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Archiv "1. Jahrestag: Wir sind ein Volk" (10.10.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

K

urz vor den anstehenden Honorarverhandlungen haben die Spitzenverbän- de der gesetzlichen Krankenkas- sen einen „Versuchsballon" ge- startet, der viel heiße Luft ent- hält: In einem Strategie-Papier zur „Umstrukturierung der Ver- gütung von Laborleistungen"

plädieren die Krankenkassen dafür, Laborleistungen in toto aus den Gebührenordnungen herauszunehmen und industriel- le, nicht-ärztliche Anbieter zu direkten Vertragspartnern der Krankenkassen zu machen. Bei dieser Tabula-rasa-Diktion ist es fast selbstverständlich, daß ein Präsenz- oder Notfall-Labor beim niedergelassenen Arzt

„weder aus medizinischen noch aus organisatorischen Gründen"

erforderlich sei.

Ohne Umschweife nennen die Krankenkassen die wahren Gründe, die hinter diesen Gelü- sten stehen: Bei einer totalen Abkoppelung des Labors von der ärztlichen Tätigkeit — einer

„Radikallösung" also — und ei- ner Transferierung der Erstel- lung von Laborparametern an Industriebetriebe soll ein Vergü- tungsvolumen von 750 Millionen

Laborleistungen

Tabula rasa

DM jährlich freigeschaufelt wer- den. Dabei ist unterstellt wor- den, daß von den jährlichen La- borausgaben der Krankenkassen in Höhe von 2,4 Milliarden DM rund 50 Prozent auf den 0 II- Bereich mit rund 300 Millionen Laboruntersuchungen (Parame- ter) entfallen. Generös soll dem Arzt statt dessen eine Laborfall- pauschale in Höhe von 7 DM je Quartal gezahlt werden. Dieses Fallpauschal-Volumen soll aller- dings „gedeckelt" werden, da angeblich nicht abzusehen ist, wie hoch die Frequenz einer sol- chen Laborfallpauschale sein werde. Es könnte aber auch für nicht-laborbezogene Leistungen verwendet werden, etwa für „zu- wendungsintensive oder haus- ärztliche Leistungen".

Die Maximalforderungen der Krankenkassen sind völlig ungeeignet, um auch nur annä- hernd als Diskussionsgrundlage für die angekündigte Neukon- zeption des Laborkapitels und

eine eventuelle Umstrukturie- rung und Umbewertung im Ein- heitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) zu dienen. Ärztliche La- borleistungen, zumal im Prä- senz- und Notfall-Labor, zu rei- nen Industrieleistungen zu de- gradieren, ist eine Zumutung für Arzt und Patient.

Mit dem Kassen-„Ab- schlachtplan" würden der Zulas- sung von Laborärzten als Kas- senärzte die Grundlage entzo- gen und das Vorhalten eines Praxislabors für Akutfälle un- möglich gemacht. Enorme . finan- zielle Investitionen von Ärzten, die in Laborgemeinschaften zu- sammenarbeiten, und die Arbeit regional tätiger Laborärzte wür- den, falls der Kassenplan aufgin- ge, zur Disposition gestellt, ohne solche Verluste zu kompensie- ren. Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist das Kas- senpapier der „Casus belli".

Denn hiermit werde der notwen- digen Zusammenarbeit von La- borärzten mit behandelnden Ärzten die Grundlage entzogen, die Versorgung der Akutkran- ken gefährdet und das Fachge- biet des Laborarztes völlig in Frage gestellt. HC

D

er „Tag der deutschen Einheit", den wir vorige Woche feierten, war der erste Jahrestag des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland, der am 31. August 1990 vertraglich vereinbart wur- de — vor noch nicht einmal fünf- zehn Monaten schlossen noch zwei deutsche Staaten Verträge miteinander!

Die alte DDR hatte noch rechtzeitig — im Juni 1990 — die gesetzliche Grundlage für Ärzte- kammern geschaffen; allerdings für „künftige Länder der DDR", die erst noch errichtet werden mußten. Da gab es auch juristi- sche Gratwanderungen, an die wir nicht mehr denken, weil uns die „neuen Bundesländer"

schon so selbstverständlich ge- worden sind.

Heute dagegen scheinen wir tief in Problemen zu stecken, die

1. Jahrestag

Wir sind ein Volk

wir damals gar nicht gesehen ha- ben. Denken wir an die gerade erst erfolgte Anerkennung der Dienstjahre im öffentlichen Dienst der DDR (ein Stück

„ausgleichende Gerechtigkeit", aber tarifrechtlich auch eine höchst fragwürdige Episode);

denken wir an die Punktwerte bei den Kassenarzthonoraren, an die Beitragssätze der Kran- kenkassen, die Zukunft der Po- likliniken und der Berliner Cha- rit; denken wir an die „Bewälti- gung" von Stasi-Vergangenhei- ten auf der einen Seite und die Steuererhöhungen auf der ande- ren Seite, deren Notwendigkeit noch vor einem Jahr so plump abgestritten wurde . . .

Daß es viele Probleme ge- ben würde, haben wir vor einem Jahr alle gewußt. Wo sie im ein- zelnen liegen würden, wußte niemand (was immer auch nach- träglich behauptet wird). „Muti- ge Entscheidungen" waren da- mals ebenso nötig wie heute, um

„die nach über vier Jahrzehnten erste — vermutlich aber auch letzte — Chance, die Teilung Deutschlands und Europas zu überwinden" zu nutzen. Das schrieb Bundesärztekammerprä- sident Vilmar vor einem Jahr im Deutschen Ärzteblatt. Und auch: „Denn ärztliche Argumen- te sollten in die Politik eingehen, und nicht etwa politische Absi- cherung und Ideologien in die Arbeit einzelner Ärzte oder ih- rer Selbstverwaltungsgremien."

Ein solches ärztliches Enga- gement bei der Mitgestaltung unserer Zukunft brauchen wir mehr denn je! gb

Dt. Ärztebl. 88, Heft 41, 10. Oktober 1991 (1) A-3369

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