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Über Brahmavarta.
Von 0. Böhtlingk.
Edward Washburn Hopkins, Whitneys Nachfolger an der Uni¬
versität in New Haven, hat in der zweiten Hälfte des XIX. Bandes
des Journal of the American Oriental Society, S. 19 fgg. einige
wissenschaftliche Ergebnisse seiner indiscben Reise veröffentlicht.
Der erste Artikel ist The Punjab and the Rig-Veda betitelt.
Hier sucht H. es wahrscheinlich zu machen, dass das Fünfstrom¬
land , trotz der Erwähnung seiner Flüsse im Rgveda , als grosse
Wüste in Ermangelung von Bergen und Stürmen, die doch im Veda
eine grosse Rolle spielten, nicht der Wohnort der vedischen Dichter
gewesen sein könne. Dieser müsse mehr nach Osten gelegen baben,
wo es Berge imd Monsune gäbe, mit einem Worte, es sei das bei
Manu ^(Jliqi^ genannte Land und dieses bedeute die Heimat
des Veda. Hier seine eigenen Worte auf S. 21: I refer to II. 17,
and translate in paraphrase : ,The country divinely meted out by
the rivers Sarasouti and Ghuggar, and lying between them, is
where the (Rig, etc.) Veda arose , and hence called brahmavarta or 'home of the Veda' in the tradition of the learned."
Woraus schliesst nun aber H., dass ^iq^ home, origin, birth¬
place (vgl. S. 23) bedeutet? 1) Aus der Erklärung zweier Seho¬
liasten von TI^T^ M. 2, 22: TT^ TWTwAii J'T: MMM^f^-
Dieses bedeutet nach meinera Dafürhalten nicht werden dort
immer und immer wieder geboren, sondern nehmen
dort stets an Zahl zu; vgl. weiter unten. — 2) .4.us TT^T^Ilt
*{\*tait^HH!ji ^rswt M. 7, 82. Hier soll TT^lTT: theij
that come (arrive, arise) und «j^^tain., fivm good families he-
deuten. Gemeint i.st aber heimgekehrt aus dem Hause
des Lehrers, wie Bühler und seine Vorgänger , Übersetzer und
Kommentatoren, ganz richtig die Worte auffassen. Dass solche
Heimgekehrte hochgeehrt wurden, lehren uns die Gyhyasütra. —
3) Aus der Erklärung von TTT^TR M. 4, 172 durch TTW^mW
bei Rämacandra. Ich habe das Wort in Spr. 3574 durch heran¬
kommend wiedergegeben, Bühler durch advancing (dieses wäre
90 Böhtlingk, Uber Brahmavarta.
U^TÄTTT). Ich glaube aber, dass sicb wendend richtiger wäre.
Auf keinen Fall kann daraus für Tiq^ die Bedeutung hovie u. s. w.
bergeleitet werden.
Die Bedeutungen Windung, Wendung; Wirbel, Strudel
für werden wohl nicht beanstandet werden. Von diesen zu
home, origin, birth-place giebt es also auch keine Brücke, wohl
aber zu der im PW. angegebenen Bedeutung ein Ort, an dem
eine Menge Menschen zusammengedrängt wohnen.
Das PW.'^ giebt statt dessen Tummelplatz, besser wäre viel¬
leicht Sammelplatz. Das zweite von Manu auf Tlq^ aus¬
gehende Kompositum ist Tl4lq^ und dieses bedeutet doch wohl
aller Wahrscheinlichkeit nach eine von Ärya bewohnte Gegend.
Liegt es da nun nicht nahe auch in als Priesterkaste
und nicht als Veda zu fassen ?') Diese Sammelplätze füllen sich
nicht nur durch neue Geburten, sondem auch durch beständige
Einwanderangen, da es den drei höheren Kasten nicht gestattet ist,
sich im Lande der Mleccha dauernd niederzulassen; vgl. M. 2, 24.
Nun noch ein sachliches Bedenken. Soviel ich weiss, wird in
der indischen Literatur nie ein Land erwähnt, in dem der Veda
gedichtet worden wäre. Wie konnte der sogenannte Manu, der ja
mehr als ein Jahrtausend nacb den vedischen Dichtern lebte, wissen,
dass der Veda in Brahmavarta gedichtet worden sei, und dass diese
Ortlichkeit daher ihren Namen führe ? Ünd wenn er das gewusst
hätte , wttrde er sich wohl deutlicher ausgedrückt haben. Auch
ist es nicht wahrscheinlich, dass alle Lieder in einer und derselben
Gegend gedichtet worden wären.
1) 1. 3rff«T_ bei M^l^^ im PW. ist wolil nur Druckfehler für 2. Wfp^, da unter ^|q(^ offenbar die hier angegebene Bedeutung angenommen wird.
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Zur syrischen Lexikographie.
Von Theodor Nöldeke.
J. K. Zenner sieht (ZDMÖ. 51, 679) in jjot-V2) .Fledermaus"
die Verstiimmelimg einer Zusammensetzung von ..{oi ( -r;°>) und
JjjOJ = )j?oJ? 1,Ohrenvogel'. Er schliesst dies besonders aus dem
Adjectivum \^jo^l3)- Freilich macht ihm das i nach dem Stat.
constr. einiges Bedenken , aber er beruhigt sich mit dem Hinweis
auf Duval's Grammatik S. 339, wonach dieser Fall doch zuweilen
vorkomme. Ich würde allerdings schon daran grossen Anstoss
nehmen, dass eine jedenfalls sehr alte Zusammensetzung überhaupt
das j enthalten solle: für die alte Zeit wäre der St. estr. allein zu
eiTvarten. Von den beiden Belegen , die Duval anführt , hätte der
erste aus Martin's Ausgabe des (Pseudo-)Josua Styl. 69, 15 bei der
Liederlichkeit, womit die Handschrift geschrieben ist, schon an sich
gar kein Gewicht, aber Wright's Ausgabe 77, 16 zeigt, dass die¬
selbe hier regelrecht jK ^^n» ) ».^^jo hat, nicht "j.^ ^'j». Bleibt also nur das Beispiel ..1 , ^y>0 - Ephr. 3, 429 F. Wer die Römische
Ausgabe des h. Ephraim für fehlerlos hält, mag auf dies Beispiel
etwas geben. Wer aber weiss, wie wenig zuverlässig diese Edition
im Einzelnen ist, der wird ruhig annehmen, dass die Handschriften . -v-i Q. oder höchstens '^j ö^^^iso.. haben. Und wenn sich in un¬
genauen Editionen oder schlechten Handscbriften gleich noch einige
weitere Beispiele der Art finden sollten , ich beharre auf meinem
,nie". Das fehlte nocb, dass wir auf elende Schreibfehler gramma¬
tische Regeln bauten! Also schon wegen groben Verstosses gegen
die Grammatik ist jene Etymologie unannehmbar. Pemer wäre der
Abfall des n höchst bedenklich. Das Adjeetiv ]«jjo»—V3 ist natür-