Der Spektralsatz f¨ ur unbeschr¨ankte normale Operatoren
Arpad Pinter 22. Februar 2011
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 2
2 Ergebnisse aus der Spektraltheorie 3
3 Grundlagen ¨uber lineare Relationen 7
4 Funktionalkalk¨ul f¨ur unbeschr¨ankte messbare Funktionen 13 5 Vorbereitungen f¨ur den Beweis des Spektralsatzes 15
6 Einige Bemerkungen zu orthogonalen Summen 22
7 Der Spektralsatz f¨ur unbeschr¨ankte normale Operatoren 27
8 Multiplikationsoperatoren 33
1 Einleitung
Diese Arbeit besch¨aftigt sich, wie der Titel bereits aussagt, mit dem Spektralsatz f¨ur unbe- schr¨ankte normale Operatoren. Bereits der Name dieses Satzes sollte dem Leser Respekt ein- fl¨oßen, denn es handelt sich dabei um ein m¨achtiges mathematisches Werkzeug aus der Funk- tionalanalysis. Der Spektralsatz f¨ur unbeschr¨ankte normale Operatoren ist dabei die Kr¨onung aller Spektrals¨atze aus der Spektraltheorie, denn er umfasst alle weiteren Spektrals¨atze, von den Spektrals¨atzen aus der Linearen Algebra f¨ur Matrizen bis hin zu den Spektrals¨atzen f¨ur unbeschr¨ankte selbstadjungierte Operatoren.
In der Physik findet der Spektralsatz große Verwendung. Besonders in der Quantenmechanik wird oft auf verschiedene Spektrals¨atze der Mathematik zur¨uckgegriffen.
Auch im mathematischen Teilgebiet der Partiellen Differentialgleichungen wird oft der Spektral- satz herangezogen, um komplizierte Aufgabenstellungen zu vereinfachen und L¨osungen zu be- rechnen. Zum Beispiel zerlegt man bei parabolischen Differentialgleichungen den L¨osungsoperator der Differentialgleichung mit Hilfe des Spektralsatzes f¨ur kompakte, selbstadjungierte Operato- ren, um eine L¨osung des Problems konstruieren zu k¨onnen.
Doch worum geht es eigentlich beim Spektralsatz? Was macht ihn so besonders?
Der Spektralsatz f¨ur unbeschr¨ankte normale Operatoren erlaubt es, gewisse lineare Operatoren, n¨amlich genau die normalen, dazu z¨ahlen auch selbstadjungierte und unit¨are, eindeutig mit einem Spektralmaß darzustellen. Dabei spielt das Spektrum des Operators eine große Rolle, daher auch der Name dieses Satzes. Mit diesem Spektralmaß l¨asst sich nicht nur der Operator darstellen, man erh¨alt noch viel mehr. Auch gewisse Funktionen des Operators k¨onnen dann mit Hilfe dieses Spektralmaßes dargestellt werden.
Die Begriffsbildungen m¨ogen auf den ersten Blick ein wenig kompliziert erscheinen, doch man sollte sich nicht scheuen, trotzdem weiterzulesen. Mit einigen Vorkenntnissen aus der Funk- tionalanalysis sollte es keine Probleme bereiten, diese Arbeit zu verstehen bzw. sie sogar zu genießen. Als Voraussetzung zum besseren Verst¨andnis einiger Sachverhalte dienen die Erkennt- nisse aus dem Vorlesungsskriptum Funktionalanalysis von M.Kaltenb¨ack,H.Woracek und M.Bl¨umlinger. Außerdem werden auch einige Kapitel aus dem SkriptumFunktionalanalysis II von M.Kaltenb¨ackund M.Weberndorfer vorausgesetzt. Besonders wichtig sind einige Vorkenntnisse ¨uber das Funktionalkalk¨ul f¨ur beschr¨ankte und unbeschr¨ankte messbare Funktio- nen bei Spektralmaßen, die Gelfandtransformation und das Funktionalkalk¨ul f¨urC∗-Algebren bzw. der Spektralsatz f¨ur beschr¨ankte normale Operatoren.
Doch genug der großen Worte. Im Folgenden wird nun versucht, dem Leser den Beweis des Spek- tralsatzes f¨ur unbeschr¨ankte Operatoren auf eine m¨oglichst verst¨andliche Weise zu pr¨asentieren.
Arpad Pinter
2 Ergebnisse aus der Spektraltheorie
Als Einstieg in das Thema werden wir zuerst einige Definitionen, S¨atze und Lemmata angef¨uhrt, die bereits bekannt sein sollten, aber als Auffrischung der eigenen Kenntnisse trotzdem noch einmal aufgelistet werden. Die entsprechenden Beweise dieser S¨atze kann man in [F] nachlesen.
Definition 2.1.
• Sei H ein Hilbertraum. Dann bezeichnetB(H) die Menge aller linearen, stetigen Funktionen auf H. FunktionenB ∈ B(H) werden auch alsOperatoren bezeichnet.
• Sei Ω eine Menge und A eine σ-Algebra auf Ω. Dann bezeichnet B(Ω,A) die Menge der beschr¨ankten, A-messbaren, komplexwertigen Funktionenφ: Ω→C.
• Sei D⊆Ceine Borelmenge. Dann bezeichnet B(D) die Menge aller Borelteilmengen vonD.
Definition 2.2. Sei Ω eine Menge,Aeine σ-Algebra auf Ω undH ein Hilbertraum.
EinSpektralmaß f¨urhΩ,A, Hi ist eine FunktionE:A → B(H), sodass gilt (i) F¨ur jedes ∆∈ Aist E(∆) eine orthogonale Projektion;
(ii) E(∅) = 0 und E(Ω) =I;
(iii) E(∆1∩∆2) =E(∆1)E(∆2) f¨ur je zwei ∆1,∆2∈ A;
(iv) Sind ∆n∈ A, n∈N,paarweise disjunkt, so gilt E
∞
[
n=1
∆n
!
=
∞
X
n=1
E(∆n).
Bemerkung 2.3.Die Reihe in Bedingung (iv) ist als Grenzwert im starken Sinne zu verstehen.
Man beachte, dass f¨ur eine Folge von orthogonalen ProjektionenEnderen Bildr¨aume paarweise orthogonal sind, stets die Reihe P∞
n=1En im starken Sinne konvergiert, und zwar gegen die orthogonale Projektion auf
span{ranEn:n∈N}.
Lemma 2.4. SeiΩ eine Menge, A eine σ-Algebra aufΩ und H ein Hilbertraum.
Sei E ein Spektralmaß f¨ur hΩ,A, Hi, und seien g, h∈H festgehalten.
Dann ist die AbbildungEg,h:A →C
Eg,h(∆) := (E(∆)g, h),
ein komplexes Maß aufA. F¨ur die Variation |Eg,h|gilt die Absch¨atzung |Eg,h|(∆)≤ kE(∆)gk · kE(∆)hk.
Die Totalvariation vonEg,h ist somit h¨ochstens gleichkgk · khk. F¨ur diese komplexen Maße gilt Eg,h =Eh,g. Außerdem ist Eg,g ein positives Maß.
Lemma 2.5. SeiΩ eine Menge, A eine σ-Algebra aufΩ und H ein Hilbertraum.
SeiE ein Spektralmaß f¨urhΩ,A, Hi, und seiφ∈B(Ω,A). Dabei bezeichnetB(Ω,A)die Menge
aller beschr¨ankten,A-messbaren, komplexwertigen Funktionen und ist mit der Supremumsnorm k.k∞ versehen.
Dann existiert ein eindeutiger Operator A∈ B(H), sodass f¨ur alle g, h∈H (Ag, h) =
Z
Ω
φ dEg,h.
Dabei ist kAk ≤ kφk∞.
Der Operator A heißt das Integral von φ bzgl. E, und wird bezeichnet mit R φ dE.
Definition 2.6. SeiA ein Vektorraum ¨uberC. Sei Aversehen mit einer bilinearen Abbildung A×A→A, (a, b)7→ab,
die assoziativ ist und ein Einselement besitzt. Weiters seiA mit einer Norm versehen, die kabk ≤ kak · kbk, ∀a, b∈A
erf¨ullt und dieA zu einem Banachraum macht. Dann spricht man von einerBanachalgebra.
