• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Steuerreform mit höchster Priorität" (26.11.1986)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Steuerreform mit höchster Priorität" (26.11.1986)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Die große Zeit der Pläneschmiede • Was die Parteien fordern

Die Bürger der Bundesrepublik Deutschland können sich dar- auf einstellen, daß den ersten Steuersenkungen in dieser Le- gislaturperiode in der nächsten Legislaturperiode weitere Ent- lastungen folgen werden. Die Parteien im Bundestag fordern mit höchster Priorität eine Steuerreform. Während jedoch die Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP ganz allgemein die Steuern senken wollen, streben die Sozialdemokraten und die Grünen eine Umschichtung der Steuerbelastung an, die dar- auf hinausliefe, daß die Bezieher kleinerer Einkommen weiter entlastet, die Bezieher höherer Einkommen, die sogenannten

„Besserverdiener", jedoch noch stärker belastet würden.

D

ie Koalition will mit ihrem Steuerkonzept das wirtschaft- liche Wachstum absichern so- wie den Leistungswillen und die Risikobereitschaft fördern. Die Opposition spricht dagegen da- von, daß mehr steuerliche Gerech- tigkeit geschaffen werden solle.

Die Alternative heißt also nicht nur: Steuerentlastung oder Steu- erumschichtung, sondern auch:

Mehr Wachstum oder mehr Um- verteilung. Ein Übermaß an Um- verteilung muß eben auch mit Wachstumsverlusten bezahlt wer- den, die vor allem den „kleinen Mann" treffen.

In den Wahlprogrammen der Par- teien werden durchweg nur die Grundzüge der künftigen Steuer- politik genannt. Darüber hinaus gibt es jedoch in allen Parteien mehr oder weniger verbindliche Beschlüsse und Papiere, die Auf- schluß darüber geben, was in der nächsten Legislaturperiode ge- schehen soll. Hochfliegende Pläne sind darunter.

Die Bürger der Bundesrepublik werden gut daran tun, die Mög- lichkeiten für Steuerentlastungen realistisch einzuschätzen. Der Spielraum wird um so größer sein, je mehr es gelingt, ausgabenträch- tige Reformprojekte, die vor allem von den Sozial- und Familienpoli- tikern entworfen werden, abzu- wehren. Es besteht nun einmal ein unlösbarer Zusammenhang zwi- schen dem staatlichen Leistungs- niveau und der Höhe der Abgaben.

Steuerreform mit höchster Priorität

Ausgabendisziplin und Steuerent- lastung bedingen sich wechselsei- tig. An dem Entscheidungsprozeß für die Steuerreform wirken inner- halb der Koalition CDU, CSU und FDP mit. Die Unterschiede im

CDU

iee r KGi nr du en rdf fr reei ibbeet tr räagge ue d dl len erhöht werden. Vorgesehen ist ein Linearprogressiver Steuertarif, bei dem die Steuersätze langsa- mer als bisher und vor allem gleichmäßig ansteigen. Die über- zogene Progression bei den mitt- leren Einkommen würde ent- schärft, der „Mittelstandsbauch"

beseitigt. Über den Spitzensteuer- satz gibt es noch keine verbind- liche Äußerung, diese Frage ist zwischen den Parteiflügeln um- stritten. Auf jeden Fall soll der Kör- perschaftsteuersatz für den einbe- haltenen Gewinn von heute 56 Prozent auf unter 50 Prozent ab- gesenkt werden. Dann könnte es aber auch nicht bei dem Spitzen- satz der Einkommensteuer von 56 Prozent bleiben. Ein Abstand von mehr als 2 Prozentpunkten zwi-

Grundsätzlichen sind zwar gering;

dennoch dürfte es den drei Partei- en nach gewonnener Wahl schwerfallen, sich auf ein tragfähi- ges und finanzierbares Konzept zu einigen. Zur Verwirrung trägt bei, daß sich die Pläne für die Steuer- reform mit der vom Gesetzgeber bereits beschlossenen zweiten Stufe der Steuerentlastung, die 1988 wirksam werden soll, über- schneiden. Auch wird darüber dis- kutiert, diese Stufe rückwirkend um ein Jahr auf 1987 vorzuziehen oder aber das Entlastungsvolu- men von annähernd 10 Milliarden Mark zu vergrößern. Wirtschafts- politische Argumente sprechen mehr für den ersten Vorschlag; die binnenwirtschaftliche Nachfrage erhielt eine durchaus erwünschte Stütze. Wahrscheinlicher ist je- doch, daß die für 1988 geplante Milderung des Progressionstarifs durch eine weitere Erhöhung des Grundfreibeitrages, die allen gleichmäßig zugute käme, ergänzt wird.

