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Archiv "Hauptstadtkongress: Krankenhäusern geht es schlechter" (07.07.2014)

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A 1234 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 27–28

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7. Juli 2014

H

AUPTSTADTKONGRESS

Krankenhäusern geht es schlechter

Der auf dem Hauptstadtkongress vorgestellte „Krankenhaus Rating Report“ zeigt: 2012 schrieben noch mehr Krankenhäuser rote Zahlen als im Vorjahr. Ein weiteres Thema war die Integrierte Versorgung, der die Bundesregierung mit dem Innovationsfonds neues Leben einhauchen will.

B

is zum Jahresende wollen Bund und Länder Eckpunkte für eine Krankenhausreform erar- beiten. Ein Grund: Seit einigen Jah- ren rutschen immer mehr Kranken- häuser in die roten Zahlen. Dieser Trend wurde jetzt durch den „Kran- kenhaus Rating Report 2014“ be- stätigt. „2011 war für Krankenhäu- ser in wirtschaftlicher Hinsicht ein schwieriges Jahr, 2012 war noch schwieriger.“ Mit diesem Satz fas- sen die Autoren des Reports die La- ge im stationären Bereich zusam- men. 35 Prozent der Häuser hätten im Jahr 2012 auf Konzernebene ei- nen Jahresverlust geschrieben – 16 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor.

Zudem habe sich die Umsatzrendite in diesem Zeitraum von 2,6 Prozent auf 1,1 Prozent verringert. 16 Pro- zent der 976 untersuchten Kranken- häuser wiesen dem Report zufolge im Jahr 2012 daher eine erhöhte In- solvenzgefahr auf – doppelt so viele wie 2010.

Ohne einen Anstieg der erbrach- ten Leistungen steige der Anteil der von einer Insolvenz gefährdeten Häuser bis 2020 auf mehr als 30 Prozent, prognostizieren die Auto- ren des Reports. Mit einem jährli- chen Produktivitätsfortschritt von 0,8 Prozent könne sich die Lage langfristig stabilisieren. „Da dieser Wert nur schwer erreichbar sein dürfte, werden nicht alle Kranken- häuser überleben“, heißt es weiter.

„Wir rechnen damit, dass ohne Marktaustrittsbarrieren bis 2020 et- wa 13 Prozent der Häuser aus dem Markt ausscheiden würden.“

Länder zahlen zu wenig

Einer der Gründe für die schlechte wirtschaftliche Lage vieler Häuser seien die vielerorts zu niedrig aus- fallenden Investitionsförderungen durch die Bundesländer. „Ohne Berück sichtigung der Universitäts- kliniken besteht ein Investitionsbe- darf von 5,4 Milliarden Euro pro

Jahr zur Erhaltung der aktuellen Substanz der Krankenhäuser“, sag- te Dr. rer. pol. Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, einer der Autoren des Reports bei dessen Präsentation Ende Juni auf dem Hauptstadtkongress in Berlin. „Ge- nau die Hälfte davon kommt von den Ländern.“ Die andere Hälfte müssten die Häuser auf andere Wei- se füllen. Bei 44 Prozent der Häuser reiche die Ertragskraft dafür jedoch nicht aus. „Langfristig können nicht alle Krankenhäuser aus eigener Kraft bestehen“, sagte Augurzky.

Ost-West-Diskrepanz

Zwischen den Krankenhäusern gibt es „eine deutliche Ost-West-Diskre- panz“, erklärte Dr. med. Sebastian Krolop von der Accenture GmbH, ein weiterer Autor des Reports. „Je weiter Sie nach Westen kommen, desto höher ist die durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit der Kran- kenhäuser.“ Die Gründe dafür reißt der Report an: So sei sowohl die Krankenhausdichte als auch der Anteil kleiner Krankenhäuser in den Bundesländern am höchsten, deren Häuser ein erhöhtes Insol- venzrisiko aufweisen.

