Altindisches
Von Manfred Mayrhofer, Graz
1. Ai. sfdäku-„mvLß"
Zu den vielen altindischen Wörtern austroasiatischen Ursprungs, die
F. B. J. KurPER in den letzten Jahren nachgewiesen hat\ gehört auch
der Flußname Mandäkini, dessen Deutung als manda- akä- (: lat.
aqua, Pisani Rso 14, 1933, 17 ff.) Kuiper mit Recht verwirft, das Wort
vielmehr als eine Praefixform^ zu austroasiatisch *däk Wasser (vgl.
santali dak\ mundari dä, -däg, mon däk, khmer dik, hahnar dak, stieng
dak usw.) auffassend*. Diese Miszelle soll nun zu zeigen suchen, daß jene
Wurzel *däk mit Sicherheit auch noch in einem zweiten ai. Wort vor¬
kommt und vielleicht bei intensiverer Dmchforschung noch in weiteren
Beispielen gefunden werden wird.
Das Wort sfdäku- (Lex.) bedeutet neben anderem ,,Fluß". Hier liegt
offenkundig dasselbe Praefix vor wie in dem vedischen Namen Sfbinda,
dessen Deutung dmch Kuiper* der Wüsts (WZKM 34, 1927, 191 ff.)
unbedingt vorzuziehen ist, und in ai. sf-karfdu- '■ karjdü-, sfhkä (Kuiper,
Proto-Munda 122f., 161); das Verbleibende ist deutlich das austro-
asiatische Wort däk. Wie die anderen unbelegten Bedeutimgen des
Wortes (,, Feuer, Waldbrand, Donnerkeh, Wind, eine Eidechsenart") und
wie vor allem der Gottesname Sfdäku- Sfdägu-^ zu erklären sind, läßt
sich noch nicht ausmachen. Auch daß das im Reimverband stehende
pfdäku- ,, Natter, Schlange" zu däk , .Wasser" gehören könnte wie ai.
vdrdh zu gr. üSwp (vgl. das andere indogermanisch-austroasiatische Paar
hastin-/mätaiiga-^; hier ist aber wohl der austroasiatische Gedanke
primär), darf ich nm als eine sehr unsichere Vermutimg äußern.
1 Vgl.bes. A016. 1938, 203ff., 295ff., 336; 17. 1939. 17ff.. 307 ff. ; Proto-
Munda Words in Sanskrit. Amsterdam (Akad. van Wetenschappen) 1948.
^ Zum Praefix vgl. mätanga-, unten Anm. 6.
3 AO 17. 1939, 17ff.
* AO 17, 1939, 307ff.; Proto-Munda 161: als Sf-hinda- neben Ku-aur{u)-
binda-, Ku-vinda- ( ?) und unpraefigiertem Binda- {Baindd-).
' Eine weitere v. 1. ist Sddäku-. Die einzige Belegstelle ist Mäiträyani Samhitä 2, 13. 21: Varunö 'dhipatih Srdägü rak§it& yäS ca te 'dhipatir yää
ca rak^itd täbhyäm ndmo astu tau no mrdatdm. . .
° Ai. hastin- zu hasta- „Hand" (vgl. noch Maitr. S. 4, 5, 7); mä-tang-a-
zu austroasiatisch tan ,,Hand". Przyluski BSL 79. 1925. 98ff. — Ist
tamil kayam ,, Elefant" unbedingt aus ai. gaja- herzuleiten ? Es wäre reiz¬
voll, hier eine Beziehung zu dravidisch kay ,,Hand" zu sehen und somit
den Gedanken ,, Elefant" = ,,mit Rüsselhand versehen" auch in der
dritten indischen Sprachfamilie nachzuweisen.
