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Archiv "Arbeitsmedizin: Diagnostisches Standardverfahren bei Stich- und Schnittverletzungen" (31.10.2008)

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A2316 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 44⏐⏐31. Oktober 2008

M E D I Z I N R E P O R T

F

ür die einfache und sichere Ab- klärung einer Infektion nach Stich- und Schnittverletzungen im Gesundheitsdienst hat die Berufs- genossenschaft für Gesundheits- dienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ein diagnostisches Standardverfah- ren entwickelt. Dieses sogenannte Regeluntersuchungsprogramm stellt einen Kompromiss aus me- dizinischen, ökonomischen und pädagogischen Gründen dar. Die wissenschaftliche Begründung der Untersuchungsabfolge lässt sich ableiten aus dem Serokonversions- verlauf der blutübertragbaren Er- krankungen.

Bei Stich- und Schnittverletzun- gen mit gebrauchten Kanülen oder Instrumenten ist der Nachweis der Infektion durch Untersuchung der verletzten Person erforderlich, auch die Untersuchung des Indexpatien- ten kann erforderlich werden. Die Berufsgenossenschaft für Gesund- heitsdienst und Wohlfahrtspflege übernimmt die Kosten für das fol- gende Programm.

Gefährdungsanalyse:Grundla- ge des Vorgehens ist die Beurteilung der konkreten Gefährdung. Wichtige Faktoren sind: der Immunstatus des Patienten, die Art und Schwere der Stich- oder Schnittverletzung und die kontaminierende Menge Blut.

Blutuntersuchungen: Kann nach der Gefährdungsanalyse ein Infektionsrisiko nicht ausgeschlos- sen werden, sollten möglichst kurz- fristig folgende Blutuntersuchungen durchgeführt werden: Anti-HBs, Anti-HBc, Anti-HCV und Anti- HIV. Diese Tests sollten nach sechs Wochen, zwölf Wochen und sechs Monate nach der Erstuntersuchung wiederholt werden.

Die Auswahl der zeitlichen Ab- stände innerhalb der wissenschaft- lich begründeten Zeitfenster erfolg- te als Festsetzung, wobei unter an- derem aus pädagogischen Gründen auch auf eine leichte Merkbarkeit der Zeitabstände geachtet wurde.

Schließlich wurden psychologische Faktoren miteinbezogen, weil als unzumutbar angesehen wurde, über ein Jahr auf ein Urteil zu warten, das in den allermeisten Fällen negativ ausfallen würde.

Hepatitis B:Bei ausreichend im- munisierten Verletzten entfällt die Notwendigkeit der Blutuntersuchun- gen zum Nachweis/Ausschluss einer Hepatitis-B-Infektion. War der Ver- letzte bisher nicht geimpft, wird drin- gend empfohlen, anlässlich der Stich- oder Schnittverletzung die aktive, ge- gebenenfalls eine passive Impfung durchzuführen. Der Impferfolg der

aktiven Immunisierung ist vier Wo- chen nach Durchführung der Grund- immunisierung zu kontrollieren.

Bei unvollständiger Imp- fung oder bei einer Impfung, die vor mehr als fünf Jahren erfolgte, wird die einmalige Auffrischung empfohlen.

Nach Durchführung der Immunisierung oder Auffri- schung entfällt die Notwen- digkeit weiterer serologi- scher Untersuchungen zum Nachweis/Ausschluss einer Hepatitis B.

Hepatitis C:Wenn Kontakt mit dem Blut einer fraglichen oder sicheren Hepatitis-C-positi- ven Person bestand, wird empfoh- len, zur Früherkennung nach zwei bis vier Wochen eine HCV-PCR durchzuführen, um eventuell eine Frühtherapie einleiten zu können.

Die Bestimmung von Anti-HCV muss unabhängig davon in den vor- gegebenen Abständen durchgeführt werden.

Menschliches Immunschwäche- virus (HIV):Wenn Kontakt mit Blut einer eventuell HIV-infizierten Per- son bestand, kann die Infektiosität des Indexpatienten mittels eines HIV-Schnelltests festgestellt wer- den. Bei Kontakt mit Blut einer nach- weislich HIV-positiven Person kann eine medikamentöse Postexposi- tionsprophylaxe (PEP) erforderlich werden. Diese hat die besten Erfolgs- aussichten, wenn sie innerhalb von zwei Stunden nach der Verletzung begonnen wurde. Die PEP kann eine Erkrankung verhindern, auch wenn bereits Erreger in die Blutbahn ge- langt sind. Wegen der möglichen starken Nebenwirkungen der Medi- kamente muss die Entscheidung für ARBEITSMEDIZIN

Diagnostisches Standardverfahren bei Stich- und Schnittverletzungen

Schwerpunkt des Regeluntersuchungsprogramms der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ist die medizinische Sicherheit des Nachweises beziehungsweise des Ausschlusses blutübertragbarer Virusinfektionen.