Die Steuervorschläge der fünf Bonner Parteien lassen sich wie folgt zusammenfassen:

schen den beiden Steuersätzen wäre kaum zu vertreten, zumal 90 Prozent der Betriebe der Einkom- mensteuer und nicht der Körper- schaftsteuer unterliegen. Die Bör- senumsatzsteuer und die Gesell- schaftsteuer sollen abgeschafft werden. Die Betriebsvermögens- steuer soll weiter verringert wer- den: zumindest soll die Doppelbe- lastung der Kapitalgesellschaften entfallen.

CSU

Erhöhung des Grundfrei- betrages um 504/1008 Mark (Alleinstehende/Verheirate- te). Senkung des Eingangssteuer- satzes von 22 auf 20 Prozent für die zu versteuernden Einkommen bis zu 18 000/36 000 Mark. Linear- progressiver Tarif. Senkung des Spitzensteuersatzes und des Kör- perschaftssteuersatzes auf wenig- 3350 (24) Heft 48 vom 26. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Foto: Darchin

stens 50 Prozent, möglichst aber auf 49 Prozent. Bei der Betriebs- vermögensteuer Übernahme der in der Regel günstigeren Werte der Ertragsteuerbilanz. Abschaf- fung der Gewerbekapitalsteuer.

Erbschaftsteuer soll für Familien- betriebe „tragbarer" gemacht werden.

FD

['Erhöhung des Grundfrei- betrages um 1512/3024 Mark und der Kinderfreibeträge um 1188 Mark. Linear-progressi- ver Tarif. Senkung des Spitzensat- zes und des Körperschaftsteuer- satzes auf unter 50 Prozent. Ein- heitlicher Steuersatz für ausge- schüttete und einbehaltene Ge- winne. Gleichbehandlung von Ar- beitnehmern und Selbständigen bei der Besteuerung von Vorsor- geaufwendungen. Verlängerung des Verlustvortrages von fünf auf sieben Jahre. Abschaffung der Börsenumsatz- und der Gesell- schaftsteuer.

Sp

nDie Pläne konzentrieren Usich auf einen Umbau der zweiten Stufe des Steuerentla- stungsgesetzes, die 1988 wirksam werden soll. Erhöhung des Grund- freibetrages um 486/972 Mark.

Verlängerung der proportionalen Eingangsstufe des Steuertarifs von bisher 18 000/36 000 Mark auf 21 600/43 200 Mark. Abflachung der Progression bis zu 41 000/82 000 Mark. Da die SPD am Spitzensatz nichts ändern will, bedeutet dies zugleich, daß die Progression danach verschärft werden soll. Zu den Plänen der SPD zählt aber auch eine Ergän- zungsabgabe von 5 Prozent der Steuerschuld für Einkommen oberhalb 60 000/120 000 Mark und für alle Körperschaften.

Die SPD will alle bisher in dieser Legislaturperiode beschlossenen Entlastungen für Unternehmen rückgängig machen. Das beträfe zum Beispiel die Betriebsvermö- gensteuer und die Verkürzung der Abschreibungsfristen für Gebäu- de. Die Mehrbelastungen der Un- ternehmen summieren sich nach Berechnungen des Wirtschaftsmi-

Die Steuersätze langsamer als bisher und gleichmäßig ansteigen lassen:

Finanzminister Dr. Gerhard Stoltenberg

nisteriums jedenfalls auf mehr als 10 Milliarden Mark. Von Bedeu- tung ist auch, daß die Zinseinkünf- te über Kontrollmitteilungen der Kreditinstitute lückenlos erfaßt werden sollen. Gleichzeitig soll je- doch der Sparerfreibetrag kräftig erhöht werden. Die Kinderfreibe- träge sollen durch ein einheit- liches Kindergeld von 100 Mark für das erste, 200 Mark für das zweite und 300 Mark für das dritte und die weiteren Kinder ersetzt wer- den. Die SPD will das Ehegatten- splitting einschränken.

