Heidelbeere
Helga Buchter-Weisbrod Märchenhafter Jungbrunnen
Blau ist eine beliebte Märchenfarbe - genauso märchenhaft hören sich die Fähigkeiten der Blaubeere an. Das eher unscheinbare Obst kommt mit seinen Wirkungen dem ersehnten Jungbrunnen schon recht nahe.
Die uralte, wilde Waldheidelbeere wächst auf sauren Böden lichter Wälder. Sie trägt im Sommer ihre typisch eiförmigen, hellgrünen Blättchen. Die nur erbsengroßen Beeren färben Hände und Mund tief dunkelviolett. Im Handel erhält man vorwiegend die königsblau bedufteten, bis 2 cm großen Kulturheidelbeeren. Die Beerenhaut umhüllt weißes, festes Fruchtfleisch mit winzigen Samenkernchen. Die kugeligen Früchte wachsen in traubigen Fruchtständen an meist hüfthohen Sträuchern.
Einzelne Sorten können bis zu 3 m hoch werden. Diese ertragreiche Variante der wilden Heidelbeere gibt es erst seit 90 Jahren. Sie ist das Ergebnis gezielter Auslese und Einkreuzung verschiedener Vaccinia-Arten.
Zu den Verwandten der Heidelbeere zählen Preiselbeere, Rhododendron und Heidekraut. Dass Kulturheidelbeeren nicht den fruchtigen Geschmack der Waldheidelbeere bieten, wird verständlich, wenn man sich mit solchen Verwandtschaftsgraden beschäftigt: Kulturheidelbeeren sind genau so nah oder weit verwandt mit der Waldheidelbeere wie Kirschen mit Pfirsichen (gleiche Gattung, verschiedene Arten) - hier erwartet auch niemand denselben Geschmack. Mit dem Farbstoff verhält es sich ähnlich. Kirschen färben den Mund kräftig rot, Pfirsiche nicht. Waldheidelbeeren hinterlassen intensiv violette Spuren auf Lippen, Zunge und Zähnen, Kulturheidelbeeren nicht.
Volksmedizin
Frische und mehr noch getrocknete Blaubeeren waren von Alters her wirksame Helfer bei Durchfall und Ruhr. Die dafür verantwortlichen Gerbstoffe dichten nicht nur die Darmschleimhaut ab, sie wirken zugleich antibakteriell und entzündungshemmend. Auf der intensiven Farbkraft beruht die überdurchschnittlich hohe Schutzwirkung vor freien Radikalen und anderen Tumorauslösern. Unsere Vorfahren nutzten die Farbstoffe der Heidelbeere übrigens direkt: sie färbten damit ihre Stoffe. Auch aufgrund der Blattinhaltsstoffe galt die Heidelbeere als Arzneipflanze. Blattaufgüsse waren ein bewährtes Hausmittel bei Magen-Darm- Beschwerden, Gicht, Rheuma, Blasenschwäche und Zahnfleisch-Entzündungen. Da die Blätter das blutzuckersenkende Glukochinon enthalten, hilft Heidelbeer-Blättertee bei Diabetes.
Heidelbeer-Arznei
Bei akutem Durchfall helfen getrocknete Heidelbeeren: mehrmals täglich 2 TL Früchte mit etwas Flüssigkeit einnehmen. Für Heidelbeer-Tee werden 3 gehäufte EL Beeren mit 500 ml Wasser aufgekocht und 10 Minuten auf Siedepunkt gehalten.
Sehen und Denken
Der tintenblaue Farbstoff der Waldheidelbeere (Anthocyan) stabilisiert besonders die Wände der kleinen Blutgefäße, vor allem die der Augen. Bei diabetesbedingten Netzhauterkrankungen können Heidelbeeren helfen. Auch Nachtblinde und Blendempfindliche profitieren von dieser Frucht. Die überaus reichlich enthaltenen Karotene liefern nicht nur den Rohstoff für das wertvolle Augenvitamin A, sie wirken auch als Zellschutzsubstanz, unter anderem gegen UV-Strahlung.
In Boston/USA ist der Nachweis gelungen, dass Blaubeeren die Gedächtnisleistung verbessert. Diese Wirkung beruht vermutlich ebenfalls auf den reichlich enthaltenen Polyphenolen; zu dieser Stoffgruppe zählen auch die Anthocyane. Da diese bioaktiven Substanzen schädliche Moleküle (freie Radikale) im Körper abfangen, verlangsamen sie die Alterung der Gehirnzellen; der Beerengenuss wirkt geradezu zellverjüngend. Die Fähigkeit, freie Radikale abzuwehren, heißt Oxidationsschutz.
Die Kapazität der einzelnen Obst- und Gemüsearten, solche Radikale zu neutralisieren und uns dadurch vor Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vorzeitiger Zellalterung zu schützen, wird in einem Zahlenwert ausgedrückt. Die mit Abstand höchste Kennzahl für diese Antioxidations-Kapazität erreicht die Heidelbeere mit dem Wert 47. An zweiter Stelle folgt Knoblauch mit 19. Grünkohl hat den Kennzahl 18, Erdbeere 15, Spinat 13 und Pflaume 10. Da es wesentlich leichter ist beispielsweise 500 g Erdbeeren als 100 g Knoblauch zu essen, muss man den absoluten Wert relativieren; an der Spitzenstellung der wilden Heidelbeere ändert sich jedoch nichts.
Heidelbeer-Zauber
Die vielfältigen Wirkungen der Heidelbeere grenzen an Zauberei. Die blauen Perlen sind aber nicht nur sagenhaft gesund, man kann sie auch "einfach so" genießen, weil sie gut schmecken, beleben und erfrischen. Fasst man ihre Wirkungen zusammen, ergibt sich eine beachtliche Liste. Heidelbeeren
• stärken das Immunsystem
• wehren Infektionen ab
• schützen die Zellen vor freien Radikalen
• entwässern und entgiften
• lindern Darmstörungen
• heilen akuten Durchfall
• bauen die Schleimhäute auf
• beugen Tumoren vor
• lindern das Infarktrisiko
• stabilisieren die Blutgefäße
• regulieren Cholesterin- und Blutfettwerte
• senken den Blutzuckerspiegel
• stärken die Sehkraft
• erhöhen die Konzentrationsfähigkeit
100 g Heidelbeeren enthalten
Kulturheidelbeeren Waldheidelbeeren
Energie kcal/kJ 62/260 57/240
Wasser g 81 81
Kohlenhydrate g 16 14
Rohfaser g 1 2
Eiweiß g 0,6 0,6
Fett g 0,6 0,6
Fruchtsäure g 1,5 1,5
Kalium mg 70 65
Kalzium mg 15 10
Phosphor mg 13 10
Magnesium mg 6 3
Vitamin C mg 10 20
Vitamin B1 mg 0,02 0,03
Vitamin B2 mg 0,03 0,02
Vitamin B5 mg 0,5 0,4
Karotene mg 0,06 0,13
Helga Buchter-Weisbrodt www.oug.de