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Archiv "Stellenwert der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie in der Gastroenterologie" (17.09.1999)

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ie Behandlung des Gallen- steinleidens war über einen Zeitraum von nahezu 100 Jah- ren eine Domäne der konventionellen Cholezystektomie. In den vergangenen 15 Jahren haben zwei Entwicklungen die Gallensteinbehandlung verändert:

Die extrakorporale Stoßwellenlitho- tripsie (ESWL) und die laparoskopi- sche Cholezystektomie. Mit der ESWL wurden seit ihrer Einführung Ende der 80er Jahre mehrere 1 000 Patien- ten mit Gallenblasensteinen erfolg- reich behandelt. Hohe Erwartungen seitens der Patienten, die hofften, ohne Operation von ihrem Gallenstein be- freit zu werden, führten zu einer großen Akzeptanz dieses Verfahrens. Die kli- nische Effizienz der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie von Gallenbla- sensteinen wurde von vielen internatio- nalen Arbeitsgruppen untersucht, die Ergebnisse sind ausreichend doku- mentiert (11, 14, 24, 26, 27, 42). Die ho- hen Anfangserwartungen, die teilwei- se auch unrealistisch waren, konnte die Stoßwellenlithotripsie letztlich nicht

erfüllen. So gelang es ihr nicht, die The- rapie von Gallenblasensteinen ähnlich zu revolutionieren wie dies Jahre zuvor in der Behandlung von Nieren-, Harn- leiter- und Harnblasensteinen möglich war. Im Vergleich zu Nierensteinen er- geben sich für die Lithotripsie von Gal- lenblasensteinen Einschränkungen in- folge einer schwierigeren Desintegrati- on der Konkremente sowie einer limi- tierten und komplikationsreicheren spontanen Fragmentelimination.

Technische Entwicklung

Die Idee der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie stammt von Physikern der Flugzeugbaufirma Dor- nier in Friedrichshafen (22). Sie unter- suchten den Effekt von Regentropfen, die auf Überschalljets, Spaceshuttles oder Satelliten treffen. Diese kleinen

Partikel erzeugten bei hoher Ge- schwindigkeit Schockwellen, die nicht nur die Oberfläche, sondern auch das Innere der Raumfahrzeuge beschädig- ten. Um dieses Prinzip für die Medizin nutzbar zu machen, entstand 1972 ein Joint-venture zwischen Physikern der Firma Dornier und verschiedenen Ar- beitsgruppen (Urologen und experi- mentelle Chirurgen) an der Univer- sität München. Nach mehrjährigen In- vitro-Studien wurde ein Tiermodell entwickelt, um die Steindesintegration unter In-vivo-Bedingungen zu beob- achten. 1980 wurde schließlich in der Urologischen Klinik der Universität München der erste Lithotripter nach erfolgreichen Versuchen an 200 Pati- enten mit Nierensteinen aufgestellt (8). Nachdem sich dieses Verfahren in der Urologie etablieren konnte, be- gann 1982 eine Arbeitsgruppe am In- stitut für experimentelle Chirurgie der Universität München Untersuchungen zur Behandlung von Gallensteinen (7).

Bereits 1985 gelang es einem Ärzte- team der II. Medizinischen Klinik am

Stellenwert der extrakorporalen

Stoßwellenlithotripsie in der Gastroenterologie

Henning E. Adamek Jürgen F. Riemann

Gastroenterologische Steinerkrankungen umfassen neben Gallenblasensteinen auch Konkremente im Gallen- und Pankreasgang. Während die Behandlung über viele Jahr- zehnte eine Domäne der Chirurgie war, konnte mit der Ein- führung der ESWL das Behandlungsspektrum durch ein nebenwirkungsarmes, nichtoperatives Verfahren erweitert werden. Während die ESWL-Therapie der Cholezystoli- thiasis nur für eine kleine, sorgfältig ausgewählte Gruppe von Patienten sinnvoll ist, stehen heute in der Behandlung

der Choledocho- und Pankreatoli- thiasis Lithotripsieverfahren an erster

Stelle. Neben der Urologie stellt somit die Gastroenterolo- gie ein wichtiges Einsatzgebiet für die ESWL dar, das gegen- wärtig durch erfolgreiche Anwendung bei Pseudarthrosen und Tendinopathien auch auf die Orthopädie ausgeweitet wird.

