• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arbeitsplatz Krankenhaus: Was die jungen Wilden wollen" (06.01.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arbeitsplatz Krankenhaus: Was die jungen Wilden wollen" (06.01.2014)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

ie Legende lautet so: Eine junge Assistenzärztin, wenig bis keine Berufserfahrung, bewirbt sich um eine Stelle an einer großen Klinik. Es folgt ein Gespräch mit dem Chefarzt, an dessen Ende man sich die Hände mit den Worten schüttelt: „Was Sie gesagt haben, hat mir sehr gefallen. Damit stehen Sie auf meiner Liste ganz oben.“

Doch kam dies nicht aus dem Mund des Chefarztes. Es waren die Worte der Bewerberin. Sicherlich mehr Legende als Wahrheit, trifft diese Szene doch im Kern die Realität.

Die jungen Wilden, also Assistenz- ärztinnen und -ärzte, die gerade ins Berufsleben starten und mit dem fast schon wieder abgenutzten Be- griff der Generation Y umschrieben werden, halten Einzug und wirbeln dabei ordentlich Staub auf.

Dabei könnte alles so einfach sein. Arbeit von sieben bis 17 Uhr, bis zu sechs Dienste pro Monat, Pro- motion, Veröffentlichungen, ein Vor- trag auf einer Konferenz. Im Gegen- zug ein ordentliches Gehalt und das

höchste Ansehen aller Berufsgrup- pen. Der Arzt als Forscher, Heiler und Lehrender. Doch den Jungen passt dieses Modell nicht so richtig.

Virchows Ideal als Auslaufmodell?

Wer die Ypsiloner verstehen will, muss wissen, wer sie sind. Zwei Drittel sind weiblich, knapp die Hälfte aller Assistenzärzte ist in der Familienplanung, bei circa einem Viertel ist dies bereits geschehen.

Spätestens, wenn der Nachwuchs da ist, wollen mehr als die Hälfte in Teilzeit arbeiten. Dass Professoren, Chefärzte und Oberärzte, die alle- samt aus Generationen stammen, in denen der Dienst nach 24 Stunden nicht zu Ende war, darüber die Nase rümpfen, ist irgendwie verständlich.

Jede Generation baut sich ihre Welt aus den eigenen Nachteilen und Vorteilen. Der größte Vorteil der Ypsiloner? Die Demografie.

Hinzu kommen ein Ärztemangel, immer mehr Ältere mit chronischen Krankheiten, gestiegene Ansprüche an die Kommunikationsfähigkeit, In- ternationalisierung und Flexibilität.

Gehen die Babyboomer in den nächsten zehn Jahren in Rente, gibt es nicht nur mehr Patienten. Es gibt im Verhältnis auch weniger Ärzte.

Schon jetzt stehen viele Kliniken in Konkurrenz miteinander – um Pa- tienten, Mitarbeiter, Geld. Wer mit- spielen will, braucht die Generation Y. Doch was will sie?

Aufmerksamkeit. Etwa 25 Prozent der zwischen 1980 und 2000 Geborenen sind Einzelkinder, knapp die Hälfte wuchs mit einem Geschwisterkind auf. Das garantiert volle Ressourcenausschöpfung der gut gebildeten, gut situierten Eltern.

Auslandsjahr, Auslandssemester, das erste Auto zum Abitur, spätes- tens zum Physikum. Smartphone, WhatsApp, Facebook. Warten ist nicht ihre Stärke. Unsichtbarkeit wird als Beleidigung empfunden.

Jeder ist etwas Besonderes im so- zialen Netzwerk. So erwartet diese Generation sofortige Einbindung in die Klinikstrukturen, individuelles Coaching, Verantwortung unter en- ger Supervision. Das heißt nicht, ARBEITSPLATZ KRANKENHAUS

Was die

jungen Wilden wollen

Die Generation Y verändert die Krankenhäuser und das Arztsein gleich mit.

Foto: Fotolia/Minerva Studio

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 1−2 I 6. Januar 2014

(2)

den Laden nach drei Wochen führen zu wollen. Aber im OP nur Haken halten und zunähen? Da wird schon mal die Kündigung getippt.

Für Kliniken besteht die Heraus- forderung darin, in einer sich schnell verändernden Welt diesen Aufmerk- samkeitsappetit zu nutzen. Wissens- netzwerke, DRG-Ökonomie, Robo- terchirurgie – die neuen Wilden wol- len lernen, wollen leisten. Nur Still- stand, das wollen sie nicht.

Individuelle Entwicklung.

Die einen wollen voll durchstarten.

Volles Gehalt, volle Karriere. Ne- ben der 50-Stunden-Woche noch forschen und veröffentlichen.

Nächster Stopp Oberarzt.

Die anderen wollen Zeit. Für Fa- milie, Freunde, ein gutes Buch. Der Arzt als Beruf, nicht als Berufung.

