unserem Wissen nicht vor. Ein weiteres ethisches Problem liegt darin, dass dann noch die wirkliche Vaterschaft gene- tisch bewiesen werden müsste.
Außerdem wurde auf die Möglich- keit eines sekundären Maldescensus testis nach primär orthotoper Lage des Hodens hingewiesen. Dies war auch bei 9 der von uns operierten 417 Kinder der Fall; einige von diesen Kindern waren zuvor bei urogenitalen Fehlbildungen wie Hypospadie et cetera auch von uns persönlich mit orthotoper Hodenlage gesehen worden. Die Zahl der Kinder mit einem sekundären Hodenhoch- stand war aber in unserem Krankengut so gering, dass sie die verzögerte Opera- tion nach Ende des zweiten Lebensjah- res bei 349 von 417 Kindern nicht er- klären kann.
Ob aus den existierenden Mängeln die Forderung nach einem mit den nöti- gen Befugnissen ausgestatteten öffent- lichen Gesundheitsdienst abgeleitet werden soll, wie von Herrn Richter an- gemerkt wird, muss diskutiert werden.
Wir halten dies mit den Prinzipien eines freiheitlichen Rechtssystems schlecht vereinbar, in dem die Eigenverantwor- tung der Menschen beziehungsweise in diesem Fall der Eltern ein zentrales Gut darstellt.
Wir würden uns aber freuen, wenn wir mit diesem Artikel mit dazu beitra- gen, das Problembewusstsein innerhalb der Ärzteschaft zu schärfen, damit wir in Zukunft flächendeckend Therapie- zahlen erreichen können, wie sie von den Herren Schwarz und Dietz aus München berichtet werden können.
Literatur
1. Huff DS, Snyder HM, Rusnack SL, Zderic SA, Carr MC, Canning DA: Hormonal therapy for the subfertility of cryptorchidism. Hormon Res 2001; 55: 38–40.
2. Hadziselimovic F, Herzog B: Treatment with a luteini- zing hormone-releasing hormone analogue after success- ful orchiopexy markedly improves the chance of fertili- ty later in life. J Urol 1997; 158: 1193–5.
3. Hadziselimovic F, Herzog H: Hodenerkrankungen im Kindesalter. Stuttgart: Hippokrates-Verlag 1990.
Prof. Dr. med. Gerhard Zöller Urologische Universitätsklinik Göttingen Georg-August-Universität Göttingen Robert-Koch-Straße 40
37099 Göttingen
Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internatio- nal Committee of Medical Journal Editors besteht.
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006 AA133
Der Funktionsverlust des MECP2- Gens („methyl-CpG-binding-protein- 2 gen“), das auf dem langen Arm von Chromosom X lokalisiert ist, führt bei Mädchen zum Rett-Syndrom, eine re- lativ häufige Form der mentalen Re- tardierung (MR). Jungen sind vom Rett-Syndrom nicht betroffen, weil sich der Funktionsverlust des MECP2- Gens im männlichen Geschlecht in der Regel letal auswirkt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Männer nur ein X-Chromosom besitzen.
Mit der so genannter Array-CGH („microarray-based comparative ge- nomic hybridisation“) untersuchten die Autoren männliche MR-Patien- ten, bei denen die (genetische) Ursa- che einer geistigen Behinderung unge- klärt war. Bei der Array-CGH wird unterschiedlich gefärbte Patienten- DNA gegen Referenz-DNA hybridi- siert. Farbunterschiede zeigen an, ob quantitative DNA-Unterschiede – Deletionen oder Duplikationen – zwi- schen der Patienten- und Kontroll- DNA vorliegen. Genomweit kann mit dieser relativ neuen Technik nach mi-
kroskopisch nicht erfassbaren Chro- mosomenaberrationen gesucht wer- den. Bei vier der MR-Patienten wur- den Duplikationen auf dem langen Arm von Chromosom X identifiziert, die nur im Bereich des MECP2-Gens überlappend waren.
Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die Unter- als auch die Überfunktion des MECP2-Gens zu einem umschrie- benen MR-Phänotyp führen. Bei der Abklärung unklarer MR-Syndrome im männlichen Geschlecht sollte die Möglichkeit einer MECP2-Duplikati- on berücksichtigt werden. Exempla- risch veranschaulichen die Resultate zudem die Bedeutung der Array- CGH bei der Abklärung von Dysmor- phie- und/oder MR-Syndromen, de- ren Ursachen ungeklärt sind. shm Referenz: Van Esch H, Bauters M, Ignatius J et al.: Du- plication of the MECP2 Region is a frequent cause of severe mental retardation and progressive neurologi- cal symptoms in males. Am J Hum Genet 2005; 77:
442–53.
Hilde Van Esch, Centre for Human Genetics, University Hospital Gasthuisberg, Herestraat 49, 3000 Leuven, Bel- gien, E-Mail: Hilde.VanEsch@med.kuleuven.ac.be
Mentale Retardierungen durch Funktionsverlust des MECP2-Gens
Referiert
Vibrio vulnificus ist ein pleomorpher gramnegativer Erreger, der im Meer- wasser gefunden wird. In der Allge- meinbevölkerung ist eine V. vulnificus Sepsis mit einer Größenordnung von 0,6 pro 1 Million selten, doch gehen 95 Prozent aller Todesfälle in den Verei- nigten Staaten, die mit dem Konsum von Meersfrüchten, insbesondere Austern in Verbindung gebracht wer- den, auf eine V.-vulnificus-Sepsis zurück. Diese Komplikation tritt vor- wiegend bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung auf. Deshalb sollten diese dringend davor gewarnt werden, rohe Austern zu verzehren.
Die Vibrio-vulnificus-Sepsis macht sich durch Fieber, Schüttelfrost, Schock und sekundäre Blasenbildung der Haut bemerkbar, eine frühzeitige antibioti- sche Behandlung kann die Letalität von über 50 Prozent senken. Die Zeit- spanne zwischen Krankenhausauf- nahme und Tod betrug im Durch- schnitt nur 1,6 Tage, die Inkubations-
zeit acht Stunden. w
Haq SM, Dayal BS, Dayal HH: Chronic liver disease and consumption of raw oysters: A potentially lethal com- bination – A rewiev of vibrio vulnificus septicemia. Am J Gastroenterol 2005; 100: 1195–9.
Dr. H.H. Dayal, Department of Preventive Medicine and Community Health, Rt. 1109, Galveston, TX 77550, USA