„Bei den privaten Trägern sind Ketten besser aufgestellt als Solis- ten“, so Krolop weiter. „Bei freige- meinnützigen hält es sich die Waa- ge, und bei kommunalen Trägern sind Solis ten besser aufgestellt als Ketten.“ Eine reine Bildung von Ketten generiere insofern keinen Erfolg, wenn nicht die Möglichkeit des „Durchregierens“ bestehe, wenn man also nicht in der Lage sei, die notwendigen Schritte durchzuführen. Insofern bestehe auch eine Korrelation zwischen der Größe des Aufsichtsrates und der Gefahr der Insolvenz für ein Haus:

GRAFIK

Ampelklassifikation und Jahresüberschuss nach Trägerschaft

52,7

19,1

28,3 2012; Anteil in %

Ampelklassifikation 100

80 60

40 20 0

Öffentlich- rechtlich

Freigemein- nützig

Privat 73,7

10,7 15,6

87,9

9,0

3,1

Jahresüberschuss 28,5

23,0

25,3 34,7 40,0

88,6 100

80 60

40 20

Öffentlich- rechtlich

Freigemein- nützig

0

JÜ < –1 % Umsatz

JÜ zwischen –1 % Umsatz und +1 % Umsatz JÜ ≥ +1 % Umsatz

Privat 8,6 48,8

Rot an der Ampel heißt: anhalten. Im

„Krankenhaus Ra- ting Report“ bedeu- tet es ein erhöhtes Insolvenzrisiko. Da- von – und von ei- nem Jahresverlust – betroffen sind vor allem kommunale Krankenhäuser.

2,8

JÜ: Jahresüberschuss

Quelle: Accenture/hcb/RWI

P O L I T I K

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A 1236 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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7. Juli 2014 je größer der Aufsichtsrat, desto

größer die Ausfallwahrscheinlich- keit. Zudem betonte Krolop, dass sich die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses und dessen erbrach- te Qualität gegenseitig bedingten:

„Je wirtschaftlicher ein Kranken- haus ist, desto höher sind auch die Qualität und die Patientenzufrie- denheit.“

Die Lage der Krankenhäuser könnte sich den Autoren des Re- ports zufolge durch vier Maßnah- men verbessern: höhere Preise für Krankenhausleistungen, mehr Ka- pital für Investitionen, eine höhere Produktivität sowie Marktaustritte von weniger produktiven Einrich- tungen.

Bundesregierung setzt auf IV

Auf einer weiteren Veranstaltung des Hauptstadtkongresses diskutier- ten Experten die Möglichkeiten und Grenzen der integrierten Versor- gung (IV). Die Bundesregierung habe sich als einen gesundheitspoli- tischen Schwerpunkt vorge nommen, die sektorenübergreifende Versor- gung voranzubringen, sagte dazu der beamtete Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Lutz Stroppe. Die IV nehme dabei eine Schlüsselrolle ein. Schon heute füh- re an der Kooperation im Gesund- heitswesen kein Weg mehr vorbei.

Die Gründe dafür seien unter ande- rem der Wandel des Krankheits- spektrums hin zu mehr chronischen Erkrankungen und Multimorbidität sowie die wachsenden Möglichkei- ten der Medizin.

„Kooperation ist der Schlüssel, um die medizinische Versorgung zu verbessern“, sagte Stroppe. „Auch, wenn vielen die Entwicklung der IV nicht schnell genug geht, bin ich doch der Meinung, dass wir in den letzten Jahren deutliche Schritte vorangekommen sind.“ Die Poten- ziale der IV seien jedoch bei wei- tem nicht ausgeschöpft. Um dies zu ändern, habe sich die Koalition vor- genommen, einen Innovationsfonds aufzulegen, mit dem Innovationen in der IV gefördert werden sollen, die die Chance haben, in die Regelver sorgung übernommen zu werden. Stroppe kündigte für den Herbst ein neuerliches Versor-

gungsstrukturgesetz an, in dem über die genaue Ausgestaltung des Fonds entschieden werden solle.

