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Archiv "Der endgültige Ausfall der gesamten Hirnfunktion („Hirntod“) als sicheres Todeszeichen: Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer" (05.11.1993)

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BEKANNTGABEN

BUNDESÄRZTEKAMMER

Der endgültige Ausfall

der gesamten Hirnfunktion („Hirntod") als sicheres Todeszeichen

Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer

Vorwort

In allgemeinen Diskussionen wird nicht die sichere Feststellung des endgül- tigen Ausfalls der gesamten Hirnfunktion (Hirntod) in Zweifel gezogen, sondern seine Bedeutung als sicheres Todeszei- chen des Menschen. Dabei wird immer wieder die Befürchtung geäußert, daß die naturgegebene Grenze zwischen Leben und Tod des Menschen mit weitreichen- den Folgen für andere Bereiche des Le- bens verschoben werden könnte oder so- gar sollte.

Die nachstehenden Ausführungen dienen dazu, nicht nur den Ärzten, son- dern auch der Öffentlichkeit den natur- wissenschaftlich-medizinischen Sachver- halt des völligen und endgültigen Hirn- ausfalls in seiner Bedeutung als sicheres

Todeszeichen des Menschen verständlich zu machen.

Vermutlich ist eine wesentliche Ursa- che für immer noch anzutreffende Miß- verständnisse zwischen den medizini- schen Kennern und Anwendern der Richtlinien einerseits sowie den nicht- medizinischen Beobachtern und Kriti- kern andererseits in der Tatsache zu su- chen, daß der eindeutige medizinische Sachverhalt bisher nicht genügend ver- ständlich weiter vermittelt werden konnte.

Deshalb werden in diesem Papier die medizinisch-ethischen und anthropolo- gisch-ärztlichen sowie die theologisch- philosophischen Gesichtspunkte, die sich aus den biologischen Fakten ergeben, dargestellt. Es werden die bisher nicht im einzelnen oder nur unvollkommen erör-

terten Grundlagen für die Kennzeich- nung des Todes durch den endgültigen Ausfall der Hirnfunktion („Hirntod") aufgezeigt.

Dieser endgültige Ausfall der Hirn- funktion tritt in engstem zeitlichem Zu- sammenhang mit dem Herz- und Atem- stillstand ein. Dies blieb allerdings uner- kannt, bis die mit der Intensivmedizin möglich gewordene Beatmung und Er- haltung der Kreislauffunktion das Phäno- men des Hirntodes beobachtbar machte.

Das medizinische Wissen über den Tod des Menschen hat sich dadurch verfei- nert und vertieft, ohne daß jene Vorstel- lungen vom Ende des menschlichen Le- bens, die seit mehr als 2000 Jahren in un- serem Kulturkreis Gültigkeit haben, in Frage gestellt werden, denn es gab und gibt nur einen Tod des Menschen.

(Dr. med. K. Vilmar) (Prof. Dr. med. K.-D. Bachmann)

Präsident der Bundesärztekammer Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates und des Deutschen Ärztetages der Bundesärztekammer

Zum Leben gehört das Sterben. Das Sterben ist das Enden, der Tod das Ende des Lebens. Das gilt für alle - Er- scheinungsformen des Lebens (Zellen, Organe und Organismen). Der Tod ei- nes Menschen ist — wie der Tod eines jeden Lebewesens — sein Ende als Orga- nismus in seiner funktionellen Ganzheit, nicht erst der Tod aller Teile des Kör- pers.

Der Tod des Organismus wird her- kömmlich durch den endgültigen Still- stand von Herz, Kreislauf und Atmung markiert und mit den später auftretenden sicheren Todeszeichen (Totenflecken, Totenstarre oder Fäulnis) zweifelsfrei festgestellt. Er bleibt aber nach außen hin verborgen, wenn die Herzaktion und der Kreislauf durch intensivmedizinische Maßnahmen, wie sie vor mehr als drei

Jahrzehnten eingeführt wurden, erhalten bleiben.

