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Archiv "Trends in der Pharmakologie und Toxikologie" (25.02.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KONGRESS-BERICHT

Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als sei der ganz über- wiegende Teil der Themen des Kongresses weitab jeder thera- peutischen Zweckbestimmung an- gesiedelt.

Das ist indes ein Fehlschluß, denn die Pharmakologie von heute kann sehr schnell die Therapie von morgen sein.

In den Symposien über die ver- schiedenen Arzneistoffrezeptoren, ob es sich nun um die Adenosin- und Purinrezeptoren, die Neuro- transmitter in den Basalganglien des Zentralnervensystems oder die GABA- und Benzodiazepin-Re- zeptoren handelt, immer geht es um die Frage des Wirkortes che- mischer Verbindungen, deren the- rapeutischer Einsatz bisweilen be- reits in der Klinik auf dem Prüf- stand steht.

Das gilt beispielsweise für die GABA-ähnlichen Wirkstoffe Cetyl- GABA oder Progabide. Hier be- steht die reale Möglichkeit, daß neuartige Wirkstoffe für die Be- handlung der Epilepsie entstehen können.

Das Konzept der Arzneistoffrezep- toren geht u. a. auf P. Ehrlich zu- rück; es hat sich vielfältig bewährt.

Indes darf das den Blick nicht da- für verstellen, daß zuweilen etwas sorglos mit den Begriffen umge- gangen wird.

Bindungsstellen für chemische Stoffe und Pharmaka sind noch keine Rezeptoren. Und, nicht überall, wo eine Wirkung ausge- löst werden kann, ist die natürlich präformierte Stelle eines Rezep-

tors, etwa für einen körpereigenen Wirkstoff, vulgo Transmitter. Man tut gut daran, sich gelegentlich des Ehrlichschen Konzepts zu ver- gewissern: Er hatte lediglich Stel- len, Rezeptoren, im Sinn, an de- nen eine chemische Reaktion ab- laufen kann; durch sie sollen die physiologischen und biochemi- schen Eigenschaften der natürli- chen Matrix verändert und auf die- se Weise eine Wirkung ausgelöst werden.

Konsequenterweise wird es dem- nach so viele Rezeptoren geben, wie chemische Reaktionen zwi- schen Zellbestandteilen und exo- gen zugeführten chemischen Ver- bindungen denkbar und mit phy- siologischen und/oder biochemi- schen Methoden faßbar sind. Hier dürfte noch einiges auf uns zu- kommen.

Auch bei der kardiovaskulären Re- gulation und der Hypertoniebe- handlung war von Rezeptoren die Rede.

Dabei geht es nach wie vor um das Verständnis der Wirkung von Stof- fen wie Clonidin, die über zentrale Erregungen, wahrscheinlich inhi- bitorische Bahnen, ihre antihyper- tensive Wirkung entfalten. Nicht alle theoretischen Modellvorstel- lungen sind indes experimentell eindeutig belegbar.

Interessante Einblicke in die Be- grenztheit unseres Wissens über die Regulation des Blutdruckes haben die experimentellen Unter- suchungen über Glutaminsäure, Peptide und Proteine als mögliche Neurotransmitter bei der zentral- nervösen Verschaltung der kardio- vaskulären Zentren ergeben oder

auch die Untersuchungen der Prostaglandine, deren vielfältige Rolle bei der Regulation der Nie- rendurchblutung oder beim Zu- sammenspiel blut-und gefäßseiti- ger Zirkulation und Mikrozirkula- tion noch keineswegs vollständig verstanden wird.

Nicht zu übersehen ist, daß dem Zentralnervensystem besondere Aufmerksamkeit geschenkt wur- de, auch wenn durchaus nicht un- bedingt abgeleitet werden kann, daß neue therapeutische Prinzi- pien aus allen Aktivitäten hervor- gehen werden.

Vielfach muß zunächst einmal das physiologische und biochemische Basiswissen erarbeitet werden.

Darüber berichteten beispielswei- se die Forscher, die zu den The- menkreisen Pharmakologie der Kleinhirnaktivitäten und Pharma- kologie der Neuronalen und Glia- zellen in Kulturen sprachen.

Für den Nichtfachmann muß hin- zugefügt werden, daß vor allem das zuletzt genannte Thema nicht etwa den längst fälligen Beitrag der pharmakologischen For- schung an der sogenannten schmerzfreien Materie darstellt.

Hier werden zunächst einmal Me- thoden entwickelt, neu ronales Ge- webe in Kultur am Leben zu erhal- ten. Inwieweit und ob überhaupt Resultate, die an derlei isolierten Zellsystemen gewonnen wurden, Rückschlüsse auf die kooperati- ven Zell-Leistungen im Verband des intakten Organs zulassen, bleibt noch zu erforschen, und zwar im Tierexperiment.

Neue Anstöße dürfen aus dem Ver- gleich des Skelett- und des Herz- muskels für das Verständnis der elektromechanischen Koppelung der Muskelaktivität erwartet wer- den.

Die Elektrophysiologie erlaubt zwar die Messung rascher Reak- tionsabläufe, allerdings nur indi- rekt anhand eines Aktionspo- tentials. Die biochemische Analy-

Trends in der Pharmakologie und Toxikologie

Bericht über die Herbsttagung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft in Wien vom 20. bis zum 23. September 1982

50 Heft 8 vom 25. Februar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Pharmakolog ie-Trends

se der Vorgänge hält damit aber nicht Schritt, auch wenn die Iden- tifikation der Reaktionspartner und ihre Funktionsanalyse beacht- liche Resultate aufweisen.

