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Archiv "Chronische Wunden: Viel Geld für nichts?" (10.11.2000)

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Academic year: 2022

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und 1,2 Milliarden DM jährlich werden allein für ambulante Lei- stungen für die Therapie des Ulcus cruris im Rahmen der Versorgung durch die Gesetzliche Krankenversi- cherung (GKV) ausgegeben. Ein- schließlich der Ausgaben für den sta- tionären Bereich kostet das Ulcus cruris die GKV etwa zwei Milliarden DM jährlich – kein großer Betrag im Ver- gleich zu den GKV-Gesamtausgaben von mehr als 260 Milliarden DM pro Jahr. Groß wird der Betrag erst dann, wenn die Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen damit verglichen wird.

Bei etwa 30 Prozent, so schätzen deutsche Wundheilungsspezia- listen, liegt im Durch- schnitt die Wirksam- keit der eingesetzten Maßnahmen. Zu ei- nem Problem wird dieser Betrag, wenn berücksichtigt wird, dass das Ulcus cruris und chronische Wun- den hauptsächlich Er- krankungen älterer Patienten sind. Gera- de unter dem Aspekt einer zunehmenden Überalterung der Ge- sellschaft dürfen diese Kosten nicht vernach- lässigt werden.

Aber auch unter anhaltendem Kosten- druck ist zu fragen, ob

eine solche Vorgehensweise finanzier- bar ist. Sind die derzeitigen Maßnah- men in der Therapie chronischer Wun- den noch zeitgemäß? Es ist zu überprü- fen, ob statt der bisher eingesetzten Me- thoden Platz für modernere, effektivere Maßnahmen geschaffen werden muss.

Die Medical Economics Research Group (MERG), München, hat an

mehr als einhundert Patientenakten un- tersucht, wie ein Patient mit Ulcus cru- ris therapiert wird und welche Kosten entstehen.

Das Ergebnis, vorgestellt anlässlich der 2. Annual European Conference der International Society of Phar- maco-economics and Outcomes Re- search, ist ernüchternd: Pro Jahr und Patient werden circa 1 000 DM in die Versorgung des Ulcus cruris investiert (siehe Grafik). Der größte Anteil geht in die direkte Wundversorgung (55 Prozent), allerdings nicht in moderne Wundversorgungsmaßnahmen. Zum

Einsatz kommen überwiegend „selbst gemixte“ Salben unterschiedlichster Art. An zweiter Stelle stehen die Aus- gaben für Verbände (19 Prozent), da- nach folgen Arzneimittel (15 Prozent).

Die Ausgaben für die ärztliche Kon- sultation liegen auf dem vierten Rang mit nur noch neun Prozent. Dieses Er- gebnis wurde in einer Diskussion mit

Experten auf dem Gebiet der Wund- heilung bestätigt. Die hier dargestell- ten Maßnahmen stellen tatsächlich einen Querschnitt durch die Behand- lungsaktivitäten dar, sie würden in nicht mehr als 30 Prozent zu einer Hei- lung führen.

Ausreichende

Therapiemaßnahmen

Dieses Ergebnis muss umso mehr er- schrecken, als bereits heute therapeuti- sche Maßnahmen zur Verfügung ste- hen, die wesentlich ef- fektiver sind als die ge- nannten Möglichkei- ten: So konnte zum Beispiel ein humanes Hautäquivalent zei- gen, dass es in der La- ge ist, bei diabeti- schem Fußulkus ge- genüber der üblichen Therapie einerseits die Heilungszeit zu ver- kürzen und anderer- seits die Heilungsrate zu verdoppeln. Gelän- gen ähnliche Erfolge für andere chronische Wunden, sähe die Ver- sorgung nicht so deso- lat aus, wie eine Wirk- samkeit von 30 Pro- zent vermuten lässt.

Allein eine Verbes- serung der therapeuti- schen Bemühungen wird nicht ausrei- chen, um künftige Mehrausgaben – be- dingt durch die sich verändernde Al- tersstruktur – zu drosseln. Zurzeit liegt die Zahl der Patienten und Patientin- nen mit chronischen Wunden bei rund zwei bis 2,5 Millionen, davon etwa die Hälfte mit Ulcus cruris. In rund 30 Jah- ren wird sich die Zahl älterer Menschen T H E M E N D E R Z E I T

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A2992 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 45½½½½10. November 2000

Ulcus cruris:Verteilung der Kosten pro Patient und Jahr in Prozent

Wundbehandlung 55%

Arzneimittel 15%

Verbände 19%

weitere Maßnahmen 1%

Konsultation 9%

Labor 1%

Chronische Wunden

Viel Geld für nichts?

Teures Krankheitsbild Ulcus cruris

Grafik

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äufige Diäten sind oftmals Ein- stieg in ein gestörtes Essverhalten.

Schätzungen zufolge leiden mehr als 100 000 Frauen zwischen 15 und 35 Jahren an Magersucht. Rund 15 Pro- zent der Betroffenen hungern sich da- bei zu Tode, berichtet die Bundeszen- trale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln.

Von Bulimie sind rund 600 000 Frau- en betroffen. Zunehmend leiden auch Männer (70 000) an der bisher als Frauenkrankheit bezeichneten Störung.