Doch wie soll das gehen? Wie will man nötige Erfahrung und Fertig- keiten sammeln, wenn man seine Zeit mit Freunden und Familie ver- bringt, anstatt auf Station oder im OP. Kritik wird laut, dass Wissen und Fähigkeiten als Grundlage für das gesamte berufliche Leben nicht

in Teilzeit gewonnen werden kön- nen. Dabei ist der Ruf nach Teilzeit- modellen und Kindergartenplätzen nur Symptom, nicht Ursache. Die Jungen sind gar nicht so Schmal- spur, wie man ihnen vorwirft. Die Generation Y will vor allem Flexi- bilität. Mal Vollzeit, mal Teilzeit, je nach Lebenssituation und An- spruch. Das Berufsleben wird schließlich im Krankenhaus ge- plant. Wenn man noch 45 Jahre Sta- tionsarbeit vor sich hat, müssen die Strukturen anpassbar sein.

Sinn. Bäume retten, den Welt- hunger bekämpfen, aus einem gro- ßen Haus heraus mit einem weißen Zaun, zwei Kindern, ein Junge, ein Mädchen und einem Golden Retrie- ver, der die Zeitung bringt. Dieser Generation wurde von ihren Work- aholic-Eltern ein sinnerfülltes Leben versprochen, von ihren Xer-Vorgän- gern ein materiell zwangloses Leben vorgelebt. Wen wundert es, dass sie jetzt beides einfordern. Arbeiten nur, um Geld zu verdienen, war gestern.

Heute stellt sich die Frage des „War - um?“ und des „Wozu?“.

Die Generation Internet spricht zwar mehrere Fremdsprachen, ist aber der eigenen Region und den konservativen Werten eng verbun- den. Krankenhäuser können durch eigene Projekte begeistern. Die Ar- beit des Arztes am Patienten auf der einen Seite, der Beitrag des Kran- kenhauses als Unternehmen zur Re- gion auf der anderen. Die Ypsiloner sind voller Ansprüche und Wider- sprüche. „Leben, um zu arbeiten“

und „Arbeiten, um zu leben“, das waren andere. „Beim Arbeiten le- ben“ ist das neue Ideal, und es ist nur folgerichtig. Y kommt bekannt- lich nach X, und der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber eben auch nicht direkt daneben.

Die Generation Y verändert die Krankenhäuser und das Arztsein gleich mit. Ihre Ideale und Illusio- nen werden zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Denn desillusionie- ren kann man sie nicht. Hollywood

sei Dank.

Sören Kopf

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit0114

Operationen an der Wirbelsäule haben von 2006 bis 2011 um etwa 136 Prozent zugenommen.

Gibt es zu viele Operationen an der Wirbelsäule?

Rosenthal: Zur Klarstellung: Es gibt zurzeit in Deutschland keine zuver- lässigen Zahlen über Wirbelsäulenoperationen. Die Kodierungszahlen, die uns zur Verfügung stehen, sind nicht detailliert genug. Teilweise wird der Chirurg gezwungen, aus einem Eingriff zwei zu verschlüsseln.

Als Beispiel dient die Versteifungsoperation an der Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule. Bei diesem Vorgang ist das Ausräumen der Band- scheibe ein unerlässlicher Teil der Operation, der die Chancen für das Zusammenwachsen der eingebrachten Knochen in den Bandscheiben- raum deutlich erhöht. Kodierungstechnisch müsste das Ausräumen der Bandscheibe mit den gleichen Zahlen wie bei einer Bandscheibenopera- tion und zusätzlicher Versteifungsoperation aufgenommen werden. So werden statistisch zwei Operationen gezählt.

Als weiteres Beispiel: Jede Injektion in der Wirbelsäule unter compu- tertomographischer Kontrolle wird auch als Operation registriert. Es ist eine invasive Methode, aber keine Operation, die mit einem Kranken- hausaufenthalt, Personal und räumlichen Standards verbunden ist. Also ist die Gewichtung eine völlig andere. Wir können, wenn wir seriös ar-

beiten wollen, uns nicht auf so ein Zahlenma- terial stützen.

Dass die Zahl der Eingriffe gestiegen ist, bleibt unbestritten, aber nicht in dem Aus- maß, das in den Medien verbreitet wird. Zum einem hat die Behandlung von Wirbelsäulen-

erkrankungen in den letzten Jahrzehnten eine rasante Entwicklung er- fahren. Ein Beispiel ist das Einbringen von speziellen Materialien in ei- nen oder mehrere Wirbelkörper bei Osteoporose. Die Methode ist besser bekannt als Vertebroplastie oder Kyphoplastie. Mit einem Eingriff, der nur mit einer Nadel, über die das Material eingespritzt wird, und einem Röntgengerät vorgenommen und vorwiegend in örtlicher Betäubung ausgeführt wird, können Frauen, die an dieser Krankheit leiden, von un- erträglichen Schmerzen und Einschränkungen im Alltag schlagartig pro- fitieren. Zudem wird die Einnahme von Schmerzmitteln und anderen spezifischen Medikamenten drastisch reduziert. Ähnlich verhält es sich bei den Operationsmethoden: Die Entwicklung hin zu schonenden Eingriffen hat den Operationsstress, Blutverlust und Komplikationen deutlich redu- ziert. Vor 15 bis 20 Jahren war bei einer ganz normalen Bandscheiben- operation mit einem Krankenhausaufenthalt von etwa zwei Wochen zu rechnen, heute werden die Patienten nach drei Tagen entlassen. JF

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. Daniel Rosenthal, Präsident der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 1−2 I 6. Januar 2014

(3)

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 1/2014, ZU:

ARBEITSPLATZ KRANKENHAUS

Was die jungen Wilden wollen

Die Generation Y verändert die Krankenhäuser und das Arztsein gleich mit.

