptoren xx[t + 1] ist. Wenn diese Vorausset zung nicht erfiillt ist, d. h. wenn yy[t + l]<xx[t + 1]
ist, dann ist eine Fortsetzung des Simulationsmodells notwendig. Die Testergebnisse der beiden Modellie
rungsverfahren sind in Tab. 2 dargestellt.
Bewertung des Simulationsmodells
Die wichtigste Eigenschaft eines gut angepafiten Simulationsmodells besteht darin, dafi die Unter
schiede zwischen den Simulationskarten und der
Karte des realen Prozesses nicht signifikant sind. Zur Uberpriifung wurde der raumliche I-Autokorrela
tionstest von Moran herangezogen (s. oben), und zwar fur jede zu testende Generation des Modells
(Tab. 2). Daraus lafit sich nicht nur ablesen, ob das
angewandte Monte-Carlo-Simulationsmodell den zu
erforschenden Diffusionsprozefi gut widerspiegelt, sondern man kann auch diejenigen der zwei Ver sionen des Simulationsmodells auswahlen, die diesen
Prozefi besser beschreibt.
Diese Auswahl ist anhand der Analyse der raum
lichen Autokorrelation der Differenzen zwischen den
Simulationsergebnissen und den realen Werten des beobachteten Prozesses moglich. Die Resultate dieser
Analyse stellt ebenfalls Tab. 2 dar. Da die I-Statistik
Tabelle 2: Test des Simulationsmodells Testing the simulation model
Generation Nummer der Serie, SND(I) fiir die Kartenposition des SND(I) fiir die Signifikanzniveau die am besten zur bestangepafite beobachteten Karte des fiir die Karte
durchschnitdichen Serie Prozesses in der beobachteten des beobachteten
Karte angepafit ist geordneten Reihe Prozesses Prozesses nach
(nach SND(I) SND(I) HoPE-Prozedur Werten)
VERSION 1
Gj -0,1575 23 87 -0,8270 0,14
G2 -0,0030 29 84 -0,8248 0,17
G4 -0,0576 68 68 -0,9371 0,33
G6 0,0254 16 60 -0,9354 0,41
G7 -0,0325 1 58 -0,6933 0,43
G8 0,0135 27 25 -0,9394 0,26
VERSION 2
G! 0,0035 63 100 3,1700 0,01
G2 0,0056 89 93 2,5828 0,08
G3 0,0475 99 68 1,6424 0,33
G4 -0,0004 63 74 2,4427 0,27
G5 -0,0140 63 74 3,0533 0,27
G6 0,4018 91 62 3,6111 0,39
G7 -0,0565 63 70 5,0358 0,31
G8 0,5971 63 81 6,9063 0,20
Tabelle 3: Test der theoretischen Verteilungen mit Hilfe des -Anpassungstests Testing the theoretical distributions using the ^-test
Theoretische Verteilungen
Negativ-Binomial Polya-Aeppli Neyman-Tvp A
Werte des Tests realer simulierter realer simulierter realer simulierter Prozefi Prozefi Prozefi Prozefi Prozefi Prozefi
X2 23,62 14,48 11,63 35,68 47,17 757,33
Anzahl der
Freiheitsgrade (FG) 14 12 14 12 14 12
Signifikanzniveau (a) 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05
Kritischer Wert (?) 23,69 21,03 23,69 21,03 23,69 21,03
von Moran asymptotisch normalverteilt ist, ist anzu
nehmen, dafi eine signifikante raumliche Autokorre lation der Unterschiede (auf dem 5 % -Niveau signifi kant) nur im Fall der zweiten, modifizierten Version des Modells vorhanden ist. Kennzeichnend ist dabei die Tatsache, dafi in dieser Version nur positive
Werte der raumlichen Autokorrelation auftreten
(vgl. Tab. 2). Dies bedeutet, dafi das Vorhandensein eines Sachverhaltes in einer Raumeinheit die Wahr scheinlichkeit vergrofiert, dafi dieser Sachverhalt
auch in den benachbarten Raumeinheiten vorhanden
ist. Damit hat sich die zweite, modifizierte Version
des Simulationsmodells als besser erwiesen.
Zur Bewertung der Simulationsexperimente stehen
noch andere Methoden zur Verfiigung. In der hier durchgefuhrten Untersuchung wird zusatzlich die
Quadratanalyse, ein weniger kompliziertes Verfah ren, herangezogen (vgl. hierzu Bahrenberg, Giese,
Nipper, Schigkhoff, Streit 1978; Harvey 1966).
Die Quadratanalyse ermoglicht, die Anordnung der
untersuchten Punkte und somit die raumliche Ent wicklungstendenz von beobachteten Diffusionspro
zessen zu untersuchen.
Bei der Anwendung der Quadratanalyse geht man ebenfalls von dem iiber die zugrundeliegende Flache gelegten Gitternetz mit 281 hexagonalen Zeilen aus.