Hepatitis-B-Virus:

Das Risiko einer Virenübertragung durch eine Nadel- stichverletzung beträgt beim Hepa- titis-B-Virus etwa 30 Prozent.

Foto:

Gilead Sciences

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A2318 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 44⏐⏐31. Oktober 2008

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oder gegen eine PEP von einem Spe- zialisten getroffen werden.

Transaminasen: Die Transami- nasen sind unspezifische Marker, die bei der Hepatitis B und C nicht zuverlässig ansteigen. Eine Er- höhung der Transaminasen findet man auch bei Hepatitiden unter- schiedlicher Genese, sodass die Un- tersuchung der Transaminasen im Hinblick auf eine berufliche Über- tragung der Hepatitis B oder Hepati- tis C keine Aussage erlaubt.

Polymerase-Kettenreaktion (PCR):Die einfachste und sicherste Methode zum Ausschluss bezie- hungsweise Nachweis bei allen drei blutübertragbaren Infektionskrank- heiten wäre die Durchführung der PCR. Aufgrund der Kosten (und der Tatsache, dass nahezu gleichwerti- ge, preiswertere Untersuchung be- stehen) kommt die routinemäßige Untersuchung der Verletzten mittels PCR nicht infrage.

Untersuchung des Indexpatienten

Bei Stich- und Schnittverletzungen im Gesundheitsdienst mit gebrauch- ten Kanülen oder Instrumenten kann der Nachweis der Infektion durch Untersuchung sowohl der verletzten Person als auch des Indexpatienten

(Patient, mit dessen Blut der schar- fe/spitze Gegenstand kontaminiert ist) erforderlich werden:

> Der Indexpatient muss bekannt sein. Häufig erfolgen Verletzungen mit scharfen und spitzen Gegenstän- den, deren Herkunft unbekannt ist.

> Der Indexpatient muss mit der Untersuchung einverstanden sein, er muss eine Schweigepflichtent- bindung für die Weitergabe des Untersuchungsergebnisses erteilen.

> Bei der Untersuchung des In- dexpatienten muss kalkuliert wer- den, dass ein „diagnostisches Fens- ter“ besteht. Dieses wird als der Zeitraum verstanden, in dem der Pa- tient bereits infektiös ist, ein Nach- weis seiner Infektiosität serologisch jedoch nicht möglich ist. Die Zeit- spanne beträgt wenige Tage bis ma- ximal drei Monate (HIV-Infektion).

Die hohe Anforderung an die Si- cherheit des Nachweises bezie- hungsweise des Ausschlusses im Hinblick auf die Tragweite der Konsequenzen ist die Begründung dafür, dass eine routinemäßige Un- tersuchung des Indexpatienten nicht in das Regeluntersuchungspro- gramm aufgenommen wurde.

Die Feststellung eines falsch- negativen Befunds könnte schwere Komplikationen verursachen: In

der Annahme, der Indexpatient sei nicht infektiös, unterblieben ge- gebenenfalls lebensrettende Schutz- maßnahmen.

Das Regeluntersuchungsprogramm stützt sich auf die Untersuchung des Verletzten und empfiehlt die Untersuchung des Indexpatienten nur bei bestimmten Fragestellun- gen (Grafik).

Untersuchungen bei unfallun- abhängigen Infektionen: Primär erfolgt die ärztliche Diagnostik nach Kanülenstichverletzungen zur Abklärung einer blutübertragbaren Infektion. Werden Hinweise für eine (unfallunabhängige) Infektion beim Verletzten gefunden, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Für die weitere Abklärung muss nicht der Arbeitgeber aufkommen, dies fällt in den Kostenübernahmebe- reich der Krankenkassen. Daher ist die weitergehende Statusabklärung kein Tatbestand des Regeluntersu-

chungsprogramms. I

Dr. med. Frank Haamann Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Pappelallee 35–37, 22089 Hamburg

Vollständige Begründung des Regel- untersuchungsprogrammes im Internet unter: www.bgw-online.de/internet/

generator/Inhalt/OnlineInhalt/114996

@

*Besteht der Verdacht, dass der Indexpatient infektiös ist, kann der Ausschluss von Hepatitis B, Hepatitis C und HIV erforderlich werden. Quelle: BGW

GRAFIK

Regeluntersuchungsprogramm nach Stich- und Schnittverletzungen

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