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Archiv "Was tun bei Stich mit HIV-kontaminierter Nadel?" (06.01.1997)

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Zytotoxische Medikamente, die in der Krebstherapie eingesetzt wer- den, lösen bei Tumorzellen den pro- grammierten Zelltod (die Apoptose) aus. Wie das geschieht, wußte man bisher nicht genau. Heidelberger Wis- senschaftler von der Universitäts- Kinderklinik sowie Professor Peter Krammer vom Deutschen Krebsfor- schungszentrum haben jetzt einen Teil der Vorgänge aufgeklärt.

Sie konnten zeigen, daß die Me- dikamente Doxorubizin und Me- thotrexat in verschiedenen Tumorzel- linien ein genetisches Programm aus- lösen, das zum Zelltod führt (Nature Medicine 5, 574–577, 1996). Die Zy- tostatika starten die Apoptose, indem sie die Produktion des Proteins CD95-L (kurz für CD95-Ligand) an- schalten. CD95-L bindet dann an das Rezeptorprotein CD95, das aus der Oberfläche vieler Zellen – auch der Tumorzellen – herausragt. CD95 gehört zur Familie der TNF/NGF-Re- zeptoren (TNF = Tumornekrosefak- tor, NGF = Nervenwachstumsfaktor).

p53 sammelt sich in Tumorzellen an Der Kontakt von CD95-L mit CD95 löst eine Kette von Ereignissen aus, die zur Selbstvernichtung der Zelle führt. Auch die sterbende Zelle produziert CD95-L und leitet so zu- sätzlich die Apoptose in Nachbarzel- len ein. Wie die zytotoxischen Medi- kamente die Expression von CD95-L bewirken, weiß man nicht genau. Es ist jedoch bekannt, daß das Tumor- suppressorgen p53 bei Apoptosevor- gängen eine Rolle spielt.

Die Autoren vermuten, daß sich nach der Verabreichung der Zytosta- tika das Protein p53 in den Tumorzel- len ansammelt und die Transkription weiterer Gene – vielleicht auch desje- nigen von CD95-L – anschaltet. Die teilweise Aufklärung der Wirkungs-

weise von Zytostatika ermöglicht es, gezielter zu untersuchen, warum man- che Krebsarten von Anfang an, ande- re erst bei Rückfällen unempfindlich gegen diese Medikamente sind oder sich nur schlecht durch sie bekämpfen lassen. So kommt es bei rund einem Drittel der behandelten Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL), der häufigsten bösartigen Er- krankung bei Kindern, zu Rückfällen.

Bei etwa der Hälfte dieser Fälle sind die Krebszellen viel schwerer zu bekämpfen als bei ihrem ersten Auf- treten, da sich Resistenzen gebildet haben. Störungen im Signalweg der durch CD95-L ausgelösten Apoptose, Veränderungen im CD95-L- oder CD95-Molekül oder antiapoptotische Programme der Zelle könnten hierfür unter anderem die Gründe sein.

Die Wissenschaftler selbst be- werten ihre Erkenntnisse so: „Da CD95 und CD95-L in vivo auf ver- schiedenen Tumoren und Geweben exprimiert werden, könnten unsere Ergebnisse für die Tumortherapie und für die Nebenwirkungen von zy- totoxischen Medikamenten auf nor- male Gewebe von weitreichender Be- deutung sein.“ Dr. Ingrid Glomp

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P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 1–2, 6. Januar 1997 (25) MEDIZINREPORT

Apoptose durch Zytostatika

Selbst- und Brudermord von Tumorzellen

Das Risiko einer HIV-Infektion durch eine Verletzung mit kontami- nierten Instrumenten ist nach einer Übersicht des Berliner Robert Koch-

Institutes nicht allzu hoch: Unfälle beispielsweise mit HIV-kontaminier- ten Injektionsnadeln, Skalpellen oder Scheren führen nur in etwa einem von 300 Fällen zur Ansteckung. Dem Robert Koch-Institut (RKI) wurden in Deutschland in den letzten 15 Jah- ren 18 (sicher oder wahrscheinlich) solcher berufsbedingter HIV-Infek- tionen gemeldet.

Nach einer Ende letzten Jahres veröffentlichten US-Studie läßt sich das Risiko der HIV-Ansteckung durch eine schnelle Behandlung mit

dem AIDS-Medikament AZT um weitere 40 bis 90 Prozent reduzieren.

Da sich in den letzten Monaten durch die Zulassung neuer Medikamente die Behandlungsmöglichkeiten von AIDS-Patienten verbessert haben, geht das Amt davon aus, daß die neu- en Kombinationstherapien auch die Wirksamkeit dieser „Postexpositions- prophylaxe“ steigern. Allerdings ver-

Was tun bei Stich mit

HIV-kontaminierter Nadel?

AIDS weltweit

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lange jeder Einzelfall eine sorgfältige Abschätzung des Nutzens gegen die Nebenwirkungen der medikamentö- sen Prophylaxemaßnahmen.

Als Sofortmaßnahme rät das RKI zu einer möglichst raschen Rei- nigung und Desinfektion der Wunde, zunächst mit Seife unter fließendem Wasser, dann mit einem viruswirksa- men Hautdesinfektionsmittel. Falls man sich für eine medikamentöse Prophylaxe entscheidet, sollte die Behandlung innerhalb von zwei Stun-

den nach der Verletzung beginnen.

Dieses enge Zeitfenster erfordert in Kliniken und Praxen mit beruflicher HIV-Exposition eine gewisse organi- satorische Vorbereitung für den Not- fall.