IstAnoch zus¨atzlich versehen mit einer Abbildung.∗:A→A, die f¨ur allea, b∈Aundλ, µ∈C (a∗)∗=a,(ab)∗=b∗a∗,(λa+µb)∗=λa∗+µb∗,ka∗k=kakund kaa∗k=kak2
erf¨ullt, dann wirdA als C∗-Algebra bezeichnet.
Bemerkung 2.7. B(Ω,A) ist nicht nur eine Menge, sondern, versehen mit der punktweisen Addition, der Skalarmultiplikation, der punktweisen Multiplikation, dem Konjugieren und der Supremumsnorm eine C∗-Algebra.
B(H) ist ebenfalls eineC∗-Algebra, und zwar mit der punktweisen Addition, der Skalarmultipli- kation, der Hintereinanderausf¨uhrung von Funktionen, dem Adjungieren und der Operatornorm, siehe [F2].
Eine Abbildung zwischen zwei C∗-Algebren wird auch als C∗-Algebren-Homomorphismus be- zeichnet, wenn er mit den algebraischen Strukturen auf den beidenC∗-Algebren vertr¨aglich ist, vgl. Bemerkung 2.9.
Genauere Informationen ¨uber diese Sachverhalte und generell ¨uber C∗-Algebran kann man in [F2, Kapitel 1] nachlesen. Dort wird auch mit Hilfe der Gelfandtransformation ein Funktional- kalk¨ul f¨urC∗-Algebren konstruiert, von dem im weiteren Verlauf an einigen Stellen Gebrauch gemacht wird.
Satz 2.8(Funktionalkalk¨ul f¨ur beschr¨ankte messbare Funktionen).
Sei Ω eine Menge, A eine σ-Algebra auf Ω, H ein Hilbertraum und E ein Spektralmaß f¨ur hΩ,A, Hi.
Dann ist die Abbildung
ΦE:
(B(Ω,A) → B(H)
φ 7→R
φ dE ein C∗-Algebren-Homomorphismus mit folgenden Eigenschaften:
(i) ΦE(1∆) =E(∆) ∀∆∈ A (ii) kΦEk= 1
(iii) Vertauscht ein B ∈ B(H) mit allen ProjektionenE(∆),∆∈ A, so auch mit allen Opera- toren der Form ΦE(φ), φ∈B(Ω,A).
(iv) Jeder Operator im Bild von ΦE ist normal.
(v) F¨urg∈H und φ∈B(Ω,A) gilt kR φ dE
gk2 =R
Ω|φ|2dEg,g.
Bemerkung 2.9. Satz 2.8 besagt, dass ΦE ein C∗-Algebren-Homomorphismus ist, also dass ΦE mit allen algebraischen Operationen vertr¨aglich ist. Das bedeutet gerade f¨urφ, ψ∈B(Ω,A) und λ∈C
Φ(φ+ψ) = Φ(φ) + Φ(ψ), Φ(λφ) =λΦ(λ), Φ(φ·ψ) = Φ(φ)Φ(ψ), Φ(φ) = (Φ(φ))∗, Φ(1Ω) =I
Den Beweis des folgenden Lemmas findet man in [F2, Bemerkung 2.1.10].
Lemma 2.10. Sei Ω eine Menge, A eine σ-Algebra auf Ω, H ein Hilbertraum und E ein Spektralmaß f¨urhΩ,A, Hi. Sei Ω0 eine weitere Menge, Beine σ-Algebra aufΩ0 und T: Ω→Ω0 sei A-B-messbar. Definiere ET(∆) :=E(T−1(∆)),∆∈ B.
Dann ist E ein Spektralmaß f¨urhΩ0,B, Hi und f¨ur alleφ∈B(Ω0,B) gilt Z
φ dET = Z
φ◦T dE.
Da die folgenden beiden Spektrals¨atze eine wesentliche Rolle im Beweis des Spektralsatzes f¨ur unbeschr¨ankte normale Operatoren spielen, werden sie an dieser Stelle formuliert. Die Beweise erfordern ein tiefliegendes Hilfsmittel aus der Theorie derC∗-Algebren, n¨amlich die so genannte Gelfand-Transformation. Die Theorie dazu und auch die entsprechenden Beweise der beiden Spektrals¨atze findet man in [F2]. Dabei ist der Spektralsatz f¨ur beschr¨ankte selbstadjungierte Operatoren eine einfache Folgerung aus dem Spektralsatz f¨ur beschr¨ankte normale Operatoren.
Satz 2.11(Spektralsatz f¨ur beschr¨ankte normale Operatoren).
Sei H ein Hilbertraum und T ∈ B(H) ein normaler Operator.
Dann existiert ein eindeutiges SpektralmaßEf¨urhC,B(C), Hi, sodass f¨ur eine gewisse kompakte Menge K ⊆C gilt, dass E(C\K) = 0 und
T = Z
K
z dE(z) :=
Z
z·1K(z)dE(z) Weiters gilt:
(i) Man kann K=σ(T) w¨ahlen, d.h. E lebt nur auf σ(T) (ii) F¨ur alle φ∈ C(σ(T))gilt
φ(T) = Z
σ(T)
φ dE,
wobeiφ(T)der eindeutige beschr¨ankte Operator im Sinne des Funktionalkalk¨uls f¨urC∗-Algebren ist, siehe [F2][Kapitel 1].
(iii) LiegtB ∈ B(H), so ist
BT =T B ∧ T∗B=BT∗ ⇔ BE(∆) =E(∆)B ∀∆∈B(C)
Satz 2.12(Spektralsatz f¨ur beschr¨ankte selbstadjungierte Operatoren).
Sei H ein Hilbertraum und A∈ B(H) ein selbstadjungierter Operator.
Dann existiert ein eindeutiges SpektralmaßEf¨urhR,B(R), Hi, sodass f¨ur eine gewisse kompakte Menge K ⊆R gilt, dass E(R\K) = 0 und
A= Z
K
t dE(t)
Weiters gilt:
(i) Man kann K=σ(A) w¨ahlen, d.h. E lebt nur auf σ(A) (ii) LiegtB ∈ B(H), so ist
BA=AB ⇔ BE(∆) =E(∆)B ∀∆∈B(R)
3 Grundlagen ¨ uber lineare Relationen
Mit den Vorbereitungen aus der Spektraltheorie wollen wir uns jetzt auf unser eigentliches Ziel konzentrieren, n¨amlich den Beweis des Spektralsatzes f¨ur unbeschr¨ankte normale Operatoren.
Doch gleich zu Beginn treten schon Schwierigkeiten auf. Was ist denn eigentlich ein unbe- schr¨ankter normaler Operator?
Wenn T ∈ B(H), also T ein beschr¨ankter Operator auf dem Hilbertraum H ist, dann existiert immer ein adjungierter OperatorT∗ zuT, der ebenfalls beschr¨ankt ist. Dann heißt der Operator T normal, wenn T∗T =T T∗ gilt.
Doch was passiert, wennT nicht mehr beschr¨ankt ist, alsoT unbeschr¨ankt ist? Kann man dann
¨uberhaupt eine Adjungierte zuT definieren? Wie soll man nun einen unbeschr¨ankten normalen Operator definieren?
Außerdem treten in vielen Problemen der Analysis lineare AbbildungenT von einem RaumX in einem Raum Y auf, meist Banachr¨aume oder Hilbertr¨aume, die nicht auf ganz X definiert sind, sondern nur auf einem dichten Teilraum.
Man k¨onnte sich partiell definierte lineare Funktionen anschauen und diese studieren. Wir w¨ahlen aber nicht diesen Zugang, sondern einen viel interessanteren, n¨amlich den Zugang ¨uber li- neare Relationen, der uns eine geeignete Definition einer Adjungierten zu einem unbeschr¨ankten Operator erm¨oglicht.
SindX, Y Vektorr¨aume, dann benutzen wir f¨ur Elemente aus dem kartesischen ProduktX×Y die Schreibweise (f;g) ∈X×Y, wobei f ∈X,g∈Y, damit Verwechslungen mit dem Skalar- produkt (., .) auf einem Hilbertraum vermieden werden.
