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Archiv "Rückstellproben sind inzwischen untersucht" (03.12.1993)

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THEMEN DER ZEIT

von etwa ein Drittel bereits an AIDS erkrankt ist. Die vom BGA publizier- te, aufgrund von anonymisierten La- bormeldungen erfaßte Zahl von 1 843 dürfte deutlich zu hoch liegen.

Für die übrigen Empfänger von nichtvirusinaktivierten Gerinnungs- konzentraten sind noch weniger ge- naue Zahlen zu ermitteln, da diese Fälle mit den Transfusionen nicht-virusinaktivierbarer Präparate zusammen erfaßt wurden und die überwiegende Zahl dieser Patienten neben Gerinnungspräparaten auch Bluttransfusionen erhalten haben dürfte. In diesem Zusammenhang muß es als Glück angesehen werden, daß deutsche Pharmafirmen sehr früh virusinaktivierte Gerinnungs- präparate auf den Markt brachten, die allerdings aufgrund ihres höhe- ren Preises und der begrenzten Men- ge nicht breit eingesetzt wurden.

Diese Präparate wurden vor al- lem im Hinblick auf die posttransfu- sionelle Hepatitis hergestellt, da AIDS zu dieser Zeit noch gar nicht bekannt oder zunächst noch nicht als Viruserkrankung identifiziert war.

Das erste virusinaktivierte Gerin- nungspräparat war 1976 PPSB der Firma Biotest. Anhand von großen klinischen Studien konnte bei herz- chirurgischen Patienten gezeigt wer- den, daß durch die Einführung dieses Präparates die Häufigkeit der post- transfusionellen Hepatitis von 50 bis 60 Prozent auf drei bis fünf Prozent gesenkt werden konnte. Die verblei- bende Inzidenz entsprach dem He- patitisrisiko bei Bluttransfusionen.

Es ist geradezu als tragisch zu bezeichnen, daß von diesem Gerin- nungspräparat, das zwischen 1976 und 1989 viele Patienten vor schwer- wiegenden Blutungskomplikationen bewahrte, im Oktober 1989 eine Charge auf dem Markt kam, die HIV-kontaminiert war. Bis heute bleibt unklar, warum mit dieser Charge keine Hepatitiden auftraten, wenn das verwendete Kaltsterilisati- onsverfahren versagt hat, da diese Viren weit resistenter als HIV gegen- über Virusinaktivierungsverfahren sind. Von den 2 305 Ampullen (je 500 E) dieser Charge konnten 452 Ampullen von Biotest im April 1990 nach Auftreten der HIV-Infektionen noch zurückgerufen werden. 60 Pro-

AUFSÄTZE

zent der verwendeten Ampullen wur- den in den Hämophiliezentren einge- setzt, wodurch insgesamt neun Pa- tienten mit Hepatitis B infiziert wur- den.

Dagegen zeigten zwölf Hämo- phile trotz Applikation von PPSB dieser Charge keine HIV-Serokon- version. Aufgrund der angewandten Dosierung von PPSB kann geschätzt werden, daß die restlichen 730 Am- pullen dieser Charge etwa 80 bis 100 Patienten erhielten. Wenn die Infek- tiosität von etwa 40 Prozent bei den Hämophilen zugrundegelegt wird, wäre mit circa 30 bis 40 weiteren HIV-Infizierten zu rechnen, was im Hinblick auf die unterschiedliche Dosierung eher zu hoch angesetzt ist.

Bis auf die oben bereits erwähn- ten zwei zusätzlichen Fälle wurden

trotz entsprechender Recherchen und Nachuntersuchungen bisher kei- ne weiteren gefunden. Die von Bio- test veranlaßte Nachuntersuchung al- ler noch vorhandenen Rückstellmu- ster früherer Chargen erbrachte bei einer 84er Charge den Nachweis von p24-Antigen, was lediglich als Hinweis auf die Verunreinigung des Ausgangsmaterials mit HIV, nicht aber auf Infektiosität dieser Charge nach Virusinaktivierung schließen läßt. Darüber hinaus zeigte ein Pool von sieben weiteren Chargen, die einzeln getestet unauffällig waren, nach 40facher Ankonzentrierung ebenfalls Positivität des p24-Antigen- testes. Dieses Ergebnis ist jedoch selbst nach Meinung des Gutachters (Pettenkofer Institut) nicht zu wer- ten, da der Test primär für Serum

Rückstellproben sind inzwischen untersucht

Im Skandal um den Vertrieb von nicht ausreichend auf HIV getestetem Blutplasma sind in den vergangenen Tagen neue Details bekanntgeworden. Im Falle der Koblenzer Firma UB Plasma wurden jeweils zwei bis vier Proben von verschiedenen Einzelspendern zusammen getestet, sagte der leitende Ober- staatsanwalt Norbert Weise. Durch dieses Vorgehen sei die Sensitivität des An- tikörpertests vermindert worden. „Wir vermuten, daß bei dieser Methode das diagnostische Fenster um etwa sechs Wochen verlängert wird,"

Eine weitere gravierende Verletzung der Vorschriften war das sogenannte

„visuelle Testen", bei dem eine mögliche Verfärbung der Teströhrchen zu- nächst nur mit dem bloßen Auge abgeschätzt wurde. „Nur wenn eine Verfär- bung sichtbar war, hat man den kompletten Test durchgeführt; wenn nicht, ging man davon aus, daß die Proben HIV-negativ seien", erklärte Weise. Vorge- schrieben ist dagegen eine exakte maschinelle Bestimmung der optischen Dichte.

Bei den drei bekanntgewordenen Infektionen, die mit Spender Nummer 2 505 in Verbindung gebracht wurden, hätten zwei womöglich vermieden wer- den können, wenn entsprechend den Vorschriften getestet worden wäre, mut- maßte Weise. Das Plasma eines weiteren HIV-positiven Spenders ist vermutlich nie auf den Markt gelangt. Eine Niederlassung der Koblenzer Firma im rumäni- schen Bukarest hatte die zugehörige Blutprobe zum Testen nach Deutschland eingeschickt, wobei die Infektion erkannt wurde. Hinweise darauf, daß Plasma dieses Spenders vertrieben wurde, gibt es laut Schmidt bisher nicht.

Mittlerweile wurden alle 25 000 Rückstellproben bei UB Plasma, die eine Überprüfung der ursprünglichen Testergebnisse gestatten, an der Universitäts- klinik Mainz überprüft. Zwei Spender waren HIV positiv, bei neun Proben ist dies unwahrscheinlich, aber aufgrund der unzureichenden „Lagerbedingungen"

nicht völlig auszuschließen. Auch dem Testlabor der Firma Haemoplas im nie- dersächsischen Osterrode wird vorgeworfen, die einschlägigen Vorschriften ver- letzt zu haben. Laut Thomas Steg, Sprecher im Gesundheitsministerium, sind in diesem Fall jedoch keine Rückstellproben vorhanden, die einen Vergleich der Testergebnisse ermöglichen würden.

Die „Aufwandsentschädigungen" in Höhe von etwa DM 50 pro Spende, die sowohl von UB Plasma als auch von Haemoplas gezahlt wurden, bringen nach Meinung von DRK-Sprecher Fritz Duppe ein erhöhtes Infektionsrisiko mit sich und sollten deshalb abgeschafft werden. Duppe zitierte eine Studie, wonach in Deutschland etwa jeder hunderttausendste unbezahlte Spender HIV-infiziert ist. Bei den bezahlten Spendern seien Infektionen dagegen achtmal häufiger an- zutreffen. Michael Simm

A1-3212 (32) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 48, 3. Dezember 1993

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