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Archiv "Kölner Denkmodell: In drei Jahren reift der Arzt zum Hausarzt" (10.10.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

In drei Jahren

reift der Arzt zum Hausarzt

Kölner Denkmodell

D

ie Zulassung zur Kassenpra- xis soll auch zukünftig zwar frei bleiben — im Prinzip je- denfalls. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wird sich, den Versicherungen ihres Vor- sitzenden zufolge, nach Kräften dafür einsetzen, dem Nach- wuchs eine Chance zu geben — doch die Chancen werden klei- ner. Beschränkungen bei der Ortswahl der Niederlassung sind im Gespräch. Zur Debatte steht weiter, ob die bloße Approba- tion zum Arzt, selbst dann, wenn sie erst nach einer „Arzt-im- Praktikum-Zeit" wirksam wird, für den Kassenarzt reicht. Über eine darüber hinausgehende Qualifikation wird nachgedacht.

Die Vorstellungen bei der KBV sind inzwischen recht konkret.

Das Kölner Denkmodell tangiert auch so heftig diskutierte Dinge wie Pflichtweiterbildung, haus- ärztliche Tätigkeit, Allgemein- medizin, Vorschläge der EG- Kommission. Instrument für ei- ne gewisse Steuerung des Ärz-

testroms soll die Bedarfspla- nung sein. Diese ist zur Zeit frei- lich noch auf die Unterversor- gung ausgerichtet; danach kön- nen ausreichend versorgte Re- gionen zeitweilig gesperrt wer- den, solange andere ärztlich un- terversorgt sind. Das neue Denkmodell, das im Vorstand der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung entwickelt und von Dr. Hans Wolf Muschallik sowie KBV-Hauptgeschäftsführer Dr.

Eckart Fiedler vor der Presse in Berlin am 27. September erläu- tert wurde, geht von einer Um- polung der Bedarfsplanung aus.

Sie soll künftig im Zeichen der Überversorgung eingesetzt wer- den, um eine gleichmäßige, strukturell ausgewogene Vertei- lung von Ärzten zu erreichen. Ei- ne solche grundlegende Ände- rung der Bedarfsplanung kann nur durch die Bundesregierung eingeleitet werden. Der Bundes- arbeitsminister, hier in erster Li- nie zuständig, wurde denn auch von der KBV angesprochen.

Doch er zögert bisher. Auch in- nerärztlich dürfte das KBV- Modell noch hin und her bewegt werden, ehe es rund ist.

Solche Vorbehalte hintange- stellt — wie sieht das Modell aus?

Zunächst die allgemeine Ziel- vorgabe, wie sie Muschallik vor den Journalisten in Berlin for- mulierte: Die KBV ist der Auffas- sung, „daß für die Zulassung zur Kassenpraxis hohe Qualitätsan- forderungen zu stellen seien und gleichzeitig eine Stärkung der hausärztlichen Versorgung erfolgen müsse. Für die nahe Zukunft geht der Vorstand der KBV davon aus, daß die Quali- tätsanforderungen an die Zulas- sung zur kassenärztlichen Tätig- keit dem Abschluß einer Weiter- bildung nach den Weiterbil- dungsordnungen der Ärztekam- mern entsprechen. Dabei ist ei- ne Neustrukturierung des Wei- terbildungsgangs zum Arzt für Allgemeinmedizin sowie nach Möglichkeit auch eine Verkür- zung aller Weiterbildungsgänge zu prüfen."

Mit Hilfe der Bedarfsplanung soll nicht nur eine gleichmäßige Verteilung der über den Bedarf hinaus in die Praxis strömenden Ärzte, sondern auch eine sinn- volle strukturelle Zusammenset- zung der kassenärztlich tätigen Ärzte erreicht werden. Dabei ist an eine Relation von 60 Prozent

„Hausärzten" zu 40 Prozent Spezialisten gedacht. Ist in ei- nem Versorgungsbereich der

„In den kommenden zehn Jahren werden über 100 000 neu approbierte Ärzte Beschäftigung suchen, und der weitaus größte Teil wird mangels anderer Möglichkeiten eine freiberufliche Niederlassung anstreben." So der Er- ste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Dr. Hans Wolf Muschallik, bei einem Pressesemi- nar der KBV in Berlin. Bei der KBV wird schon seit länge- rem überlegt, wie bei einem solchen Ansturm die Quali- tät der ärztlichen Versorgung, ja das kassenärztliche Sy- stem überhaupt gesichert werden kann. Aus diesen Überlegungen schält sich jetzt ein Denkmodell heraus.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 41 vom 10. Oktober 1984 (21) 2945

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hausarzt-Modell

Bedarfsplan für Spezialisten er- füllt, dann kann er für diese ge- sperrt werden, bis die ge- wünschte Hausarzt-Relation er- reicht ist. Danach wird der Be- reich wieder geöffnet — bis zum nächsten „strukturellen Un- gleichgewicht". Der „Hausarzt"

in diesem Sinn ist bisher noch nicht exakt definiert, es liegt aber nahe, darunter den Arzt für Allgemeinmedizin, den Allge- mein-Internisten, den Kinderarzt sowie — das wäre neu — den Hausarzt ohne Gebietsbezeich- nung zu verstehen.

Die Definition des Allgemeinarz- tes (weitergebildet nach Maßga- be der Weiterbildungsordnung) und des Kinderarztes ist klar.

