A1758 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 24⏐⏐15. Juni 2007
M E D I Z I N
Tabakrauch ist bedeutende Histaminquelle
Nachdem wir vor Jahren auf die Fährte der Histaminin- toleranz gestoßen sind, überblickt unsere Praxis zahl- reiche Patienten mit Histaminintoleranz. Zum sehr auf- schlussreichen Aufsatz noch folgende Ergänzungen:
>In vielen Fällen genügt eine vierwöchige histaminarme Diät zur Entleerung der „Histaminde- pots“. Danach ist eine Auflockerung der Diät möglich, und der Genuss von Leibspeisen erlaubt. Es sollten nur nicht mehrere histaminhaltige Lebensmittel gleichzeitig in einer Mahlzeit verzehrt werden (zum Beispiel Sauerkraut, Thunfisch, Bergkäse, Tomaten sowie Erdbeeren zum Nachtisch und Rotwein als Ge- tränk).
>Im Artikel vermisse ich die Rolle des Tabakrau- ches (aktive oder passive Exposition). Er ist eine der bedeutendsten Quellen für Histamin und andere bio- gene Amine und triggert unter anderem allergische Erkrankungen. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz pas- siv rauchender Kinder wird ohne genetische Prädisposi- tion zu Atopikern (Asthma, Rhinoconjunctivitis allergi- ca, Neurodermitis). Eine histaminarme Diät ist nach meiner Erfahrung bei Rauchern meist erfolglos.
>Unverträglichkeitsreaktionen bei Hyposensibili- sierungsbehandlungen können bei entsprechend prä- disponierten Patienten durch histaminarme Diät und die damit verbundene Senkung des Histaminspiegels reduziert werden. Eine Hyposensibilisierungsbehand- lung führt bei Rauchern durch den erhöhten Histamin- spiegel zu einer erhöhten Nebenwirkungsrate und ge- ringeren Erfolgsquote. Deswegen ist in diesen Fällen die Indikation streng zu stellen.
Dr. med. Thomas Wilhelm Zwinggasse 3
Zangmeisterpassage 87700 Memmingen
Schlusswort
Vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Artikel und Ihre konstruktive Kritik dazu.
>Durch die konsequente Einhaltung einer histamin- armen Diät konnte bei Patienten mit Migräne und Hista- minintoleranz neben einer Reduktion der klinischen Symptome auch eine Regeneration und ein Wiederan- steigen der Diaminooxidase beobachtet werden (1).
>Die passive Exposition gegenüber Tabakrauch als Risikofaktor für die Entstehung von atopischen Erkrankungen wie dem Asthma bronchiale wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen. Aktuelle Kopp- lungsanalysen, welche die Genotyp-Phänotyp-Inter- aktion inklusive dem Raucherstatus untersuchten, kamen jedoch zum Teil zu unterschiedlichen Ergeb- nissen als frühere nichtstratifizierte Studien (2). Es wird daher vermutet, dass Gen-Umwelt-Interaktionen eine entscheidende Rolle bei der phänotypischen Expression von asthmatischen Symptomen spielen.
Für das atopische Ekzem sowie für das aktive Rau- chen konnte diese Assoziation bisher noch nicht ein- deutig geklärt werden (3). Eine Triggerung einer Histaminintoleranz durch aktive oder passive Exposi- tion gegenüber Tabakrauch oder ein mangelnder Diät- erfolg bei Rauchern mit Histaminintoleranz wurde bisher noch nicht ausreichend untersucht.
>Von Jarisch et al. wird eine niedrigere Ansprech- rate der Histaminintoleranzpatienten auf eine spezifi- sche Immuntherapie sowie eine Senkung der lokalen und systemischen Reaktionen durch eine histaminarme Diät beschrieben (1).
LITERATUR
1. Jarisch R, Götz M, Missbichler A, Raithel M, Wantke F: Histamin- Intoleranz. Histamin und Seekrankheit. 2. Auflage Stuttgart: Georg Thieme Verlag 2004.
2. Oryszczyn MP, Bouzigon E, Maccario J et al.: Interrelationships of quantitative asthma-related phenotypes in the Epidemiological Stu- dy on the Genetics and Environment of Asthma, Bronchial Hyperre- sponsiveness, and Atopy. J Allergy Clin Immunol 2007; 119:
57–63.
3. Akdis CA, Akdis M, Bieber T et al.: Diagnosis and treatment of ato- pic dermatitis in children and adults: European Academy of Allergo- logy and Clinical Immunology/American Academy of Allergy, Asth- ma and Immunology/PRACTALL Consensus Report. Allergy 2006;
61: 969–87.
PD Dr. med. Natalija Novak Dr. med. Laura Maintz
Klinik und Poliklinik für Dermatologie Rheinische-Friedrich-Wilhelms Universität Bonn Sigmund-Freud-Straße 25
53105 Bonn
E-Mail: Natalija.Novak@ukb.uni-bonn.de
Interessenkonflikt
Die Autoren aller Beiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Die verschiedenen Gesichter der Histaminintoleranz
Konsequenzen für die Praxis
von Dr. med. Laura Maintz, Prof. Dr. med. Dr. és sci. Thomas Bieber, PD Dr. med. Natalija Novak, in Heft 51–52/2006