Definition 3.1.T heißt lineare Relation zwischen den Vektorr¨aumen X und Y, falls T ein linearer Unterraum von X×Y ist, d.h.T ≤X×Y.
SindX und Y topologische Vektorr¨aume, so sei X×Y mit der Produkttopologie versehen. Ist T ≤ X×Y abgeschlossen, so spricht man von einer abgeschlossenen linearen Relation.
Weiters bezeichne T den Abschluss von T ≤X×Y.
Definition 3.2.Seien X, Y Vektorr¨aume undT ≤X×Y eine lineare Relation, dann definiert man analog zu linearen Abbildungen bzw. Operatoren
(i) denDomain oder DefinitionsbereichdomT :={x∈X:∃y∈Y: (x;y)∈T}, (ii) den Rangeoder BildbereichranT :={y∈Y:∃x∈X: (x;y)∈T},
(iii) denKernkerT :={x∈X: (x; 0)∈T},
(iv) denMulti-Valued-PartmulT :={y∈Y: (0;y)∈T}.
Bemerkung 3.3.SindX und Y topologische Vektorr¨aume und ist T ≤X×Y abgeschlossen, so sind kerT und mulT abgeschlossene Unterr¨aume von X bzw.Y. In der Tat gilt
kerT =πX(T∩(X× {0})).
Dabei ist T ∩(X× {0}) ein abgeschlossener Unterraum von X× {0}. Die Projektion auf die erste Komponente πX eingeschr¨ankt aufX× {0}ist aber ein Hom¨oomorphismus vonX× {0}
auf X. Also ist kerT abgeschlossen. Die Abgeschlossenheit von mulT sieht man genauso.
Folgendes Lemma legt nahe, lineare Relationen als mehrwertige Funktionen zu sehen:
Lemma 3.4. Ist (f;g)∈T, so gilt {h∈Y: (f;h)∈T}=g+ mulT. Beweis. Sei W :={h∈Y: (f;h)∈T}.
Sind (f;g) und (f;h) ∈T, d.h. h ∈W, so ist (f−f;h−g) ∈T, da T ein linearer Raum ist.
Daher ist h−g∈mulT bzw. h∈g+ mulT.
Ist umgekehrt z ∈mulT, dann ist nach Definition (0;z)∈ T, und weiter (f;g+z) = (f;g) +
(0;z)∈T, also g+z∈W.
Bemerkung 3.5.Indem man einen linearen OperatorT vonM ≤X nachY mit seinem Graph identifiziert, kann man T als lineare Relation betrachten. Umgekehrt ist eine Relation T mit mulT ={0}wegen Lemma 3.4 offensichtlich der Graph eines Operators.
Definition 3.6.SeienX, Y topologische Vektorr¨aume undM ≤Xein linearer Unterraum. Ein linearer Operator B:M → Y heißt abgeschlossen, wenn sein Graph in X×Y abgeschlossen bzgl. der Produkttopologie ist.
Lemma 3.7. Seien X, Y topologische Vektorr¨aume, M ≤ X ein linearer Unterraum und B:M →Y linear. Dann gilt:
(i) Sei B stetig. Ist M abgeschlossen, so auch (der Graph von) B.
(ii) Sind X und Y Banachr¨aume, und sind M und B abgeschlossen, so ist B stetig.
Beweis.
(i) Konvergiert das Netz ((xi;Bxi))i∈I in B ≤ X×Y gegen (x :y) ∈ X×Y, so heißt das xi → x und Bxi → y. Ist M abgeschlossen, so folgt x ∈ M = domB, und wegen der Stetigkeit von B gilt Bxi → Bx. Die Eindeutigkeit des Grenzwertes zeigt y = Bx. Also ist (x;y) im Graph vonB und dieser somit abgeschlossen.
(ii) Diese Aussage folgt unmittelbar aus dem Satz von abgeschlossenen Graphen, siehe [F].
Definition 3.8. SindX, Y, Z Vektorr¨aume,S, T ≤X×Y,R≤Y ×Z undα∈C, so definiert man
(i) S+T :={(f;g)∈X×Y:∃h, k∈Y:g=h+k,(f;h)∈S,(f;k)∈T} (ii) αT :={(f;αg∈X×Y: (f;g)∈T}
(iii) T−1 :={(g;f)∈Y ×X: (f;g)∈T} und
(iv) RS:={(f;k)∈X×Z:∃g∈Y: (f;g)∈S∧(g;k)∈R}
Bemerkung 3.9.Man ¨uberpr¨uft unmittelbar, dass mitR, S, T auchS+T, αT, T−1, RS lineare Relationen sind. Außerdem ¨uberzeugt man sich leicht, dass P(RS) = (P R)S und (RS)−1 = S−1R−1, wenn noch P ≤Z×V f¨ur einen Vektorraum V.
Man sieht unmittelbar, dass dom(T−1) = ranT,ran(T−1) = domT,ker(T−1) = mulT und mul(T−1) = kerT gilt. Insbesondere ist T−1 genau dann ein Operator, wenn kerT ={0}.
Bemerkung 3.10. SeienR, S, T Operatoren.
• Dann ist αT die ¨ubliche Multiplikation einer linearen Abbildung mit einem Skalar.
• S+T ist eine lineare Abbildung von domS∩domT nachY und stimmt dort mit der punkt- weisen Addition vonS und T ¨uberein.
• RS ist eine lineare Abbildung von {f ∈domS:Sf ∈domR} nach Z und stimmt dort mit der ¨ublichen Hintereinanderausf¨uhrung zweier Funktionen ¨uberein.
IstS ein Operator undT eine lineare Relation, so gilt
S+T :={(f;g+Sf)∈X×Y: (f;g)∈T, f ∈domS}
IstX =Y und I der Identit¨atsoperator auf X undα∈C, so gilt T +αI :={(f;g+αf)∈X×X: (f;g)∈T}.
Lemma 3.11. Seien X, Y, Z Vektorr¨aume und seien S, T ≤ X ×Y, P, R ≤ Y ×Z lineare Relationen. Dann gilt
(i) R(S+T)⊇RS+RT
Falls S ein Operator mit S(dom(S+T))⊆domR ist, dann gilt sogar Gleichheit.
(ii) (P +R)S ⊆P S+RS
Falls S ein Operator ist, dann gilt sogar Gleichheit.
Beweis.
(i) Sei (a;b)∈RS+RT. Dann existierenb1, b2 ∈Z mitb1+b2 =b, sodass (a;b1)∈RS und (a;b2) ∈ RT gilt. Nach Definition existieren g, h ∈ Y, sodass (a;g) ∈ S,(g;b1) ∈ R und (a;h)∈T,(h;b2)∈R. Nun ist (a;g+h)∈S+T. DaR ein Unterraum vonY ×Z ist, gilt
(g+h;b) = (g+h;b1+b2) = (g;b1) + (g;b2)∈R.
Daher ist (a;b)∈R(S+T).
Sei nun zus¨atzlichS ein Operator mit S(dom(S+T))⊆domR. Wenn (a;b)∈R(S+T), dann existiert g ∈ Y, sodass (a;g) ∈ S+T und (g;b) ∈ R gilt. Wegen der zus¨atzlichen Forderung anS ist Sa∈domR, also (Sa;RSa)∈R. Daraus erhalten wir (a;g−Sa)∈T und (g−Sa;b−RSa)∈R. Das bedeutet (a;b−RSa)∈RT bzw. (a;b)∈RS+RT. (ii) Sei (a;b)∈(P+R)S. Nach Definition existiertg∈Y, sodass (a;g)∈Sund (g;b)∈P+R
gilt. Dann existierenb1, b2 ∈Z mit b1+b2 =b, sodass (g;b1)∈P und (g;b2)∈R. Daher gilt (a;b1)∈P Sund (a;b2)∈RS, woraus wir auf (a;b) = (a;b1+b2)∈P S+RS schließen k¨onnen.