Schlüsselwörter: ESWL, Cholezystolithiasis, Choledocholi- thiasis, chronische Pankreatitis

ZUSAMMENFASSUNG

Extracorporeal Shock Wave Lithotripsy in Gastroenterology

Stone disease in gastroenterology comprises gall bladder stones as well as choledocho and pancreatolithiasis. Over nearly one hundred years, therapy has been in the hand of surgeons, but the introduction of extracorporeal shock wave lithotripsy (ESWL) expanded the therapeutic spectrum in terms of a non- operative procedure with hardly any side-effects. Whereas in

gall bladder stones lithotripsy has proven to be effective only in a small, well-selected group of pa-

tients, in bile duct and pancreatic duct stones ESWL is the therapy of first choice today. Beside urology, gastroenterology represents a further important field for shock wave lithotripsy that recently has also been applied in orthopedic diseases.

Key words: ESWL, gall bladder stones, common bile duct stones, chronic pancreatitis

SUMMARY

D

Medizinische Klinik C (Direktor: Prof. Dr.

med. Jürgen F. Riemann) Klinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbH

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Klinikum Großhadern, den Gallenbla- senstein eines Patienten mit einem mo- difizierten Nierenlithotripter zu zer- trümmern (30). Inzwischen gibt es verschiedene extrakorporale Stoßwel- lengeräte, deren gemeinsames Prin- zip darin besteht, Gallensteine durch außerhalb des Körpers erzeugte Stoßwellen zu fragmentieren. Heute werden von fünf verschiedenen Fir- men Stoßwellengeneratoren angebo- ten, die unabhängig vom physikali- schen Prinzip (elektrohydraulisch, elektromagnetisch, piezoelektrisch) in der Behandlung gastroenterologischer Steinerkrankungen effektiv eingesetzt werden können.

Gallenblasensteine

Die mittlere Prävalenz der Chole- lithiasis in Deutschland liegt bei 23,5 Prozent; somit sind zirka 15 bis 20 Mil- lionen Menschen in unserem Land Gallensteinträger. Ultrasonographi- sche Studien zeigen ein höheres Risi- ko von zwei zu eins bei Frauen und ei- ne mit dem Alter zuneh-

mende Prävalenz; 30 bis 40 Prozent der Männer und Frauen über 60 Jah- re haben Gallensteine.

Prädisponierende Fak- toren sind neben Adipo- sitas, Schwangerschaft und oralen Kontrazepti- va auch Zeiten rascher Gewichtsreduktion (21).

Beim Diabetes mellitus führt wohl vor allem die im Rahmen einer diabe- tischen Neuropathie ge- störte Gallenblasen- funktion zu einer erhöh- ten Gallensteininzidenz.

Ebenso treten nach län- gerdauernder parentera- ler Ernährung häufig Gallensteine auf. Der Behandlung des Gallen-

steinleidens kommt daher eine große medizinische aber auch volkswirt- schaftliche Bedeutung zu.

Die meisten Gallensteinträger entwickeln jedoch keine Symptome, sie haben sogenannte „stumme“ Gal- lensteine. Patienten mit klinischer Symptomatik leiden vorwiegend un- ter Schmerzattacken unterschiedli-

cher Intensität: Gallenkoliken, die als Dauerschmerz über 15 bis 30 Minuten anhalten. Die Schmerzen sind meist im rechten Oberbauch lokalisiert und können in den Rücken oder die rechte Schulter ausstrahlen. Bis heute wer- den Völlegefühl, Blähungen und Oberbauchdruck mit einer Cholezy- stolithiasis in Verbindung gebracht und als Gallensteindyspepsie bezeich- net. Epidemiologische Studien konn- ten jedoch zeigen, daß Menschen oh- ne Gallensteine ebenso häufig über Sodbrennen, allgemeine Ober- und Unterbauchschmerzen, Fettintole- ranz, Übelkeit und Erbrechen klagen und wegen dieser Abdominalsympto- matik ebenso häufig einen Arzt aufsu- chen, wie diejenigen, bei denen in Ul- traschall - Screening - Untersuchungen Gallensteine entdeckt wurden (12).