LITERATUR

1. Statistisches Bundesamt: Bevölkerung und Erwerbstätigkeit: Haushalte und Fa- milien. Fachserie 1 Reihe 3. www.sozial politik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktu- ell/_Politikfelder/Familienpolitik/Daten- sammlung/PDF-Dateien/abbVII19.pdf (zu- letzt aufgerufen am 26. November 2013).

2. Schmidt K, Meyer JE, Liebeneiner J, Schmidt CE, Hüttenbrink KB: Fachkräfte- mangel in Deutschland. HNO 2012; 60(2):

102–8.

3. Schmidt CE, Möller J, Schmidt K, et al.:

Generation Y. Anaesthesist 2011; 60(6):

517–24.

4. Schmidt K, Meyer J, Liebeneiner J, Schmidt CE, Hüttenbrink KB: Generation Y.

HNO 2012; 60(11): 993–1002.

5. Sibert K: Don’t Quit This Day Job. www.

nytimes.com/2011/06/12/opinion/12si bert.html?_r=2&src=me&ref=general&

(zuletzt aufgerufen am 26. November 2013).

6. Hartmannbund: Assistenzarzt 2012 Um- frage. www.hartmannbund.de/uploads/

Downloads/2012_Umfrage-ASSI2012.pdf (zuletzt aufgerufen am 26. November 2013).

7. Kopetsch T: Dem deutschen Gesundheits- wesen gehen die Ärzte aus! Studie zur Altersstruktur und Arztzahlenentwicklung.

www.bundesaerztekammer.de/downlo ads/Arztzahlstudie_03092010.pdf (zuletzt aufgerufen am 26. November 2013).

8. Zippel C, Güde M, Bohnet-Joschko S: Was der Ärztenachwuchs erwartet. www.kgsh.

de/pub/lit/anl/kh1112.pdf (zuletzt aufge- rufen am 26. November 2013).

9. Marburger Bund: Ergebnisbericht der Mit- gliederbefragung „Arbeitszeiten“. www.

marburger-bund.de/sites/default/files/

artikel/downloads/2013/mb-monitor- 2013/3.gesamtauswertung-mb-monitor- 2013-1-08032013-pk.pdf (zuletzt aufge- rufen am 26. November 2013).

10. Rosta J: Arbeitszeit der Krankenhausärzte in Deutschland: Erste Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung im Herbst 2006.

Dtsch Arztebl 2007; 104(36): A 2417–23.

11. IfD Allensbach: Allensbacher Berufspresti- ge Skala 2013. www.ifd-allensbach.de/

uploads/tx_reportsndocs/

PD_2013_05.pdf (zuletzt aufgerufen am 28. November 2013).

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 1−2 I 6. Januar 2014

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Um das Rechnen mit Prozent zu lernen, darfst du nun zwei Wochen lang jeden Tag einige Aufgaben rechnen. Die Schwierigkeit nimmt dabei zu. Wenn du in der Schule die schwierigen

Wenn du in der Schule die schwierigen Aufgaben noch nicht gelernt hast, darfst du sie weglassen oder einfach mal mit Hilfe des Lernblatts ausprobieren.. So gehst

Wenn du in der Schule die schwierigen Aufgaben noch nicht gelernt hast, darfst du sie weglassen oder einfach mal mit Hilfe des Lernblatts ausprobieren.. So gehst

Milli: - kommt aus dem Latein und bedeutet ein Tausendstel, es wird also durch tausend geteilt.. - Milli wird mit

Wenn du in der Schule die schwierigen Aufgaben noch nicht gelernt hast, darfst du sie weglassen oder einfach mal mit Hilfe des Lernblatts ausprobieren.. So gehst

Dies sind dann in aller Regel die Patienten, bei denen auch die Operation keine befriedigende Schmerzreduktion erbringen kann. Dieser typische Verlauf wurde des- halb skizziert,

Prospektiv kontrollierte Stu- dien über Digoxin existieren bei die- ser Indikation praktisch nicht, trotz- dem wird in allen Lehrbüchern emp- fohlen, Digoxin zur Behandlung von

Eine Zweiklassenmedizin droht, wenn in Aus- und Weiterbildung nicht mehr Grundlagenwissen vermittelt wird?. Sozialmedizinisch sind in der Praxis unterschiedliche Überlegungen