Sei zus¨atzlich S ein Operator und sei (a;b) ∈ P S+RS gegeben. Dann ist (a;b1) ∈ P S und (a;b2)∈RS f¨ur Elemente b1, b2 ∈Z, die b1+b2 =berf¨ullen. Da S ein Operator ist, gilt daher (Sa;b1)∈P und (Sa;b2)∈R, also (Sa;b) = (Sa;b1+b2)∈P+R. Folglich ist dann (a;b)∈(P+R)S.
Lemma 3.12.Sei H ein Hilbertraum undT ∈ B(H), aufgefasst als lineare Relation. Dann gilt T T−1⊆I ⊆T−1T.
Beweis. Wenn (a;b)∈T T−1 ist, dann existiert h∈H, sodass (a;h)∈T−1 und (h;b)∈T gilt.
Außerdem ist (h;a)∈T. Da T ein Operator ist, gilta=b. Somit haben wirT T−1⊆I gezeigt.
Da T uberall definiert ist, gilt f¨¨ ur jedes h ∈ H, dass (h;T h) ∈ T und (T h;h) ∈T−1. Daraus folgt (h;h)∈T−1T f¨ur jedesh∈H, womitI ⊆T−1T gezeigt ist.
Seien von nun an H1 und H2 immer Hilbertr¨aume. Das Produkt H1×H2 ist bekannterweise auch ein Hilbertraum, wenn man f¨ur (x;y),(u;v)∈H1×H2
((x;y),(u;v))H1×H2 := (x, u)H1 + (y, v)H2
definiert. Dann l¨asst sichH1×H2 offensichtlich zerlegen inH1×H2 = (H1× {0})⊕({0} ×H2), wobei⊕ f¨ur die orthogonale direkte Summe steht.
Definition 3.13.F¨ur eine lineare RelationT ≤H1×H2 sei
T∗ :={(x;y)∈H2×H1: (x, v)H2 = (y, u)H1 ∀(u;v)∈T} dieadjungierte Relation zu T, oder einfach nur die Adjungierte zu T.
Bemerkung 3.14. Die adjungierte RelationT∗ zuT ist eine lineare Relation aufH2×H1. Direkt aus der Definition folgt f¨ur lineare RelationenS, T ≤H1×H2 mitS ⊆T, dassT∗ ⊆S∗.
Bemerkung 3.15. IstT:H1 →H2 ein beschr¨ankter linearer Operator, und bezeichne
T+:H2 → H1 den adjungierten Operator zu T im klassischen Sinn. Dieser ist ebenfalls linear und beschr¨ankt und erf¨ullt
(x, T u) = (T+x, u), x∈H2
f¨ur alle (u;T u)∈T. Damit folgt (x;T+x)∈T∗, also T+⊆T∗. Ist umgekehrt (x;y)∈T∗, so gilt
(T+x, u) = (x, T u) = (y, u) f¨ur alle u∈H1, also y=T+x. Insgesamt gilt T+=T∗.x∈H2
Bemerkung 3.16. Wir definieren die Abbildungen J:H1×H2 → H2×H1,(u;v)7→ (−v;u) und ˜J: H2 ×H1 → H1 ×H2,(u;v) 7→ (−v;u). Man ¨uberpr¨uft leicht, dass die Inverse von J gerade −J, bzw. die Inverse von ˜˜ J gerade −J ist und dassJ und ˜J Hom¨oomorphismen sind.
Klarerweise ist (x;y)∈T∗ genau dann, wenn
((x;y),(−v;u))H2×H1 = (x, v)H2 −(y, u)H1 = 0 ∀(u;v)∈T.
Nun ist {(−v;u)∈H1×H2: (u;v)∈T} das Bild vonT unterJ. Also gilt
T∗=J(T)⊥, (3.1)
wobei rechts das orthogonale Komplement von J(T) im HilbertraumH2×H1 gemeint ist.
Insbesondere ist T∗ immer ein abgeschlossener linearer Unterraum von H2 ×H1. Da J ein Hom¨oomorphismus ist, gilt außerdemT∗ =T∗.
Ebenso erkennt man, dass (x;y)∈T∗ genau dann, wenn
((−y;x),(u;v))H1×H2 = (x, v)H2 −(y, u)H1 = 0 ∀(u;v)∈T.
Das bedeutet ˜J(T∗) = T⊥ bzw. T∗ =−J(T⊥). Wenden wir nun diese Tatsache und (3.1) auf T∗ statt T an, so folgt
T∗∗:= (T∗)∗ = ˜J(T∗)∗ = ˜J(−J(T⊥))⊥= (T⊥)⊥=T (3.2) Insbesondere istT genau dann abgeschlossen, wennT∗∗=T
Satz 3.17. Seien H1, H2 Hilbertr¨aume und T ≤H1×H2 eine lineare Relation.
Dann gilt mulT∗ = (domT)⊥ und kerT∗= (ranT)⊥.
Beweis. Durch Einsetzen in die Definitionen ergibt sich sofort
mulT∗ ={y∈H1: (0, v)−(y, u) = 0,∀(u;v)∈T}
={y∈H1: (y, u) = 0,∀u∈domT}= (domT)⊥ und
kerT∗={x∈H2: (xv)−(0, u) = 0,∀(u;v)∈T}
={x∈H2: (xv) = 0,∀v∈ranT}= (ranT)⊥.
Korollar 3.18.Seien H1, H2 Hilbertr¨aume und T: domT(⊆H1)→H2 ein Operator.
(i) IstT dicht definiert, d.h.domT =H1, dann ist die lineare RelationT∗ auch ein Operator, d.h. mulT∗ ={0}.
(ii) IstT abgeschlossen, dann ist T∗ dicht definiert, d.h. domT∗=H2. Beweis.
(i) Die Aussage folgt unmittelbar aus mulT∗ = (domT)⊥= (domT)⊥=H1⊥={0}.
(ii) Da T abgeschlossen ist, gilt (T∗)∗ = T. Daraus ergibt sich (domT∗)⊥ = mul(T∗)∗ = mulT ={0} bzw. domT∗ = (domT∗)⊥⊥={0}⊥=H2.
Bemerkung 3.19.SeiT ein linearer Operator, der auf einem Teilraum von einem Hilbertraum H definiert ist. Dann ist die Adjundierte T∗ vorerst nur eine lineare Relation nach Definition 3.13. IstT∗jedoch ein Operator, zum Beispiel wennT dicht definiert ist, dann gilt die bekannte Beziehung aus der Funktionalanalysis. F¨ur (y;T∗y)∈T∗ bzw. ¨aquivalent y∈domT∗ gilt
(T x, y) = (x, T∗y) ∀x∈domT.
Lemma 3.20. Es gilt (T−1)∗ = (T∗)−1 und (B+T)∗ =B∗+T∗ f¨ur jedes B∈ B(H1, H2).
Beweis. Es gilt (x;y) ∈ (T−1)∗ genau dann, wenn (x, v) = (y, u) f¨ur alle (u;v) ∈ T−1, bzw.
(x, a) = (y, b) f¨ur alle (a;b) ∈T. Das ist aber ¨aquivalent zu (y;x) ∈ T∗, bzw. (x;y)∈ (T∗)−1. Insgesamt also (T−1)∗ = (T∗)−1.
Weiters ist (x, y) ∈ (B+T)∗ genau dann, wenn (x, v) = (y, u) f¨ur alle (u;v) ∈ B +T, bzw.
(x, b+Ba) = (y, a) f¨ur alle (a;b)∈T. Wegen
(x, b+Ba) = (y, a) ⇔(x, b) = (y−B∗x, a)
ist das ¨aquivalent zu (x;y−B∗x)∈T∗ und weiter zu (x;y)∈B∗+T∗.
Lemma 3.21. Seien H1, H2, H3 Hilbertr¨aume, R ≤H1×H2 und S ≤ H2×H3 lineare Rela- tionen.
Dann gilt R∗S∗⊆(SR)∗.
Beweis. Wenn (a;c)∈R∗S∗, dann existiert einb ∈H2, sodass (a;b)∈S∗ und (b;c)∈R∗. Das bedeutet aber gerade
[(a, x) = (b, y1) ∀(y1;x)∈S] und [(b, y2) = (c, z) ∀(z;y2)∈R].
