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Archiv "Bandscheiben-Operation – was dann?: 5 Das Konzept ist fragwürdig" (28.11.1991)

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Ausfallserscheinungen, gleich wel- cher Art und Stärke, nachweisbar waren. In beiden Fällen bestand die stationäre Behandlung in strenger Bettruhe sowie in täglich im Wechsel fachgemäß verabreichten Uberwär- mungsbädern und Salicyl-Schwitz- packungen, zusätzlich in wöchent- lich zwei (3) epiduralen Umflutun- gen. Anschließend einige vorsichtige krankengymnastische Aktivierungen.

Durchschnittliche Behandlungsdau- er bis zur Beschwerdefreiheit drei bis vier Wochen.

Nach Bekanntwerden des Band- scheibenprolaps haben wir sogar bei ausgeprägtem L5-S1-Syndrom und typischem Röntgenbefund an dieser Behandlung nichts geändert — mit gleichem Erfolg und Rezidivfreiheit, obgleich zum Beispiel in einem Fall der intensiv betriebene Reitsport und in einem anderen Fall die heiß- geliebten anstrengenden Bergwan- derungen nicht aufgegeben wurden.

Wieso dieser Erfolg, selbst trotz ausgeprägtem L5-S1-Syndrom und röntgenologisch einwandfreiem Bandscheibenprolaps regelmäßig eintrat, ist mir immer unerklärlich geblieben.

Prof. Dr. med.

Klaus Speckmann,

Arzt für Innere Medizin und Neurologie, vormals Chefarzt der Inneren Abteilung des Johanniterkrankenhauses Brentanostraße 19 W-5300 Bonn

4 Psychosomatische Ursachen

Professor Krämer zeigte akri- bisch genau sämtliche pathologisch- anatomischen Fakten, modernste technische Untersuchungsmethoden und neueste Therapiemöglichkeiten auf, die bei fortbestehenden Schmer- zen nach einer Bandscheibenopera- tion bedeutsam sein können. Durch Abwesenheit glänzen aber alle psychosomatischen Überlegungen, wenn man von einer vagen Erwäh- nung eines gleichartigen psychischen Profils der sogenannten Problempa- tienten absieht. Dabei sind Rücken- beschwerden unumstritten in hohem

Ausmaß psychosomatisch zu verste- hen, nämlich als Wechselwirkung von organischen und seelischen Ur- sachenbündeln. Warum sollen band- scheibenoperierte Patienten hier ei- ne Ausnahme bilden?

Dr. med. U. Köhrle

Arzt für Allgemeinmedizin Hauptstraße 114

W-7640 Kehl/Rhein

5

Das Konzept ist fragwürdig

Jeder Orthopäde muß sich täg- lich in seiner Praxis mit Rücken- schmerzpatienten beschäftigen, bei denen er das Krankheitsbild nicht in eine exakt definierte Wurzelreizsym- ptomatik einordnen kann. Es fehlen häufig auch degenerative Verände- rungen, die die Schmerzproblematik erklären könnten. Verständlicher- weise entsteht dann beim Arzt eine gewisse Hilf- und Ratlosigkeit. Nach- dem das Krankschreiben, die Injekti- onsbehandlung, Fango und Massa- gen und zuletzt die Krankengymna- stik ohne dauerhafte Wirkung ge- blieben sind, wird als letzte klärende diagnostische Maßnahme ein CT oder neuerdings auch ein NMR an- gefertigt. Falls ein Bandscheibenvor- fall nachgewiesen werden kann (dies gelingt auch bei etwa 50 Prozent al- ler Gesunden, Wiesel, 1984), wird der konservativ erfolglos behandelte Pa- tient in einer operativen Abteilung vorgestellt. Leider ist es oft so, daß bei den längerfristig erkrankten Pa- tienten das positive Computerto- mogramm und der therapieresisten- te Schmerz die entscheidenden Indi- kationen zum operativen Vorgehen sind. Dies sind dann in aller Regel die Patienten, bei denen auch die Operation keine befriedigende Schmerzreduktion erbringen kann.

Dieser typische Verlauf wurde des- halb skizziert, weil er nach unserer Erfahrung das Patientengut beinhal- tet, mit dem sich die Autoren ausein- andergesetzt haben.

