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Archiv "Transkranielle Magnetstimulation: Tagungsbericht der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie" (23.04.1999)

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(46) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 16, 23. April 1999 ie 43. Jahrestagung der Deut-

schen Gesellschaft für Klini- sche Neurophysiologie fand vom 30. September bis 4. Oktober 1998 in Göttingen unter der Leitung von Prof. Dr. Walter Paulus, Univer- sitätsklinik Göttingen, statt. Wissen- schaftliche Schwerpunkte der Tagung waren die transkranielle Magnetsti- mulation, die Epilepsiediagnostik und bildgebende Verfahren.

Transkranielle Magnetstimulation

Die transkranielle Magnetstimu- lation (TMS) wurde erstmals in Form eines internationalen Symposiums in- tegriert. TMS ist seit 1985 verfügbar.

Mit Feldstärken von ein bis zwei Tesla mit einer Dauer von 0,1 ms ermöglicht sie die schmerzfreie Stimulation des Gehirnes durch die intakte Schädel- decke beim Menschen. In den ersten Jahren wurde TMS bei Läsionen der Pyramidenbahn, hier vor allem bei Multipler Sklerose und Schlaganfall eingesetzt. Inzwischen hat sie sich durch verfeinerte Stimulationstechni- ken als Instrument zur Messung intra- kortikaler Erregbarkeitsänderungen, so unter anderem durch zentralnervös wirksame Substanzen wie auch bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen be- währt. Durch reversible Unterbre- chung zerebraler Funktionen eignet sich TMS auch als Instrument zur Un- tersuchung neuropsychologischer Fragestellungen. Hierbei handelt es sich um ein „funktionelles Läsions- modell“ mit sehr hoher zeitlicher und auch guter räumlicher Auflösung un- ter Verwendung fokaler Spulen.

Repetitive transkranielle Magnetstimulation

In den letzten Jahren ist die re- petitive transkranielle Magnetstimu- lation (rTMS) mit Stimulationsfre- quenzen von bis zu 50 Hz sowohl un-

ter grundlagenphysiologischen als auch klinischen Aspekten weiter er- forscht worden. Im Vordergrund steht hier ein therapeutischer Ansatz in der Behandlung depressiver Pati- enten. Denkbar ist, daß durch Stimu- lation von im Rahmen der Depressi- on minderaktiven Hirnarealen ein therapeutischer Effekt ähnlich der Elektrokrampftherapie, nur deutlich schonender, erzielt werden kann.

A. T. Barker(Sheffield), der Er- finder der transkraniellen Magnet- stimulation, gab eine Übersicht über die physikalischen Grundlagen und die historische Entwicklung in den letzten 13 Jahren. R. J. Illmoniemi (Helsinki) stellte ein EEG-Meßver- fahren vor, mit dessen Hilfe die durch die Magnetstimulation indu- zierten Veränderungen der Hirnakti- vität innerhalb der nächsten Millise- kunden schon erfaßt werden können und bei der mit Hilfe von Quellen- analysetechniken gezeigt werden kann, wie beispielsweise die Stimula- tion des Motorkortex nach 10 msec den kontralateralen Kortex beein- flußt.

Diese Methode ermöglicht die funktionelle Aufdeckung von korti- ko-kortikalen Verbindungen. Ver- schiedene andere Arbeitsgruppen stellten die Kombination von TMS mit anderen bildgebenden Verfah- ren dar. Die durch die rTMS ausgelö- sten Phänomene können mit Hilfe der Positronenemissionstomogra- phie (M. S. George, Charleston; E.

M. Wassermann, Bethesda; H. R.

Siebner, München) sowie durch funktionelle Kernspintomographie (O. Bohning, Charleston; K. H. Chi- appa, Boston) dargestellt werden. V.

E. Amassian(New York), der bereits 1954 am Tierexperiment durch elek- trische Stimulation besondere Erre- gungsmuster des Motorkortexes be- schrieben hatte, gab einen Überblick über die physiologischen Grundla- gen. Diese sind insbesondere im Hinblick auf die Prüfung der Pyrami- denbahn bei komatösen Patienten, möglicherweise auch in der Beurtei-

lung der Prognose von grundlegen- der Bedeutung. Eine Reihe von tier- experimentellen Untersuchungen trugen dazu bei, die pathophysiolo- gischen Verständnisse der durch rTMS induzierten zerebralen Verän- derungen zu klären. Die Sicherheits- aspekte – bei zu intensiver und zu schneller Reizung können epilepti- sche Anfälle ausgelöst werden - wur- den von Wassermann zusammenge- tragen.

