Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 22|
4. Juni 2010 A 1091RANDNOTIZ
Thomas Gerst
China, das Reich der Mitte, setzt zum großen Sprung an, die mäch- tigste Industrienation der Welt zu werden. Damit auf dem Weg an die Spitze nichts schiefgeht, werden Hindernisse – wenn man „Spiegel online“ Glauben schenken darf – in- zwischen durch spezielle Formen der Suizidprävention umgangen, de- ren Raffinesse den westlichen Beob- achter staunen lässt.
Nach einer Serie von Suiziden beim Elektronikhersteller Foxconn, der unter anderem für Apple das
iPhone zusammenbaut, sollen des- sen Mitarbeiter eine präventive Zu- wendung im Zuge einer Doppelstra- tegie erfahren haben. Zum einen ha- be das Unternehmen seine Gebäude mit Netzen verhängt, um weitere To- dessprünge zu verhindern. Zum an- deren seien die Mitarbeiter zu einer schriftlichen Erklärung verpflichtet worden, keinen Suizid zu begehen:
„Ich verspreche, mich oder andere niemals in einer extremen Form zu verletzen.“ Die Beschäftigten er- mächtigten das Unternehmen zudem mit ihrer Unterschrift, sie „zum eige- nen Schutz und dem anderer“ in ei- ne psychiatrische Klinik bringen zu lassen, sollten sie in einer „anorma- len geistigen oder körperlichen Ver- fassung sein“.
Über Sanktionen bei Vertrags- bruch wird nichts berichtet. Völlig vorurteilsfrei stellen wir uns einen fernöstlichen Ehrenkodex vor, der dem chinesischen Suizidgefährdeten nach der Unterschrift selbst im tiefs- ten Arbeiterelend noch die Hände bindet. Vielleicht ließen sich auch hierzulande die Ärzte im Rahmen der GKV-Präventionsleistungen zur Einholung entsprechender Erklärun- gen verpflichten. Patienten, die dar- aufhin auffällig reagieren, müssten an die Kollegen in der Psychiatrie überwiesen werden.
Gelebte Prävention
Zum Tag der Organspende am 5.
Juni wollen führende Politiker of- fenbar das Bewusstsein der Öffent- lichkeit stärken, sich mit dem Thema zu befassen. Zur zentralen Veranstaltung in Hannover wird Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) erwartet, die Schirm- herrschaft haben der niedersächsi- sche Ministerpräsident, Christian
Wulff, und Sozialministerin Aygül Özkan (beide CDU) übernommen.
Nach einem kurzen „Zwischen- hoch“ der postmortalen Organspen- de im Jahr 2007 mit 16 Spendern je eine Million Einwohner sind die Spenderzahlen im Jahr 2009 in Deutschland wieder gesunken – auf 14,6 je eine Million Einwohner, so dass im vergangenen Jahr nur 4 050 Organe verpflanzt werden konnten.
„Jeder macht mit, jedem kann geholfen werden, wenn er selbst auf ein Organ angewiesen wäre – das sollte das Motto für uns alle sein“, betonte Prof. Dr. med. Günter Kirs- TAG DER ORGANSPENDE
„Keine Zeit für lange politische Debatten“
te, Medizinischer Direktor der Deutschen Stiftung Organtrans- plantation (DSO) in Frankfurt am Main. Würden alle potenziellen Or- ganspender gemeldet, ließe sich die Zahl der Spender vermutlich ver- doppeln, hatte eine frühere Studie im Auftrag der DSO ergeben.
Da in den meisten Ländern mit wenigstens 20 postmortalen Spen-
dern je eine Million Ein- wohner die Widerspruchs- lösung gilt, hatte der 113.
Deutsche Ärztetag im Mai in Dresden für eine „zeit- nahe, gesetzliche Neurege- lung im Sinne einer Wider- spruchslösung“ votiert mit dem Ziel, die Spenderraten zu erhöhen. Eine postmor- tale Organentnahme wäre dann zulässig, wenn der Ver- storbene nicht zu Lebzeiten widersprochen hat und die Angehörigen die Explantati- on akzeptieren. Die Ablehnungsrate beträgt in Deutschland zwischen 33 und 40 Prozent.
Kirste wies jedoch darauf hin, dass eine Neuregelung zugunsten der Widerspruchsregelung derzeit vermutlich keine gesellschaftliche Akzeptanz fände und man – im In- teresse der 12 000 Patienten auf der Warteliste – keine Zeit habe für lan- ge politische Debatten. Schon heute gebe es Bundesländer mit mehr als 20 postmortalen Spendern je eine Million Einwohner – trotz der in Deutschland geltenden erweiterten Zustimmungslösung. nsi Mangelware:
Circa 12 000 Patienten war- ten in Deutsch- land auf ein Spenderorgan.
Foto: DSO
Das Paul-Ehrlich-Institut hat eine erweiterte Version seiner Datenbank zu Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW-Da- tenbank) freigeschaltet. Zusätzlich zur Meldung von Verdachtsfällen von Impfkomplikationen sind von diesem Zeitpunkt an auch die Mel- dungen nach der Gabe von Sera öf- fentlich zugänglich. Zu dieser Arz- ARZNEIMITTELNEBENWIRKUNGEN
Erweiterung der Datenbank zu Verdachtsfällen
neimittelgruppe gehören zum Bei- spiel monoklonale Antikörper und Immunglobuline. „Das Paul-Ehr- lich-Institut ist eine der ersten Arz- neimittelbehörden in Europa, die derartige Daten frei zur Verfügung gestellt hat“, betont Prof. Klaus Ci- chutek, der Präsident des Paul-Ehr- lich-Instituts. Die Recherche in der Datenbank ist kostenfrei. zyl