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Archiv "Schmerz und Schmerzensgeld : Schlußwort" (06.11.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schmerz und Schmerzensgeld

Schmerzensgeldbetrages zu fra- gen", von überkommenen Vorstel- lungen zu lösen — ausdrücklich auch zu einem konkreten, dem Gutachter als angemessen erschei- nenden Schmerzensgeldbetrag ge- fragt wird.

Selbstverständlich wäre der Gut- achter überfordert, wenn es dabei darum ginge, nach alter Methode einen gefühlsmäßig anzusetzenden DM-Betrag zu nennen. Er wäre da- bei auch zweifellos in seiner Kom- petenzgrenze zu unsicher, um zur rechtlichen Lösung wertvolle Hilfe leisten zu können. Durch die Tatsa- che aber, daß er mit seiner neuen Begutachtungsmethodik in Zahlen

— nämlich Prozentsätzen — den ganzen Schadensverlauf meßbar gemacht hat, ist er, wie auch der Gutachter bei der Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit, unausweichlich mitentscheidend für die Höhe der zuzusprechenden Entschädigungssumme.

Allerdings — und hier kommt ei- ne weitere Neuerung in der Schmerzensgeldbegutachtung hin- zu — ist die Übertragung der Pro- zentsätze der MdL (Minderung der Lebensfreude) in DM-Beträge auch nicht willkürlich möglich. Und hier liegt die entscheidende Koppelung dieser Begutachtungsmethode an die herrschende Rechtsprechung:

Die Fülle der ergangenen Urteile mit der Relation ihrer Entschädi- gungssummen zu dem jeweiligen Schadensfall haben es ermöglicht, Durchschnittswerte in einer Tabel- le zusammenzustellen, in der kon- krete Zahlen abzulesen sind, wie- viel DM für wieviel Prozent im Bun- desdurchschnitt von den Gerichten in den letzten Jahren zugespro- chen wurden. Anhand dieser Ta- belle, die immer wieder überarbei- tet wird, damit neuere Urteile ein- bezogen werden können (wobei sich die steigende Tendenz der Entschädigungssummen deutlich widerspiegelt) ist es jedem mög- lich — sei es Richter, Gutachter oder auch Versicherung und An- walt —, die in dem Gutachten erar- beiteten Werte mühelos abzulesen

und eine Gesamtsumme zu addie- ren. Die so erhaltenen Werte stellen eine Grundlage für die Entschädi- gungsgespräche im vorgerichtli- chen Raum wie bei einem Prozeß dar, wodurch allerdings der Spiel- raum, insbesondere für die Haft- pflichtversicherungen, stark einge- engt wird, so daß mit großer Wahr- scheinlichkeit bei breiter Anwen- dung der Methode die oft jahrelan- gen zermürbenden Rechtsstreite — die den unschuldig Geschädigten weitere seelische und nicht selten finanzielle Opfer auferlegen — ver- mieden werden können. Die mei- sten Versicherungen jedoch weh- ren sich noch gegen derartige, sie einengende Bewertungsmethoden, obwohl sie mit einer größeren Si- cherheit auf diesem Gebiet durch genauere Vorkalkulationen auch für sich Risiken besser abdecken könn- ten.

Auch für die Privatversicherungs- wirtschaft wäre die Akzeptierung von Methoden, die „den immate- riellen Schaden meßbarer und be- rechenbarer" machen, besser, als die mit Sicherheit bei den oft un- glaublichen sozialen Härten der heute noch meist praktizierten Schadensabwicklungen zu erwar- tende staatlich dirigierte Einbrin- gung in eine Einheitsversicherung oder auch nur Anvertrauung der gesetzlichen Haftpflichtversiche- rung an eine öffentlich-rechtliche Anstalt.

Dr. med. Carl B. Bloemertz Facharzt für

Chirurgie und Unfallchirurgie 56 Wuppertal-Barmen Westkotterstraße 109

Schlußwort

Bloemertz hat in seiner verdienst- vollen Arbeit „Die Schmerzens- geldbegutachtung" (3. Auflage 1971) den Versuch unternommen, eine forensisch praktikable Metho- de zur Begutachtung, Messung und Bewertung der schmerzensgeldre- levanten Faktoren zu erstellen.

Sein Vorschlag, die Verletzungsfol-

gen in „Einheiten der Lebensmin- derung" (LM) einzuteilen (100 Pro- zent LM bei vollkommener Lebens- minderung, also bei Tod oder bei derart extrem schweren kör- perlichen und/oder seelischen Schmerzzuständen, die dem Ver- letzten den Tod als Erlösung wün- schen lassen; 0 Prozent beim ge- sunden Menschen), stellt sicherlich einen Fortschritt etwa gegenüber der von Fischer entwickelten Grob-

einstufung der Verletzungsfolgen dar.

Die Zurückhaltung, die meines Er- achtens gegenüber den verschie- denen Systemen zur Begutachtung der Schmerzensgeldfaktoren ange- bracht ist, beruht darauf, daß der- artige Methoden eine Vielzahl von schmerzensgeldrelevanten Um- ständen, die sich noch dazu in je- dem Einzelfall unterscheiden und sich im Verlauf des Leidens von Tag zu Tag ändern können, erfas- sen und bewerten müssen, wenn sie ihren Zweck erfüllen wollen.