Der Organismus ist tot, wenn die Ein- zelfunktionen seiner Organe und Syste- me sowie ihre Wechselbeziehungen un- widerruflich nicht mehr zur übergeordne- ten Einheit des Lebewesens in seiner funktionellen Ganzheit zusammengefaßt und unwiderruflich nicht mehr von ihr gesteuert werden. Dieser Zustand ist mit dem Tod des gesamten Gehirns eingetre- ten. Denn der vollständige und endgülti- ge Ausfall des gesamten Gehirns bedeu- tet biologisch den Verlust der

• Selbst-Ständigkeit als Funktionsein- heit, als Ganzes (Autonomie als Organis- mus)

> Selbst-Tätigkeit als Funktionseinheit, als Ganzes (Spontaneität als Organis- mus)

> Abstimmung und Auswahl von Ein- zelfunktionen aus der Funktionseinheit des Ganzen (Steuerung durch den Orga- nismus)

> Wechselbeziehung zwischen dem Ganzen als Funktionseinheit und seiner Umwelt (Anpassung und Abgrenzung als Ganzes)

> Zusammenfassung der einzelnen Funktionen und ihrer Wechselbeziehun- gen zum Ganzen als Funktionseinheit (Integration).

Beim Menschen bedeutet dieser Aus- fall schließlich den Verlust der unersetz- lichen physischen Grundlage seines leib- lich-geistigen Daseins in dieser Welt.

Darum ist der nachgewiesene irrever- sible Ausfall der gesamten Hirnfunktion („Hirntod") auch beim Menschen ein si- cheres Todeszeichen.

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993 (59) A1-2933

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BEKANNTGABEN

Kommentar

Der Wissenschaftliche Beirat hat sich zu den praktischen Fragen der Sterbehil- fe und der Bestimmung des Hirntodes mehrfach geäußert. Dabei wurde der theoretische Hintergrund zu Sterben und Tod im wesentlichen vorausgesetzt. Die Erkenntnisse über den Eintritt und die Feststellung des Todes sind lediglich ver- tieft und verfeinert worden. In der öffent- lichen Diskussion werden aber häufig die Todesdefinition und die Todeskriterien verwechselt, vermischt und auch mißver- standen. Deshalb soll diese Stellungnah- me die gedankliche Grundlage der Fest- stellung des Todes mit dem endgültigen Funktionsausfall des gesamten Gehirns darlegen und auf diese Weise auch ver- ständlich machen, daß sich an der in unse- rem Kulturkreis gültigen Auffassung vom Tod des Menschen nichts geändert hat.

Gedanken

zu Sterben und Tod

Menschen sterben sehr unterschied- lich: jäh oder in langsamem Prozeß, uner- wartet oder ersehnt, mit Qualen oder sanft und ruhig, als Folge von Krankheit oder Unfall oder schließlich aus Gründen ho- hen Alters. Der Arzt hat die Aufgabe, auch dem Sterbenden zu helfen und ihm bis zu seinem Tod ein Leben in Würde zu ermög- lichen. Nach dem Tod des Menschen ster- ben seine Organe und Zellen in unter- schiedlicher Reihenfolge und unter- schiedlich rasch ab. Bestimmte Zellen kön- nen abhängig von den äußeren Umständen in der Leiche bis zu Tagen überleben.

Es gibt aber nur einen Tod des Men- schen. In unserer Kulturtradition wird darunter schon immer das Ende des Menschen als Lebewesen, als Organis- mus in seiner Ganzheit, verstanden. Da- zu war und ist nicht der Tod eines jeden einzelnen Organs und jeder einzelnen Zelle erforderlich. Der Mensch ist nicht erst dann tot, wenn er entweder ver- brannt oder verwest ist.

Früher wurde des Aufhören des Herz- schlages mit dem Tod gleichgesetzt. Das war richtig, so lange es unmöglich war, Herzschlag und Kreislauf wieder in Gang zubringen; dennwenige Minuten nach dem Stillstand des Herzens als Motor des Kreis- laufes hört die Gehirntätigkeit wegen Sau- erstoffmangels unwiederbringlich und un- beeinflußbar auf. Nachdem aber Möglich- keiten entwickelt worden sind, unter be- stimmten Bedingungen die Herztätigkeit wieder in Gang zu bringen oder für Herz- operationen vorübergehend vollkommen stillzustellen, zeigt der Herzstillstand nicht mehr in jeder Situation den Tod an.