Altindisches 619
2. Ai. tdlinah „fein, zart"
Das ai. Adjektiv talina- „fein, zart, dünn, schlank, klein, wenig" ge¬
hört, obwohl es belegt und nicht allzu selten ist, zu den ,, übersehenen
Fähen" in der ai. Etymologie. Uhlenbecks Etymologisches Wörterbuch
enthält es nicht (ebensowenig die Nachträge), in dem Register von
Walde/Pokobny scheint es nicht auf, und auch in meinen ziemlich aus¬
gedehnten Sammlungen zur ai. Wortkunde habe ich bisher keinen ein¬
zigen Fall einer Behandlung des Wortes verzeichnet. Erst Burrow
(TPS 1945,106) scheint sich des Wortes erinnert zu haben, welches er mit
kanares. tel ,, Dünnheit, Feinheit, Zartheit" tellane „dünn" imd anderen
dravidischen Wörtern verknüpft. So wenig ich sonst einer Deutung ai.
Wörter aus dem Dravidischen abgeneigt bin, so scheint mir doch für dieses
Wort eine noch viel einfachere, inner-indoarische Lösung auf der Hand
zu liegen.
talina- ist doch offenbar eine dialektische Entwicklung aus ai. tdruna-
„zart, jung, eben begonnen, zimehmend (vom noch kleinen Mond)",
dessen -Z-Form täluna- ,,jung, m. Jüngling" noch im Ai. vorliegt (vgl.
auch päli taluna- = tarurya- u. dgl.). Die Hebung von -u- zu -i- (nach der
im Sanskrit — und hier zufällig auch im Vedischen — betonten Silbe)
läßt sich ebenfalls aus sicheren mi. Beispielen belegen: päli mvditä
„Sanftheit" < ai. mrdutä, puriso ,, Mensch" < ai. purusah. Von der
semasiologischen Seite kann wohl nichts gegen diese Gleichsetzung ein¬
gewendet werden.
3. Zum Vokativ Singular der ö-Stämme
Der indo-iranische Ausgang des Vok. Sing, der ä-Stämme, ai. asve:
aw. daene, ist nicht sicher geklärt; ein Zusammenhang mit gr. yiivai' ist
kaum gegeben, da dieses besser auf ""yuvaix zurückweist, und noch we¬
niger können die weiteren bei Wackebnagel-Debrunner Ai.Gramm.
III, 123 mitgeteUten Hypothesen zu arisch -ai überzeugen. Doch dürften
ahe die zueinander so schlecht stimmenden Vokative dieser Deklinations¬
klasse in den Einzelsprachen aus dem Bestreben erwachsen sein, den
Vokativ der ä-Stämme vom Nominativ zu differenzieren^ (dem er viel¬
leicht in uridg. Zeit gleich war), entweder indem man nach dem Muster
ax(j,cov : iicx[i,ov, "aT /jp : TraTEp usw. einen kurzvokalischen Vokativ neben den Nominativ auf langes -ä stellte, also gr. vü[i.9a (und umbr. -a, aksl. -o)
neben (dor.) vü[i.9ä (umbr. -o, aksl. -a)*; oder indem man, wie das Indo-
' Ahrens KZ 3, 86f.; G. Meyeb, Curtius' Studien 8, 121; Pedebsen
KZ 38, 408. " H. Pedebsen KZ 36, 1900, 79.
^ Diese Erklärung möchte ioh der Annahme vorziehen, im Vokativ der
ö-Stämme sei idg. -a gestanden. Trotzdem ist ai. ambä, wenn überhaupt
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iranische, den gerade dieser Sprachgruppe so vertrauten Weg von Ana¬
logie und Formenausgleich beschritt.
Die w-Stämme haben, wie schon einmal monographisch festgehalten
worden ist', besonders dem Indischen durch eine von ihnen ausgehende
Analogienserie ein neues Gepräge gegeben; sie sollen auch hier zur Er¬
klärung des Vokativs auf -e bemüht werden. Wenn wir tabellarisch
nebeneinander stellen :
so wird es klar, daß nach dem Nebeneinander von asvay-ä : asman-ä,
asvay-oh : asman-oh in die fehlende Vokativ-Sparte, der auf der n-Seite
asman entsprach, nur ein urarisches *aSvai (aSvay-) eingesetzt werden
konnte; und dieses hat regelrecht ai. asve (aw. daene) ergeben.
