A1138 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 17⏐⏐27. April 2007
P O L I T I K
N
ormalerweise bekommt man keine Blumen dafür, dass man rechtzeitig im Leben festlegt, wer sich um wichtige persönliche und fi- nanzielle Angelegenheiten kümmern soll, falls man das selbst nicht mehr kann. Doch Angelika und Herbert Gruber (beide 52) sind eine Ausnah- me. Dem Ehepaar aus Friedberg nahe Augsburg überreichte Bundesjustiz- ministerin Brigitte Zypries (SPD) am 17. April einen bunten Strauß. Die Grubers haben als 500 000ste Nutzer ihre Vorsorgevollmachten im dafür vorgesehenen Zentralen Vorsorgere- gister hinterlegt.Beide haben sich gegenseitig als Bevollmächtigte eingesetzt und zudem ihre beiden Kinder einbezo- gen. „Meine Familie kennt mich am besten und kann deshalb auch die beste Entscheidung treffen“, sagt Angelika Gruber. Sie und ihr Mann haben auch noch eine Be- treuungs- sowie eine Patientenver- fügung formuliert (Textkasten).
Derzeit stehen nach Angaben von Zypries rund eine Million Men- schen unter rechtlicher Betreuung.
„Jeder, der sichergehen will, dass sich später eine Person seines Ver- trauens um ihn kümmern wird, soll- te eine Vorsorgevollmacht abfas- sen“, betonte die Bundesjustizmi- nisterin. Solche Festlegungen seien keineswegs nur etwas für alte Men- schen. Das leuchtet offenbar immer mehr Bundesbürgern ein. Derzeit kommen im Durchschnitt etwa 12 000 neue Meldungen pro Monat hinzu. Aus rund 82 Prozent der Ein- träge im Vorsorgeregister geht her- vor, dass der oder die Betreffende neben einer Vorsorge- auch eine Be- treuungsverfügung verfasst hat.
Rund 76 Prozent besitzen zudem ei- ne Patientenverfügung.
„Die Zahlen sind ein erfreulicher Beleg für das hohe Interesse der
Bürgerinnen und Bürger, durch eine Registrierung sicherzustellen, dass ihre Vorsorgevollmacht im Ernstfall leichter gefunden wird“, sagte Til- man Götte, Präsident der Bundesno- tarkammer. Denn nur dann sei sie auch wirkungsvoll.
Damit Vormundschaftsgerichte schnell von hinterlegten Vorsorge- vollmachten erfahren, hat die Bun- desnotarkammer in gesetzlichem Auftrag das Zentrale Vorsorgeregis- ter aufgebaut. Im März 2005 ging es an den Start. Seitdem können Rich- ter mithilfe des Registers klären, ob für einen Bürger eine Vollmacht hinterlegt ist. Die Registrierung, die darüber Auskunft gibt, enthält in der Regel Name und Anschrift des be- treffenden Bürgers, der genannten Vertrauenspersonen und den Um- fang der Vollmacht. Das Schrift- stück selbst wird nicht verwahrt.
Derzeit erreichen das Register pro Tag bereits 440 Anfragen.
Wer seine Vorsorgevollmacht re- gistrieren lassen will, kann das per Post oder übers Internet tun. Die ein- maligen Gebühren betragen in der Regel zwischen zehn und 20 Euro.
Nimmt man die Hilfe eines Notars in Anspruch, kämen zusätzlich Ho- norarkosten zwischen 12,50 und 50 Euro hinzu, erläuterte Götte. Wenn mithilfe von Vorsorgevollmachten allerdings kompliziertere Sachver- halte zu regeln sind, wird es teurer.
Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßt nach Darstellung eines Sprechers die Existenz des Zentralen Vorsorgeregisters. Einen Hinweis darauf findet man in den BÄK- Empfehlungen zum Umgang mit Vorsorgevollmachten und Patien- tenverfügungen in der ärztlichen Praxis (DÄ, Heft 13/2007). I Sabine Rieser
ZENTRALES VORSORGEREGISTER
Klarheit im Ernstfall
Eine halbe Million Bundesbürger hat bereits
Vorsorgevollmachten hinterlegt – täglich werden es mehr.
FÜR ALLE FÄLLE
Im Zentralen Vorsorgeregister kann auch die Information hinterlegt werden, dass eine Betreuungs- oder Patienten- verfügung vorliegt. Das sind die Unterschiede:
>Vorsorgevollmacht: Sie dient vor allem dazu, eine oder mehrere Personen des Vertrauens für den Fall zu er- mächtigen, dass man wichtige persönliche oder finanzielle Entscheidungen nicht mehr treffen kann, zum Beispiel in gesundheitlichen Belangen. In diesen Fällen müssen Ge- richte keinen amtlichen Betreuer bestellen.
>Betreuungsverfügung: Damit lässt sich Einfluss neh- men für den Fall, dass ein Vormundschaftsgericht eine Be- treuung anordnet, beispielsweise weil ein Patient seine An- gelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr regeln kann.
Anders als im Fall einer Vorsorgevollmacht unterliegt der Betreuer der gerichtlichen Überwachung.
>Patientenverfügung: Sie ist eine individuelle Willens- erklärung eines entscheidungsfähigen Menschen zur zukünftigen Behandlung im Fall eigener Entscheidungsun-
fähigkeit. BÄK, BNotK, Rie
Das Bundesjustizministeriumverschickt auf Wunsch die Broschüre „Betreuungs- recht“ mit ausführlichen Informationen zur Vorsorgevollmacht. Bezug über E-Mail:
publikationen@bundesregierung.de oder unter Tel. 01888 80 80 800. Weitere Infor- mationen im Internet unter: www.vorsorge register.de.
Die Empfehlungen der BÄK:
www.aerzteblatt.de/plus1707