Insbesondere gilt f¨ur Elemente aus R und S, f¨ur die ein y ∈H2 mit (z;y)∈ R und (y;x) ∈S existiert, d.h. (z;x)∈SR, dass (a, x) = (b, y) = (c, z). Damit haben wir (a, x) = (c, z) f¨ur alle (z;x)∈SR, also (a;c)∈(SR)∗.
Insgesamt alsoR∗S∗ ⊆(SR)∗.
4 Funktionalkalk¨ ul f¨ ur unbeschr¨ ankte messbare Funktionen
Mit Hilfe von linearen Relationen kann man auch einen Funktionalkalk¨ul f¨ur unbeschr¨ankte messbare Funktionen bzgl. einem Spektralmaß aufbauen.
Die Beweise sind nicht schwierig, werden aber an dieser Stelle nicht gebracht und k¨onnen in [F2][Kapitel 3] nachgelesen werden.
Sei Ω eine Menge und A eine σ-Algebra auf Ω. Bezeichne die Menge aller A-messbaren, kom- plexwertigen Funktionen φ: Ω → C mit U(Ω,A). Wir wollen nun ¨uberlegen, wie man eine Funktion φ ∈ U(Ω,A) bez¨uglich eines Spektralmaßes E f¨ur hΩ,A, Hi integrieren kann, wobei H ein Hilbertraum ist.
Im Allgemeinen erhalten wir keinen beschr¨ankten, sondern nur abgeschlossenen Operator. F¨ur den Spezialfall φ∈B(Ω,A) wird dieses Integral mit dem schon bekannten beschr¨ankten Ope- ratorR
φ dE ubereinstimmen.¨
Bemerkung 4.1. Ist φ∈U(Ω,A), so kann man φ immer als Summeφ =φ1+φ2 schreiben, wobei φ1, φ2 in U(Ω,A) liegen, φ1 beschr¨ankt ist und |φ2| ≥ δ f¨ur ein festes δ > 0 gilt. Man nehme zum Beispiel
φ2=1{t∈Ω :|φ(t)|≥1}·φ+1{t∈Ω :|φ(t)|<1} und φ1=1{t∈Ω :|φ(t)|<1}(φ−1).
Gem¨aß dem Funktionalkalk¨ul f¨ur beschr¨ankte messbare Funktionen existieren R
φ1dE und R 1
φ2 dE in B(H). Man kann sogar zeigen, dass ker[R 1
φ2 dE] = {0} und ran[R 1
φ2 dE] = H.
Definition 4.2.Sei Ω eine Menge,Aeineσ-Algebra auf Ω und Hein Hilbertraum. Weiters sei E ein Spektralmaß f¨urhΩ,A, Hi.
Seiφ∈U(Ω,A) und seiφ=φ1+φ2 zerlegt wie in Bemerkung 4.1. Dann setzen wir Z
φ dE :=
Z 1 φ2 dE
−1
+ Z
φ1dE.
Bemerkung 4.3. Wir haben in Bemerkung 4.1 gesehen, dassR 1
φ2 dE ein injektiver Operator aus B(H) mit dichtem Bild ist. Somit ist [R 1
φ2 dE]−1 ein abgeschlossener mit dichtem Defi- nitionsbereich ran[R 1
φ2dE]. Wegen R
φ1dE ∈ B(H) ist dann auch R
φ dE ein abgeschlossener Operator mit dichtem Definitionsbereich ran[R 1
φ2 dE].
Ist φ beschr¨ankt, so ist auchφ2 beschr¨ankt. Nach der Multiplikativit¨at des Funktionalkalk¨uls f¨ur Funktionen aus B(Ω,A) gilt [R 1
φ2 dE]−1 =R
φ2dE. Man sieht also, dass die Definition von R φ dE in Definition 4.2 mit der ¨ublichen Definition vonR
φ dE ubereinstimmt.¨
Lemma 4.4. Sei Ω eine Menge, A eine σ-Algebra auf Ω und H ein Hilbertraum. Weiters sei E ein Spektralmaß f¨urhΩ,A, Hi.
Sei φ ∈ U(Ω,A) und sei ∆n ∈ A, n ∈N, eine monoton wachsende Folge von Mengen, sodass S
n∈N∆n= Ω und sodassφauf allen ∆n, n∈N,beschr¨ankt ist. Dann gilt (i) F¨urg∈H gilt: g∈dom[R
φ dE]⇔R
Ω|φ|2dEg,g <∞ (ii) F¨urg∈dom[R
φ dE]und h∈H ist φbzgl. Eg,h integrierbar, wobei Z
φ dE
g, h
= Z
φ dEg,h.
(iii) R
φ dE ist unabh¨angig von der gew¨ahlten Zerlegung φ=φ1+φ2. (iv) F¨ur allen∈N gilt R
(φ·1∆n)dE ranE(∆
n) ⊆R φ dE.
Beweis. Die Beweise findet man in [F2, Lemma 3.5.4].
5 Vorbereitungen f¨ ur den Beweis des Spektralsatzes
Definition 5.1. SeiH ein Hilbertraum und T ≤H×H eine lineare Relation, dann heißt T
• symmetrisch, fallsT ⊆T∗
• selbstadjungiert, falls T =T∗
• normal, fallsT∗T =T T∗
Lemma 5.2.SeienH1, H2Hilbertr¨aume, seiT ≤H1×H2 eine abgeschlossene lineare Relation.
• Sind a, h∈H1, dann ist (a;h)∈I+T∗T genau dann, wenn (h; 0)zerlegt werden kann in
(h; 0) = (a;b) + (d;−c), (5.3)
mit b, d∈H2 und c∈H1, sodass (a;b)∈T und (c, d)∈T∗.
• Zu jedem h∈H1 existiert ein eindeutiges a∈H1, sodass (a;h)∈I +T∗T gilt.
Beweis.
• Wenn (a;h) ∈ I +T∗T gilt, dann ist (a;h−a) ∈ T∗T. Laut Definition 3.8 bedeutet das aber, dass ein b∈H2 existiert, sodass (a;b)∈T und (b;h−a)∈T∗. Damit k¨onnen wir (h; 0) darstellen als (h; 0) = (a;b) + (h−a;−b).
Gilt umgekehrt die Gleichung (5.3) f¨ur (a;b) ∈ T und (c;d) ∈ T∗, dann folgt offensichtlich, dass c =bund d=h−asein muss. Also ist (b;h−a)∈T∗ und somit gilt (a;h−a) ∈T∗T.
Daraus folgt dann (a;h)∈I +T∗T.
• Nun zeigen wir, die Existenz und Eindeutigkeit der Zerlegung von (h; 0) in (5.3). Da T ein abgeschlossener Unterraum von H1 ×H2 ist, kann man H1 ×H2 eindeutig zerlegen in H1×H2=T⊕T⊥. In Bemerkung 3.16 haben wir gesehen, dassT⊥= ˜J(T∗) gilt, wobei ˜J ein Hom¨oomorphismus vonH2×H1 nach H1×H2 ist, der ˜J((c;d)) = (d;−c) leistet. Somit gilt
T⊥ = ˜J(T∗) ={(d;−c)∈H1×H2: (c;d)∈T∗}.
Damit l¨asst sich jedes Element (h1;h2) ∈ H1 ×H2 eindeutig zerlegen in (h1;h2) = (a;b) + (d;−c), mita, c∈H1,b, d∈H2, sodass (a;b)∈T und (c;d)∈T∗. Insbesondere l¨asst sich also (h; 0) f¨ur jedesh∈H1 eindeutig zerlegen.
F¨urh∈H1existieren eindeutigea, c∈H1undb, d∈H2, sodass die Zerlegung in (5.3) gilt. Aus dem vorigen Punkt ergibt sich daraus, dass f¨ur jedes h∈H1 ein eindeutiges a∈H1 existiert, sodass (a;h)∈I+T∗T gilt.
Bemerkung 5.3. Seien H1, H2 Hilbertr¨aume, sei T ≤ H1 ×H2 eine abgeschlossene lineare Relation und sei h∈H1. Wenn man (h; 0) wie in (5.3) zerlegt, mit a, c∈H1, b, d∈H2, sodass (a;b)∈T und (c;d)∈T∗. Dann gilt
khk2 =k(h; 0)k2 =k(a;b)k2+k(d;−c)k2≥ k(a;b)k2=kak2+kbk2,
woraus wir auf
khk ≥ kak und khk ≥ kbk (5.4) schließen k¨onnen.
