nicht gerade „ein großer Wurf"
werden. Diese Voraussagen machte der Präsident der Bayerischen Lan- desärztekammer, Professor Dr. Dr.
h. c. Hans Joachim Sewering, beim berufspolitischen Hauptreferat des 32. Internationalen Fortbildungs- kongresses der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekam- mer in Badgastein.
Anhand der drei aktuellsten ge- sundheitspolitischen Dokumente (Gutachten des Sachverständigenra- tes bei der Konzertierten Aktion;
Gemeinsame Forderungen der Krankenkassenverbände zur Struk- turreform; Koalitionsvereinbarung) zeigte Professor Sewering auf, was sich wie ein „roter Faden" durch al- le diese Absichtserklärungen hin- durchzieht: nämlich die Forderung, daß die sogenannten Leistungser- bringer auch für von ihnen veranlaß- te Leistungen in die Verantwortung genommen werden. Dies betrifft die Krankenhauseinweisungen und ins- besondere die Arzneiverordnungen.
Hierzu hat der Sachverständi- genrat empfohlen, das Instrument der Arzneimittelhöchstbeträge ein- zusetzen im Sinne einer Auswirkung auf die kassenärztliche Gesamtver-
gütung. Die Krankenkassen fordern etwas Weitergehendes, nämlich eine
„Richtgröße", praktisch ein Ver- ordnungsbudget für jeden einzelnen Arzt — für das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt würde so etwas katastrophale Auswirkungen haben, warnte Sewering. Das Prin- zip der „kollektiven Verantwor- tung" habe sich auch beim Bayern- Vertrag als nicht sehr wirksam er- wiesen; eine wohl zu erwartende prozentuale Rezeptgebühr würde nicht viel bringen.
Sewering regte an, alle Arznei- mittel, für die nicht ein eindeutiger Wirksamkeitsnachweis erbracht worden ist, aus der Erstattungs- pflicht durch die gesetzliche Kran- kenversicherung herauszunehmen.
Ferner schlug er vor, eine Selbstbe- teiligung zum Beispiel für jede ein- zelne Massage und jede einzelne psychotherapeutische Behandlung einzuführen. Grundsätzlich, meinte Sewering, könne man aber nicht er- warten, daß der Bundesarbeitsmini- ster für die geplante Strukturreform eine Selbstbeteiligung oder eine Ko- stenerstattung vorsieht. Im Hinblick auf die bevorstehenden Landtags- wahlen werde es sich die Koalition
kaum leisten können, Dinge einzu- führen, die von der Opposition als
„Belastung des kleinen Mannes"
hingestellt werden können.
Abschließend erläuterte Profes- sor Sewering noch einmal die EBM- Reform und die ihr zugrundeliegen- den Überlegungen. Da nach der Einführung des neuen EBM im vier- ten Quartal 1987 Änderungen frühe- stens nach einem Jahr vorgenom- men werden können, müsse man realistischerweise sehen, daß die Rückkehr zu einer reinen Einzellei- stungsvergütung ohne „Deckelung"
in weiter Ferne steht, sagte Sewe- ring.
Optimistischer äußerte sich Se- wering über die Entwicklung auf dem Laborsektor: Die schnelle Wei- terentwicklung der Trockenchemie läßt erwarten, daß in naher Zukunft bereits 14 oder 15 Analysen, also et- wa das Basisspektrum des Hausarz- tes, mit Hilfe der Trockenchemie er- bracht werden können. Da der Arzt die Werte sofort erhält und dafür kein Personal benötigt, kann mit ei- ner annehmbaren Bewertung auf diese Weise die wirtschaftliche Zu- kunft des Einzellabors wahrschein- lich gesichert werden. HC/gb
D
ie neue Bundesregierung zeigt insgesamt keine gro- ßen personellen Verände- rungen. In den für die Ärzteschaft besonders interessanten Ressorts blieb es an der Spitze überwiegend bei den bekannten Politikern; eini- ge wenige Veränderungen gab es auf Staatssekretärsebene.So wird der alte und neue Bun- desminister für Arbeit und So- zialordnung, Dr. Norbert Blüm (CDU), mit seinen beiden Parla- mentarischen Staatssekretären, Wolfgang Vogt (CDU) und Stefan Höpfinger (CDU), vor allem die drängenden Probleme im Gesund- heitswesen in unveränderter Beset- zung angehen können. Beamteter Staatssekretär bleibt Manfred Ba- den (der freilich kurz vor der Pen- sionierung steht). Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU) steht wieder dem Bundesministerium für Jugend,
Kaum neue Gesichter bisher am
Bonner Kabinettstisch
Familie, Frauen und Gesundheit vor. Sie wird unterstützt von Wer- ner Chary (beamteter Staatssekre- tär; unverändert) und Anton Pfei- fer (CDU) als neuem Parlamenta- rischen Staatssekretär. Pfeifer tauschte den Posten mit der bishe- rigen Amtsinhaberin, Irmgard Karwatzki (CDU), die für Pfeifer ins Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft wechselte. Die- ses Ministerium konnte die FDP als ihr viertes in den Koalitionsver- handlungen hinzugewinnen. Neuer Minister ist der bisherige Staatsmi- nister im Auswärtigen Amt, Jürgen W. Möllemann. Er löste Dr. Do-
rothee Wilms (CDU) ab, die ihrer- seits Heinrich Windelen (CDU) im Amt des Bundesministers für In- nerdeutsche Beziehungen nach- folgte. Im Bundesministerium für Forschung und Technologie blieb alles beim alten: Minister Dr.
Heinz Riesenhuber (CDU); Parla- mentarischer Staatssekretär Dr.
Albert Probst (CSU).
Der wiederernannte Bundes- umweltminister Dr. Walter Wall- mann erhielt jetzt zwei Parlamen- tarische Staatssekretäre an die Sei- te gestellt: Martin Grüner (FDP — bisher auf gleichem Posten im Wirtschaftsministerium) und Wolf- gang Gröbl (CSU).
Interessant ist die Ernennung der bisherigen gesundheits- und so- zialpolitischen Expertin der FDP- Bundestagsfraktion, Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, zum Staatsmi- nister im Auswärtigen Amt. EB
A-786 (18) Dt. Ärztebl. 84, Heft 13, 26. März 1987