Das verwundert nicht, denn bei der großen Verbreitung des Reizdarm- und Dyspepsiesyndroms einerseits und stummer Gallensteine anderer- seits muß es zwangsläufig zu einer häufigen aber eher zufälligen Koinzi- denz kommen. Die Wahrscheinlich-

keit, daß zufällig entdeckte stumme Gallensteine Beschwerden auslösen, liegt bei zehn Prozent innerhalb von fünf Jahren, und steigt innerhalb von 20 Jahren auf 18 Prozent an (13). Eine Empfehlung zur prophylaktischen Behandlung asymptomatischer Gal- lensteine kann aus diesen Daten si- cher nicht abgeleitet werden.

Gallensteine werden nach mor- phologischen und chemischen Kriteri- en in zwei Gruppen unterteilt. In west- lichen Ländern findet man am häufig- sten Cholesterin-Steine (95 Prozent), die meist als gemischte Cholesterin- Pigment-Kalksteine auftreten (70 Pro- zent), nur in 25 Prozent liegen reine Cholesterinsteine (Cholesteringehalt mehr als 80 Prozent) vor. Die Pigment- steine machen nur einen geringen An- teil an Gallensteinen aus (5 Prozent).

Die Auswahlkriterien zur ESWL von Gallenblasensteinen wurden von der Arbeitsgruppe um Sauerbruch aufgestellt und sind mit denen der oralen Lysetherapie vergleichbar. Als wesentlicher Unterschied zur medi- kamentösen Steinauflösung muß die Beschränkung auf einen Stein bis 3 cm Größe oder drei Steine gleichen Steinvolumens gelten. Aufgrund die- ser strengen Auswahlkriterien sind nur zirka zehn bis 20 Prozent aller Gallensteinträger für die Stoßwellen- lithotripsie geeignet. Verschiedene Arbeitsgruppen haben auch Patien- ten behandelt, die diese Einschluß-

kriterien nicht erfüllten. Auch hier konnte in Einzelfällen Steinfreiheit erzielt werden, die Zahl der Thera- pieversager war jedoch so groß, daß eine Behandlung von größeren, mul- tiplen oder verkalkten Steinen allge- mein nicht empfohlen wird. Die mei- sten Kliniken führen zusätzlich zur ESWL eine orale Lysetherapie mit

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Abbildung 1: a) ERCP: multiple große Konkremente im Gallengang; b) nach dreimaliger ESWL (12 000 Impulse) gutes Lithotrip- sieergebnis; es sind multiple kleinere Fragmente zu erkennen; c) nach endoskopischer Steinextraktion (Dormiakorb und Ballon- katheter) steinfreier Gallengang.

a b c

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Urso- und Chenodesoxycholsäure durch. Bei sorgfältiger Patientense- lektion liegt die Steinfreiheit nach ei- nem Jahr bei nahezu 80 Prozent.

Auch die alleinige Steinzertrümme- rung ohne begleitende Lyse (soge- nannte Pulverisierung) liefert in spe- zialisierten Zentren ähnlich hohe Steinfreiheitsraten (39). Die besten Ergebnisse werden bei Patienten mit Solitärsteinen (weniger als 2 cm) und guter Gallenblasenfunktion erzielt.

Die Komplikationsrate ist niedrig (ein bis drei Prozent), das Risiko, nach der ESWL von Gallenblasen- steinen eine akute Cholezystitis oder eine akute Pankreatitis zu entwickeln ist vernachlässigbar. Verschiedene Arbeitsgruppen bieten daher auch die Möglichkeit einer ambulanten ESWL an. 80 Prozent der erfolgreich mittels ESWL behandelten Patienten werden auch beschwerdefrei. Neben der Beseitigung typischer biliärer Schmerzen gelingt auch die Beseiti- gung eher unspezifischer abdominel- ler Beschwerden und Nahrungsmit- telunverträglichkeiten.

Rezidive

Mit der zunehmenden Verbrei- tung nicht operativer Behandlungsfor- men des Gallensteinleidens entwickel- te sich das Problem des Rezidivsteins, da die Gallenblase als potentiell stein- bildendes Organ im Körper verbleibt.

