Zuwachs in % 120
Anteil 12,3% Antei117,9%
Zahnärzte Ärzte und
Zahnersatz 60 Grundlohn
+60,7
40
20
+57,4 \
100
80
Quelle: Einnahmen/Ausgaben der GKV, KV 45
+33,8
+117,0
+68,2
+79,2
Antei115,5% \Anteil 32,9% Anteil 6,3%
Arzneien Kranken- Heil-und haus Hilfsmittel und Hilfsmittel, der eine Rekordzu-
wachsrate von 117 Prozent in den letzten zehn Jahren aufweise. Hier könnten sowohl ein Negativkatalog als auch ein förmliches Zulassungs- verfahren für neue Hilfsmittel Ab- hilfe schaffen.
Das Instrument der Selbstbetei- ligung würde lediglich zu einer höhe- ren Belastung der Versicherten füh- ren, während der von der KBV be- vorzugte Festzuschuß günstige Aus- wirkungen auf die Preisgestaltung der Hersteller haben würde.
Schließlich führe kein Weg an der Reformierung der Krankenver- sicherung der Rentner vorbei. „Wir wollen weder die Kassenleistungen für alte und kranke Menschen ein- schränken noch die Alten aus der Solidargemeinschaft drängen", be- tonte Professor Häußler. Doch müs- se der Beitragssatz der KvdR auf den Durchschnittswert der Allge- meinen Krankenversicherung ange- hoben und ein Teil der Bundeszu- schüsse zur Rentenversicherung an die GKV weitergegeben werden (siehe dazu auch Heft 42).
Zum Stichwort Pflegefallrisiko warnte der KBV-Vorsitzende vor
weiteren Milliardenkosten, die zwangsläufig auf die GKV zukämen Eine bessere Absicherung und Ver- sorgung der Pflegebedürftigen sei aus ärztlicher Sicht zwar zu begrü- ßen, doch bliebe die angestrebte Beitragsstabilität unter diesen Vor- aussetzungen eine Illusion.
Keinen Zweifel ließ Professor Häußler an dem unbedingten Willen der Kassenärzteschaft, an der seit über hundert Jahren bewährten Gliederung der gesetzlichen Kran- kenversicherung festzuhalten. Die geforderte Wahlfreiheit unter allen Kassenarten werde dieses System zwangsläufig zerstören — es käme zum Ausbluten der Ortskrankenkas- sen.
Aus diesem Grunde könne die Wahlfreiheit der Arbeiter vorerst nur im begrenzten Umfange möglich sein. Den Arbeitern sollte zumin- dest eine Alternative im Rahmen der Arbeiterersatzkassen eröffnet werden. Josef Maus
Bayern - Schutzengel für Krankenhäuser und für die Rentner
Bayerns Arbeits- und Sozialmi- nister Dr. Karl Hillermeier hat es bei der Eröffnung des 40. Bayeri- schen Ärztetages in München am 1.
Oktober sorgfältig vermieden, die CSU in Sachen Strukturreform des Gesundheitswesens festzulegen. An- deutungen Hillermeiers zu zwei seit längerem diskutierten akuten Fra- gen — Finanzierung der Krankenver- sicherung der Rentner und weitere Kostendämpfung im Krankenhaus — sind jedoch aufschlußreich:
Die Krankenhausträger dürf- ten auch bei der Strukturreform wie- der mit dem besonderen Wohlwol- len Bayerns rechnen können. Hiller- meier riet nämlich vor dem Bayeri- schen Ärztetag zum Abwarten: das vorhandene Instrumentarium solle zunächst einmal genutzt werden.
Mit dem Krankenhaus-Neuord- nungsgesetz, der geänderten Bun- despflegesatz-Verordnung, Kran- kenhausbuchführungs-Verordnung und der Abgrenzungsverordnung habe man Schritte unternommen, den ausufernden Kosten in der sta- tionären Versorgung entgegenzu- steuern. Bisher seien die Kosten- dämpfungseffekte noch nicht rea- lisiert worden.