GRUN

CDer Grundfreibetrag Lwird mehr als ver- doppelt; er soll rund 10 000/20 000 Mark betragen. Der Spitzensatz wird angehoben, ein konkreter Satz jedoch nicht genannt. Anstel- le von Kinderfreibeträgen soll es ein nach dem Alter des Kindes ge- staffeltes Kindergeld zwischen 230 und 450 Mark geben. Streichung des Ehegattensplittings. Vermö- genswerte sollen zeitnah und „so- zialgerecht" bewertet werden. Der Tarif der Vermögensteuer ist pro- gressiv auszugestalten. Hohe Zinseinkommen sollen zuverlässig erfaßt werden. Daneben denken die Grünen an die Einführung di- verser Umweltsteuern.

Steuerreform

Die Pläne der CDU laufen auf ein Entlastungsvolumen von 40 Mil- liarden Mark hinaus, die der CSU auf etwa 38 Milliarden Mark und die der FDP auf 45 Milliarden Mark. Das sind die Brutto-Beträge.

Die FDP will die Finanzierung der Reform durch Subventionsabbau in Höhe von 25 Milliarden Mark fi- nanzieren. Die Netto-Entlastung betrüge dann 20 Milliarden Mark.

An einen ähnlichen Netto-Betrag denkt Bundesfinanzminister Stol- tenberg, der die Reform wiederum in zwei Stufen angehen möchte.

Er denkt an eine Kombination von Subventionsabbau und Erhöhung von Verbrauchsteuern. Die CSU setzt brutto gleich netto; sie will die Entlastung in einem Schritt, und sie lehnt kompensierende Steuererhöhungen ab. Den Plänen zum Subventionsabbau sieht sie skeptisch entgegen.

Die Voraussetzung für so weitgrei- fende Steuerpläne bleibt eine sparsame Ausgabenpolitik in Bund, Ländern und Gemeinden.

Nur dann wäre es zu verantworten, für wenige Jahre die Neuverschul- dung zur Vorfinanzierung der Steuerreform wieder zu erhöhen.

Auch wäre wenig gewonnen, wenn zwar die Steuern gesenkt, die Sozialabgaben aber weiter er- höht würden. Wst Umstritten ist, ob es neben der Ta- rifreform noch eine besondere Entlastung für den Mittelstand ge- ben soll. Dabei wird zum Beispiel an verbesserte Abzugsbeträge bei den Vorsorgeaufwendungen ge- dacht. Das ist in der Koalititon kaum umstritten, kostet aber viel Geld. Harte Auseinandersetzun- gen wird es jedoch um die Forde- rung der mittelständischen Orga- nisationen geben, eine steuerstun- dende Investitionsrücklage einzu- führen. Dies wird von der CSU, zr, den Mittelständlern in der CDU und der SPD unterstützt. Die FDP und die Finanzpolitiker der CDU sind gegen eine solche „Mittel- standskomponente", die allen Be- mühungen um Subventionsabbau und Steuervereinfachung wider- spräche.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 48 vom 26. November 1986 (25) 3351

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

ger Zahlen die Trefferrate von Mam- mographie-Untersuchungen zur Früh- erkennung von Brustkrebs abzuschät- zen: Der Nutzen der Röntgenuntersu- chungen wird von Ärzten

Handelt es sich um notwendige fachgebietsbezogene Leistungen, die vom Krankenhaus nicht erbracht werden können, muß der Kranken- hausarzt den Patienten an einen

Der Vorstand der Bun- desärztekammer weist darauf hin, daß nicht nur bei der Verabreichung von Blut, son- dern nach jetzigem Erkennt- nisstand auch bei der Verab- reichung

Die vorgesehene Ergänzungsabgabe von zehn Prozent der Steuerschuld für die Bezieher von Bruttoeinkommen über 60 000/120 000 Mark (Alleinste- hende/Verheiratete) ist ein weiterer

So hat sich zum Beispiel ein gro- ßes deutsches Elektrounterneh- men an die kommunalen Behör- den verschiedenster Bereiche in der Bundesrepublik gewandt und

Würden Patienten irgend- wann einmal merken, dass der Arzt sich nicht nur über seine eigene schreckliche La- ge nach dem Fehler Gedan- ken macht, sondern sich auch einmal

Besonders bei den über 75-jährigen Männern, aber auch bei den Frauen, die im Altersdurch- schnitt deutlich weniger betroffen sind (Suizide 2004: 7 939 Männer, 2 794 Frauen): Jede

Auch der Blick zurück lohnt sich, denn in der Entwicklung der DPG spiegeln sich neben der faszinierenden Geschichte der Physik immer auch die gesellschaftlichen und politischen