Die bisherigen Beobachtungen zur Rezidivrate nach erfolgreicher ESWL sind uneinheitlich. Während einige Autoren eine Rezidivrate von elf Pro- zent nach zwei Jahren und 31 Prozent nach fünf Jahren angeben (28), gibt es auch Arbeitsgruppen, die eine Rezidiv- rate von 25 Prozent nach zwei Jahren (34) und 30 Prozent nach drei Jahren fanden (2). Somit müssen weitere Langzeitbeobachtungen abgewartet werden, um zu beweisen, ob die Rezi- divrate nach ESWL wirklich niedriger ist als nach alleiniger oraler Lysethe- rapie. Hier wurden nach fünf Jahren bei 50 Prozent der Patienten Rezidi- ve gefunden (40). Untersuchungen konzentrieren sich gegenwärtig dar- auf, Patienten mit hohem Rezidiv- risiko zu selektionieren und Konzepte zur medikamentösen Prophylaxe zu entwickeln (1).

Gallengangsteine

Im Jahre 1974 wurde gleichzeitig in Deutschland und Japan die endo- skopische Sphinkterotomie (Papillo- tomie) eingeführt (9). Sie basiert auf den Grundlagen der retrograden Ka- nülierung der Papilla Vateri (ERCP).

Die Sphinkterotomie gelingt in zirka 90 Prozent der Fälle (25). Ursachen für ihr Versagen sind unmittelbar prä- papillär impaktierte Steine, winzige Papillen oder anatomische Besonder- heiten (Duodenaldivertikel, vorausge- gangene Operationen).

Unmittelbar im Anschluß an die Papillotomie wird die Steinextraktion mittels Ballonkatheter oder Dormia- korb angestrebt. Gelingt dies nicht, wird eine nasobiliäre Sonde eingelegt, um einen kontinuierlichen Galleabfluß zu gewährleisten und Komplikationen wie Koliken, Zunahme des Ikterus oder die Entwicklung einer Cholangi- tis zu verhindern. Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie ist ein bedeu- tendes Verfahren, das seit vielen Jah- ren in der Behandlung von problemati- schen Gallengangsteinen erfolgreich eingesetzt wird (32). Bisher wurden für verschiedene Stoßwellengeneratoren Fragmentationsraten von zirka 80 Pro- zent gefunden. Die Nebenwirkungen sind gering. In den meisten Fällen muß jedoch im Anschluß an die ESWL eine erneute ERCP zur Fragmentextrak- tion durchgeführt werden (41) (Abbil- dung 1). Wenn die ESWL nicht erfolg- reich ist, stehen weitere intrakorporale Lithotripsieverfahren (Elektrohydrau- lische Lithotripsie, Laserlithotripsie) zur Verfügung (19, 37). Eine Kombina- tion aller Lithotripsieverfahren führt in über 90 Prozent zum Erfolg (3).

Sinngemäß gilt das auch für intrahepa- tisch gelegene Gallensteine. Eine Ope- ration ist nur noch in Ausnahmefällen erforderlich.

Pankreassteine

Die chronisch kalzifizierende Pankreatitis ist die häufigste Form der chronischen Bauchspeicheldrüsen- entzündung (6). Sie ist charakterisiert durch Pankreasgangstenosen sowie im Ductus Wirsungianus und seinen Sei- tenästen lokalisierte Steine, die aus Kalziumkarbonat und Protein beste-

hen. Die Geschichte der chronischen Pankreatitis ist relativ jung. Die erste Zusammenfassung dieses Krankheits- bildes erschien 1946 in den USA; in dieser Arbeit wurde bereits die ursäch- liche Bedeutung des langjährigen Al- koholgenusses hervorgehoben (10). In der Zwischenzeit wurde die überra- gende Rolle des Alkohols bei der Ent- stehung der chronisch-kalzifizierenden Pankreatitis in epidemiologischen Stu- dien aufgezeigt (29). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Patient Bier oder Wein oder hochprozentige Getränke bevorzugt (43). Offensichtlich führt die chronische Alkoholeinnahme zu einer veränderten Zusammensetzung des Sekrets im Pankreasgang, wodurch es zur Bildung von Verkalkungen kommt;

die genaue Entwicklung vom exzessi- ven Alkoholgenuß zur chronischen Pankreatitis ist aber noch offen. Zu den selteneren Ursachen der chroni- schen Pankreatitis gehört der primäre Hyperparathyreoidismus sowie ange- borene Formen der Pankreatitis.

