DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FÜR SIE GELESEN Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie
tigte nicht die vergleichsweise beim Kontrollkollektiv bereits ein- gangs erhöhten mittleren Lei- stungswerte, und zudem führt die Lektüre zur überraschenden Fest- stellung, daß, anders als zu erwar- ten gewesen wäre, SMT-bedingte Veränderungen von p 0 2a und/
oder p 0 2v gar nicht eingetreten sind! Eigene Befunde aus dem
„36-Stunden-Prozeß" (unveröf- fentlicht) ebenso wie die von Kauffelt et al. (1984) zeigten, was Steigerung der körperlichen Lei- stungsfähigkeit betrifft, keine si- gnifikanten Effekte (Ergometrie), während Klein et al. (1984) es für sehr fragwürdig halten, die an ih- rem Patientengut festgestellten Leistungsanstiege auf eine spezi- fische Wirkung der 0 2-Therapie zurückzuführen. Weiterhin ist es in einer Untersuchung an 60- bis 80jährigen Senioren für eine an- dere Funktionsgröße, nämlich die Sehkraft, nicht sicher gelungen, anhand von Visus-Bestimmungen eine Besserung nachzuweisen (Raschke [1984] persönliche Mit- teilung).
Wir wissen, daß Behandlungsfor- men, die mit dem Prädikat „natür- lich", „biologisch", „nichttoxisch"
und ähnlichem versehen, wie es nicht selten auch bei sogenannten Außenseitermethoden der Fall ist, zumindest hinsichtlich eines sub- jektiven Therapieerfolgs häufig von Einstellung und Erwartungs- haltung der Patienten mitbe- stimmt werden. Ähnlich ist eine Maßnahme unter der Bezeich- nung „Sauerstofftherapie", wie unsere Erfahrungen gezeigt ha- ben, an sich schon positiv besetzt.
Wir haben in einem Teil unserer Studien Erhebungen angestellt, die einen Hinweis zum subjektiven gesundheitlichen Befinden der Patienten und deren Bewertung des Behandlungserfolgs erlauben.
Die Aussagen der Patienten finden in einer relativen hohen positiven Einschätzung der SMT ihren Aus- druck, ohne daß Zusammenhänge zu den 0 2-Partialdruckwerten fest- zustellen gewesen wären. Auf- schlußreich ist, daß sich in einer Gruppe placebo-behandelter Pro-
banden (Preßluftinhalationen) die- selbe Tendenz feststellen ließ.
Vielleicht liegt auch hierin ein Ge- heimnis des Sauerstoffs als „Jung- brunnen". Die SMT hat aufgrund wiederholter Darstellung in den Medien und ständiger Propagie- rung nicht nur beim Laien ein un- gewöhnlich großes Echo gefun- den. Unter einem fast nicht mehr überschaubaren Indikationsspek- trum hat sie trotz kritischer Stim- men vor allem seitens der Pneu- mologen mittlerweile beträcht- liche Ausmaße erreicht. Der Man- gel an beweiskräftigen Studien und die mangelnde Reproduzier- barkeit der postulierten Wirkun- gen und Erfolge sowie die doch sehr weitreichenden Ansprüche dieser Therapieform rechtfertigen nach unserer Auffassung bis heute in keiner Weise die so augen- scheinlich gewordene Verbrei- tung und Kommerzialisierung.
Literatur
(1) v. Ardenne, M.: Sauerstoff-Mehrschritt- Therapie, G. Thieme Verlag, 3. Auflage 1983 — (2) v. Ardenne, M., W. Klemm, J. Klinger: Dop- pelblindstudie zur starken anhaltenden Stei- gerung der körperlichen Leistungsfähigkeit nach Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie-Be- handlungen, Z. Alternsforsch. 39, 17 (1984) — (3) Janietz, K., A. Walter, H.-D. Steglich und B.
Schicke: Untersuchungen zur Sauerstoff- Mehrschritt-Therapie nach M. v. Ardenne, Dt.
Gesundh.-Wesen 39, 503 (1984) — (4) Kauffelt, G., S. Gärtner, H. Lauterbach, A. Hendrik und B. Schlicke: Untersuchungen zur Sauerstoff- Mehrschritt-Therapie nach M. v. Ardenne, Dt.
Gesundh.-Wesen 39, 462 (1984) — (5) Klein, M., P.-W. Wüstenberg, H. Börner und H. Klink- mann: Untersuchungen zur Sauerstoff-Mehr- schritt-Therapie nach M. v. Ardenne, Dt. Ge- sundh.-Wesen 39, 423 (1984)—(6) Nolte, D. und B. Häusl: Zur Effektivität der „Sauerstoff- Mehrschritt-Therapie", Med. Klin. 75, 166 (1980) — (7) Nolte, D.: Zur Effizienz der soge- nannten Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie, Prax. Klin. Pneumol. 37, 944 (1983)—(8) Rasch- ke, F., Marburg, persönliche Mitteilung (1984)
— (9) Schnizer, W., J. Kleinschmidt, K. Dirnagl, P. Kröling, H. Drexel, Th. Kleinschmidt, H. F.
Paulsen: Die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie nach v. Ardenne. Eine vergleichende Studie an Kurpatienten, Z. f. Phys. Med. 10, 322 (1981).
Anschrift für die Verfasser:
Professor Dr. med.
Wolfgang Schnizer Institut für medizinische Balneologie und Klimatolo- gie der Universität
Marchioninistraße 17 8000 München 70
Myokardszintigramm bei AVK-Patienten
Bis zu 90 Prozent der Patienten mit fortgeschrittenen Stadien ei- ner peripheren arteriellen Ver- schlußkrankheit (AVK) leiden gleichzeitig an koronaren Durch- blutungsstörungen (siehe auch Deutsch. Ärztebl. 82, Heft 9/1985, 576).
Zur Einschätzung des kardialen Risikos vor einem revaskularisie- renden Eingriff der Femoralarteri- en wurde bei 54 AVK-Patienten ein Myokardszintigramm mit Dipy- ridamol angefertigt.
Bei 32 Patienten ohne gravieren- de szintigraphische Auffällig- keiten traten postoperativ keine kardialen Komplikationen auf.
Bei 16 Patienten mit myokardialen Perfusionsdefekten im Szinti- gramm kam es in 8 Fällen nach dem Eingriff zu Komplikationen (Infarkte, schwere Stenokardien, Tod).
In 6 Fällen waren präoperativ so schwere szintigraphische Spei- cherdefekte zu erkennen, daß ei- ne koronarangiographische Ab- klärung erfolgte.
Vier Patienten mußten sich dar- aufhin einer koronaren Bypass- Operation unterziehen.
Die Myokardszintigraphie mit Di- pyridamol stellt eine risikoarme, für den Patienten unbelastende Untersuchungsmethode dar. Nach diesen Ergebnissen scheint sie geeignet, Hilfestellung bei der Be- urteilung des kardialen Risikos vor operativen gefäßrekonstruie- renden Eingriffen bei AVK-Patien- ten zu geben. müb
Boucher, C. A. et al.: Determination of Cardiac Risk by Dipyridamole-Thallium Imaging before Peripheral Vascular Surgery. N. Engl. J. Med.
1985; 312: 389-94
Cardiac Unit, Massachusetts General Hospital, Boston, MA 02114
2030 (60) Heft 27 vom 3. Juli 1985 82. Jahrgang Ausgabe A