Seit Beachtung dieser Sicher- heitskriterien sind keine epilepti- schen Anfälle mehr aufgetreten. Die Erfahrungen des Einsatzes bei Epi- lepsien, Morbus Parkinson, Dysto- nie, Schlaf, Tic-Erkrankungen und Depressionen wurden durch eine Reihe von Vorträgen aus verschiede- nen nationalen und internationalen Arbeitsgruppen zusammengefaßt.

Einen Überblick über den Stand der Untersuchungen bei Depressionen wurde von George gegeben. Viele überzogene Erwartungen mußten korrigiert werden. Diskutiert wur- den vor allem die Quantifizierungs- parameter für zukünftige Studien und die vielversprechendsten Ansät- ze für weitere Untersuchungen. Es bestand weitgehend Konsens, daß dieses Verfahren derzeit nur im Rah- men von kontrollierten Studien wei- ter erprobt werden sollte.

Die derzeit laufenden Studien können im Internet in einer Daten- bank eingesehen werden: http://www.

ists.unibe.ch/ists/TMSAvery.htm, die publizierten Abstracts der Tagung un- ter http:// www.gwdg.de/~clneuphy/.

Zukunftsperspektiven

Die Zukunftsperspektiven der transkraniellen Magnetstimulation wurden von J. C. Rothwell(London) skizziert. Eine Reihe von Arbeits- gruppen gaben einen Überblick über die Einsatzmöglichkeiten in der neu- rophysiologischen Routinediagnostik mit Verbesserung der bestehenden Schemata. In einer Sitzung über die KONGRESSBERICHT

Transkranielle Magnetstimulation

Tagungsbericht der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie

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neuropsychologischen Auswirkungen von TMS wurden die Untersuchungs- möglichkeiten bei Gedächtnis- und Lernleistungen, visueller Wahrneh- mung (H. W. Paulus, Göttingen) und Sprachdominanz (C. M. Epstein, At- lanta) dargestellt.

Kortikale Plastizität und Repräsentation

In der weiteren Erforschung der kortikalen Plastizität beim Menschen spielt die transkranielle Magnetsti- mulation sowohl unter diagnosti- schen als auch unter Modulations- aspekten eine zunehmend tragende Rolle. Durch kortikale Kartogra- phierung konnte gezeigt werden, wie feinmotorisches Lernen sich im Lau- fe von Wochen in seiner kortikalen Repräsentation ändert (A. Pascual- Leone, Boston). J. Claasen(Rostock) erläuterte, daß sich die kortikale Re- präsentation einer bestimmten Be- wegung funktionell ändern läßt und somit die kortikale Kontrolle nicht muskelbezogen, sondern funktions- bezogen organisiert ist. M. Hallett (Bethesda), der als neues Ehrenmit- glied in die Gesellschaft aufgenom- men wurde, faßte die Plastizitätsän- derungen nach Amputationen und ischämischer Deafferentierung zu- sammen. L. Cohen(Bethesda) führte aus, daß bei frühkindlich erblindeten Patienten gekreuzt-modale Plasti- zität stattfindet, da nicht der somato- sensorische, sondern der visuelle Kortex zur Erkennung der Braille- Schrift gebraucht wird. U. Ziemann (Bethesda) referierte über die deaf- ferentierungsinduzierte Kurzzeitpla- stizität und deren Abhängigkeit von glutamatergen und GABAergen Me- chanismen sowie deren wesentlich verstärkte Beeinflußbarkeit während Deafferentierung durch Magnetsti- mulation. Seine Arbeiten stellen möglicherweise Ausgangspunkte für neue Ansätze in der Rehabilitations- medizin dar. R. Benecke (Rostock) faßte die kortikalen Hemmechanis- men und ihre Änderungen bei neuro- logischen Erkrankungen zusammen.

Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten beim Schlaganfall wurden von V. Hömberg (Düssel- dorf) zusammengefaßt.