Eine Indikation zur Behandlung von Verkalkungen im Rahmen der chronischen Pankreatitis sind schwere, auch durch Opiate nicht beherrschbare Schmerzen. Als erfolgreicher Thera- pieansatz galt bisher die chirurgische Entlastung des Pankreasgangs durch eine longitudinale Seit-zu-Seit-Pan- kreatikojejunostomie unter Vermei- dung einer Pankreasteilresektion. Die- ses Verfahren erreichte eine postope- rative Besserung der Schmerzen bei 70 bis 80 Prozent der Patienten (17). Die Frühmortalität ist jedoch hoch (vier Prozent), und 20 Prozent der Patienten müssen wegen andauernder Schmer- zen relaparotomiert werden (16). In diesen Fällen wird dann meist eine Pankreasteilresektion unter Erhaltung des Pylorus oder des Duodenums er- forderlich. Außerdem verbesserte die Drainageoperation nur Veränderun- gen im Ductus Wirsungianus, Verkal- kungen in den Seitenästen blieben von diesen Maßnahmen meist unbeein- flußt. Diese unbefriedigenden Ergeb- nisse erlaubten die Suche nach konser- vativen, endoskopischen Verfahren.

Eine Entlastung des Pankreasgangs wurde vor allem durch eine Steinent- fernung mit dem Dormiakörbchen oder dem Ballonkatheter nach endo- skopischer Sphinkterdurchtrennung oder durch Einlage einer Endoprothe-

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se erreicht (38). Keine dieser Techni- ken wurde bisher im Rahmen einer kontrollierten Studie evaluiert, trotz- dem haben diese eindrucksvollen Me- thoden in den letzten Jahren zuneh- mend Eingang in die Therapie der chronischen Pankreatitis gefunden.

Häufig sind die Steine jedoch im Pan- kreasgang impaktiert oder befinden sich proximal einer Gangstenose und sind somit einem endoskopischen An- satz nur schwer zugänglich. In diesen Fällen kann die Steinzertrümmerung mittels Stoßwellen- oder Laserlitho- tripsie den endoskopischen Ansatz er- leichtern (23, 33). Für die Lithotripsie eignen sich vor allem Solitärsteine im aufgestauten Hauptpankreasgang.

Multiple Verkalkungen unter Beteili- gung der Nebenäste und des Paren- chyms sind dagegen auch mit Zertrüm- merungsverfahren häufig nicht zu be- seitigen. Die meisten extrakorporalen Lithotripter verwenden eine radiologi-

sche Steinortung (23, 31). Über eine en- doskopisch implantierte nasopankre- atische Sonde wird Kontrastmittel in den Pankreasgang gefüllt, womit auch weniger röntgendichte Konkremente nachgewiesen werden können. Wenn die Steine sonographisch sichtbar sind, können auch Stoßwellengeneratoren mit Ultraschallortung verwendet wer- den (4, 20, 35). Je nach Lithotripter werden die Patienten entweder in All- gemeinnarkose oder nur unter leichter Analgosedierung behandelt. Die Pati-

enten liegen in Abhängigkeit von der Steinlokalisation entweder in Bauch-, Seit- oder Rückenlage. Durchschnitt- lich werden pro Sitzung 2 000 bis 5 000 Stoßwellen appliziert. Für eine erfolg- reiche Steindesintegration können fünf bis sechs ESWL-Behandlungen erforderlich werden. In den meisten Fällen ist eine anschließende endosko- pische Sanierung des Pankreasgangs erforderlich (Abbildung 2).

Auch die intrakorporale Litho- tripsie mittels elektrohydraulischer (EHL) oder laserinduzierter (LISL) Stoßwellen war bisher in einzelnen Fällen erfolgreich. In der Regel wer- den diese Lithotripsieverfahren je- doch unter direkter Sicht angewendet.

Hierfür ist eine Mutter-Baby-Endo- skopie erforderlich, deren Steuerung im Pankreasgang jedoch noch erhebli- che Probleme bereitet. Ob neuere La- sersysteme mit integriertem Stein-Ge- webe-Erkennungssystem (STDS), die

bereits erfolgreich im Gallengang ein- gesetzt werden, auch bei Pankreas- steinen effektiv sind, bleibt gegenwär- tigen Untersuchungen vorbehalten.