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Die Finanzierung der Kran- kenversicherung der Rentner muß, folgt man den bayerischen Auffas- sungen, innerhalb der Krankenversi- cherung gelöst werden. Man sollte von der Tatsache ausgehen, erklärte Hillermeier nämlich, „daß die de- mographische Entwicklung auch weiterhin eine erhebliche kostenmä- ßige Belastung für die Gesetzliche Krankenversicherung darstellt".Der Vorschlag, Leistungen für die älteren Menschen aus Steuermitteln zu finanzieren, werde kaum Aus- sicht auf Erfolg haben. Hillermeier setzte sich allerdings „für eine maß- voll zu dynamisierende Anhebung des Krankenversicherungsbetrages der Rentner, eventuell auf den je- weiligen durchschnittlichen allge- meinen Beitragssatz" ein.
I Wahl-Alternative für die Arbeiter
Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung je Mitglied für ausgewählte Leistungsgruppen 1976 bis 1986
A-2838 (22) Dt. Ärztebl. 84, Heft 43, 22. Oktober 1987
Es fiel auf, daß sich Hillermeier zu Absichten für den ambulanten Sektor überhaupt nicht äußerte. Der Präsident der Bayerischen Ärzte- kammer, Professor Dr. Dr. h. c.
H. J. Sewering, sprach den kriti- schen Punkt seinerseits an: Presse- veröffentlichung zufolge wird im Bundesarbeitsministerium erwogen, die Gesamtvergütung gesetzlich an die Grundlohnentwicklung zu bin- den. Das bedeute, erklärte Sewe- ring, daß das volle Krankheitsrisiko, das volle Risiko der Leistungsent- wicklung und das Risiko der steigen- den Kassenärztezahl allein von den Kassenärzten getragen werden muß.
Wenn das über Jahre geschehe, dann „wird die Axt an die. Wurzel der Leistungsfähigkeit der Kassen- ärztlichen Versorgung gelegt".
Sowohl Sewering wie der Präsi- dent der Bundesärztekammer, Dr.
Karsten Vilmar, bezweifelten, ob der Grundlohn überhaupt der geeig- nete Maßstab für die Ausgabenent- wicklung im Gesundheitswesen ist.
Vilmar forderte, die Beitragssatzsta- bilität dürfe nicht „die oberste Ideo- logie der Gesundheitspolitik" sein.
Würde man weiter eine anhaltend starre Kostendämpfungspolitik be- treiben, wären Leistungsbegrenzung und letzten Endes sogar Lebensbe- grenzung die Folge. Sewering erin- nerte daran, daß sich der medizini- sche Fortschritt nicht an der Grund- lohnentwicklung orientiere, sondern an der wissenschaftlichen Entwick- lung der Medizin Auch die Versi- cherten sollten sich überlegen, ob sie nicht bereit seien, mehr als es der Grundlohnentwicklung entspreche, für ihre Gesundheit auszugeben.
Professor Sewering wandte sich schließlich gegen Vorwürfe, die Ver- sicherten nützten ihre Krankenkas- sen aus und die Ärzte betrachteten die Krankenversicherung als Selbst- bedienungsladen: „Das ist eine Ver- leumdung der Versicherten und der Ärzte und das ist keine Basis, von der man aus sinnvoll Entscheidun- gen treffen kann". Medizinischer Fortschritt bedeute nun einmal ein besseres Angebot an medizinischen Leistungen; es sei verständlich, wenn dieses auch von der Bevöl- kerung in Anspruch genommen würde. NJ
Weiterbildung:
Umfragen
fehlprogrammiert
Umfragen im Zusammenhang mit der Strukturreform im Gesund- heitswesen haben zur Zeit im Bun- desarbeitsministerium Hochkon- junktur: So wurden die Kassenärzt- lichen Vereinigungen aufgefordert, ihre Verwaltungskosten zu offenba- ren. Von den Fachressorts der Bun- desländer wurden Wunschzettel für das „Reformgeschäft" eingesam- melt. Nun hat die Blüm-Administra- tion die Bundesärztekammer mit zwei Fragen konfrontiert, die den engeren oder lockeren Zusammen- hang der Strukturreform mit der Weiterbildungsordnung und den Krankenhausstrukturen ventilieren sollen.