Starkes Übergewicht ist unter den Ess- störungen am häufigsten verbreitet: 20 Prozent der Frauen aller Altersgruppen und 16 Prozent der Männer weisen ei- nen Body-Mass-Index über 29 bezie- hungsweise über 30 auf. An der „Binge- Eating-Disorder“ leiden sechs bis acht Prozent der Bevölkerung.

Diät zerstört das Körperselbstbild

Immer mehr junge Menschen verfielen einem gesundheitsschädlichen Körper- kult und überschlankem Schönheits- ideal, erklärte Dr. med. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale. Bereits 12 Prozent der 11- bis 15-jährigen Jun- gen und 17 Prozent der gleichaltrigen Mädchen gaben einer Bielefelder Stu- die zufolge an, sich zurzeit einer Diät zu unterziehen. Auffallend war, dass aus dieser Gruppe bereits sieben Prozent der Jungen und acht Prozent der Mädchen an Untergewicht leiden. Pott:

„Die Vermutung liegt nahe, dass die Diät bereits dazu geführt hat, ihr Kör- perselbstbild zu stören.“

Warum sind Mädchen und Frauen besonders von Essstörungen betroffen?

Die Psychologin Elvira Figura arbeitet im Mädchenhaus Köln, einer Bera- tungsstelle, seit Jahren mit essgestörten Mädchen: „Magersüchtige verweigern sich mit dem Hungern – sie machen sich wortwörtlich dünn.“ Sie sieht Ess- störungen als Rebellion gegen die enge Rollenzuweisung von Frauen. Dadurch hätten Mädchen wenig Einfluss auf ihr Leben und wenig Spielraum: „Sie blei- ben ein Leben lang hungrig.“ Die Buli- mikerin hingegen identifiziere sich stark mit dem männlichen Ideal. Ihre aggressiven Bedürfnisse (Fressen, Kot- zen) lebe sie heimlich, um nach außen angepasst zu erscheinen. Figura hat be- sonders gute Erfahrungen mit gruppen- therapeutischen Behandlungsansätzen gesammelt. Auch anonyme – weil nie- derschwellige – Angebote würden von den betroffenen Mädchen gut ange- nommen. Die Beratungsstelle arbeitet mit Pädiatern und der Jugendhilfe zu- sammen.

Die Bundeszentrale für gesundheit- liche Aufklärung will über den ver- hängnisvollen Kreislauf aus Diät und Essstörung aufklären. Dazu sind zwei neue Publikationen erschienen: Der

„Leitfaden für Eltern, Partner, Freun- de, Lehrer und Kollegen“ und das

„Praxishandbuch für Gruppenmode- ratorinnen“ für Selbsthilfegruppen.

Eine umfassende Informationsschrift für Ärzte zum Thema Essstörungen wurde zusammen mit der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren

erstellt. Petra Bühring

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A2994 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 45½½½½10. November 2000

verdoppelt haben. Wie es sich dann mit der Zahl der Patienten mit chronischen Wunden und wie es sich mit den Kosten verhält, ist leicht zu prognostizieren, wenn sich die derzeitige Situation um die chronischen Wunden nicht nachhal- tig ändert.

Verringerung der Inzidenz

Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, ist es notwendig, über die ei- gentliche Therapie der chronischen Wunden hinauszugehen. Der Schlüssel für dieses Problem liegt in einer Verrin- gerung der Inzidenz. Dies ist auf zwei- erlei Weise möglich:

❃ durch eine Intensivierung der Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Grunderkrankung, die das Auftre- ten von chronischen Wunden begün- stigt;

❃ durch eine Prävention, die in vie- len Fällen bereits vor Auftreten der Grunderkrankung liegen muss.

Allerdings fehlt für eine möglichst frühe Intervention noch die politische Weichenstellung.

Höhere Effizienz durch Innovationen

Zurzeit ist die Gesellschaft bereit, allein für die ambulante Behandlung des Ul- cus cruris 1 000 DM pro Patient im Jahr bei einer Wirksamkeit von circa 30 Pro- zent auszugeben. Mit neuen innovati- ven Therapiemaßnahmen ist nach Ex- pertenmeinung eine Verdoppelung der Wirksamkeit möglich, ohne jedoch gleichzeitig die Behandlungskosten zu verdoppeln. Dies würde sogar kurzfri- stig zu einer Entlastung der GKV führen. Die frei werdenden Mittel stün- den dann wiederum präventiven Maß- nahmen zur Verfügung. Vor dem Hin- tergrund der aktuellen und künftigen Ausgabenbelastung der Gesetzlichen Krankenversicherung und den weiteren Belastungen, die der sich verändernde Bevölkerungsaufbau mit sich bringt, stellt sich die Frage, ob sich die Gesell- schaft den Verzicht auf innovative Maß- nahmen noch lange leisten kann. Sind wir auch künftig bereit, viel Geld für nichts zu zahlen? Dr. med. Olaf Pirk

Essstörungen

Essen spaltet Leib und Seele

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung klärt über Ursachen und Prävention von Essstörungen auf. Besonders betroffen sind junge Frauen.

Sämtliche Publikationen sind kostenfrei erhältlich bei:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 51101 Köln, Fax: 02 21 – 89 92 257, E-Mail: order@bzga.de

Referenzen

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