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Archiv "Krankenhäuser: Fortschritt oft verzweifelt gesucht" (06.12.2013)

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KRANKENHÄUSER

Fortschritt oft verzweifelt gesucht

Vielen Kliniken fehlt die Innovationskraft.

N

ur 38 Prozent der Klinikchefs in Deutschland bezeichnen Innovationen, Forschung und Ent- wicklung als wichtig für ihr Haus.

Das zeigt die Studie „Klinikma - nagement“, für die das Beratungs- unternehmen Rochus Mummert 100 Geschäftsführer, Verwaltungsleiter und Direktoren von Krankenhäu- sern befragt hat. Angesichts des wachsenden Konkurrenzdrucks er- staunt es, dass sich nicht mehr Ma- nager fragen, in welchen medizini- schen Bereichen das eigene Kran- kenhaus führend sein sollte.

Nur gut ein Viertel der Geschäfts- führer meint, ihre Einrichtung sei im Bereich Innovationen, Forschung und Entwicklung gut oder sehr gut aufgestellt. Die Befragten geben sich hierfür im Durchschnitt die Gesamtnote „3“ – die zweitschlech- teste Note von allen abgefragten Themenbereichen. Nur bei Fusio- nen und Übernahmen gibt es noch größeren Nachholbedarf. Das größ- te Innovationsdefizit besteht of - fenbar in Krankenhäusern privater Träger: Nur 21 Prozent der Ver - antwortlichen dort geben sich eine gute Note. In Einrichtungen öffent- licher Träger sind es zehn Prozent- punkte mehr.

Dass so wenige Krankenhauslei- ter der Innovationskraft ihrer Häu- ser Priorität einräumen, ist ange- sichts des Verdrängungswettbewerbs bedenklich. Denn die Instrumente klassischer Kostensenkung wie güns- tigerer Einkauf, Reduzierung von Personalkosten und Arbeitsverdich- tung sind weitestgehend ausgereizt.

Ob ein Krankenhaus langfristig über- lebt, hängt deshalb immer stärker davon ab, inwiefern es sich von der Konkurrenz abhebt. Denn Patienten wollen für sich die beste Medizin, nicht nur die bestmögliche und sind als Betroffene auch nicht kompro- missbereit. Zudem sind sie bei der Krankenhauswahl deutlich mobiler geworden. Sie vergleichen die Leis-

tungen von Kliniken ihrer Region und sind bereit, für eine bessere Be- handlung weitere Strecken zurück- zulegen.

Chefs sind stark ins operative Geschäft eingebunden

Einen Wettbewerbsvorsprung ver- schaffen sich Krankenhäuser durch das Anwenden aktuellster medizi - nischer Erkenntnisse, neuer Geräte und innovativer OP-Verfahren – vor allem in den Leistungsberei- chen, in denen die Klinik ihren Ruf bei Patienten und Fachkräften ge- zielt stärken will. Hier sind die Ma- nagementfähigkeiten der Geschäfts- führer und Direktoren gefragt. Denn es ist ihre Aufgabe, zu erkennen,

auf welchen Gebieten ihr Haus künf- tig Leuchtturm-Medizin anbieten kann und sollte – also eine Visi- on zu entwickeln und eine Strate- gie, wie man sich dieser annähert.

Doch wie die Studie „Klinikma - nagement“ ebenfalls zeigt, sind die Chefs zu stark in das operative Ta- gesgeschäft eingebunden. Für stra- tegische Planungen bleibt ihnen im Alltag meist zu wenig Zeit.

Mehr Austausch mit den eigenen Fachleuten

Ein erster Schritt hin zu mehr Inno- vationskraft ist, Experten in den ei- genen Reihen zu identifizieren, die für ein Fachgebiet mit hohem Ent- wicklungspotenzial stehen. Denn in der Regel sind es die Ärzte, die Fachkongresse besuchen, sich über Neuentwicklungen informieren und so mögliche neue Geschäftsfelder in ihren Fachgebieten sehr frühzeitig erkennen. Dieses Wissen sollten sie mit den kaufmännisch Verantwortli- chen teilen. Diese wiederum müssen den Austausch mit den Spezialisten intensivieren, ein Ohr für deren Vor- schläge haben, diese aber auch auf Wirtschaftlichkeit prüfen. Nur so können Manager mit Weitsicht über das Interessendickicht der Klinik und ihrer Chefärzte hinausblicken.

Wenn sich neue invasive Verfah- ren zur Klappenimplantation in der Kardiologie als wirkungsvoll er- weisen und Risikopatienten davon profitieren, wird sich die Herzchir - urgie darauf einstellen und neue Patientengruppen erschließen. Um Eingriffe wie die minimal-invasiven Implantationen durchführen zu kön- nen, sind Hybrid-Operationssäle er- forderlich, die vorausschauend ge- plant und aufgrund ihrer Kosten gut ausgelastet sein müssen. Manager und Ärzte sollten also gemeinsam überlegen, ob es wirtschaftlich für die Klinik sinnvoll ist, in Spezialge- biete einzusteigen und hohe Investi- tionen zu tätigen.

Vorsprung durch Innovation:

Um Eingriffe wie die minimal-invasiven Implantationen durchführen zu können, sind Hy- brid-Operationssäle erforderlich.

Foto: Your Photo Today

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 49 I 6. Dezember 2013

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Ein anderes Spezialgebiet, das Wachstum verspricht, ist die Wech- selendoprothetik. Die Bundesbür- ger werden im Durchschnitt älter und möchten auch im hohen Alter mobil bleiben. Künstliche Hüftge- lenke, wie sie viele Menschen im Alter von 65 oder 70 Jahren derzeit bekommen, halten zehn Jahre und länger. Damit erleben aber ihre Trä- ger immer öfter den Verschleiß der früheren Prothese, und der Bedarf an Austauschoperationen steigt. Für diese oft sehr viel komplexeren Zweiteingriffe sind Spezialisten ge- fragt. Noch ist dies eine der Kom- petenzen, mit denen ein Kranken- haus sich von der regionalen Kon- kurrenz abheben kann.