Die ESWL bei Pankreassteinen spielt eine wichtige Rolle im Thera- piekonzept der chronischen Pankrea- titis, die Lithotripsie induziert keinen akuten Pankreatitisschub, Wiederho- lungsbehandlungen sind jederzeit möglich. Wenn eine endoskopische Steinextraktion nicht möglich ist, soll- te immer zunächst eine ESWL mit

anschließender Prothesenimplantati- on versucht werden, bevor chirurgi- sche Maßnahmen in Erwägung gezo- gen werden. Hauptindikation ist der Stein im Pankreashauptgang mit kon- sekutiver Obstruktion. Auch wenn die Steinfreiheitsraten bisher nicht befriedigend sind, ermöglicht häufig schon die Fragmentation der Steine eine endoskopische Passage mit dem Katheter und die Einlage einer Endo- prothese.

Langzeitverlauf der chronischen Pankreatitis

In der Nachbeobachtungsphase zeigten viele Patienten eine Verbesse- rung ihres Allgemein- und Ernäh- rungszustandes. Diese Ergebnisse müssen aber in Anbetracht des sehr variablen Spontanverlaufs der chro- nischen Pankreatitis zurückhaltend ge- wertet werden. Schließ- lich zeigten auch Patien- ten mit unbefriedigen- dem Lithotripsieergeb- nis eine Verbesserung ihres Gesundheitszu- standes. Es scheint da- her unerheblich, ob der Pankreasgang komplett steinfrei ist oder ob noch Restfragmente verblei- ben. Diese Beobach- tung deutet darauf hin, daß die Patienten auch ohne die Entfernung al- ler Pankreaskonkremen- te klinisch von der Stoß- wellenlithotripsie profi- tieren können. Hierbei steht die Verbesserung der Schmerzsituation und eine Stabilisierung des Körpergewichts im Vordergrund. Hinweise für eine lang- fristige Verbesserung der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion ergaben sich nicht (5).

Die ESWL von obstruierenden Pankreasgangsteinen ist in Verbin- dung mit endoskopisch-operativen Maßnahmen ein sicheres und effekti- ves neues Therapieverfahren, das da- zu beitragen kann, drainierende oder resezierende chirurgische Verfahren zu vermeiden oder zumindest aufzu-

schieben. !

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Abbildung 2: a) ERP: multiple Steine im Pankreashauptgang im Kopfbereich mit konsekutivem Gangabbruch. b) nach viermaliger ESWL (15 000 Impulse) gute Fragmentation, es gelingt jetzt, den erweiterten Pankreasgang komplett darzustellen. c) nach Frag- mentextraktion mit dem Ballonkatheter Einlage einer 5-French-Endoprothese in den Pankreasgang zur Drainageverbesserung für vier bis sechs Wochen.

a b c

(5)

Die Zukunft der ESWL in der Gastroenterologie

Die ESWL stellt somit in spezia- lisierten gastroenterologischen Zen- tren ein effektives und risikoarmes Verfahren für die Behandlung einer ausgewählten Patientengruppe dar.

Der Stellenwert muß je nach Steiner- krankung unterschiedlich beurteilt werden; für die Behandlung der Gal- lengangsteine ist er sehr hoch an- zusetzen. Darüber hinaus gibt es auch noch sehr seltene Indikationen in der Gastroenterologie, bei denen die ESWL erfolgreich eingesetzt wur- de (Gallensteinileus, Phytobezoare).

Bereits seit vielen Jahren werden Ex- perimente zum Auffinden weiterer Applikationen, insbesondere auf dem Gebiet der Tumortherapie durchge- führt. Hierzu liegen bereits umfang-

reiche In-vitro-Studien an verschie- denen Tumorzellen vor, die zum Teil zusätzlich mit Zytostatika behandelt wurden (36).