Das RKI hat im „Epidemiologi- schen Bulletin 43/96“ die wichtigsten Empfehlungen und Verhaltensregeln zusammengetragen. Es wird auf An- frage kostenlos verschickt: Robert Koch-Institut, Nordufer 20, 13353

Berlin. kch

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P O L I T I K

(26) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 1–2, 6. Januar 1997

MEDIZINREPORT

Zwei unterschiedliche Rezep- torformen und ihr Verhältnis in den verschiedenen steroidhormongesteu- erten Organen entscheiden über die Wirkung von Hormonen und Anti- hormonen. Dieser „Dualismus“ lie- fert die Erklärung dafür, warum man- che Karzinome resistent gegen An- tihormone werden und warum ein und dasselbe Antihormon in einem Organ wachstumshemmend und in ei- nem anderen wachstumsfördernd sein kann.

Bei der Behandlung des Mamma- karzinoms mit Tamoxifen wirkt der Antagonist anfänglich hemmend auf das Karzinomwachstum; ab einem be- stimmten Zeitpunkt jedoch kehren sich die Verhältnisse um, und dieselbe Substanz stimuliert den Tumor. Die- ses „Umschalten“ von der antagoni- stischen zur agonistischen Wirkung unterliegt verschiedenen Regelme- chanismen, die Prof. Kathryn Horwitz (Denver) beim 40. Endokrinologen- Kongreß in Marburg darlegte. Am be- sten untersucht sind dabei Gestagene und Antigestagene, wobei es sich je- doch wahrscheinlich um einen gene- rellen Mechanismus für die Modula- tion aller Steroidhormone handeln dürfte.

Die Basis für alle Hormonwir- kungen ist der Rezeptor – der im Fall des Progesterons in zwei verschie- denen Isoformen vorliegt: Eine ver-

kürzte A-Form und eine große B- Form. Beide unterscheiden sich in ih- rer Funktion. So wirken synthetische Antigestagene wie RU 486 am B-Re- zeptor als Agonisten, am A-Rezeptor als Antagonisten. Werden sie mit Agonisten besetzt, erfüllen beide For- men ihre Aufgaben unterschiedlich

„effizient“ und gewebespezifisch.

Die A-Form des Progesteron- Rezeptors ist der einzige Hemmstoff für den B-Rezeptor und andere Steroidrezeptoren inklusive der Östrogenrezeptoren. Und nur A-Re- zeptoren können die Transkription hemmen, wobei sie an Elemente bin- den, die normal für Glukokortikoid- Rezeptoren reserviert sind.

Horwitz konzedierte, daß mit diesen Erkenntnissen zwar die ge- webespezifische Wirkung von Stero- idhormonen verständlich wird, „aber leider wissen wir bis heute nur sehr wenig über die Verteilung der bei- den Rezeptorformen in Brust und Gebärmutter“. Für Tamoxifen ist das

„Umschalten“ des Tumorwachstums – und seine wachstumssteigernde Wirkung im Endometrium – jedoch über diese Regelmechanismen verständlich geworden: Tamoxifen wirkt wahrscheinlich ebenso unter- schiedlich auf die Isoformen des Östrogen-Rezeptors.

Die Substanz wirkt antiöstrogen bei Brusttumoren, kann aber über ih-

Therapie von Karzinomen

Wie Resistenzen gegen Antihormone entstehen

re östrogenartige Wirkung in der Gebärmutter ein Endometriumkarzi- nom fördern. Vermutlich wird der antiöstrogene Effekt im Mammakar- zinom-Gewebe im Lauf der Zeit durch eine Rezeptor-Umstellung

„geringer“, es bleibt dann nur der östrogene Effekt, der wiederum das Tumorwachstum stimuliert. Durch das Absetzen wird ein „Östrogen- entzug“ bewirkt, was dann wieder hemmend auf den Tumor wirkt.

Für Antigestagene konnte Hor- witz nachweisen, daß sich unter einer Therapie mit RU 486 das Verhältnis der Rezeptorformen im Gewebe än- dert; dies wiederum entscheidet, ob die Substanz wie ein Agonist oder wie ein Antagonist wirkt.

Vermutlich handelt es sich dabei um einen grundlegenden Mechanis- mus, wie die Wirkung von Steroidhor- monen vom Körper moduliert wird.

Denn eine andere Arbeitsgruppe be- richtete über ähnliche Rezeptorfor- men bei den Glukokortikoid-Rezep- toren. Die Beta-Form kann das Hor- mon nicht binden, behindert aber die Alpha-Form in der Wirkung, quasi wie ein Anti-Glukokortikoid. Das wiederum erlaubt die Spekulation, daß ein Asthma-Patient, der nicht mehr auf Kortison anspricht, sehr viel von diesen Beta-Rezeptoren bildet, die die Wirkung des Kortisons blok- kieren. Erste Daten dazu liegen aus den USA vor.

Unterschiedliche Organwirkung

Insgesamt, so Prof. Bruno Allolio (Würzburg), sind Hormon- und An- tihormonwirkung eng miteinander ge- koppelt. Dies erlaubt dem Körper, darüber zu entscheiden, was in der ein- zelnen Zelle abläuft – bei Tamoxifen dominiert an der Brust die antiöstro- gene, am Knochen und in der Gebär- mutter die östrogene Wirkung. Die WHO-Einstufung von Tamoxifen als kanzerogene Substanz sieht Allolio als eine unglückliche Bezeichnung an – denn in letzter Konsequenz müßten dann auch Östrogene als Kanzerogene eingestuft werden. Die Äußerung in dieser Form habe sicherlich mehr Schaden als Nutzen angerichtet, mein- te Allolio. Dr. Renate Leinmüller

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