Andererseits bedeutet aber auch der Herzschlag nicht immer, daß der Mensch noch lebt. Denn die Möglichkeit, inten- sivmedizinisch die Herz- und Kreislauftä- tigkeit aufrechtzuerhalten, hängt nicht davon ab, ob der Organismus noch oder nicht mehr als Funktionseinheit, als gan- zes besteht. Der Organismus als Ganzes endet mit dem Absterben des Gehirns, das beim Menschen zugleich die uner- setzliche physische Voraussetzung seines Gefühls- und Geisteslebens ist. Deshalb ist der irreversible Ausfall der gesamten Hirnfunktion als sicheres Todeszeichen gut begründet.

Damit wird weder ein neuer Todesbe- griff eingeführt, noch wird der Tod aus pragmatischen oder anderen Gründen umdefiniert. Ein Mensch ist nicht bereits dann tot, wenn seine Behandlung aus- sichtslos und seine Genesung ausge- schlossen ist. Der Tod eines Menschen darf nur dann bescheinigt werden, wenn er wirklich eingetreten ist, nicht aber weil andere Menschen (zum Beispiel zur Be- endigung der Behandlung oder zur Or- ganentnahme) ein Interesse daran haben könnten, daß er tot sei.

Begriffe wie „Herztod" oder „Hirn- tod" oder „klinischer Tod" können nicht nur unter Laien den falschen Eindruck erwecken, als gebe es nun mehrere Tode.

Solche Bezeichnungen sind mißverständ- lich, weil sie in der Umgangssprache so- wohl für die Todesursache als auch für den Tod selbst benutzt werden. Ihre Be- deutung sollte daher jeweils erläutert werden. Richtig ist die Formulierung

„Tod nach Herzstillstand" beziehungs- weise „durch endgültigen Ausfall der ge- samten Hirnfunktion".

Das dargelegte Todeskriterium ist in der Praxis nicht immer leicht verständlich zu machen: Ein gut durchblutet ausse- hender, scheinbar atmender Mensch, in- Wirklichkeit aber ein beatmeter Körper, dessen Herztätigkeit nicht nur am Moni- tor angezeigt wird, sondern auch am Puls fühlbar ist, soll tot sein. Das Wissen von seinem wirklichen Tod kann seinen An- gehörigen.nur durch Erklärung vermittelt werden. Ein Erlebnis wie der Tod eines nahestehenden Menschen widersetzt sich zunächst einer solchen Vermittlung. Dies ist jedoch ein Verständnisproblem und kein Argument dagegen, daß der Tod wirklich eingetreten ist.

Diagnostische Sicherheit

Die diagnostischen Kriterien des Hirntodes beruhen auf klinischen und auf elektrophysiologischen Untersuchun-

gen sowie auf bildgebenden Verfahren, welche Aussagen über die Hirndurchblu- tung und über den Hirnstoffwechsel er- möglichen. In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Kriterien seit 1982 vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer weiterentwickelt und fortgeschrieben (zuletzt 1991). An der Zuverlässigkeit und an der Sicherheit der sich daraus ergebenden Feststellun- gen besteht nach wie vor kein Zweifel.

Der irreversible Ausfall aller Hirn- funktionen kann schon durch klinische Untersuchungen eindeutig festgestellt werden. Die ergänzenden technischen Untersuchungen stellen fakultative Me- thoden dar. Ihre Anwendung kann die Beobachtungszeit verkürzen.

Berichte über Scheintote lassen sich zwanglos damit erklären, daß eine unge- nügende Untersuchung die oberflächli- che Atmung und den noch bestehenden Kreislauf — etwa bei unterkühlten Men- schen — nicht wahrgenommen hat.

Solche Irrtümer sind bei der fachge- recht durchgeführten Diagnostik des ge- samten Hirnausfalls — „Hirntod" — nicht möglich.

