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Archiv "Schuluniformen: Der spröde Charme textiler Gleichmacher" (30.06.2000)

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atürlich ging Bayern voran. Exklusiv meldete unlängst die Internet- Ausgabe des Nordbayeri- schen Kuriers, in Bayreuth werde ab dem Schuljahr 2000/2001 an allen Schulen

„als Pilotprojekt“ eine ein- heitliche Schuluniform ein- geführt. Das zugehörige Foto modellhaft bekleide- ter Schaufensterpuppen ließ Schlimmes befürchten: Für die Jungs ein dunkler Anzug mit Krawatte und eingestick- tem Wappen, für die Mädel gar ein Kostüm mit weißer Rüschenblu- se und Ballon- mütze. Kurier- Leser konnten sich von der Zwangskluft selbst ein Bild machen – im Schaufenster eines örtlichen Bekleidungsge- schäfts. Doch bevor die Mel- dung die unvermeidli- chen Wellen der Empörung schlagen konnte, fiel den mei- sten noch rechtzeitig das Da- tum der Veröffentlichung ins Auge: 1. April.

Kein Aprilscherz war hin- gegen, was über die Leiterin einer Grundschule im nord- rhein-westfälischen Viersen hereinbrach: Dort war zwar lediglich von „irgend jeman- dem“ die Idee geäußert wor- den, die einheitlichen T-Shirts der Kleinen bei einer Schul- feier seien doch eine aus- baufähige Idee. Doch gerade diese Privatmeinung geriet an

den Praktikanten einer Pres- seagentur, der prompt über die angeblich vorgeschlagene Einführung einer Uniform berichtete. Die Schulleiterin, die in diesem Zusammenhang nicht mehr namentlich zitiert werden möchte, musste dar- aufhin monatelang Repor- teranfragen und Kamera- teams von Fernsehsendern sowie eine schulinterne Un- tersuchung des „Vorgangs“

über sich ergehen lassen.

„Heute finde ich das zum La- chen, aber damals war mir mehr zum Weinen“, sagt die Pädagogin über ihre ganz persön- liche „Zeitungs- ente des Jahr-

hunderts“.

Zwei Bei- spiele für ein Reizthe- ma, das wie kaum ein ande- res im Schul- bereich zustim- mende wie ableh- nende Emotionen auf- stacheln kann – und das in ziemlich regelmäßigen Ab- ständen. Fakt ist: Noch gibt es in Deutschland keine Schule, an der im Alltag wie im angel- sächsischen Raum einheitlich Hose oder Rock und Blazer getragen werden muss. Zu ab- schreckend sind hierzulande die Konnotationen, die sich mit dem Wort „Uniform“ ver- binden – der preußische Mili- tarismus, Befehl und Gehor- sam, all das liegt historisch noch zu nah. Was Politiker al- ler Lager nicht davon abhält, einmal pro Jahr laut über se- A-1838Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 26, 30. Juni 2000

Schuluniformen

Der spröde Charme textiler Gleichmacher

Für viele Schüler drückt sich der Drang nach Individualität auch im Hang zu teurer Markenkleidung aus. Kindern und Jugend- lichen, die den kostspieligen Trends nicht folgen können, droht die Stigmatisierung – Angriffspunkt für die Befürworter von Schuluniformen nach angelsächsischem Vorbild. Doch hätten die textilen Gleichmacher hierzulande wirklich eine Chance?

Logo des Internats SchlossSalem

V A R I A BILDUNG UND ERZIEHUNG

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gensreiche Wirkungen einer

„Schulkluft“ nachzudenken.