Entwicklungen in der Epileptologie

Im zweiten Schwerpunkt der Ta- gung wurden vor allem Neuerungen in der Epileptologie diskutiert. Letz- tere betreffen insbesondere die im- mer bessere nicht invasive Diagno- stik, die speziell für die präoperative Epilepsiediagnostik bei pharmakore- sistenten Epilepsien zunehmend die Notwendigkeit implantierter EEG- Elektroden mit den entsprechenden Risiken zurückdrängt. So erlauben die Single-Photon-Computer-Emissi- ons-Tomographie (SPECT) und Po- sitronen-Emissions-Tomographie (PET), die einerseits die Hirnperfusi- on, andererseits den Hirnstoffwechsel untersuchen, auch bei extratemporal generierten Epilepsien mit erstaunli- cher Sensitivität und Spezifität den Nachweis von Defizienzzonen. Dies unterstreicht die gegenwärtige Ten- denz, chronische Epilepsien mehr und mehr als eine umfassendere Störung des funktionellen kortikalen Netz- werkes denn als Störung nur eines eng umschriebenen, für die Anfälle aber relevanten kortikalen Bezirkes zu in- terpretieren.

Die weiterhin erforderliche mul- timodale und komplementäre moder- ne Epilepsiediagnostik (H. Stefan, Er- langen) wird ergänzt durch die zu- kunftsweisende Technik des funktio- nellen MRT und der MRT-Spektro- skopie (H. G. Wieser, Zürich). Die MR-Spektroskopie soll nicht nur Stoffwechseldefizite ähnlich wie bei der PET nachweisen, sondern auch prognostische Aussagen in Abhängig- keit vom Ansprechen auf ein GABA- erges Medikament ermöglichen.

Auch neue neurophysiologische Ver- fahren verbessern die bisherige dia- gnostische Aussagekraft in der Epi- lepsiediagnostik. Die elektrische (G.

Herrendorf, Göttingen) oder magne- tische Dipolquellenanalyse (C. Baum- gartner, Wien) erlauben etwa die Rückrechnung auf die Lokalisation tiefer EEG-Quellen aus den Ober- flächendaten und neuerdings durch digitale Kopplung die Darstellung dieser EEG-Quelle im individuellen MRT. Die transkranielle magnetische Kortexstimulation (U. Ziemann, Göt- tingen) erlaubt unter Einsatz speziel- ler Paradigmen die nicht invasive Dif-

ferenzierung verschiedener Wirkme- chanismen von Antikonvulsiva. Mit intrakraniell gemessenen kognitiven Potentialen (T. Grunwald, Bonn) las- sen sich in vivo bereits prognostisch höchst relevante Aussagen zur Wahr- scheinlichkeit einer erfolgreichen Operation treffen, und zisternaler, durch Foramen-Ovale-Elektroden gewonnener Liquor (B. J. Steinhoff, Göttingen) weist einen eminent ho- hen und seitenspezifischen Gehalt an neuronalen und glialen Prozeßmar- kern auf, die nicht nur zur Lateralisie- rung des epileptischen Fokus, sondern auch zum pathophysiologischen Ver- ständnis chronischer Epilepsien wie auch subklinisch relevanter kortikaler Funktionsbeeinträchtigung beitragen.

Dr. med. Frithjof Tergau Prof. Dr. med. Carl D. Reimers Abteilung für klinische Neurophysiologie

Georg-August-Universität Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen

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Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 16, 23. April 1999 (47) KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

Die transmyokardiale Laserre- vaskularisation (TMLR) wird bei Pa- tienten mit refraktärer Angina pecto- ris eingesetzt, deren Koronarbefund einer konventionellen Revaskularisa- tion nicht zugänglich ist. Eine kontrol- lierte randomisierte Studie aus Eng- land verglich den Effekt der TMLR mit dem einer konservativen medika- mentösen Therapie.

Dabei ergaben sich zwischen den untersuchten Gruppen keine signifi- kanten Unterschiede im Leistungs- vermögen oder der Überlebensrate.

Da außerdem die untersuchungsbe- dingte Mortalität mit fünf Prozent re- lativ hoch lag, raten die Autoren auf- grund ihrer Studienergebnisse derzeit vom Einsatz dieser Methode ab. acc Schofield PM et al.: Transmyocardial laser revascularisation in patients with re- fractory angina: a randomised controlled trial. Lancet 1999; 353: 519–24.

Mr. J. Wallwork, Papworth Hospital NHS Trust, Papworth Everard, Cam- bridge CB3 8RE, England.

Transmyokardiale

Laserrevaskularisation

Referenzen

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