Um diese Kompetenzen zu defi- nieren, müssen Managementfähig- keiten und strategisches Denken al- so stärker Hand in Hand gehen mit medizinischem Fachwissen. Hier bieten sich Karrierechancen für ver- sierte und lernfähige Quereinstei- ger, etwa für Ärzte und Pflegekräfte mit Führungsqualitäten und Kom-

munikationsfähigkeit, die bereit sind, in das Management einzusteigen.

Dank ihrer Praxiserfahrung und ihres fachlichen Urteilsvermögens können sie einschätzen, welche Leistungen in fünf oder zehn Jahren nachgefragt sein werden. Mit die- sem Wissen können Medizin- und Pflegeexperten wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung einer Klinik setzen.

Der Konkurrenzgedanke rückt in den Hintergrund

Wichtig ist ebenfalls, dass sich auch die Klinikmanager besser vernet- zen, wie es in der ärztlichen Kultur schon lange üblich ist. Der Konkur- renzgedanke sollte dabei in den Hintergrund treten, da ohnehin jedes Krankenhaus sein eigenes Profil fin- den muss. Geschäftsführungen soll- ten über den regionalen Wettbe- werb hinaus gute Beziehungen unter- einander aufbauen und von denen lernen, die in puncto Leistungsqua- lität in anderen, vielleicht entfernte- ren Märkten führend sind.

Ein Weg, diesen Austausch zu strukturieren, wären beispielsweise regelmäßige Innovationskonferen- zen für Ärzte und Krankenhausma- nager, damit diese – abseits der üblichen Abteilungsegoismen und Abgrenzungsanstrengungen – mit- einander ins Gespräch kommen.

Chefärzte und andere Leistungsträ- ger sind auf diese Weise stärker ein- gebunden, können ihrerseits aber auch verstehen, warum Investitio- nen und Innovationen sich in abseh- barer Zeit rechnen müssen. Auf den Konferenzen könnten konkrete Bei- spiele zeigen, wie Krankenhäuser durch Investitionen in Forschung und Entwicklung ihre Position stärken konnten. Die Zusammen- künfte helfen außerdem Teilneh- mern, sich einen Marktüberblick zu verschaffen und die Nischen zu erkennen, die sie selbst durch Kompetenzen im eigenen Haus be-

setzen können.

Das Land Berlin hat einen Entschließungsantrag in den Bundesrat ein- gebracht, dessen Ziel es ist, die Personalentwicklungskosten in den Krankenhäusern besser zu finanzieren.

Die Personalentwicklungskosten in den Krankenhäusern sollen gesondert vergütet werden. Warum ist das so wichtig?

Jonitz: Für neue Medikamente oder neue technische Verfahren und Ausrüstungen wird neues Geld bereitgestellt, für „neues Wissen“ jedoch nicht. Das kann doch nicht sein. Für eine hochwertige Behandlung und humane Betreuung kranker Menschen sind höchstqualifizierte Ärztinnen und Ärzte, aber auch höchstqualifizierte Angehörige anderer Gesund- heitsberufe essenzielle Voraussetzung.

Spätestens bei der Beförderung der Themen Patientensicherheit oder der Begegnung des Ärztemangels durch bessere Delegation von Leistun- gen sind Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen unerlässlich. Gerade für die Förderung von Patientensicherheit gibt es international anerkannte und explizite Curricula für alle Gesundheitsberufe. Um ärztliche Leistun- gen sinnvoll an medizinische Assistenzberufe delegieren zu können, braucht es Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Führung und der Kommunikation. Alle diese auf die Qualifikation des Gesundheitsper- sonals bezogenen Maßnahmen sind neu und waren zur Einführung und ersten Kalkulation der Fallpauschalen im DRG-System nicht existent.

Aus-, Weiter- und Fortbildung dürfen kein Zufalls- oder Nebenprodukt der norma- len Berufsausübung sein. Deshalb müssen die Personalentwicklungskosten in den Krankenhäusern zusätzlich vergütet werden.

Nachdem im Mai zunächst die Haupt- versammlung des Marburger Bundes und anschließend der Deutsche Ärztetag den Gesetzgeber per Beschluss aufgefordert

haben, die Personalentwicklungskosten in Krankenhaus und Praxis zu- sätzlich zu vergüten, freut es mich sehr, dass auf Initiative des Berliner Gesundheitssenators Mario Czaja und unterstützt durch die Berliner Wis- senschaftssenatorin Sandra Scheeres das Land Berlin unsere Forderung für den Krankenhausbereich unterstützt: Die Bundesratsinitiative zur Fi- nanzierung von Personalentwicklungskosten im Krankenhaus ist von Ber- lin aus gestartet. Die bestehenden Refinanzierungsmöglichkeiten würden den gestiegenen Anforderungen an eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Aus-, Weiter- und Fortbildung nicht gerecht, heißt es in der Begründung. Eine Stärkung der Aus-, Weiter- und Fortbildung im Kran- kenhaussektor sei wesentliche Voraussetzung für eine leistungsfähige und humane Gesundheitsversorgung sowie ein Beitrag zur Fachkräfte - sicherung und zur Stärkung des Gesundheitsstandortes Deutschland. JF

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. med. Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin

Foto: Kathleen Friedrich

Dr. Henrik Räwer, Personalberater der Rochus Mummert Healthcare Consulting GmbH, Hannover

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 49 I 6. Dezember 2013

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