Konkret: Es wird fragend unter- stellt, daß die ärztlichen Weiterbil- dungsordnungen ein Auslöser für
„unwirtschaftliche Strukturen im Krankenhausbereich" sein könnten, weil sie „ein Hemmnis" für den Bettenabbau darstellten. Das Mini- sterium will wissen, inwieweit die in Planbetten umrissene Größe einer Fachabteilung Voraussetzung für die Qualifikation als Weiterbildungs- stätte ausschlaggebend ist und inwie- weit die „Zahl der durchgeführten Operationen als Voraussetzung für die Anerkennung als Facharzt" gilt.
Die Mutmaßungen treffen nicht zu, wie die Bundesärztekammer die Blüm-Mannen unverzüglich wissen ließ. Einen indirekten Zusammen- hang zwischen der Weiterbildung von Assistenzärzten an Kliniken und Strukturverwerfungen im stationä- ren Sektor zu unterstellen, geht an den Realitäten vorbei. Der Kran- kenhausträger muß zur Erfüllung seiner Hauptaufgabe, nämlich die ärztliche und pflegerische Betreuung von Patienten, eine angemessene Zahl von Stellen einrichten und vor- halten — gleichviel, ob die Inhaber dieser Stellen sich aus eigenem En- gagement neben ihrer ärztlichen Haupttätigkeit weiterbilden. Die Weiterbildung ist mithin ein Neben- produkt einer aus dem Arbeitsver-
trag geschuldeten ärztlichen Ar- beitsleistung und nicht etwa deren originärer Zweck. Die Ermächti- gung der Weiterbildung bewegt sich in einem inhaltlichen und zeitlichen Rahmen, die durch die persönlichen Voraussetzungen des zur Weiterbil- dung ermächtigten erfahrenen Arz- tes und die Voraussetzungen der Weiterbildungsstätte vorgegeben ist.
Zwar werden die Fachabteilungen in der Regel nach der „Meßlatte Bett"
dimensioniert, doch sind für die Weiterbildungspraxis andere, wich- tigere Kriterien ausschlaggebend: so das Leistungsspektrum der Abtei- lung, die behandelten Patienten, die diagnostischen wie therapeutischen Möglichkeiten u. a. Hinzu kommt . Starre Relationen von weiterzubil- denden Krankenhausärzten und Weiterzubildenden sowie Betten sind ohnedies nicht praxisgerecht.
Sie kommen tatsächlich denn auch nur noch selten zum Zuge. Diesem Erfordernis tragen die Richtlinien über die „Ermächtigung zur Weiter- bildung" (von 1978) Rechnung, in denen die fachbezogenen Betten- richtwerte lediglich als Sollvorschrif- ten ausgewiesen sind.
Es kann doch nicht der An- schein erweckt werden, als ob nur der Weiterbildung wegen und um die Zahl der Pflichtoperationen zu erreichen, Betten vorgehalten und sogar „Spieloperationen" inszeniert werden. Weiterbildungswillige Ärz- te müssen durch learning by doing im Team ärztliches Handeln erler- nen. Dies gilt für operative Fächer in besonderem Maße. Auf zahlenmä- ßig vorgegebene Mindesterfahrun- gen kann auch unter Qualitätsaspek- ten nicht verzichtet werden. Eingrif- fe werden in praxi auf Grund der in- dividuellen medizinischen Indika- tion und des ärztlich als notwendig beurteilten Umfangs der Kranken- versorgung durchgeführt.
Wenn schon über Strukturver- werfungen im Krankenhaus geklagt wird, dann liegen diese außerhalb der Sphäre, die von Ärzten zu ver- antworten und mit zu beeinflussen wäre• nämlich bei den Bedarfsplä- nen der Länder, den Landeskran- kenhausgesetzen und die durch den Gesetzgeber vorgegebenen Struktu- ren für den internen Betrieb! HC Dt. Ärztebl. 84, Heft 43, 22. Oktober 1987 (23) A-2839