Satz 5.4.Seien H1, H2 Hilbertr¨aume und seiT ≤H1×H2 eine abgeschlossene lineare Relation.
Dann gilt:
(i) B := (I+T∗T)−1 ist ein beschr¨ankter linearer Operator mit NormkBk ≤1.
(ii) Die linearen Relation(I +T∗T)−1,(I+T∗T) und T∗T sind selbstadjungiert.
(iii) B ist ein positiver Operator, d.h. (Bh, h)≥0 f¨ur alleh∈H1. (iv) kerB= mulT∗T = mulT∗ und ranB = domT∗T = domT
(v) B(I+T∗T)⊆I ⊆(I+T∗T)B Beweis.
(i) Aus dem Lemma 5.2 wissen wir, dass es f¨ur jedes h ∈H1 genau ein a∈H1 gibt, sodass (a;h)∈I+T∗T bzw. (h;a)∈(I+T∗T)−1. Damit istB ein ¨uberall definierter Operator.
F¨ur (h;a) ∈ B, a = Bh, ergibt sich aus (5.4), dass kBhk = kak ≤ khk ist. Daher gilt kBk ≤1 und damit ist B∈ B(H1).´
(ii) Nun gilt wegen Lemma 3.20, Lemma 3.21 undT∗∗=T, dass
((I+T∗T)−1)∗ = ((I+T∗T)∗)−1= (I∗+ (T∗T)∗)−1 ⊇(I+T∗T∗∗)−1= (I+T∗T)−1. Wegen Bemerkung 3.15 ist B∗ ein beschr¨ankter linearer Operator. Da B und B∗ beides
¨uberall definierte Operatoren sind, muss wegen der Beziehung B ⊆ B∗ bereits B = B∗ gelten.
Das Lemma 3.20 zeigt, dass man das Adjungieren mit der Inversenbildung vertauschen kann. Das ergibt (I +T∗T)−1 = ((I +T∗T)∗)−1. Aus der Definition der Inversen einer linearen Relation, vgl. Def. 3.8 (iii), folgt (I+T∗T) = (I+T∗T)∗. Also ist auchI+T∗T selbstadjungiert. Mit Hilfe von Lemma 3.20 undI∗=I ergibt sichI+T∗T = (I+T∗T)∗= I+ (T∗T)∗ und daraus folgtT∗T = (T∗T)∗. Somit istT∗T selbstadjungiert.
(iii) Sei h∈H1 und a=Bh, also (h;a)∈B. Nun ist (a;h)∈I+T∗T und wegen Lemma 5.2 kann (h; 0) eindeutig als (h; 0) = (a;b) + (d;−b) dargestellt werden, wobeib∈H2, d∈H1, sodass (a;b) ∈ T und (b;d) ∈ T∗. Einerseits ergibt sich daraus h = a+d. Andererseits erkennen wir aus der Definition von T∗, dass f¨ur (b;d) ∈T∗ die Gleichung (u, d) = (v, b) f¨ur alle (u;v) ∈ T gilt, insbesondere also auch f¨ur (a;b) ∈ T. Wir erhalten damit die Gleichung (a, d) = (b, b) =kbk. Nun gilt
(Bh, h) = (a, h) = (a, a) + (a, d) =kak2+kbk2≥0.
(iv) Ein x ∈ H1 liegt genau dann in ker(I + T∗T)−1, wenn (0;x) ∈ I +T∗T bzw. wenn (0;x)∈T∗T. Also gilt kerB= mulT∗T.
Wenn (0;x) ∈ T∗T gilt, bedeutet das die Existenz von h ∈ H1, sodass (0;h) ∈ T und (h;x) ∈ T∗. Da (0;h) ein Element von T ist, erhalten wir aus der Definition von T∗ die Gleichung khk2 = (h, h) = (x,0) = 0. Somit muss h = 0 sein. Deshalb ist (0;x) ∈ T∗T
¨aquivalent zu (0;x)∈T∗. Insgesamt haben wir also kerB = mulT∗T = mulT∗.
Der zweite Teil der Aussage folgt aus dem ersten Teil mit Hilfe von Satz 3.17, indem man zu den orthogonalen Komplementen ¨ubergeht.
(v) Die Aussage folgt sofort aus Lemma 3.12, da B∈ B(H1) und B−1= (I+T∗T), im Sinne von linearen Relationen, gilt.
Bemerkung 5.5.
(i) DaB = (I+T∗T)−1 ein positiver, beschr¨ankter Operator ist, ist das Spektrumσ(B) von B eine Teilmenge von [0,+∞). F¨ur den Spektralradius r(B) := sup{|λ|:λ ∈ σ(B)} gilt r(B) =kBk ≤1 ist. Daraus folgtσ(B)⊆[0,1].
Wegen Satz 2.12 existiert ein eindeutiges SpektralmaßP zu T, sodass T =R
σ(B)t dP(t).
Dieses Hilfsmittel ist ein entscheidender Schritt beim Beweis des Spektralsatzes f¨ur unbe- schr¨ankte normale Operatoren.
(ii) Ist T zus¨atzlich dicht definiert, dann ist nach Korollar 3.18 T∗ ein Operator und damit auchI+T∗T, vgl. Satz 5.4 (iv). Dann gilt in Satz 5.4 (v) bei der zweiten Inklusion sogar Gleichheit, denn sowohl I als auch I+T∗T sind Operatoren und I ist ¨uberall definiert.
Daher kannI+T∗T keine echte Obermenge vonI sein.
F¨urh∈domT∗T gilt in diesem Fall
B(I+T∗T)h= (I+T∗T)Bh=h. (5.5)
Satz 5.6.Seien H1, H2 Hilbertr¨aume und seiT ≤H1×H2 eine abgeschlossene lineare Relation.
Bezeichne mitP(mulT)⊥ die orthogonale Projektion auf (mulT)⊥. Dann gilt:
(i) P(mulT)⊥T =T∩(H1×(mul)⊥)
(ii) P(mulT)⊥T ist ein abgeschlossener linearer Operator.
(iii) C := P(mulT)⊥T(I +T∗T)−1 ist ein beschr¨ankter linearer Operator von H1 nach H2 mit kCk ≤1.
(iv) Der Abschluss von R:={((I+T∗T)−1h;Ch) :h∈H1}=CB−1 ist genau P(mulT)⊥T. Beweis.
(i) F¨ur (x;y) ∈ T ∩ (H1 ×(mul)⊥) gilt (x;y) ∈ T und y ∈ (mulT)⊥. Offensichtlich ist (y;y) ∈ P(mulT)⊥, da y bereits in (mulT)⊥ liegt. Aus (x;y) ∈ T und (y;y) ∈ P(mulT)⊥ folgt laut Definition, dass (x;y)∈P(mulT)⊥T.
Wenn nun (x;y) ∈ P(mulT)⊥T ist, dann existiert ein z ∈ H2, sodass (x;z) ∈ T und (z;y) ∈ P(mulT)⊥, bzw. y = P(mulT)⊥z. Da mulT ⊆ H2 abgeschlossen ist, kann man z eindeutig darstellen als z = ˜y+y mit ˜y ∈ mulT und y ∈ (mulT)⊥. Wir k¨onnen also y auch schreiben alsy =z−y. Somit ist˜ y ein Element von z+ mulT. Wegen Lemma 3.4 gilt aberz+ mulT ={h∈H2: (x;h)∈T}, daher ist (x;y)∈T. Wegen y∈(mulT)⊥ gilt insgesamt (x;y)∈T∩(H1×(mulT)⊥).
(ii) (mulT)⊥ist ein abgeschlossener Teilraum vonH2. Daher istH1×(mulT)⊥ abgeschlossen inH1×H2bzgl. der Produkttopologie. Da wirT als abgeschlossen inH1×H2voraussetzen, istP(mulT)⊥T als Durchschnitt zweier abgeschlossener Mengen ebenfalls abgeschlossen.
