Etwa ein Drittel aller Typ-1- Diabetiker hat Probleme mit Hypoglykämien oder Schwie- rigkeiten, Unterzuckerungen rechtzeitig wahrzunehmen.
Diesen Patienten soll künftig ein spezielles Schulungspro- gramm angeboten werden kön- nen. HyPOS (Hypoglykämie positives Selbstmanagement) wird derzeit evaluiert.
Das Ziel einer guten In- sulintherapie sind möglichst normnahe HbA1c-Werte, um Folgeerkrankungen zu ver- meiden. Phasen leichter Un- terzuckerungen mit Blutglu- cosewerten unter 60 mg/dl könnten dabei selten ganz vermieden werden, berichte- te Dr. Norbert Hermanns (Bad Mergentheim) in Frank- furt/Main. Komme es aber häufig zu Hypoglykämien, könne dies aufgrund emo- tionaler Veränderungen wie Aggressivität oder Depres- sivität nicht nur zu einer großen Belastung für die Patienten werden, sondern auch zu einer erheblichen Ge- fährdung.
Patienten können nicht mehr eigenständig gegensteuern Je häufiger Unterzuckerungen seien, desto später würden ty- pische Symptome wie Zittern, Konzentrationsstörungen oder Schwitzen wahrgenommen, weil sich der Körper an niedri- ge Glucosespiegel gewöhne, berichtete Hermann. Im Ex- tremfall seien die Patienten dann beim ersten Symptom handlungsunfähig und könn- ten nicht mehr selbstständig durch Einnahme schnell wirk- samer Kohlehydrate gegen- steuern.
Etwa ein Drittel der Typ-1- Diabetiker hat nach Angaben des Diplom-Psychologen Hy- poglykämieprobleme und je- der Vierte bis Fünfte Wahr- nehmungsstörungen einer Un-
terzuckerung. Besonders häu- fig seien Patienten betrof- fen, die wegen starker Äng- ste vor Diabetes-Folgeerkran- kungen sehr ehrgeizig den optimalen Blutzuckerzielwert anstrebten, und oft jüngere Patienten mit Risikoverhal- ten, die zu spät bei Un- terzuckerungen behandelten.
Diese Patienten benötigen spezielle Schulungs- und The- rapiekonzepte.
Erstmals wurde von der Diabetes-Akademie Mergent- heim, mit Unterstützung der Firma Berlin-Chemie, ein strukturiertes Schulungspro- gramm entwickelt, das in er- ster Linie für den ambulanten Bereich vorgesehen ist. Auch Typ-2-Diabetiker mit Hypo- glykämieproblemen können teilnehmen. Das Programm umfasse fünf Kursstunden zu jeweils 90 Minuten und werde an die Situation der maximal acht Teilnehmer adaptiert, betonte Diplom-Psychologe Bernhard Kulzer (Bad Mer- gentheim). In Übungen wer- den die Patienten auf indi- viduelle „Hypo-Checks“ ge- schult.
Zurzeit wird das Programm in einer multizentrischen Un- tersuchung in Schwerpunkt- praxen evaluiert. Im Ver- gleich zu einer zweistündigen standardisierten Nachschulung zur Insulintherapie wird bei 200 Typ-1-Diabetern mit ma- nifester Hypoglykämie-Wahr- nehmungsstörung oder Hoch- risiko-Patienten sechs Mo- nate lang untersucht, ob sich die Häufigkeit von Unter- zuckerungen verringert und die Wahrnehmung verbes- sert. Roland Fath
Pressekonferenz „HyPOS – Hypoglyk- ämie positives Selbstmanagement!“ Ein strukturiertes Schulungsprogramm für Diabetespatienten mit Hypoglykämie- problemen in Frankfurt/Main, Veranstal- ter: Berlin-Chemie
V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1830. April 2004 AA1273