Erst nach der erfolglosen Ope- ration beginnt die Suche nach den Ursachen des Fehlschlages. Ebenso wie vor der Operation der Band- scheibenvorfall zum alleinigen Urhe-

ber der Schmerzen gemacht wurde, so versuchen die Autoren auch jetzt einen durch CT leicht auszumachen- den Schuldigen zu finden, nämlich die Instabilit äts-/Verwachsungskom- bination. Es ist durchaus verständ- lich, daß die Autoren sich auf diese simplifizierende Ursachenerklärung zurückziehen, die sie zusätzlich noch exkulpiert, denn gegen Verwachsun- gen und Narben ist selbst der beste Operateur machtlos. Doch leider ist die Realität sehr viel komplizierter.

Die Klingelzug-Theorie trifft bei den meisten erfolglos operierten Patien- ten nämlich nicht zu. Wir sehen hier keine radikuläre Symptomatik. Die Beschwerden sind immer eher diffus und nicht in ein exaktes Krankheits- bild einzuordnen. Narbige Verwach- sungen können ja durchaus postope- rativ vorkommen, ob dies jedoch die Ursache der Therapieresistenz ist, muß bezweifelt werden. Vielleicht gibt es ja auch Verwachsungen bei ganz normalen Verläufen. Dies müß- te durch eine Untersuchung zunächst einmal ausgeschlossen werden. Viel- leicht tritt dann ebenfalls eine Rela- tivierung dieses diagnostischen Zei- chens ein, wie bei den Bandschei- benvorfällen.

Der positive Lasgue wird von den Autoren als wichtiges diagnosti- sches Kriterium eingeführt. Dies ist jedoch für die sogenannten Postdis- kotomie-Patienten in aller Regel un- brauchbar, weil hier gar keine radi- kuläre Symptomatik vorliegt. Sie ge- ben beim Hochheben des Beines ei- nen Rückenschmerz an und eventu- ell noch Schmerzen an der Ischioku- ralmuskulatur. Ein klassisches Las- gue-Zeichen ist bei diesen Patienten nach unserer Erfahrung jedoch sel- ten.

Als äußerst fragwürdig muß bei diesen Patienten die Empfehlung zu einer Spondylodese gewertet wer- den. Selbst nach vielen operativen Fehlschlägen wird noch ein weiteres operatives Verfahren praktiziert, das ebenfalls den Schmerz nicht besie- gen kann. Spätestens hier müßte ein etwas selbstkritischer Arzt hellhörig werden und sich die Frage stellen, ob das eindimensionale simplifizierende Therapiekonzept noch haltbar ist.

Die Realität ist nun einmal nicht nur mit mechanischen Erklärungen zu Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991 (75) A-4293

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fassen, sie ist leider sehr viel kompli- zierter. Der Arzt ist nämlich mit Menschen konfrontiert, die immer auch soziale und seelische Probleme und Konflikte haben können. Daß eine psycho-soziale Konfliktsituation Einfluß auch auf die Kreuzschmerz- problematik haben kann, ist mittler- weile in sehr vielen Untersuchungen nachgewiesen und gehört eigentlich zum ärztlichen Grundwissen.

Dr. med. Philipp Traut Arzt für Orthopädie

Oberarzt an der Weserklinik Am Brinkkamp 15

W-4970 Bad Oeynhausen

Schlußwort

Die Resonanz zu unserem Bei- trag zeigt, welch große Bedeutung dem Thema zukommt Einige Leser- briefe aus dem Kollegenkreis ma- chen aber auch deutlich, daß die ei- gentliche Problematik immer noch nicth erkannt wird (Zuschriften Dr.

Köhrle und Dr. Traut): Der mehr- fach operierte Bandscheibenpatient ist nicht primär psychisch krank, son- dern wird es erst durch unsere Be- handlung.

Schmerzen und Behinderung beim ausgeprägten Postdiskotomie- syndrom vom Schweregrad III kön- nen nicht mit den üblichen vertebra- genen Beschwerden Nichtoperierter verglichen werden. Die GdB-Sätze von 20 bis 30 werden diesen Behin- derungen nicht gerecht (Rosolleck).

Nicht die operativ versteiften Wir- belsäulensegmente, sondern ständi- ge bewegungsabhängige Schmerzen sind für die GdB maßgebend. Da es sich vorwiegend um subjektive Krite- rien handelt, ist die gutachterliche Beurteilung besonders schwierig. Es erfordert deswegen einen erfahre- nen Gutachter, der sich ausreichend Zeit zur Erhebung der Anamnese und zur Untersuchung nimmt, um den adäquaten Grad der Behinde- rung im Einzelfall bestimmen zu können.