Damit soll nicht die herkömmliche Todesfeststellung mit Hilfe der klassi- schen sicheren Todeszeichen in Frage ge- stellt werden. Vielmehr ist die Todesfest- stellung durch den Nachweis des endgül- tigen Ausfalls aller Hirnfunktionen nur unter intensivmedizinischen Bedingun- gen von Bedeutung.

„Teilhirntod"

Jede These, nach der bereits ein Funktionsverlust von Teilen des Gehirns („Teilhirntod", „Hirnrindentod", „Hirn- stammtod") den Tod des Menschen be- deutet, läßt sich nur mit Annahmen be- gründen, die über biologische Sachfest- stellungen hinausgehen und Wertungen enthalten. Damit unterliegen sie auch der Gefahr des Mißbrauchs. Vom „Teilhirn- toten" bis zu den „leeren Menschenhül- sen" von Alfred Hoche gäbe es dann nur gleitende Übergänge. So verständlich es ist, für die Bestimmung von Anfang und Ende des Menschenlebens auf das „spe- zifisch Menschliche" bauen zu wollen, so sehr muß auf die notwendige biologische Basis des Menschen verwiesen werden, wenn es gilt, wertfrei und nicht manipu- lierbar festzustellen, ob ein Mensch lebt oder nicht.

Die Definition des Todes als „Teil- hirntod" ist auch deshalb problematisch, weil dabei zwar in der Regel das Bewußt- sein endgültig verloren ist („irreversibles Koma"), nicht aber die zentrale Steue- rung der Körperfunktionen.

A1 -2934 (60) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993

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BEKANNTGABEN

Angehörigen bestimmt, von Brauch und Sitte und nicht zuletzt von Gesetz und Recht. Der Umgang der Lebenden mit den Toten wird schließlich von uns allen gemeinsam gestaltet; denn Sterben und Tod gehen uns alle an.

Aus Gründen der Eindeutigkeit der Todesfeststellung ist das Konzept des iso- lierten „Hirnstammtodes" (brain stein death) auch in Deutschland nicht über- nommen worden.

So ist auch ein anenzephales Kind mit Resten der Stammhirnfunktion ein le- bender Mensch, auch wenn es das für den Menschen charakteristische bewußte Le- ben nicht entwickeln kann. Seine natürli- che Lebenserwartung umfaßt in der Re- gel nur wenige Minuten bis Stunden, ganz vereinzelt auch Wochen. Auch ein solches Kind ist erst nach dem endgültigen Stillstand seines Herzens oder dem Ausfall seiner restlichen Hirnfunktion tot.

Konsequenzen

Nach Feststellung des Todes durch vollständigen und endgültigen Ausfall der gesamten Hirnfunktionen sind Über- legungen des Lebensschutzes nicht mehr relevant. Allerdings ist gegenüber dem Körper eines verstorbenen Menschen die Pietät zu wahren. Sie ist ein Urbestand- teil der Sittlichkeit, auch wenn sie sich in Inhalt und Form in den einzelnen Kultur- kreisen unterscheidet.

Wer mit einem Toten wann und was tun darf, wird auch heute nicht allein von Ärzten entschieden. Es wird auch vom Willen des Verstorbenen und dem seiner

Mitglieder des Arbeitskreises Prof. Dr. med. H. Angstwurm Oberarzt der Neurologischen Kli- nik der Ludwig-Maximilians-Uni- versität München

Prof. Dr. phil. D. Birnbacher, Akad. Oberrat

Fachbereich 1, Philosophie, Ge- schichts-, Religions- und Sozial- wissenschaften, Universität Ge- samthochschule Essen

Prof. Dr. med. K.-D. Bachmann Vorsitzender des Wissenschaftli- chen Beirates der Bundesärzte- kammer, Münster

Prof. Dr. med. F. W. Eigler Direktor der Abteilung Allgemei- ne Chirurgie, Zentrum für Chirur- gie, Medizinische Einrichtungen der Universität — Gesamthoch- schule Essen

Prof. Dr. theol. J. Gründel Vorstand des Instituts für Moral- theologie und Christliche Sozial-

ethik der Universität München Prof. Dr. med. W. F. Haupt Ltd. Oberarzt der Klinik und Po- liklinik für Neurologie und Psych- iatrie der Universität zu Köln Prof. Dr. med. K. Kunze

Direktor der Neurologischen Kli- nik des Universitäts-Krankenhau- ses Eppendorf, Hamburg Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.

