PASSAUER LAND
„Flüssiges bricht das Fasten nicht“
Die fünfte Jahreszeit ist in Passau nicht die des Faschings, sondern die des Starkbiers.
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o Adamator und Coronator, Herminator und Reginator ihre Zepter schwingen, führt mit- nichten Hollywood Regie. Um die Kraftprotze kennenzulernen, muss man nicht ins Kino gehen, sondern in die Wirtshäuser Niederbayerns.Denn die fünfte Jahreszeit ist in die- sem Landstrich nicht die des Fa- schings, sondern die des Starkbiers.
„Flüssiges bricht das Fasten nicht.“
Diese Losung hat bei Bierfreunden fast den gleichen Wohlklang wie
„O’zapft is“. Bedeutet sie doch, dass man während der Fastenzeit durchaus den ein oder anderen Gerstensaft zu sich nehmen darf.
Hans Günther, Chefbraumeister der Passauer Brauerei Hacklberg, ist verantwortlich für einen kräfti- gen Doppelbock, den Humorator.
Der Name verweist weniger auf die gute Laune, die der Biergenuss zur Folge haben kann, als auf das latei- nische Wort für Flüssigkeit „hu- mor“. „Unseren Humorator brauen wir mit 18 Prozent Stammwürze und 7,7 Prozent Alkohol“, erklärt Günther. Das Starkbier hat einen malzbetonten und eher milden Ge- schmack, und wie die meisten an- deren auch bekommt man es nur in seiner Heimat.
Es waren Paulaner-Mönche, die wegen ihrer strengen Fastenregeln den Doppelbock erfanden, den sät- tigenden Herkules unter den Stark- bieren. In der Brauerei Hacklberg ist die Historie noch sehr gegenwär- tig. Die frühere fürstbischöfliche Gründung wird heute von einer kirchlichen Stiftung getragen und residiert weiterhin im ehemaligen Fürstenbau am Rand der Stadt.
Wenn der Bürgermeister dreimal zuschlägt, ist die Saison eröffnet – und ein Braumeister wie Hans Günther, der dem Politiker assis- tiert, ein bisschen nervös. Wird die stets leicht veränderte Rezeptur des Biers den verwöhnten Gaumen munden? Starkbieranstiche sind in Passau gesellschaftliche Ereignisse.
Ob sie im großen Stil mit Kabarett und Musik oder gemütlich im Stü- berl der Brauerei gefeiert werden – man trägt Tracht.
Es passt zu der traditionsreichen Bischofsstadt am Zusammenfluss von Ilz, Inn und Donau, dass noch vier Brauereien um die Kehlen der Bierfreunde wetteifern. Wer auf den Geschmack gekommen ist, dem bie- tet auch die Umgebung einiges: vom barocken Kleinod, der von den Asam-Brüdern gestalteten Kirche in Aldersbach – flankiert von einer
Brauerei – bis zu klei- nen Hausbrauereien im nahen Bayerischen Wald. Hier erwarten den Starkbierfreund
Helyator (in Jandelsbrunn), Kulina- tor (in Hutthurm) oder Spektakulator (in Rotthalmünster). In einer Ecke Deutschlands, wo die Türme der Brauereien bisweilen mit denen der Kirchen konkurrieren, lässt sich ge- nüsslich feststellen, dass Bier nicht identisch ist mit Pils. An der Auf- wertung des Gerstensafts arbeitet
auch Bernhard Sitter, Deutschlands erster Biersommelier. In dem Wei- ler Neureichenau, im Dreiländereck zu Österreich und Tschechien, be- treibt er das Landhotel Gut Riedels- bach, in dem sich fast alles ums Bier dreht. Zu einem Menü wählt der Sommelier aus circa 80 Bieren die passenden Begleiter. Und ge- braut wird beim Sitter Bernhard, dessen Kenntnis und Qualitätsbe- wusstsein weltweit bei Bierverkos- tungen gefragt ist.
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Ulrich Traub
Biersommelier Bernhard Sitter feilt am Image des Gerstensaftes.
Fotos: Ulrich Traub
Bier und Barock – in Passau passt das bestens zusammen.
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Informationen:www.tourismus.passau.de, www.bier-und-barock.de
K U L T U R
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