,,o Mutter!" bedeutend (Wackernagel-Debrunner a. a. O. 122), kein
Beweis für urspr. Vok. -ä neben Nom. -ä. Ambä ist ein typisches Lallwort
und daher außerhalb der geregelten Sprachgesetze stehend; zudem ist das
Wort vielleicht aus anderen Sprachen übernommen, und zwar eher aus den
dravidischen (kanaresisch amma, amha ,, Mutter", Burrow Bsoas 12, 1948,
366) als aus den kleinasiatischen Sprachen (Kretschmer KZ 57, 1930,
1 J. Hanusz, Über das allmälige Umsichgreifen der n-Deklination im
Altindischen, SbAk Wien CX (1885) 41 ff.
Sing. Nom.
a-Stämme
asvä (aw. daenä)
m-Stämme
asmä (aw. Hva)
asman
asmanä (maesmana) asmanoh {caSmanä), Vok.
Instr.
Dual Gen.
asvaya (daenayä) asvayoh (haenayd)
251 ff.).
Contributions
to the Textual Criticism of the Kathopanisad*
By Ludwig Alsdorf, Hamburg
Anyone who reads the Kathopanisad will very soon realize that this
justly celebrated and oft-translated text^ is, despite the laboms of so
* Der vorliegende Aufsatz war zur Veröffentlichung an anderer Stelle
bestimmt und wurde daher englisch abgefaßt. Bei seiner Übernahme für
die ZDMG erklärte sich die Redaktion freundlicherweise mit der Bei¬
behaltung der englischen Form einverstanden, die auch mit Rücksicht auf
indische Freunde gewählt worden war.
1 Abbreviated designations of editions and translations of, and articles
on, the Kathopanisad (K) consulted for this article:
Ä. = K with äaAkara's commentary ed. B. S. Räjväde (Änandäärama
Sanskrit Series No. 7), Poona 1927.
B. or Böhtlingk = Drei kritisch gesichtete und übersetzte Upanishad
mit erklärenden Anmerkungen (Verhandl. d. Kgl. Sächs. Ges. d.
Wissensch. Bd. 42), Leipzig 1890.
Charpentier = Käthaka Upani?ad, translated with an introduction and
notes by J. Charpentier, Indian Antiquary Vol. LVII (1928) and
LVIII (1929).
Deussen = Sechzig Upanishad's des Veda. Leipzig 1921.
G. or Garbe = R. v. Gaebe's edition of K in the third edition of Böht¬
lingk's Sanskrit-Chrestomathie, Leipzig 1909.
Geldneb = Transl. of K in „Religionsgeschiohtliches Lesebuch" (part
,,Vedismus und Brahmanismus"). Tübingen 1911.
Hebtel = Translation of K 1—3 in „Die Weisheit der Upanischaden",
2nd edition, München 1922.
Hillebbandt = Translation of K 1—3 in „Aus Brahmanas und Upa¬
nishaden" (Religiöse Stimmen der Völker), Jena 1921.
Hillebbandt, ZDMG = Textkritische Bemerkungen zur Katha- und
Praäna-Upani?ad, ZDMG 68 p. 579 ff.
Kebn = Kebn's letter to Böhtlingk published by the latter in Verhandl.
d. Kgl. Sächs. Ges. d. Wissensch. Bd. 42, Leipzig 1890, p. 86f.
Max Mülleb = Translation of K in Sacred Books of the East Vol. XV.
N. = Text of K in „108 Upanishads" ed. W. L. Sh. PanSikab, Nirnaya-
sägar Press, 4th ed. Bombay 1932.
Renou = Katha Upanishad, publik et traduit par Louis Renou. Paris
1943. (The text is an anastatic reprint of G., but the notes propose
here and there certain emendations.)
Sieg = E. Sieg, Bemerkungen zur Kathopanigad, in: ,,Aus Indiens
Kultur", Festgabe für R. v. Gabbe, Erlangen 1927.
Whitney = Translation of the Katha-Upanishad by W. D. Whitney, in
Transactions of the American Philological Association, Vol. XXI (1890).