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Archiv "Schutz der Familie vor Tabakrauch: Zu viele Kippen auf Spielplätzen" (11.06.2010)

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A 1146 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 23

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11. Juni 2010

SCHUTZ DER FAMILIE VOR TABAKRAUCH

Zu viele Kippen auf Spielplätzen

Dr. med. Martina Pötschke-Langer wüsste, welche Steuer sie erhöhen würde:

die auf Tabakprodukte. Die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans hat das nicht gefordert. Beide Frauen sind sich aber einig: Vor allem Kinder müssen noch stärker vor den gesundheitlichen Schäden durch Tabakrauch geschützt werden.

Z

u einer guten Prävention ge- hört, dass werdende Mütter von ihrem Arzt auf die Gefahren des Rauchens in der Schwangerschaft hingewiesen und mit konkreten An- geboten zur Tabakentwöhnung un- terstützt werden. Diese notwendi- gen Hilfen für Schwangere dürfen nicht an der Finanzierung schei- tern.“ Diese Ansicht hat aus Anlass des Weltnichtrauchertags am 31.

Mai in Berlin Mechthild Dyckmans (FDP), die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, vertreten. Die Weltgesundheitsorganisation hatte für den diesjährigen Weltnichtrau- chertag den Schwerpunkt „Frauen und Rauchen“ gewählt.

Dyckmans wies darauf hin, dass rauchende Mütter häufiger als Nichtraucherinnen eine Fehl- oder Frühgeburt erlitten oder die Säug- linge bei der Geburt oft unterge- wichtig seien. Zudem hätten diese ein mehr als doppelt so hohes Risi- ko, innerhalb des ersten Lebens - jahres am plötzlichen Kindstod zu sterben.

Mehr als zwei Drittel der Frauen, die in der Schwangerschaft aufge- hört hätten zu rauchen, beginnen nach Dyckmans Darstellung zudem im ersten Jahr nach der Geburt des

Kindes wieder damit. Dies alles zeige, „wie dringend erforderlich es ist, diese Zielgruppe in den Vorder- grund zu stellen“, sagte die Drogen- beauftragte.

Sie verwies auf den Report

„Schutz der Familie vor Tabak- rauch“ des Deutschen Krebsfor- schungszentrums Heidelberg (DKFZ), der gerade erschienen ist. Dem Re- port zufolge rauchen zu Beginn der

Schwangerschaft etwa 13 Prozent der Frauen. Ein Viertel von ihnen gibt das Rauchen zumindest in die- ser Zeit auf. Bedenkenlos könnten zur Unterstützung allerdings nur verhaltenstherapeutische Maßnah- men empfohlen werden, heißt es.

Für medikamentöse Hilfe, egal, ob Nikotinersatz, Bupropion oder Va- reniclin, lägen für Schwangere we- der bezüglich der Wirksamkeit noch hinsichtlich der Sicherheit ausreichende Nachweise vor. Die Publikation geht ausführlich auf die Gefahren für Mütter und Kinder ein und enthält generell Handlungs- empfehlungen, wie rauchende El- tern zu einem Rauchstopp motiviert werden können.

Die Autoren verweisen aber auch darauf, dass rauchende Eltern durchaus auf die Gesundheit ihrer Kinder achten. So ist bei der Mehr- heit der Raucher mit Kindern das Rauchen zu Hause vollständig ver- boten; nur wenige schränken es dort

Sie sind keine Seltenheit auf Spielplätzen: wegge- worfene Kippen. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg können je- doch schon drei davon, die ein Kind verschluckt hat, Symptome einer Vergiftung wie Übelkeit, Er- brechen und Durchfall hervorrufen. Der Giftnotruf Berlin hat für das Jahr 2008 von fast 1 000 sol- cher Fälle berichtet.

Wissenschaftler des Deutschen Krebsfor- schungszentrums (DKFZ) haben im Oktober 2009 untersucht, wie sich unterschiedlich umgesetzte Rauchverbote auf Spielplätzen auswirken. Drei Bundesländer haben nämlich ein Rauchverbot dort festgelegt: Bayern, Brandenburg und das Saarland. Hinzu kommen kommunale Rauch - verbote.

Die Forscher zählten in Heidelberg, Würzburg und Mannheim auf je zehn zufällig ausgewählten Spielplätzen Kippen, zunächst im Oktober 2009, dann noch einmal im April 2010. In Heidelberg fanden sie im Oktober im Durchschnitt 10,4 Ziga- rettenreste pro Spielplatz, in Würzburg 36,3 und in Mannheim 46. Im April waren die Unterschiede noch krasser: 16 Kippen pro Spielplatz in Heidel- berg, 114 in Mannheim.

Die Erklärung aus dem DKFZ: In Würzburg ist das Rauchen zwar dort verboten, wo die Kleinen spielen, Hinweisschilder gibt es aber nicht. In Hei- delberg hingegen fand man an neun der zehn Plätze ein gut sichtbares Verbotsschild.

Quelle: „Schutz der Familie vor Tabakrauch“, Band 14 der Roten Reihe, DKFZ

RAUCHVERBOTE WIRKEN

Keine Seltenheit auf Spielplätzen:

Da, wo unmissver- ständliche Verbote fehlen, fand man mehr Kippen als anderswo.

Foto: dpa

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Deutsches Ärzteblatt

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11. Juni 2010 A 1147 gar nicht ein. „Angesichts sinken-

der Raucheranteile bei den Alters- gruppen junger Erwachsener, in de- nen die meisten Familiengründun- gen und -erweiterungen erfolgen, ist davon auszugehen, dass die Ta- bakrauchbelastung von Kindern in den letzten zwei Jahrzehnten gesun- ken ist“, heißt es in der Veröffent- lichung des DKFZ.