0. Schober

Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universi- tät Münster

Prof. Dr. med. H.-B. Wuermeling (federführend)

Vorstand des Instituts für Rechts- medizin der Universität Erlangen- Nürnberg

Prof. Dr. med. H. P. Wolff Vorsitzender des Ständigen Ar- beitskreises "Biomedizinische Ethik und Technologiefolgenab- schätzung" beim Wissenschaftli- chen Beirat der Bundesärztekam- mer, Köln

Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer Geschäftsführung

Herbert-Lewin-Straße 1 • 50931 Köln

Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft

Kann die Immunabwehr durch Diclofenac und andere nicht-Steroidale Antiphlogistika geschwächt werden?

Arzneimittel-Schnellinformation des Bundesgesundheitsamtes (BGA)

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft gibt nachfolgend eine Arzneimittel-Schnellinformation (ASI 09/93) des Bundesgesundheitsamtes wieder:

„Nicht-steroidale Antiphlogistika in allen Darreichungsformen machen die am häufigsten verordnete Arzneimittel- gruppe in Deutschland aus. Innerhalb dieser Gruppe nimmt Diclofenac, bezo- gen auf DDD (defined daily dose), den ersten Platz ein (1). Obwohl nicht-stero- idale Antiphlogistika seit vielen Jahren und bei einer großen Zahl von Patienten angewendet worden sind und deshalb umfangreiche Erfahrungen über die durch sie bedingten Risiken vorliegen, er- geben sich möglicherweise auch jetzt noch neue Erkenntnisse über ihre Wir-

kungen, die für die Therapie von Bedeu- tung sind.

In mehreren Veröffentlichungen wer- den unterschiedliche Effekte von nicht- steroidalen Antiphlogistika auf Zellen des Immunsystems in in-vitro-Systemen beschrieben. Sie bestehen in einer Hem- mung der Beweglichkeit von Granulozy- ten und Monozyten, in einer Hemmung chemotaktischer Vorgänge, in einer Re- duzierung von Chemoluminiszenzprozes- sen und der Bildung von reaktiven Sauer- stoffmetaboliten, in einer Hemmung der Phagozytose sowie einer Einschränkung der Granulozytenfunktion.

Darüber hinaus wurde in der Litera- tur über mehrere Fälle von nekrotisieren- der Fasciitis berichtet (2 — 7), bei denen eine Beteiligung von Diclofenac oder ei-

nes anderen nicht-steroidalen Antiphlo- gistikums an der Auslösung oder der Ver- schlimmerung der Erkrankung nicht aus- zuschließen ist. In allen beschriebenen Fällen war das Risiko für eine Infektion zwar erhöht (z. B. entzündliche Hautlä- sionen, Kaiserschnitt, kleine chirurgische Eingriffe, Zahnextraktion), jedoch ist bei intaktem Immunsystem und üblicher Hy- giene unter diesen Bedingungen in der Regel nicht mit einer derartigen Ausbrei- tung virulenter bakterieller Erreger zu rechnen. Einige der Autoren leiten dar- aus die Empfehlung ab, nicht-steroidale Antiphlogistika in solchen klinischen Si- tuationen nicht, einzusetzen.

Desweiteren liegen dem Bundesge- sundheitsamt auch Fallberichte aus dem Ausland vor, die für eine Auslösung oder Verschlimmerung infektiöser Prozesse unter Diclofenac sprechen.

Ob die mit unterschiedlichen Ver- suchsansätzen für einige nicht-steroidale Antiphlogistika ermittelten Ergebnisse für die Erklärung der am Menschen be- obachteten entzündlich-infektiösen Er- krankungen Bedeutung haben, ist noch unklar."

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und das Bundes-

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 44, 5. November 1993 (61) A1.2935

Referenzen

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