Die notwendige Verfeinerung der Beurteilungssysteme führt zwangs- läufig zu einer Komplizierung und geht in der Regel auf Kosten der Praktikabilität, ohne daß das Ziel, sämtliche schmerzensgeldre- levanten Faktoren zu erfassen, er- reicht werden kann. Denn für die Höhe des Schmerzensgeldes sind nicht nur Umstände im medizini- schen Bereich (zum Beispiel Schwere der Verletzung, bestehen-

de und prognostische physische und psychische Einbußen), son- dern auch juristische Gesichts- punkte maßgebend. Da das Schmerzensgeld neben dem Aus- gleich für die Minderung der Le- bensfreude auch eine Genugtu- ungsfunktion zu erfüllen hat, be- stimmt insbesondere der Grad des Verschuldens das Schmerzens- geld.

Außerdem können zum Beispiel die Vermögensverhältnisse der Beteiligten, ihre Beziehungen zu- einander und der Anlaß der Ver- letzung bedeutsam sein. Diese au- ßermedizinischen Faktoren lassen sich wohl kaum in ein Bewertungs-

3118 Heft 45 vom 6. November 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schmerz und Schmerzensgeld

system einbauen. Schließlich wird der Wert einer jeden Methode da- durch relativiert, daß für die Höhe des Schmerzensgeldes letztlich der Umwertungsfaktor entscheidend ist, mit dem der immaterielle Scha- den in Mark und Pfennig umge- rechnet wird.

Walther Weissauer Ministerialdirigent 805 Freising Eckerstraße 34

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Autoritätskrisen

und ihre Behandlung in der Sprechstunde

Franz Wurst

Aus der Neuropsychiatrischen Abteilung für Kinder und Jugendliche (Vorstand Prof. Dr. F. Wurst) des Landeskrankenhauses Klagenfurt

Sogenannte Autoritätskrisen beim Jugendlichen sind häufig und be- dürfen nicht in jedem Fall aufwendiger Psychotherapie. Ob diese notwendig wird, sollte in der ärztlichen Sprechstunde, die noch im- mer „Einlaufstelle" für familiäre Problematik ist, geklärt werden. Oft genügen mehrere, allerdings zeitaufwendige Aussprachen mit dem hierfür geschulten und interessierten Arzt, um zu einer Beruhigung oder auch Ausräumung von Konflikten zu kommen. Pathologische Entwicklungen oder echte Neurosen bedürfen allerdings spezieller Psychotherapie.

Eine Krise in der Beziehung zwi- schen Menschen stellt sich meist dann ein, wenn Auffassungen zu den Fragen des Lebens kraß aus- einanderweichen. Der Heranwach- sende erlebt, daß seine soziale Rolle vom Großteil seiner Mitmen- schen mißverstanden oder in Frage gestellt wird. Sein Verhalten wird aber auch tatsächlich von den Er- wachsenen, mit denen er zusam- menlebt, meist nach recht subjekti- ven Gesichtspunkten beurteilt, die dem engen eigenen Erfahrungs- kreis und oft einer Zeit entstam- men, in der die Erwachsenen selbst jung waren.

Wo aber liegen nun die Grenzen zwischen

• dem überdurchschnittlich ange- paßten unreif-infantilen oder früh-

reif vernünftigen Benehmen ganz besonders Braver,

• dem wechselhaften Pubertäts- verhalten, das mehr oder weniger Ärger und Sorgen bereitet,

• den kaum noch erträglichen Überheblichkeiten einer seiner Ei- genkultur bewußten, provozieren- den, die ältere Generation verach- tenden Jugend

• und den eigentlich pathologi- schen Formen?

Es ist bezeichnend, daß man juve- nile Autoritätskrisen lange Zeit für psychotherapeutisch unzugänglich hielt. Das mag ein Grund dafür sein, warum Eltern auch bei größ- ten Sorgen oft nicht den Weg zum Arzt finden. Sie meinen, daß alle

ECHO

Zu: Antibabypillen — keine Ge- fahr für Kinder, in Heft 40/1975, Seite 2758

Schlimmstenfans vorübergehend Übelkeit

„Wenn kleine Kinder eine Packung Anti-Baby-Pillen aufgestöbert und die Pillen verschluckt haben, besteht dennoch für sie keine Ge- fahr. Oft werden Maßnahmen ergriffen, wie Magenauspum- pen, Verabreichung von Brechmitteln oder neutrali- sierenden Flüssigkeiten.

,Derartige Prozeduren sind jedoch völlig überflüssig', er- klärte das DEUTSCHE ÄRZ- TEBLATT in Köln in seiner neuesten Ausgabe.

Akute Vergiftungen seien selbst nach Einnahme von großen Dosen hormonaler Antikonzeptiva bisher nicht beobachtet worden. Auch Nebenwirkungen würden praktisch nicht auftreten. - Je nach Präparat, eingenomme- ner Menge und Alter des Kin- des könnten schlimmstenfalls vorübergehend Übelkeit und östrogenbedingtes Erbre- chen oder verstärkte Schläf- rigkeit die Folgen sein."

(Passauer Neue Presse und andere Tageszeitungen)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 45 vom 6. November 1975 3119

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