Ziel der gastroenterologischen Stoßwellenanwendung ist es, bei aus- gewählten Gallen- und Pankreasstei- nen möglichst schonend und risikofrei Stein- und Beschwerdefreiheit zu er- reichen – ohne Operation und Narkose und ohne Rekonvaleszenzzeiten. Die- se Zielsetzung ist erreichbar, wenn Pa- tientenauswahl und Durchführung der ESWL in einem endoskopisch erfahre- nen Zentrum erfolgen, in dem die wis- senschaftlichen Grundlagen erarbeitet wurden, die Therapie standardisiert ist und qualitätssichernde Maßnahmen begleitend durchgeführt werden. Un- ter diesen Voraussetzungen wird die ESWL in der Gastroenterologie neben den urologischen und orthopädischen

Anwendungsgebieten (15) sowie der Behandlung von Speichelsteinen (18) auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-2292–2296 [Heft 37]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser Priv.-Doz. Dr. med.

Henning E. Adamek Medizinische Klinik C Klinikum Ludwigshafen Bremerstraße 79 67063 Ludwigshafen

Berichtigung

In dem Beitrag „Chronotrope Inkompetenz“, erschienen in Heft 33 vom 20. August 1999, hat der Autor versehentlich die Abkür- zung „CI“ mit „Chronotroper In- kompetenz“ aufgelöst. Im Zusam- menhang mit der Grafik 2b wird

„CI“ mit „Chronotropem Index“

übersetzt. Die korrigierte Bildun- terschrift befindet sich unter der

Grafik. MWR

0 2 4 6 8 10 Jahre (der Nachbeobachtung)

0,1 0,08 0,06 0,04 0,02 0

Kumulative KHK-Häufigkeit b)

niedrig mittel

hoch Grafik 2

Beispiel für die prognostische Bedeutung zukünf- tiger kardialer Ereignisse bei einer bradykarden Belastungsreaktion: Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit bei chronotroper Inkompetenz un- terschiedlichen Ausmaßes (niedrig: kleiner chro- notroper Index oder deutliche chronotrope In- kompetenz, mittel: mittlerer chronotroper Index oder mäßiggradige chronotrope Inkompetenz und hoch: großer chronotroper Index oder keine chronotrope Inkompetenz [nach 10])

Obwohl sich eine gestörte Glu- kosetoleranz oder ein Diabetes melli- tus bei Patienten mit Leberzirrhose häufig nachweisen läßt, ist offensicht- lich die Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen nicht sehr hoch. Die Autoren evaluierten die Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen bei 122 Patienten mit Zirrhose, 60 Pati- enten mit nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus und 40 Kontrollen.

Im Vergleich zu den Patienten mit Diabetes mellitus war bei Patienten mit Leberzirrhose, selbst wenn eine Glukoseverwertungsstörung vorlag,

die Prävalenz einer Makro- und Mi- kroangiopathie nicht höher als bei Kontrollpersonen. Dabei muß offen gelassen werden, welche Faktoren sich bei Patienten mit Leberzirrhose als protektiv für das kardiovaskuläre

System erweisen. w

Marchesini G, Ronchi M, Forlani G et al.: Cardiovascular disease in cirrhosis, a point-prevalence study in relation to glucose tolerance. Am J Gastroenterol 1999; 94: 655–662.

Dipartimento di Medicina Interna, Car- dioangiologia, Epatologia, Università di Bologna, Policlinico S. Orsola, Via Mas- sarenti 9, 40138 Bologna, Italien.

Die Autoren aus Boston berich- ten über eine Metaanalyse von 17 Stu- dien, in denen der Kaffeekonsum mit dem Auftreten eines kolorektalen Karzinoms verglichen wurde. Tran- ken die Probanden mehr als vier Tas- sen pro Tag, war das Risiko, ein kolo- rektales Karzinom zu entwickeln, sig- nifikant niedriger als bei Personen, die nur eine Tasse pro Tag tranken. Die- se Ergebnisse trafen für Nord- und Südeuropa und Asien, nicht jedoch

für die Vereinigten Staaten zu, ins- besondere auch nicht für spezielle Po- pulationen wie Sieben-Tage-Adven-

tisten. w

Giovannucci E: Meta-analysis of coffee consumption and risk of colorectal cancer. Am J Epidemiol 1998; 147:

1043–1052.

Channing Laboratory Department of Medicine Brigham and Women’s Hospi- tal, Harvard Medical School, 181 Long- wood Avenue, Boston, MA 01225, USA.

Kardiovaskuläre Erkrankungen bei Zirrhosepatienten

Kaffee schützt vor Dickdarmkrebs

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