Sei nun (0;x) ∈ T ∩(H1 ×(mulT)⊥) = P(mulT)⊥T. Dann gilt einerseits (0;x) ∈ T, also x∈mulT, und andererseitsx∈(mulT)⊥. Somit ist x= 0 und P(mulT)⊥T ein Operator.
(iii) C ist als Zusammensetzung der Operatoren P(mulT)⊥T undB := (I+T∗T)−1 wieder ein Operator.
F¨urh∈H1 bezeichnea=Bh. Wir wissen bereits, dass
P(mulT)⊥T =T∩(H1×(mulT)⊥) gilt. Die GleichungCh= (P(mulT)⊥T)Bh= (P(mulT)⊥T)a bedeutet daher, dass Ch das eindeutige Element aus (mulT)⊥ ist, f¨ur das (a, Ch) ∈ T gilt.
Wegen (h;a) ∈B bzw. (a;h) ∈ I+T∗T folgt aus (5.3), dass (h; 0) eindeutig in (h; 0) = (a;b) + (d;−b) zerlegt werden kann, mitb∈H2, d∈H1, sodass (a;b)∈T und (b;d)∈T∗. Wir zeigen nun, dassb∈(mulT)⊥ gilt und daherCh=b sein muss.
Sei (0;x)∈ T beliebig, dann gilt (b, x) = (d,0) = 0. Das zeigt gerade, dass (b, x) = 0 f¨ur allex∈mulT, d.h. b∈(mulT)⊥.
Die Absch¨atzung (5.4) liefert nun kChk = kbk ≤ khk. Da h ∈ H1 beliebig gew¨ahlt war, folgtkCk ≤1.
(iv) Offensichtlich giltR⊆P(mulT)⊥T. DaP(mulT)⊥T abgeschlossen ist, folgt R⊆P(mulT)⊥T.
Als abgeschlossener Unterraum des HilbertraumsH1×H2 ist P(mulT)⊥T auch ein Hilber- traum, der den abgeschlossenen UnterraumRenth¨alt. Nat¨urlich istRauch im Hilbertraum P(mulT)⊥T abgeschlossen und daher l¨asst sichP(mulT)⊥T =R⊕R⊥ als orthogonale direkte Summe schreiben, wobei hier das orthogonale Komplement im HilbertraumP(mulT)⊥T zu verstehen ist. Angenommen R w¨are eine echter Teilraum von P(mulT)⊥T, dann bedeutet das, dass ein nicht-triviales Element inR⊥ existieren muss.
Sei also (r;s)6= (0; 0) und (r;s)∈R⊥⊆P(mulT)⊥T. Damit ist (r;s)∈T mits∈(mulT)⊥. Die Elemente vonR sind von der Form (Bh;Ch) f¨ur einh ∈H1. W¨ahleh ∈H1 beliebig, dann kann man (h; 0) darstellen als
(h; 0) = (a;b)
| {z }
∈R
+(d;−c),
sodass (a;b)∈T und (d;−c)∈T⊥. Es gilt Bh=a und Ch=b und daher ist (a;b)∈R.
Da (r;s) aufR orthogonal steht, gilt einerseits ((r;s),(a;b)) = 0.
Andererseits steht (d;−c) orthogonal aufT, insbesondere auf (r;s), also ((r;s),(d;−c)) = 0.
Insgesamt haben wir 0 = ((r;s),(h; 0)) = (r, h) + (s,0), womit (r, h) = 0. Da h ∈ H1 beliebig war, folgtr= 0. Wir haben also (0;s)∈T mits∈(mulT)⊥, worauss= 0 folgt.
Das ist aber ein Widerspruch zu unserer Annahme, dass (r;s)6= (0; 0). Wir schließen, dass R kein echter Teilraum vonP(mulT)⊥T sein kann, also R=P(mulT)⊥T.
Bemerkung 5.7. Seien H1, H2 Hilbertr¨aume. Ist T ≤ H1 ×H2 sogar ein abgeschlossener Operator, dann gilt mulT ={0} und (mulT)⊥ = H2. Damit ist P(mulT)⊥ genau die Identit¨at auf H2 und C=T(I +T∗T)−1 ein Operator, der ¨uberall definiert und beschr¨ankt ist.
Lemma 5.8.SeiH ein Hilbertraum. IstN eine abgeschlossene, normale lineare Relation, dann gilt mulN = mulN∗N = mulN∗. Ist N sogar ein Operator, dann ist auch N∗ ein Operator und sowohl N als auch N∗ sind dicht definiert.
Beweis. Aus Satz 5.4 (iv),N∗∗=N und daN normal ist, folgt
mulN∗ = mulN∗N = mulN N∗= mulN∗∗N∗= mulN∗∗= mulN.
WennN ein Operator ist, d.h. mulN ={0}, dann ist daher auch N∗ ein Operator. Wegen Satz 3.17 folgt
(domN)⊥= mulN∗={0} und (domN∗)⊥= mulN∗∗= mulN ={0}.
Daher sind N und N∗ dicht definiert.
Lemma 5.9. Sei H ein Hilbertraum und N ein normaler Operator auf H, d.h. eine lineare Relation mit mulN ={0} und N∗N =N N∗.
Dann gilt N(I+N N∗) = (I+N N∗)N.
Beweis. DaN ein Operator ist und I ein Operator mit I(dom(I+N∗N)) = domN∗N ⊆N ist, sind die zus¨atzlichen Forderungen in Lemma 3.11 erf¨ullt. Daraus folgt
N(I+N∗N) =N+N N∗N =N+N∗N N = (I+N∗N)N,
wobei die zweite Gleichheit gilt, daN als normal vorausgesetzt wurde.
Korollar 5.10. Sei H ein Hilbertraum und N ein abgeschlossener normaler Operator, d.h.
eine abgeschlossene lineare Relation mit mulN = {0} und N∗N = N N∗. Bezeichne nun mit B := (I+N∗N)−1 und C:=N B die Operatoren aus Satz 5.4 bzw. 5.6.
Dann gilt BN ⊆C und BC =CB.
Beweis. Wegen Satz 5.4 (v) und Lemma 5.9 gilt
BN ⊆BN(I+N∗N)B ⊆B(I+N∗N)N B ⊆N B =C im Sinne von linearen Relationen.
Weiters folgt daraus und aus Bemerkung 3.9
BC =B(N B) = (BN)B ⊆CB.
Sowohl B als auch C sind ¨uberall definierte Operatoren, daher sind es auch BC und CB.
Wegen domBC = domCB =H1 kann BC keine echte Teilmenge vonCB sein. Deswegen gilt
BC =CB.
Bemerkung 5.11.
(i) Sei P das eindeutige Spektralmaß zu B, das wegen Satz 2.12 existiert. Dann folgt aus BC=CB, dassCmit jeder ProjektionP(∆) kommutiert. Wegen Satz 2.8 (iii) vertauscht C mit allen Operatoren der Form R
φ dP, wobei φ eine beschr¨ankte, messbare Funktion auf dem Spektrumσ(B) von B ist.
(ii) WennN ein abgeschlossener normaler Operator ist, dann haben wir in Lemma 5.8 bereits gesehen, dass N∗ ebenfalls ein abgeschlossener Operator mit dichtem Definitionsbereich ist. Wegen der Abgeschlossenheit vonN giltN∗∗=N und daher
(N∗)∗N∗=N N∗ =N∗N =N∗(N∗)∗.
Also istN∗ auch normal.
Bezeichne nunM :=N∗ und definiere ˜B = (1 +M∗M)−1, dann gilt
B˜ = (1 + (N∗)∗(N∗))−1 = (1 +N N∗)−1 = (1 +N∗N)−1=B (5.6) Analog zu Satz 5.6 und Korollar 5.10 kann man zeigen, dass ˜C := N∗B˜ = N∗B ein beschr¨ankter Operator ist, der BC˜ = ˜CB erf¨ullt. Daher vertauscht ˜C auch mit allen Ope- ratoren der FormR
φ dP, wobeiφeine beschr¨ankte, messbare Funktion auf dem Spektrum σ(B) von B ist.
Lemma 5.12. Sei H ein Hilbertraum und N ein abgeschlossener, normaler Operator auf H.