Wir sehen gespannt auf das Jahr 1985, das die 200-Jahr-Feier des Berichtes von W. Withering über den Fingerhut bringt: Haben wir bis dahin vielleicht ein umfassen- des Konzept des Wirkungsmecha- nismus für Digitalisglykoside zu gewärtigen?

Sehr theoretisch mag den Außen- stehenden anmuten, daß ein Sym- posium dem epithelialen Elektro- lyttransportgewidmet war.

Beachtlich ist, was sich an prakti- scher Bedeutung hinter diesem theoretischen Konzept verbirgt:

Soweit es die Funktion der Niere betrifft, lassen sich nicht nur die Wirkungsmechanismen und Wirk- orte von Diuretika heute besser verstehen.

Ein höchst bemerkenswerter Bei- trag galt den Struktur-Wirkungs- Beziehungen der Diuretika vom Amiloridtyp. Außerdem ist die Wir- kungsanalyse von Abführmitteln und Gallensäuren, soweit sie den Wasser- und Elektrolyttransport betreffen, möglich geworden.

Schließlich hat sich gerade das Darmepithel auch als nicht zu un- terschätzender Ort der Ausschei- dung von Metallen erwiesen.

Bei der Behandlung der Thallium- vergiftung wird dieser Weg bereits genutzt: Berliner Blau bewahrt das ins Darmlumen sezernierte Thallium vor der Reabsorption und bringt es auf diese Weise zur Ausscheidung.

Ein weiteres Symposium galt den Antiarrhythmika, deren elektro- physiologische Beurteilung expe- rimentell zwar verfeinert worden ist, deren therapeutische Anwen- dung jedoch nach wie vor große ärztliche Erfahrung voraussetzt.

Wie im Fall aller Medikamente, die über längere Zeit verabfolgt wer-

den sollen, ist auch die Anwen- dung von Antiarrhythmika nicht ohne sorgfältiges Abwägen zwi- schen therapeutischem Ziel und einzugehendem Risiko möglich.

Der Arzneischatz ist in der letzten Zeit durch eine Reihe von neuen Betablockern bereichert worden, die neben den Kalziumantagoni- sten und Amiodaron auch in den klinisch-pharmakologischen Un- tersuchungen gut abgeschnitten haben.

Vor allem die zuletzt genannte Verbindung scheint bei therapie- refraktären ventrikulären Ar- rhythmien vielversprechend beur- teilt zu werden.

Ein Symposium befaßte sich mit der chemischen Karzinogenese.

Das Mehrstufenkonzept bei der Entstehung des Krebses wurde einmal mehr beschworen, ohne daß prinzipiell neue Daten vorge- legt worden wären. Die Beobach- tung bei der Entstehung des expe- rimentellen Leberkrebses lassen sich gut mit dem Mehrstufenkon- zept interpretieren.

Wenig beruhigend ist die Erkennt- nis, daß die chemischen Initiato- ren zur Auslösung der endgültigen Entartung sogenannter Promoto- ren bedürfen, die nicht notwendi- gerweise a priori karzinogen sind.

Unter diesen Promotoren befin- den sich eine Reihe wohlbekann- ter Stoffe wie Phenobarbital, Se- xualhormone (Steroide) und orga- nische Halogenverbindungen. Die spontane Entstehung entarteter Leberzellen, der sogenannten „In- seln", aus denen sich nach Einwir- kung der erwähnten Promotoren Karzinome entwickeln sollen, ist nach wie vor unklar.

Bemerkenswert ist, daß bei der Ratte offensichtlich derartige, möglicherweise präkanzeröse „In- seln" ständig nachgewiesen wer- den können. Die Tatsache, däß auch bei der Ratte Leberkarzino- me seltene Ereignisse sind, läßt den tröstlichen Rückschluß zu, daß der Organismus offensichtlich

über eine Reihe von Reparations- mechanismen verfügt, die eine endgültige Ausbildung des Leber- krebses lange Zeit hintanhalten oder überhaupt innerhalb der Le- bensspanne verhindern.

Vierundsechzig eingeladene Red- ner haben in zehn Symposien, die in maximal drei Parallelsitzungen abgehalten wurden, den gegen- wärtigen Wissensstand ihres Fachgebietes referiert, eigene Re- sultate präsentiert und auf ihrem Gebiet ein Bild von dem entwor- fen, was die Therapie von morgen sein könnte. Wenn sich allerdings der interessierte Fachkollege ei- ner Nachbardisziplin oder der jün- gere Assistent im Institut dafür in- teressieren sollte, wird man ihm nichts anderes vorzeigen können als das „Supplement to Volume 321" von Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology 1982.

Viele der 8 x 12 Zentimeter großen

„Abstracts" enthalten nur Absicht- erklärungen darüber, was die Red- ner behandeln wollten. Und dort, wo sich der Autor die Mühe ge- macht hat, den Inhalt seiner Prä- sentation komprimiert wiederzu- geben, ist dies notwendigerweise frustran geblieben. Das Dilemma besteht darin, daß ein Auszug von

„DIMDI" zum gleichen Thema in- formativer ist, als es die jetzt vor- liegenden Kongreß-Abstracts sind, und daß die Profilierung eines so wichtigen Faches wie der Pharma- kologie und Toxikologie eben nicht nur im Elfenbeinturm für die und unter denen erfolgen darf, die sich und das zu behandelnde The- ma nur zu gut kennen. Allein, der Marsch der experimentellen Phar- makologie und Toxikologie in die Isolation scheint unaufhaltsam zu sein.

Professor Dr. med.

Wolfgang Forth

Vorstand des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie, Medizinische Fakultät

Ludwig-Maximilians-Universität Nußbaumstraße 26

8000 München 2

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 8 vom 25. Februar 1983 53

Referenzen

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