Bewertet die Politik die Fort- schritte in der integrierten Versor- gung positiv, ist die Stimmung bei Krankenkassen und Industrie weni- ger gut, wie Prof. Dr. med. Bertram Häussler vom IGES-Institut refe- rierte. Nach deren Ansicht hat die IV die Erwartungen nicht erfüllt, die mit ihr verbunden worden wa- ren. Das Institut hatte Vertreter von Kassen und Industrie danach be- fragt, wie sie die IV heute bewerte- ten. Vor zehn Jahren hätten Befrag-

te eher gesagt, dass die IV eines Ta- ges die Regelversorgung ersetzen solle, meinte Häussler. Heute herr- sche hingegen die Auffassung, dass die integrierte Versorgung lediglich als eine Ergänzung zur Regelver- sorgung fungiere.

Zu starke Regulierung

Auch wenn sie die Erwartungen nicht erfüllt habe, habe allein die Idee der integrierten Versorgung

„Integrationsbrücken in die Regel- versorgung“ geschaffen, befand Häussler. So kommunizierten Ärzte heute viel stärker miteinander als noch vor zehn Jahren. „Die Integra- tion findet subkutan statt mit Hilfe technologischer Mittel“, sagte Häussler. „Dabei sind wir gar nicht richtig darüber informiert, was sich in den letzten zehn Jahren alles an Integration vollzogen hat.“

Als Gründe für die Stagnation der IV nannten die Befragten vor allem eine zu starke Regulierung.

So müsse das Gebot der Beitrags- satzstabilität in diesem Bereich auf- gehoben werden, forderten sie – zu- mal IV-Verträge kaum zur Stabili- sierung der Krankenkassenbeiträge beitrügen. Problematisch sei auch, dass die Genehmigungs verfahren durch die Aufsichtsbehörden als sehr aufwendig erlebt würden, so Häussler. Ungerecht sei zudem, dass es Unterschiede in der Geneh- migungspraxis auf Bundes- und Landesebene gebe. Zudem sei die Budgetbereinigung zu komplex und bringe den Kassen sehr wenig.

Gründe für eine Stagnation sind Häussler zufolge auch Berührungs- ängste zwischen Krankenkassen und Industrie. So hätten Vertreter der Industrie angegeben, mehr in die IV eingebunden werden zu wol- len, während Kassenvertreter er- klärt hätten, sie seien offen für die Industrie, die jedoch keine guten Ideen liefere. „Es gibt also keine Blockade, die durch neue gesetzli- che Regelungen aufgehoben wer- den könnte, sondern hier müssten

Geschäftsmodelle auf den Tisch ge- legt werden. Dann kann man erwar- ten, dass noch etwas geht“, sagte Häussler. Nichtsdestoweniger gehe die Mehrzahl der Befragten davon aus, dass die integrierte Versorgung auch in Zukunft stagnieren werde.

Wenige glaubten, dass es noch so komme, wie man es sich bei In- krafttreten der gesetzlichen Rege- lungen zur IV vorgestellt habe.

Beim Thema Beitragssatzstabili- tät in IV-Verträgen zumindest ver- breitete Staatssekretär Stroppe vor- sichtigen Optimismus. Zwar solle zunächst die Entwicklung abgewar- tet werden, die mit dem GKV-Fi- nanzstruktur- und Qualitäts-Weiter- entwicklungsgesetz angestoßen worden sei. Aber dennoch: „Die Beitragssatzstabilität ist nicht in Stein gemeißelt“, so Stroppe.

Falk Osterloh

Die Beitragssatzstabilität in der integrierten Versorgung ist nicht in Stein gemeißelt.

Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium Staatssekretär

Stroppe zog auf dem Hauptstadt- kongress ein positi- ves Fazit der inte- grierten Versor- gung.

Foto: WISO/Schmidt-Dominé

P O L I T I K

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