Dr. med. Martina Pötschke-Lan- ger, Leiterin der Stabsstelle Krebs- prävention im DKFZ, betonte aus Anlass des Weltnichtrauchertags, es sei allerdings nicht nur Sache der Eltern, Kinder vor den Gefahren durch Tabakrauch zu schützen.

„Wirksame politische Maßnahmen bestehen in einem umfassenden Nichtraucherschutz für Sportstät- ten, Gemeindesäle und Festzelte“, sagte Pötschke-Langer.

So ist zwar beispielsweise das Rauchen in Schulen und Kinderta- geseinrichtungen grundsätzlich ver- boten, doch in Baden-Württemberg, Sachsen und Sachsen-Anhalt wer- den dem Report zufolge weiter Raucherecken an den Schulen tole- riert. Außerdem ist das Rauchver- bot in mehreren Bundesländern ge- lockert, wenn in den Räumen keine Schulveranstaltungen, sondern bei- spielsweise Karnevalssitzungen oder Elternversammlungen stattfinden.

Pötschke-Langer kritisierte zu- dem unzureichende Rauchverbote auf Kinderspielplätzen: „Neben Ta- bakrauch sind auch weggeworfene Zigarettenkippen auf Spielplätzen eine ernstzunehmende Gefahren- quelle, da sie schwere Vergiftungs- erscheinungen verursachen können, wenn Kinder sie verschlucken.“

Explizite Verbote wie in Bayern, Brandenburg und im Saarland sind jedoch die Ausnahme (siehe Kas- ten). Sie würden nach Ansicht der Expertin jedoch fruchten. „Die Raucher halten sich daran. Verbote werden akzeptiert“, ist sie über- zeugt.

Pötschke-Langer würde aber ein bundesweit umgesetztes Rauchver- bot für Spielplätze noch nicht genü- gen. Sie forderte zudem, ein gesetz- liches Rauchverbot im Auto in An- wesenheit von Schwangeren und Kindern ernsthaft zu prüfen. ■

Sabine Rieser

„Jede Schwangere beraten“

Schwangere Raucherinnen brauchten Beratungs- angebote, sagt die Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin, die einen Modellversuch dazu leitet.

Frau Professor Spies, woran liegt es, dass Schwangere auf das Thema Rau- chen oft nicht angesprochen werden?

Spies: Viele Kollegen haben Angst, das Suchtverhalten von Schwange- ren anzusprechen. Die Gründe da- für sind vielfältig. Manche rauchen selbst, andere haben das Gefühl, sie seien nicht kompetent genug für ei- ne weitergehende Beratung. Und schließlich ist es eine Zeitfrage.

Welche Art von Ansprache wäre hilf- reich für schwangere Raucherinnen?

Spies: Wir fänden es erstrebens- wert, wenn jede Schwangere, die raucht, übers Aufhören beraten würde, sobald sie in die Sprechstun- de zu ihrem Arzt oder ihrer Ärztin kommt. Beraten werden heißt: Man spricht das Thema an und bietet der Patientin zusätzlich eine weitere in- tensive Beratung an, zum Beispiel in einer Psychotherapeutenpraxis.

Könnte die gesamte Beratung auch in der Praxis erfolgen?

Spies: Ja, Geburtshelfer, die in mo- tivierender Gesprächsführung und zum Hintergrund der Tabakabhän- gigkeit geschult sind, können eine solche Beratung übernehmen. In manchen Praxen ist der Arbeits- druck allerdings sehr hoch, dort fehlt die Zeit dafür. Beraten werden müssen schwangere Raucherinnen nicht lange, aber in Ruhe. Das hat eine ganz andere Wirkung, als wenn man ihnen lediglich eine Bro- schüre gibt oder mit erhobenem Zeigefinger auf sie zugeht.

Was genau machen Sie eigentlich im Rahmen des Modellprojekts „Frauen und Rauchen in der Schwangerschaft“?

Spies: In der Charité haben wir zunächst die Geburtshelfer und an- dere Klinikmitarbeiter, zum Bei- spiel Anästhesisten, geschult, wie sie Schwangere am besten zum Thema Rauchen beraten. Zusätz- lich haben wir angehende Psycho- logen eingebunden. Nun wollen wir auf die niedergelassenen Ge- burtshelfer zugehen und ein Netz- werk mit psychotherapeutischen Praxen zur Tabakentwöhnung auf- bauen. Das braucht aber Zeit und Ressourcen, beispielsweise um Kurzschulungen für die Kollegen anzubieten.

Wenn Sie nachweisen könnten, dass eine abgestufte Beratung und Vernet- zung Erfolg versprechen, ließe sich das Modell andernorts kopieren?

Spies: Ja. Damit man unseren An- satz übernehmen kann, müssen wir aber erst zeigen, dass die Beratung die gewünschten Effekte hat. Noch sind die Krankenkassen zurückhal- tend bei der Finanzierung.

Warum?

Spies: Im Fall rauchender Schwan - gerer fehlen Vernetzungsstudien zur Tabakentwöhnung. Noch kann man nicht gesichert sagen, was Be- ratung bringt. Wir können sagen, dass mehr Frauen, die beraten wur- den, aufhören zu rauchen, aber noch nicht, ob das nachhaltig ist.

Vorläufige Ergebnisse dazu liegen wohl erst Ende des Jahres vor.

Prof. Dr. med. Claudia Spies, die das Modellprojekt am Berliner Universitätsklinikum Charité leitet, ko- operiert mit Prof. Dr. med. Wolfgang Henrich, dem dortigen kommissarischen Direktor der Klinik für Geburtsmedizin.

INTERVIEW

mit Prof. Dr. med. Claudia Spies, Charité

P O L I T I K

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