Sicherlich sind noch weitere grundlegende Untersuchungen über die klinische Relevanz postoperati- ver periduraler Narben und Seg- mentinstabilitäten erforderlich. Wir

führen zur Zeit pathologisch-anato- mische Studien unter Einschluß der modernen bildgebenden Verfahren durch. Aufgrund klinischer Beob- achtungen steht jedoch schon jetzt fest, daß andauernde Schmerzen und Behinderungen — wie sie zum Beispiel beim Postdiskotomiesyn- drom III. Grades auftreten — bei nichtoperierten Patienten nicht vor- kommen, jedenfalls nicht über meh- rere Jahre (Traut). Der positive La- sgue gilt auch laut Tabelle vor allem für Patienten mit dem Schweregrad II und III.

Die implantatfreie dorsale Spondylodese stellt aufgrund unse- rer Erfahrungen an über 200 Fällen eine Möglichkeit dar, das Beschwer- deniveau der Patienten mit ausge- prägtem Postdiskotomiesyndrom zu senken. Heilung beziehungsweise vollständige Schmerzfreiheit darf man nicht in Aussicht stellen. Da sich der Eingriff außerhalb des Wir- belkanals abspielt und die Struktu- ren im Wirbelkanal einschließlich der Narbe unangetastet läßt, gilt für diese Operation nicht die in dem Ar- tikel gemachte Feststellung, daß sich der Zustand des Patienten mit jedem weiteren Eingriff (gemeint ist hier die Narbenrevision) verschlechtert.

Unsere ärztlichen Bemühungen sollten in erster Linie darauf ausge- richtet sein, Postdiskotomiesyndro- me gar nicht erst entstehen zu lassen (siehe letzter Satz des Artikels), und wenn das Desaster eingetreten ist, dem Patienten mit allen uns zur Ver- fügung stehenden Mitteln zu helfen, anstatt ihn zum psychisch auffälligen Rentenneurotiker zu erklären.

Prof. Dr. med. Jürgen Krämer Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik am

St. Josef-Hospital Bochum Gudrunstraße 56

W-4630 Bochum 1

FUR SIE REFERIERT

Digoxin bei

Vorhofflimmern pass6?

Seit bald 200 Jahren, seit Willi- am Withering erstmals die günstigen Effekte von Digitalisblättern bei Herzversagen beschrieb, wird Digita- lis oder Digoxin zur Behandlung bei paroxysmalem Vorhofflimmern ein- gesetzt. Prospektiv kontrollierte Stu- dien über Digoxin existieren bei die- ser Indikation praktisch nicht, trotz- dem wird in allen Lehrbüchern emp- fohlen, Digoxin zur Behandlung von neu aufgetretenem Vorhofflimmern, zur Stabilisierung eines Sinusrhyth- mus nach einer Episode von Vorhof- flimmern und zur Prophylaxe bei Pa- tienten mit paroxysmalem Vorhof- flimmern einzusetzen. Erst in jüng- ster Zeit sind wissenschaftliche Stu- dien durchgeführt worden, die ge- zeigt haben, daß Digoxin nicht in der Lage ist, bei Patienten mit Vorhof- flimmern die Frequenz unter körper- licher Belastung zu beeinflussen. Di- goxin zeitigte auch nur einen gerin- gen oder gar keinen Effekt bei der Terminierung der Arrythmie und führte sogar gelegentlich zu einer Verstärkung von paroxysmalem Vor- hofflimmern. Trotz adäquater Digi- talisierung unterschied sich die Herzfrequenz beim Auftreten von paroxysmalem Flimmern nicht von Patienten, die nicht digitalisiert wor- den waren. Die Autoren glauben deshalb, daß man bei der Behand- lung des Vorhofflimmerns Digitalis und Digoxin nicht mehr in den Mit- telpunkt therapeutischer Überlegun- gen stellen sollte.

Falk, R. H., J. I. Leavitt: Dioxin für Atrial Fibrillation: A Drug Whose Time has gone? An. Intern. Med. 114: 573-575, 1991.

Boston City Hospital and Boston Universi- ty School of Medicine, Boston. Massa- chusetts, USA.

A-4294 (76) Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991

Referenzen

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