Highlights aus der letzten Zeit: 1997 versprach sich der Stuttgarter CDU-Fraktions- chef Günther Oettinger von der freiwilligen Einführung

„gestärktes Gemeinschaftsge- fühl und gebremsten Konsum- wettlauf“. 1998 warb der CSU- Bundestagsabgeordete Johan- nes Singhammer, die Uni- form lasse „soziale Unter- schiede in den Hintergrund treten“. Im vergangenen Jahr war es der Hamburgische SPD-Abgeordnete Thomas Böwer, der sich von Unifor- men Abhilfe gegen „Klamot- tendiktatur und Egoismus“ er- hoffte. Und im März diesen Jahres gab gar PDS-Star Gre- gor Gysi an, in Sachen Schul- uniform „schwankend zu wer- den“. Er sei ein Gegner gewe- sen – jetzt „denke ich neu dar- über nach“.

Für Dr. Hartmut Feren- schild, Sprecher des Elite- Internats Schloss Salem, ist das eine „Stellvertreterde- batte, bei der es im Kern um die Sekundärtugenden an den Schulen geht“. Poli- tiker, die vor mühsamen, substanziellen Verbesserun- gen der Schullandschaft zu- rückschreckten, flüchteten sich lieber in die kostenlose, aber spektakuläre Forderung nach der Uniform. Feren- schild selbst kann mit Salem auf das einzige deutsche Insti- tut verweisen, an dem es tatsächlich einheitliche Schul- kleidung gibt: Die Unterstu- fenschüler tragen vormittags den blauen Schulpullover, den sie nach Bestehen der Probe- zeit als „durch Leistung er- worbenes Signum der Zu- gehörigkeit“ feierlich über- reicht bekommen haben, wie Salem-Leiter Dr. Bernhard Bueb schreibt. Und zu fest- lichen Anlässen erscheinen die Mittel- und Oberstufen- schüler im dunklen Schulan- zug. Bueb berichtet von einem zunehmenden Bedürfnis sei- ner Schüler nach Ritualen und Identifikation, wodurch beide Bräuche keineswegs als lästige Pflichtübung erlebt würden.

Das Projekt erfreue sich zu- nehmender Beliebtheit.

Auch Sprecher Feren- schild bestätigt: „Unsere Schüler selbst wünschen sich eine alltagstaugliche Schul- kleidung, manche Eltern da- gegen eher etwas Offizielles nach britischem Vorbild“.

Doch derart Unpraktisches wollten sich auch die Salemer nicht aufs Auge drücken las- sen: „Wir haben inzwischen Prototypen von Textilien ge- ordert, die auch im Chemie- unterricht mal einen Spritzer abkriegen dürfen.“ Dazu gehören Sweatshirts, Polo- hemden oder Trainingsanzü- ge in Dunkelblau und mit ein- gewebtem Salem-Logo. Und, als Trick Siebzehn für alle noch nicht überzeugten Kon- sum-Kids anderswo: „Wir wollen bei solchen Herstel- lern ordern, deren Marken auch bei den Kindern hoch im Kurs stehen.“ Peter Tuch

Birklehof wird rundum vernetzt

Das Internat Birklehof in Hinterzarten soll bis zum Be- ginn des Schuljahrs 2001/02 vollständig digital vernetzt werden. In jedem Klassen- raum, Internats-Wohnplatz und Personalwohnbereich sei ein eigener Internet- und In- tranet-Zugang geplant, teilte der Schulvorstand mit. In der Caféteria des Internats wird zusätzlich ein Internet-Cafe eingerichtet. Bereits jetzt ar- beiten zwei Drittel der pä- dagogischen Mitarbeiter am Computer und setzen ihn im Unterricht ein. Unterrichts- leiter Wolfgang Wagner will parallel zum technischen Ausbau einen durchgehen- den PC-Lehrplan für alle Klassen erstellen. Ein umfas- sendes Medienkonzept soll neben den neuen auch alte Medien wie das Buch oder das handschrifliche Arbeiten einbeziehen. Das direkte Ge- spräch und die unmittelbare Betreuung dürfe durch das verstärkte dezentrale Arbei- ten am Birklehof nicht an Be- deutung verlieren. PT A-1839 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 26, 30. Juni 2000

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