Um die Diffusion von Neuerungen zu beschreiben und die Ergebnisse der Simulationsmodellierung
(Version 2) mit den realen Werten vergleichen zu
konnen, werden insgesamt vier theoretische Ver teilungen eingesetzt, und zwar: Poissonverteilung, Negativ-Binomialverteilung, Polya-Aeppli-Vertei
lung und neyman-Typ A-Verteilung. Als Anpas sungstest wird der #2-Test gewahlt, der zu den haufig sten Tests bei der Quadratanalyse gehort (Tab. 3). In der Tabelle sind keine Werte fiir die Poissonvertei
lung aufgenommen, weil diese Verteilung, die eine zufallige Anordnung der Punkte beschreibt, sich als
vollig unbrauchbar erwiesen hat, da sowohl fiir den realen als auch fiir den simulierten Diffusionsprozefi die x2-Werte sehr weit iiber den kritischen Werten %2a
liegen.
Der Vergleich der %2- und ?2a-Werte der ange
wandten theoretischen Verteilungen zeigt, dafi be friedigende Resultate des Anpassungstests nur in einigen Fallen eingetreten sind. Im Fall der Neyman Typ A-Verteilung und im Fall der Polya-Aeppli-Ver
teilung fiir den simulierten Diffusionsprozefi mufi HQ
abgelehnt werden. Die Negativ-Binomialverteilung
hat sich als beste Verteilung erwiesen, sowohl fiir den realen als auch fiir den simulierten Prozefi. Diese Feststellung bestatigt ein Untersuchungsergebnis von Harvey (1966), der sich mit der Anwendung der
Quadratanalyse zum Testen des Hagerstrand
Modells beschaftigt hat. Die Negativ-Binomialver teilung beschreibt am besten die Tendenz zur klum
penhaften Anordnung der Punkte. Diese Anordnung
ist eine Konsequenz der wellenformigen Ausbreitung
von Neuerungen im Raum.
Um den Grad der Clusterung im Zeitverlauf zu er fassen, wird das Verhaltnis von Varianz (m2) und Mittelwert (m^ der Haufigkeitsverteilungen fiir die
einzelnen Generationen ermittelt. Genauer wird das
sog. L-Mafi angewandt, das wie folgt definiert ist:
T N m2
N-l mi '
wobei mi =
Mittelwert, m2 = Varianz, N = Anzahl
der Zeilen ist.
Auf diese Weise lassen sich drei Punktmuster iden tiflzieren, und zwar eine klumpenhafte (L> 1), eine zufallige (L = 1) und eine regelmafiige (L< 1) Ver teilung. Dieses L-Mafi, das in der polnischen geo graphischen Literatur als die ,, Anzahl von Lexis" be zeichnet wird, wurde schon in den dreifiiger Jahren
Zdzidaw Kaminski: Raumliche Simulation in der Diffusionsforschung 233
Tabelle 4: Lexis-Mafi nach der Zeitfolge des Diffusionsprozesses und nach den Generationen des Simulationsmodells
Lexis measure by the temporal sequence of diffusion and the simulation model generations
Zeitfolge in
Jahren realer simulierter
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1968(d) 1,324 1,684
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1970 (G3) 1,407 2,091
1971 (G4) 1,490 2,226
1972 (G5) 1,526 2,485
1973 (G6) 1,623 2,838
1974 (G7) 1,797 3,164
1975 (G8) 2,082 3,452
von Steinhaus (1936), einem polnischen Mathe matiker, verwendet, um die raumliche Verteilung
eines Siedlungssystems zu beschreiben.
Die Anwendungsergebnisse dieses Ansatzes stellen Tab. 4 und Abb. 4 dar, in denen die verschiedenen Werte des Lexis-Mafies sowohl fiir den realen als
auch fiir den simulierten Diffusionsprozefi fiir die
verschiedenen Generationen des Simulationsmodells
(Version 2) angegeben werden. Auf diese Weise lafit sich feststellen, dafi der erforschte Diffusionsprozefi einem Entwicklungstrend folgt, der sich durch eine
immer grofiere klumpenformige Anordnung der Adoptoren auszeichnet. Dieser Trend lafit sich auch
fiir Prognosezwecke benutzen. Es mufi aber betont
werden, dafi diese Tendenz bei den simulierten Dif
fusionsprozessen starker eingetreten ist. Diese Fest
stellung ermoglicht, eine noch bessere Ubereinstim
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1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975
Go Gi g2 G3 G4 G5 G6 G7 G8
Abb. 4: Lexis-Mafi fiir den simulierten und realen Diffu sionsprozefi nach Generationen (1967-1975)
Lexis measure of the simulated and observed diffusion process according to generations (1967-1975)
mung zwischen dem angewandten Monte-Carlo Simulationsmodell und dem untersuchten Diffu
sionsprozefi herzustellen und auf diese Weise zu einer Vorhersage des erforschten Phanomens iiberzu
gehen.
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Abb.1 Diffusion von Agrarinnovationen im
Diffusion of agricultural i
Beilage V zu ERDKUNDE 42,3 Beitrag Kaminski
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Diffusion of agricultural innovations In Southern Wielkopolska, 1967-1975
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