Der Allgemein-Internist müßte noch von dem spezialistisch täti- gen Internisten abgegrenzt wer- den. Der Hausarzt ohne Gebiets- bezeichnung müßte erst neu de- finiert werden, wenn er auch ei- ne gewisse Verwandtschaft zum herkömmlichen praktischen Arzt haben würde. Doch im Un- terschied zum praktischen Arzt, der sich nach völlig freier Wahl weiterbilden kann, soll der von der KBV ins Auge gefaßte Haus- arzt ohne Gebietsbezeichnung eine „ärztliche Tätigkeit" von drei Jahren absolviert haben, ehe er für die Kassenpraxis qua-

lifiziert ist. Diese drei Jahre sol- len strukturiert werden, etwa in anderthalb Jahre innere Medizin (davon ein Jahr im Kranken- haus), ein halbes Jahr operative Tätigkeit, ein halbes Jahr bei ei-

nem niedergelassenen Arzt und ein halbes Jahr nach freier Wahl.

Ein solches Modell hat Berüh- rungspunkte mit dem „Arzt im Praktikum", auch mit dem Arzt für Allgemeinmedizin, auch mit der von der EG-Kommission fa- vorisierten Mindestqualifikation für den Arzt in der Primärversor- gung. Diese Berührungspunkte müssen freilich nicht zu Rei- bungsverlusten führen. Denn Praktikumszeiten im Sinne des

„Arztes im Praktikum"- (voraus- gesetzt dieser AiP, den die Bun-

desregierung durch Änderung der Bundesärzteordnung ein- führen will, kommt) könnten auf die „ärztliche Tätigkeit", die für die Qualifikation zum „Haus- arzt" nötig ist, angerechnet wer- den. Eine Anrechnung wäre um so einfacher möglich, je mehr die AiP-Zeit strukturiert wäre.

Die KBV hofft ferner, daß der

„Hausarzt" in der näheren Zu- kunft mit dem „Arzt für Allge- meinmedizin" zur Deckung ge- bracht werden kann. Muschallik regte auf dem Presseseminar in Berlin jedenfalls an, die Weiter- bildung zum Allgemeinarzt, die heute mindestens vier Jahre dauert, auf drei Jahre zu redu- zieren. Das EG-Vorhaben (Richt- linie über eine zweijährige allge- meinärztliche Weiterbildung;

diese soll auch Mindestvoraus- setzung für die Behandlung von Patienten der Sozialversiche- rung sein) würde die KBV-Kreise nicht stören, weil die EG nur Mindestnormen festlegen kann.

Was sagt die

Bundesärztekammer?

Beim Berliner Presseseminar der KBV wurde Bundesärzte- kammer-Präsident Dr. Karsten Vilmar (der nicht ganz zufällig anwesend war) von Journalisten unverblümt darauf angespro- chen, ob zwischen KBV und Bundesärztekammer ein Dis- sens über das Modell besteht.

Vilmar betonte, daß grundsätz- lich die Zulassungsfreiheit und der Wert der Approbation erhal- ten bleiben müssen. Er zeigte indes ein gewisses Verständnis für das Bestreben der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, die Qualität der ambulanten Ver- sorgung auch künftig zu si- chern. Vilmar war der Ansicht, daß über das KBV-Modell erst dann zuverlässiger geurteilt werden kann, wenn feststeht, ob und wie der „Arzt im Praktikum"

eingeführt wird, ob also die zweijährige Praktikumszeit kommt, ob eine zumindest gro- be Strukturierung des Prakti- kums erreicht werden kann oder

nicht. Wenn das alles so komme

— zwei Jahre, Strukturierung — dann, so überlegte Vilmar vor der Presse, müsse auch über die Verkürzung der Weiterbildungs- zeiten nachgedacht werden, zu- mindest der Weiterbildung zum Allgemeinarzt, wahrscheinlich auch der Weiterbildung zum Spezialisten. Vilmar ging dabei davon aus, daß AiP-Zeiten auf die Weiterbildung dann ange- rechnet werden können, wenn sie dem jeweiligen Weiterbil- dungsgang entsprechen. Nach Auffassung von Vilmar würde ei- ne inhaltliche Strukturierung des AiP (nach dem Muster ein Jahr konservativ, ein halbes Jahr operativ, ein halbes Jahr nach freier Wahl) besonders der Wei- terbildung zum Allgemeinarzt zugute kommen.

Angenommen, das Modell der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung wird Wirklichkeit — wird es Engpässe geben, werden alle Ärzte, die eine hausärztliche Qualifikation anstreben, sie überhaupt erreichen können?

Die Frage wurde auch von den Journalisten in Berlin gestellt.

Darauf kamen zwei Antworten:

Soldhen Ärzten, die die Qualifi- kation vor der Niederlassung nicht erreichen können, aber dennoch hausärztlich tätig wer- den möchten, soll geraten wer- den, in Gemeinschaft mit einem bereits niedergelassenen quali- fizierten Hausarzt zu arbeiten

und so im Laufe der Jahre die fehlende Qualifikation auszu- gleichen. Bei der KBV erhofft man sich davon auch eine För- derung der gemeinschaftlichen Praxisausübung, in die man oh- nehin gewisse kostendämpfen- de Hoffnungen setzt.

In Berlin wurde aber auch offen gesagt, daß selbst mit dem Auf- fangnetz „Gemeinschaft" die kassenärztliche Praxis wohl nicht in der Lage sein wird, den Nachwuchsstrom aufzufangen.

Brächte man alle in der Kassen- praxis unter, dann ginge das Sy- stem kaputt. NJ 2946 (22) Heft 41 vom 10. Oktober 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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