Bezeichne nun mit B:= (I+N∗N)−1 undC :=N B die Operatoren aus Satz 5.4 bzw. Satz 5.6.
Sei P das eindeutige Spektralmaß zu B nach Satz 2.12.
Weiters sei 0 < δ < 1 und ∆ eine Borelteilmenge von [δ,1]. Definiere H∆ := P(∆)H, N∆ :=
N|H∆ und N∆∗ := (N∗)|H∆ im Sinne von linearen Abbildungen.
Dann gilt:
(i) H∆ ist ein Hilbertraum.
(ii) H∆⊆domN
(iii) H∆ ist invariant unterN und N∗, d.h.N H∆⊆H∆ und N∗H∆⊆H∆. (iv) N∆ ist ein beschr¨ankter normaler Operator auf H∆.
(v) B|H∆ ist bijektiv und es gilt
B|H∆ = (I+N∆∗N∆)−1. (5.7) (vi) σ(B|H∆)⊆∆
Beweis.
(i) Da P(∆) eine orthogonale Projektion ist, ist ihr Bildraum ranP(∆) ein abgeschlossener Teilraum von H. Als abgeschlossener Teilraum eines Hilbertraumes ist H∆ = ranP(∆) wieder ein Hilbertraum.
(ii) Die Funktion φ(t) := 1∆(t)1t ist beschr¨ankt und messbar auf σ(B) ⊆ [0,1]. Daher kann manG:=R
1∆1
tdP definieren, und zwar im Sinne des Funktionalkalk¨uls f¨ur beschr¨ankte messbare Funktionen nach Satz 2.8. Dabei gilt
P(∆) = Z
1∆dP = Z
1∆
1
t ·t dP = Z
1∆
1 tdP ·
Z
t dP =GB.
Analog zeigt manP(∆) =BG.
DaC∈ B(H) wegen Satz 5.6 und G∈ B(H) wegen Satz 2.8 gilt, folgt daraus
N P(∆) =N BG=CG∈B(H). (5.8)
Damit ist dom(N P(∆)) = H. Das kann aber nur dann gelten, wenn H∆ = ranP(∆) ⊆ domN.
(iii) Wegen Korollar 5.10 giltBN ⊆Cund wegen Bemerkung 5.11 kommutiertCmitG. Daher gilt
P(∆)N =GBN ⊆GC=CG=N BG=N P(∆).
Da sowohlP(∆)N als auchN P(∆) Operatoren sind, besagt diese Inklusion gerade, dass N P(∆) und P(∆)N auf domP(∆)N = domN ¨ubereinstimmen.
Sei nun h ∈ H∆, also h = P(∆)h. Wegen (ii) liegt dann h ∈ domN und es gilt N h = N P(∆)h=P(∆)N h. Daraus erkennen wir, dass auchN h in ranP(∆) =H∆liegen muss.
Somit istH∆ invariant unter N.
DaN ein abgeschlossener, dicht definierter normaler Operator ist, ist es wegen Korollar 3.18 auchN∗. Wegen Bemerkung 5.11 (ii) kann man somit die selben ¨Uberlegungen auch f¨urN∗ machen und erh¨alt damit auch die Invarianz vonH∆ unterN∗.
(iv) Aus (5.8) folgt f¨urh∈H∆
N∆h=N|H∆h=CG|H∆h, womitN∆ ein beschr¨ankter Operator auf H∆ ist.
F¨ur h ∈ H∆ sind auch N∗N h, N N∗h ∈ H∆. Da N normal ist, gilt N∗N h = N N∗h f¨ur alleh∈domN N∗, insbesondere gilt diese Gleichheit f¨urh∈H∆. Somit gilt
(N∆∗)(N∆)h= (N∆)(N∆∗)h, ∀h∈H∆. Das zeigt gerade, dassN∆normal im Hilbertraum H∆ ist.
(v) Da H∆ ⊆ dom(I +N∗N) = domN∗N ist, folgt aus (5.5), dass B(I +N∗N)h = (I + N∗N)Bh=h f¨ur alle h∈H∆ gilt. Somit gilt
B|H∆ = [(I+N∗N)|H∆]−1 = (I+N∆∗N∆)−1. (vi) Seiλ∈C. Wir betrachten den Operator (B−λI)P(∆) =R
(t−λ)1∆dP. Wenn nunλ6∈∆ ist, dann istt7→(t−λ)−11∆eine beschr¨ankte messbare Funktion auf [0,1]. Wir definieren nun die FunktionF :=R
(t−λ)−11∆dP. Dann gilt (B−λI)P(∆)F =
Z
(t−λ)· 1
(t−λ)1∆dP = Z
1∆dP =P(∆).
Wegen P(∆)F = F ist H∆ invariant unter F. F¨ur h ∈ H∆ gilt somit (B −λI)F h = F(B −λI)h = h. Somit ist der Operator (B −λI)|H∆ = (B|H∆ −λI) invertierbar in B(H∆), seine Inverse ist n¨amlichF|H∆.
Insgesamt folgtσ(B|H∆)⊆∆.
6 Einige Bemerkungen zu orthogonalen Summen
Definition 6.1. Sei (Hn)n∈N eine Familie von Hilbertr¨aumen, dann bezeichnet man mit M
n∈N
Hn:={(hn)n∈N:hn∈Hnf¨ur alle n∈N,
∞
X
n=1
khnk2 <∞}
dieorthogonale direkte Summe der Hilbertr¨aume Hn, n∈N.
Proposition 6.2. Sei((Hn,(., .)n)n∈N eine Familie von Hilbertr¨aumen und seiH=L
n∈NHn. Dann ist die Bilinearform
(f, g) :=
∞
X
n=1
(fn, gn)n, mit(f;g)∈H×H, f = (fn)n∈N, g= (gn)n∈N (6.9) wohldefiniert auf H×H und ein Skalarprodukt auf H.
Versieht man H mit (., .), so ist(H,(., .))ein Hilbertraum.
Beweis. Sei f, g∈H, f = (fn)n∈N, g = (gn)n∈N und seien k.kn, n∈N,die von (., .)n induzierten Normen aufHn. Dann folgt aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung
∞
X
n=1
|(fn, gn)n| ≤
∞
X
n=1
kfnkn· kgnkn≤
∞
X
n=1
kfnk2n
!1/2 ∞
X
n=1
khnk2n
!1/2
.
Daher konvergiert die Reihe in (6.9) absolut und damit ist (., .) auf H ×H wohldefiniert.
Offensichtlich ist es ein Skalarprodukt, da alle (., .)n Skalarprodukte sind. Der Beweis der Vollst¨andigkeit von H bzgl. (., .) erfolgt in wesentlichen Schritten analog zum Beweis der Vollst¨andigkeit des Folgenraums`2 und wird hier nicht n¨aher ausgef¨uhrt.
Lemma 6.3. Sei H ein Hilbertraum und seien Pn, n ∈ N, orthogonale Projektionen auf H, sodass ihre Bildr¨aume paarweise orthogonal sind und P∞
n=1Pn=I im Sinne der starken Ope- ratortopologie aufH. Definiere Hn:=PnH, n∈N.
Dann ist die Abbildung
Ψ : (L
n∈NHn→H (hn)n∈N7→P∞
n=1hn
wohldefiniert und ein isometrischer Isomorphismus.
Es gilt sogar
(g, h) = ((gn)n∈N,(hn)n∈N), (6.10) wobei g= Ψ((gn)n∈N) und h= Ψ((hn)n∈N).
Damit kann H mit L
n∈NHn in nat¨urlicher Weise identifiziert werden.
Beweis. Zuerst bemerken wir, dass dieHn, n∈N,als Bildr¨aume der orthogonalen Projektionen Pn, n∈N,paarweise orthogonale Hilbertr¨aume sind.
Sei nun (hn)n∈N∈L
n∈NHn. Nach dem Cauchyschen Konvergenzkriterium konvergiertP∞ n=1hn
in H genau dann, wenn f¨ur jedes >0 ein Index N ∈N existiert, sodass kPm
i=nhik2 ≤f¨ur allen, m≥N. Da die hn, n∈N,paarweise orthogonal sind, gilt aber
m
X
i=n
hi
2
=
m
X
i=n
khik2.